Renate Lingor: "So einfach ist es dann doch nicht"

Die EURO 2013 in Schweden beginnt. Erwartet wird ein spannendes Turnier. Da lohnt es sich, mit Kennerblick den Wettbewerb zu begleiten. Exklusiv für fanclub.dfb.de schreiben die ehemaligen Nationalspielerinnen Ariane Hingst, Renate Lingor, Silke Rottenberg und Sandra Smisek einen EM-Blog.

Liebe Fans der Frauen-Nationalmannschaft,

ich habe mir das Eröffnungsspiel zwischen Schweden und Dänemark angeschaut. Ich war ziemlich angetan. Das war eine gute Partie. Mit hohem Tempo, intensiven Zweikämpfen, Chancen auf beiden Seiten und mit einer gewissen Dramatik, wegen der beiden verschossenen Elfmeter.

Ich kann das ein Stück weit nachempfinden, wie es Lotta Schelin und Kosovare Asllani, den beiden Fehlschützinnen, erging. Ich war viele Jahre die designierte Elfmeterschützin, im Verein und ab 2003 auch in der Nationalmannschaft. In Erinnerung ist mir zum Beispiel das Halbfinale im DFB-Pokal 1996. Damals habe ich noch für Klinge Seckach gespielt. Wir waren krasser Außenseiter gegen den TSV Siegen, bei dem Persönlichkeiten wie Silke Rottenberg, Silvia Neid und Doris Fitschen spielten. Ich hatte in der regulären Spielzeit bereits einen Elfmeter verwandelt, dann musste ich noch mal im Elfmeterschießen ran. Das war sehr tricky. Da bin ich ins Überlegen gekommen. Und das ist eigentlich Gift für eine Elfmeter-Schützin.

Und ich fand die Voraussetzungen gerade für Lotta Schelin alles andere als ideal, um sich den Elfmeter vorzunehmen. Sie hatte meiner Meinung bis dahin nicht viel vom Spiel gehabt. Dann ist es das Eröffnungsspiel der EURO, der Heim-EM. Sie spielt in ihrer Heimatstadt. Alle Augen sind auf sie gerichtet. Das Stadion ist voll, viele Zuschauer sind da. Das ist eine ungewohnte Situation. Und dann steht es 1:1. Das heißt, ihrem Schuss kommt eine große Bedeutung bei. Insgesamt lastet somit ein sehr hoher Druck auf ihr. Da können die Nerven schon einmal versagen.

Ähnlich muss es Kosovare Asllani ergehen. Wenn sie trifft, ist das Spiel gewonnen. Und damit wäre das eingetroffen, was alle von den Gastgeberinnen erwartet haben. Knapp genug ist es ja ohnehin, nur wenige Minuten vor dem Schlusspfiff. Sie hat auf mich auch einen selbstbewussten Eindruck gemacht, aber ihr Schuss lässt eher das Gegenteil vermuten.

Ich habe es bei meinen Elfmetern immer so gehalten, dass ich mir vorher eine Ecke ausgesucht habe und mich dann darauf konzentriert, den Ball präzise und hart zu schießen. Ich habe mich dabei nie auf den Torwart eingelassen, denn ich halte es für zu riskant, mein Handeln davon abhängig zu machen, wie er reagiert. In den meisten Fällen bin ich damit auch gut gefahren. Schließlich ist die Schützin beim Elfmeter im Vorteil. Aber: Auch ich habe Elfmeter verschossen. So einfach ist es dann eben doch nicht.

Eure Renate Lingor



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Die EURO 2013 in Schweden beginnt. Erwartet wird ein spannendes Turnier. Da lohnt es sich, mit Kennerblick den Wettbewerb zu begleiten. Exklusiv für fanclub.dfb.de schreiben die ehemaligen Nationalspielerinnen Ariane Hingst, Renate Lingor, Silke Rottenberg und Sandra Smisek einen EM-Blog.

Liebe Fans der Frauen-Nationalmannschaft,

ich habe mir das Eröffnungsspiel zwischen Schweden und Dänemark angeschaut. Ich war ziemlich angetan. Das war eine gute Partie. Mit hohem Tempo, intensiven Zweikämpfen, Chancen auf beiden Seiten und mit einer gewissen Dramatik, wegen der beiden verschossenen Elfmeter.

Ich kann das ein Stück weit nachempfinden, wie es Lotta Schelin und Kosovare Asllani, den beiden Fehlschützinnen, erging. Ich war viele Jahre die designierte Elfmeterschützin, im Verein und ab 2003 auch in der Nationalmannschaft. In Erinnerung ist mir zum Beispiel das Halbfinale im DFB-Pokal 1996. Damals habe ich noch für Klinge Seckach gespielt. Wir waren krasser Außenseiter gegen den TSV Siegen, bei dem Persönlichkeiten wie Silke Rottenberg, Silvia Neid und Doris Fitschen spielten. Ich hatte in der regulären Spielzeit bereits einen Elfmeter verwandelt, dann musste ich noch mal im Elfmeterschießen ran. Das war sehr tricky. Da bin ich ins Überlegen gekommen. Und das ist eigentlich Gift für eine Elfmeter-Schützin.

Und ich fand die Voraussetzungen gerade für Lotta Schelin alles andere als ideal, um sich den Elfmeter vorzunehmen. Sie hatte meiner Meinung bis dahin nicht viel vom Spiel gehabt. Dann ist es das Eröffnungsspiel der EURO, der Heim-EM. Sie spielt in ihrer Heimatstadt. Alle Augen sind auf sie gerichtet. Das Stadion ist voll, viele Zuschauer sind da. Das ist eine ungewohnte Situation. Und dann steht es 1:1. Das heißt, ihrem Schuss kommt eine große Bedeutung bei. Insgesamt lastet somit ein sehr hoher Druck auf ihr. Da können die Nerven schon einmal versagen.

Ähnlich muss es Kosovare Asllani ergehen. Wenn sie trifft, ist das Spiel gewonnen. Und damit wäre das eingetroffen, was alle von den Gastgeberinnen erwartet haben. Knapp genug ist es ja ohnehin, nur wenige Minuten vor dem Schlusspfiff. Sie hat auf mich auch einen selbstbewussten Eindruck gemacht, aber ihr Schuss lässt eher das Gegenteil vermuten.

Ich habe es bei meinen Elfmetern immer so gehalten, dass ich mir vorher eine Ecke ausgesucht habe und mich dann darauf konzentriert, den Ball präzise und hart zu schießen. Ich habe mich dabei nie auf den Torwart eingelassen, denn ich halte es für zu riskant, mein Handeln davon abhängig zu machen, wie er reagiert. In den meisten Fällen bin ich damit auch gut gefahren. Schließlich ist die Schützin beim Elfmeter im Vorteil. Aber: Auch ich habe Elfmeter verschossen. So einfach ist es dann eben doch nicht.

Eure Renate Lingor

Renate Lingor ist zweimalige Weltmeisterin und dreimalige Europameisterin. Derzeit arbeitet sie als Teammanagerin beim DFB. Sie ist zuständig für die U 19-Frauen, die sich derzeit auf die EM in Wales vorbereitet. Zum Auftakt des zweiten Vorbereitungslehrgangs trifft sich das Team am 28. Juli, um zunächst einmal gemeinsam das Finale der EURO zu schauen.