Richard Golz: "Vieles lief schief"

Er ist eine HSV-Ikone. In 273 Bundesligaspielen hütete Richard Golz das Tor des Hamburger SV. Der SC Freiburg und Hannover 96 waren seine weiteren Stationen. 2008 kehrte Golz in Trainerfunktion zurück nach Hamburg. Gemeinsam mit Rodolfo Cardoso und Soner Uysal trainiert der 44-Jährige nun die U 23 des Hamburger SV. Die laufende Saison verlief bisher nicht sonderlich erfolgreich, die Amateure des HSV befinden sich im Abstiegskampf.

Im DFB.de-Interview mit dem Journalisten Oliver Jensen spricht Richard Golz über die Gründe für den sportlichen Misserfolg, über fehlende Führungsspieler und den Torhüter-Nachwuchs beim Hamburger SV.

DFB.de: Herr Golz, warum verlief die Saison bisher so enttäuschend?

Golz: Wir hatten vor der Saison einen großen Umbruch. 14 Spieler sind gegangen, nur acht neue kamen hinzu. Viele Spieler, die aus der A-Jugend kommen, müssen sich erst noch an den Herrenfußball gewöhnen. Außerdem kam ein gewisses Verletzungspech hinzu. Nicht nur bei uns, sondern auch bei den Profis. Daher kam von der ersten Mannschaft nur wenig Unterstützung, zumal wir oft am selben Tag wie die Profis gespielt haben. Es ist völlig natürlich, dass Thorsten Fink dann kaum ein Spieler für unsere Mannschaft abstellen kann. Teilweise hatten wir nur drei Spieler auf der Ersatzbank. Es lief also vieles schief.

DFB.de: Dabei war der Saisonstart mit drei Siegen in den ersten vier Spielen sehr ordentlich.

Golz: Das zeigt, was unsere Mannschaft eigentlich leisten könnte.

DFB.de: War das 1:6 bei Holstein Kiel der traurige Tiefpunkt einer verkorksten Hinrunde?

Golz: Da haben wir eine richtige Packung bekommen. Die Mannschaft brauchte einige Zeit, um sich davon zu erholen. Die nächsten beiden Spiele gingen ebenfalls verloren.



[bild1]

Er ist eine HSV-Ikone. In 273 Bundesligaspielen hütete Richard Golz das Tor des Hamburger SV. Der SC Freiburg und Hannover 96 waren seine weiteren Stationen. 2008 kehrte Golz in Trainerfunktion zurück nach Hamburg. Gemeinsam mit Rodolfo Cardoso und Soner Uysal trainiert der 44-Jährige nun die U 23 des Hamburger SV. Die laufende Saison verlief bisher nicht sonderlich erfolgreich, die Amateure des HSV befinden sich im Abstiegskampf.

Im DFB.de-Interview mit dem Journalisten Oliver Jensen spricht Richard Golz über die Gründe für den sportlichen Misserfolg, über fehlende Führungsspieler und den Torhüter-Nachwuchs beim Hamburger SV.

DFB.de: Herr Golz, warum verlief die Saison bisher so enttäuschend?

Golz: Wir hatten vor der Saison einen großen Umbruch. 14 Spieler sind gegangen, nur acht neue kamen hinzu. Viele Spieler, die aus der A-Jugend kommen, müssen sich erst noch an den Herrenfußball gewöhnen. Außerdem kam ein gewisses Verletzungspech hinzu. Nicht nur bei uns, sondern auch bei den Profis. Daher kam von der ersten Mannschaft nur wenig Unterstützung, zumal wir oft am selben Tag wie die Profis gespielt haben. Es ist völlig natürlich, dass Thorsten Fink dann kaum ein Spieler für unsere Mannschaft abstellen kann. Teilweise hatten wir nur drei Spieler auf der Ersatzbank. Es lief also vieles schief.

DFB.de: Dabei war der Saisonstart mit drei Siegen in den ersten vier Spielen sehr ordentlich.

Golz: Das zeigt, was unsere Mannschaft eigentlich leisten könnte.

DFB.de: War das 1:6 bei Holstein Kiel der traurige Tiefpunkt einer verkorksten Hinrunde?

Golz: Da haben wir eine richtige Packung bekommen. Die Mannschaft brauchte einige Zeit, um sich davon zu erholen. Die nächsten beiden Spiele gingen ebenfalls verloren.

DFB.de: Immerhin wurde das Jahr 2012 mit einem Sieg bei Werder Bremen II abgeschlossen. Hat das geholfen, mit einem besseren Gefühl in die Winterpause zu gehen?

Golz: Dieser Sieg war für uns extrem wichtig. Wäre die Negativserie nicht durchbrochen worden, hätten sich die Spieler den ganzen Winter Gedanken darüber gemacht, wie schlecht sie in den vergangenen Wochen gespielt haben. Werder Bremen ist eine starke Mannschaft, zählte zeitweise sogar zu den Aufstiegskandidaten. Dieser Sieg hat der Psyche geholfen.

DFB.de: Auch das Testspiel gegen Sportsfreunde Lotte, immerhin der Tabellenführer der Regionalliga West, hat sicher Mut gemacht.

Golz: Das stimmt. Wir haben 1:0 gewonnen. Auch unabhängig von dem Ergebnis war es eine super Erfahrung. Wir haben gegen ein richtiges Männerteam gespielt, das rustikal und schnell ist.

