Sandrock: "Wir handeln immer im Sinne der friedlichen Fans"

DFB.de: Den die Vereine auf dem Sicherheitsgipfel unterschrieben haben. Darin sprechen sich die Klubs gegen Gewalt, Pyrotechnik und für eine konsequente Sanktionierung bei Verstößen aus.

Sandrock: Ja, und das muss doch unser gemeinsames Interesse sein. Wir handeln immer im Sinne der friedlichen Fans, wollen ihnen maximale Sicherheit geben und ausschließlich diejenigen zur Verantwortung ziehen, die sich nicht an die Spielregeln halten. Ich betone, dass es sich hierbei nicht um Fans handelt, sondern um Störer und Krawallmacher. Wenn wir gegen diese kleine Gruppe nicht konsequent vorgingen, würde das doch alles in Frage stellen. Wer würde auf seiner privaten Feier zulassen, dass dort Gegenstände zerstört, Gäste bedroht und beschimpft werden? Wer sich nicht an die Regeln hält, gehört eben nicht dazu. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Vereine hier in der Haftung stehen und eine große Verantwortung tragen.

DFB.de: Dass künftig längere Stadionverbote ausgesprochen werden können, wurde in Teilen der Fanszene kritisch aufgenommen.

Sandrock: Dieser Punkt betrifft in der Praxis doch nur diejenigen, die sich nicht an die Regeln halten. Wer als friedlicher Fan zum Fußball geht, muss sich über das Strafmaß bei Verstößen doch gar keine Gedanken machen.

DFB.de: Wie groß ist die Gruppe, die von Stadionverboten betroffen ist?

Sandrock: In der vergangenen Saison wurden knapp 2.000 bundesweit gültige Stadionverbote ausgesprochen. Rund ein Drittel davon aufgrund von Straftaten unter Anwendung von Gewalt gegen Leib und Leben. Die angestrebte Verlängerung betrifft hier auch nur den sehr kleinen Teil von Gewalttätern, Störern oder Randalierern, von denen wir aufgrund ihres Verhaltens davon ausgehen müssen, dass sie wiederholt andere Zuschauer gefährden oder verletzen.

DFB.de: Gewalt nein, Emotionen ja?

Sandrock: Natürlich wollen wir alle Emotionen beim Fußball und kein steriles Stadion. Aber die Leidenschaft hat dann ihre Grenzen, wenn andere beleidigt, gefährdet oder gar verletzt werden. Das kann niemand dulden. Stimmung ja, aber keine Gewalt und keine Gefahren durch Pyrotechnik. Um es klar zu sagen: Wir möchten im Sinne der überwältigenden Masse der friedlichen, echten Fans diese Leute nicht in den Stadien haben. Und leider gehört es zur Realität, dass wenige Unverbesserliche über Prävention, Dialog oder persönliche Ansprache nicht mehr zu erreichen sind. Da bleibt nur die Sanktionierung. Wobei ich gleichzeitig betone, dass die Präventionsarbeit in Deutschland ihresgleichen sucht. Qualitativ wie quantitativ.



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Im Nachgang der Sicherheitskonferenz "Für Fußball. Gegen Gewalt.“ reisen Spitzenvertreter von DFB und DFL am Montag nach Berlin, um die weitere Vorgehensweise zur Sicherheit im Fußball zu diskutieren. Dieses Mal nicht mit den Klubs, sondern mit den auf der politischen Ebene für die Sicherheit zuständigen Innenministern der Länder.

An der Seite von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, Ligapräsident Dr. Reinhard Rauball und DFL-Geschäftsführer Holger Hieronymus gehört auch Helmut Sandrock zur Delegation. Im Interview mit DFB.de spricht der DFB-Generalsekretär über den aktuellen Status in der Sicherheitsdebatte.

DFB.de: Herr Sandrock, nach der Sicherheitskonferenz von DFB und DFL in Berlin wurde den Verbänden seitens einiger Fanvertreter vorgeworfen, diese nicht eingebunden zu haben. Haben Sie Verständnis für diesen Vorwurf?

Helmut Sandrock: Fakt ist, dass uns die Meinung der Fans sehr wichtig ist und wir diese in unseren Entscheidungen natürlich auch angemessen berücksichtigen. Fanvertreter sitzen in allen für die Sicherheit relevanten Gremien. Somit also auch in der in der Task Force Sicherheit, der AG Fanbelange und der DFB-Kommission Prävention und Sicherheit. Die besprochenen Maßnahmen basieren auf den Ergebnissen der Task Force, sind also von den Fanvertretern mitentwickelt worden. Es ist daher falsch, wenn behauptet wird, die Fans seien nicht einbezogen. Wobei ich es auch als lohnenswert erachte, sich differenziert mit dem Begriff des "Fan" zu befassen.

