Relegationsrekordhalter Sievers: "Das sind Extremspiele"

DFB.de: Was erwarten Sie für einen Ausgang?

Sievers: Ich glaube, dass der HSV das heute schon entscheidet. Normalerweise musst du ja mit so einer Bilanz absteigen, die haben so viel Mist gebaut diese Saison. Sie werden sich das Geschenk meiner Meinung nach aber nicht entgehen lassen, dass sie noch eine Chance haben. Ich rechne mit einem 2:0 oder 3:0.

DFB.de: Wenn Sie noch mal 20 Jahre jünger sein dürften, aber wieder Relegation spielen müssten, würden Sie einschlagen?

Sievers: Ich hatte eine schöne Spielerzeit, die Erinnerungen möchte ich nicht missen. Aber noch mal Relegation, das muss ich wirklich nicht mehr haben.

Ralf Sievers war von 1982 bis 1990 Profi bei Bundesligist Eintracht Frankfurt und spielte von 1990 bis 1993 bei Ligakonkurrent St. Pauli. Insgesamt bestritt er in sieben Jahren drei Relegationsspiele. Zuletzt trainierte er den Landesligisten Teutonia Uelzen.

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Besondere Begegnungen, besondere Zeitzeugen. Auf DFB.de erinnern sich prägende Figuren der Bundesligageschichte an ganz spezielle Duelle, passend zum jeweils aktuellen Spieltag der Saison 2013/2014.

Vor der heute (ab 20.30 Uhr, live in der ARD und bei Sky) beginnenden Relegation zwischen dem Hamburger SV und der SpVgg Greuther Fürth erinnert sich Ralf Sievers im historischen Interview mit Autor Udo Muras an seine Erlebnisse in diesen Spielen. Mit drei Teilnahmen zwischen 1984 und 1991 ist der heute 53 Jahre alte Ex-Frankfurter und St. Pauli-Verteidiger Deutschlands Rekordrelegationsspieler.

DFB.de: Wussten Sie eigentlich, dass keiner an mehr Relegationsentscheidungen teilgenommen hat als Sie, Herr Sievers?

Ralf Sievers: Ehrlich gesagt, hätte ich nicht gedacht, dass drei dafür schon reichen. Nein, es war mir neu.

DFB.de: Auf fünf Einsätze sind zwar auch Ihre Kollegen André Golke, André Trulsen und Dirk Zander vom St. Pauli gekommen, aber die waren auf zwei Jahre verteilt. 1991 gab es ja ein drittes Spiel.

Sievers: Genau. Da war ich ja auch dabei, die ersten beiden dagegen habe ich wegen einer Verletzung verpasst, für das entscheidende hat mich DFB-Physiotherapeut Adolf Katzenmaier noch fit gemacht. Aber ich war nicht bei hundert Prozent, und wir sind damals mit St. Pauli in Gelsenkirchen abgestiegen, nach einem 1:3 gegen die Stuttgarter Kickers.

DFB.de: Richtig, es war Ihr einziger Abstieg. 1984 und 1989 mit Frankfurt haben Sie es ja gegen Duisburg beziehungsweise Saarbrücken geschafft. Es bestätigt die Regel, dass in zwei von drei Fällen der Bundesligist gewinnt. Woran könnte das liegen?

Sievers: Die Leistungsunterschiede waren damals nicht so groß, selbst bei unserem 5:0 in Duisburg 1984 war der MSV gar nicht so schlecht. Aber bei uns war halt jeder Schuss drin. Ich denke, es liegt daran, dass der Bundesligist einfach mehr zu verlieren hat. Da geht es um Arbeitsplätze, beim Zweitligisten geht es dann eben so weiter wie zuvor.

DFB.de: Gab es in der Vorbereitung auf diese Spiele etwas Besonderes, an das Sie sich noch erinnern? Eine Ansprache des Präsidenten oder eine Sonderprämie?

Sievers: Eigentlich nicht. Alle Trainer haben im Hotel noch mal Gespräche mit den einzelnen Mannschaftsteilen geführt. Und an eine Prämie kann ich mich nicht erinnern. Ich hab ja immer für den Bundesligisten gespielt, und der Klassenerhalt war doch Prämie genug.

DFB.de: Sie haben auch andere Endspiele bestritten wie das DFB-Pokalfinale 1988 oder das Endspiel um die Junioren-WM 1981. Wann war die Anspannung am größten?

Sievers: Schon bei der Relegation, das sind ja Extremspiele. Da geht es um Alles oder Nichts, in einem Pokalfinale stehen dagegen keine Existenzen auf dem Spiel.

DFB.de: Wie waren dann Ihre Gefühle, als Sie mit St. Pauli abgestiegen waren?

Sievers: Das war natürlich bitter. Wir mussten alle direkt nach dem Spiel ins Hotel zu Vertragsverhandlungen, für die 2. Bundesliga war ja keiner gebunden. Da saßen wir dann mit Papa Heinz (Präsident Heinz Weisener; Anm. d. Red.) und Manager Liedtke zusammen und sollten uns entscheiden, die neuen Angebote anzunehmen. In dem Moment hatten wir natürlich keine besonders guten Argumente, aber bei St. Pauli gefällt es einem als Spieler ja ganz gut, und so bin ich geblieben.

DFB.de: Als alter Paulianer dürfen Sie sich wohl heute keine offene Sympathie für den HSV leisten, oder?

Sievers: Also ich fahre mit einem HSV-Fan ins Stadion, bin aber neutral und ganz froh, dass mich mit meinen mittlerweile ergrauten Haaren keiner mehr erkennt.

DFB.de: Was erwarten Sie für einen Ausgang?

Sievers: Ich glaube, dass der HSV das heute schon entscheidet. Normalerweise musst du ja mit so einer Bilanz absteigen, die haben so viel Mist gebaut diese Saison. Sie werden sich das Geschenk meiner Meinung nach aber nicht entgehen lassen, dass sie noch eine Chance haben. Ich rechne mit einem 2:0 oder 3:0.

DFB.de: Wenn Sie noch mal 20 Jahre jünger sein dürften, aber wieder Relegation spielen müssten, würden Sie einschlagen?

Sievers: Ich hatte eine schöne Spielerzeit, die Erinnerungen möchte ich nicht missen. Aber noch mal Relegation, das muss ich wirklich nicht mehr haben.

Ralf Sievers war von 1982 bis 1990 Profi bei Bundesligist Eintracht Frankfurt und spielte von 1990 bis 1993 bei Ligakonkurrent St. Pauli. Insgesamt bestritt er in sieben Jahren drei Relegationsspiele. Zuletzt trainierte er den Landesligisten Teutonia Uelzen.