DFB.de: Konzentrieren sich Ihre Spieler lediglich auf den Fußball oder gehen sie einem Beruf oder einer Ausbildung nach?

Golz: Das ist verschieden. Einige gehen zur Schule oder zur Ausbildung, andere konzentrieren sich voll auf den Fußball. Meist entscheidet sich nach ein oder zwei Jahren, ob ein Spieler bei unseren Profis eine Chance hat. Sollte das nicht der Fall sein, trennen sich die Wege.

DFB.de: Dadurch befindet sich die Mannschaft in einem ständigen Umbruch. Fehlt nicht ein Führungsspieler, der die jungen Kollegen auf dem Platz ein wenig leitet?

Golz: Da haben Sie völlig recht. Momentan haben wir keinen einzigen Spieler, der älter als 23 Jahre ist - außer, ein Profi stößt gelegentlich dazu. Bis 2011 hatten wir mit Rafael Kazior einen erfahrenen Spieler, der eine Führungsrolle einnahm. Der ist zu Holstein Kiel gewechselt.

DFB.de: Was hindert den Verein daran, einen neuen Spieler mit Führungsqualitäten zu verpflichten?

Golz: Wir möchten in der zweiten Mannschaft keine großen Summen für einen Spieler bezahlen. Wenn nicht das Geld der entscheidende Faktor ist, zählt die Perspektive. Warum sollte jemand, der auch in der 3. Liga eine gute Rolle spielen kann, zu uns in die Regionalliga kommen?

DFB.de: Eine Verpflichtung des langjährigen HSV-Spielers David Jarolim war im Gespräch.

Golz: Das wäre natürlich eine tolle Geschichte gewesen. Aber wenn er in der ersten tschechischen Liga spielen kann, ist es verständlich, dass er dieses Angebot bevorzugt.

DFB.de: Gibt es denn unter den jungen Spielern jemanden, der auf dem Platz Verantwortung übernimmt?

Golz: Wir haben einige Jungs, die bei uns spielen und bei den Profis trainieren. Zum Beispiel Matti Steinmann, Florian Stritzel und Christian Nörgaard. Das sind Spieler, die sich von dem Rest der Mannschaft abheben und Verantwortung übernehmen können. Leider waren alle drei in der Vorrunde teilweise verletzt.

DFB.de: Vor der Saison hätte niemand im Verein damit gerechnet, dass man sich im Abstiegskampf befinden würde. Wurde die eigene Mannschaft über- oder die Liga unterschätzt?

Golz: Ich denke, dass der qualitative Unterschied zwischen den Regionalligisten nicht sonderlich groß ist. Allein mit spielerischen Mitteln kann niemand glänzen. Wie gesagt: Das Hauptproblem war einfach, dass einige Spieler etwas länger brauchten, um sich an den Seniorenfußball zu gewöhnen.

DFB.de: Und jetzt geht es für den HSV nur noch um den Klassenverbleib?

Golz: Natürlich ist das unser erstes Ziel. Wir müssen uns etwas Luft verschaffen.

DFB.de: Wie dramatisch wäre für den gesamten Verein ein Abstieg in die fünfte Liga?

Golz: Das wäre ein großer Nachteil. Verpflichtet man einen jungen Spieler, wird meist angeboten, dass dieser bei den Profis mittrainiert und bei der zweiten Mannschaft seine Einsätze bekommt. Würden diese lediglich in der fünften Liga stattfinden, wäre das kein Argument. In der Oberliga lassen sich keine Perspektivspieler aufbauen.

DFB: Sie sind vorrangig für die Torhüter zuständig. Ist ein großes Talent darunter?

[bild2]

Golz: Mit Tino Dehmelt und Florian Stritzel haben wir zwei gute Torhüter. Letzterer ist Lizenzspieler, trainiert bei den Profis mit und war im Trainingslager dabei. Leider war er in der Hinrunde teilweise verletzt. Dadurch hat Tino Dehmelt häufiger gespielt. Leistungsmäßig sind beide eng beieinander.

DFB.de: Welche Perspektive kann der HSV diesen Talenten bieten? Mit Rene Adler ist die Nummer eins bis zum Jahre 2017 gesetzt. Auch bei Ersatztorhüter Jaroslav Drobny ist eine Vertragsverlängerung im Gespräch.

Golz: Im Fußball kann alles sehr schnell gehen. Der FC Barcelona sucht einen neuen Torhüter. Vielleicht wollen sie Rene Adler verpflichten. (lacht) Aber Spaß beiseite: Ein junger Spieler sollte nicht allzu weit in die Zukunft blicken. Für Florian Stritzel ist es eine ideale Situation, häufig bei den Profis trainieren zu können. Alles andere ist abzuwarten.

DFB.de: Wie sehen Sie Ihre eigene Zukunft: Möchten Sie eines Tages als Torwarttrainer in der Bundesliga arbeiten?

Golz: Das wäre sicherlich eine tolle Aufgabe. Allerdings fahre ich zweigleisig. Ich schließe demnächst das Masterstudium Sport- und Eventmanagement ab. Von daher wäre eine Zukunft als Manager ebenfalls denkbar.

DFB.de: Und wie häufig spielen Sie noch Fußball?

Golz: Selten. Gelegentlich nehme ich an einem Benefizspiel teil. In Hamburg ist der Tag der Legenden eine schöne Veranstaltung. Ab und zu spiele ich auch privat Fußball. Allerdings nicht im Tor. Ich bin ganz froh, mich nicht mehr in den Dreck schmeißen zu müssen.