DFB.de: Inwiefern? Dann stellen wir Ihnen mal diese Frage: Was hat es aus Ihrer Sicht mit dem "Fan"-Begriff auf sich?

Sandrock: Ganz unwissenschaftlich betrachtet, bezeichnet sich als Fan letztlich doch jeder, der begeisterter und leidenschaftlicher Anhänger des Fußballs ist. Das ist der Familienvater mit seinen Kindern genauso wie die Mädchen- oder Schulfußball-Mannschaft samt Betreuer, aber natürlich auch der Geschäftsmann oder die Hausfrau. Es gibt allerdings Gruppierungen, die für sich in Anspruch nehmen, die einzigen und die wahren Fans zu sein. Sie beanspruchen für sich die Deutungshoheit für den Fan-Begriff.

DFB.de: Und wie deuten sie den Begriff?

Sandrock: Für mich, wie wohl für den Großteil unserer Bevölkerung, ist jeder, der den Fußball liebt, ein Fan. Wer ihn liebt, wird aber nichts unternehmen, was dem Fußball und den beteiligten Personen - damit meine ich Spieler, Offizielle, letztlich jeden einzelnen Zuschauer - in irgendeiner Form schaden kann. Und diesen friedlichen Fans, denen es einzig und allein um das stimmungsvolle Fußball-Erlebnis geht, fühlen wir uns verpflichtet. Nichts anderes kommt im Verhaltenskodex zum Ausdruck.

DFB.de: Den die Vereine auf dem Sicherheitsgipfel unterschrieben haben. Darin sprechen sich die Klubs gegen Gewalt, Pyrotechnik und für eine konsequente Sanktionierung bei Verstößen aus.

Sandrock: Ja, und das muss doch unser gemeinsames Interesse sein. Wir handeln immer im Sinne der friedlichen Fans, wollen ihnen maximale Sicherheit geben und ausschließlich diejenigen zur Verantwortung ziehen, die sich nicht an die Spielregeln halten. Ich betone, dass es sich hierbei nicht um Fans handelt, sondern um Störer und Krawallmacher. Wenn wir gegen diese kleine Gruppe nicht konsequent vorgingen, würde das doch alles in Frage stellen. Wer würde auf seiner privaten Feier zulassen, dass dort Gegenstände zerstört, Gäste bedroht und beschimpft werden? Wer sich nicht an die Regeln hält, gehört eben nicht dazu. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Vereine hier in der Haftung stehen und eine große Verantwortung tragen.

DFB.de: Dass künftig längere Stadionverbote ausgesprochen werden können, wurde in Teilen der Fanszene kritisch aufgenommen.

Sandrock: Dieser Punkt betrifft in der Praxis doch nur diejenigen, die sich nicht an die Regeln halten. Wer als friedlicher Fan zum Fußball geht, muss sich über das Strafmaß bei Verstößen doch gar keine Gedanken machen.

DFB.de: Wie groß ist die Gruppe, die von Stadionverboten betroffen ist?

Sandrock: In der vergangenen Saison wurden knapp 2.000 bundesweit gültige Stadionverbote ausgesprochen. Rund ein Drittel davon aufgrund von Straftaten unter Anwendung von Gewalt gegen Leib und Leben. Die angestrebte Verlängerung betrifft hier auch nur den sehr kleinen Teil von Gewalttätern, Störern oder Randalierern, von denen wir aufgrund ihres Verhaltens davon ausgehen müssen, dass sie wiederholt andere Zuschauer gefährden oder verletzen.

DFB.de: Gewalt nein, Emotionen ja?

Sandrock: Natürlich wollen wir alle Emotionen beim Fußball und kein steriles Stadion. Aber die Leidenschaft hat dann ihre Grenzen, wenn andere beleidigt, gefährdet oder gar verletzt werden. Das kann niemand dulden. Stimmung ja, aber keine Gewalt und keine Gefahren durch Pyrotechnik. Um es klar zu sagen: Wir möchten im Sinne der überwältigenden Masse der friedlichen, echten Fans diese Leute nicht in den Stadien haben. Und leider gehört es zur Realität, dass wenige Unverbesserliche über Prävention, Dialog oder persönliche Ansprache nicht mehr zu erreichen sind. Da bleibt nur die Sanktionierung. Wobei ich gleichzeitig betone, dass die Präventionsarbeit in Deutschland ihresgleichen sucht. Qualitativ wie quantitativ.

DFB.de: Ist die Verlängerung der Stadionverbote bereits beschlossene Sache?

Sandrock: Nein, natürlich nicht. 2007 haben wir beim Fan-Kongress in Leipzig die Dauer der Stadionverbote von maximal fünf auf drei Jahre verkürzt. Das war ein Vertrauensvorschuss. Wir müssen nach der vergangenen Saison aber leider feststellen, dass zwar nicht mehr Straftaten beim Fußball begangen wurden, es aber wenige Fälle gibt, bei denen die Intensität zugenommen hat. Um fair und konsequent vorgehen zu können, brauchen wir bezüglich der Festlegung einer angemessenen Dauer von Stadionverboten mehr Spielräume zur Differenzierung.

DFB.de: Wie wird das praktisch umgesetzt?

Sandrock: Wir binden die Fans, die Polizei und die Vereine eng ein, und eine eigens eingerichtete Arbeitsgruppe arbeitet mit der Expertise dieser Gruppen die konkrete Neufassung aus. Ich denke, das Ergebnis der AG wird Ende des Jahres vorliegen. Anschließend wird das Präsidium darüber entscheiden und es per Entschluss in Kraft setzen.

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DFB.de: Was erwarten Sie sich nun konkret von dem Spitzengespräch am Montag?

Sandrock: Wir werden sachlich über die Entwicklungen beraten. Die aktuellen Diskussionen in der Öffentlichkeit sind vielfach von starken Emotionen geprägt. Wir müssen aber deutlich machen, dass wir den Herausforderungen für die Sicherheit beim Fußball nur gemeinsam begegnen können. Die Task Force Sicherheit hat Empfehlungen formuliert. Ziel der Konferenz "Für Fußball. Gegen Gewalt.“ war es, ein einheitliches Meinungsbild seitens der Klubs einzuholen.

DFB.de: Sie meinen den Verhaltenskodex?

Sandrock: Es stimmt mich positiv, dass sich die Vereine geschlossen hinter den Verhaltenskodex gestellt haben und wir in Richtung Politik und der gesamten Öffentlichkeit ein deutliches Signal gegen die unverbesserlichen Störer geben. Klar aber ist, dass die Klubs nun diesem Commitment auch Taten folgen lassen müssen. Und wir erwarten, auch von der Politik, dass die anderen Beteiligten ihrer Verantwortung gerecht werden.

DFB.de: Können Sie sich vorstellen, dass die Innenminister am Montag die Verbände und Vereine auffordern, mehr Geld bereitzustellen?

Sandrock: Der Fußball hat durch die Erhöhung seines Anteils an der präventiven Arbeit von einem Drittel auf künftig 50 Prozent ein wichtiges Signal vor allem in Richtung der Länder gesendet, das von der Politik am vergangenen Dienstag in Berlin ausdrücklich begrüßt wurde. Da es sich beim Thema der Gewalt aber um kein fußball-spezifisches, sondern ein gesamt-gesellschaftliches Problem handelt, ist aus unserer Sicht die weitere wirtschaftliche Beteiligung der Kommunen und der Länder absolut unerlässlich. Aus der Historie heraus sind die Fanprojekte eine gemeinsame Initiative aus Fußball, Kommunen und Ländern. Dabei muss es bleiben. Der Fußball kommt seiner Verantwortung nach, erwartet dies aber auch weiterhin von staatlicher Stelle.

DFB.de: Könnte die Forderung kommen, die Stehplätze in den Stadion aufzugeben?

Sandrock: Nein, das kann ich mir aktuell nicht vorstellen. Zum derzeitigen Stand bleiben die Stehplätze erhalten, weil es sich hierbei wirklich um einen ganz wichtigen Teil unserer Fußballkultur handelt. Ich aber habe die Signale, die auch Bundesinnenminister Dr. Hans-Peter Friedrich und Lorenz Caffier, der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, ausgesendet haben, so aufgefasst, dass es diesbezüglich bereits eine Minute vor zwölf ist. Wir haben es gemeinsam mit den echten Fans nun alle in der Hand, die Uhr wieder zurückzudrehen. Der Gefahr von Pyrotechnik und der Gewalt in den Stadien Einhalt zu gebieten, ist absolut alternativlos. Da sind wir alle gefordert.