Rekordschütze Dieter Müller: "Brutale Quote"

Es war eine einmalige Geschichte in der Historie des DFB-Pokals. Vor fast 40 Jahren - im Frühjahr 1977 - musste ein Wiederholungsspiel das Finale zwischen dem 1. FC Köln und Hertha BSC entscheiden. Die erste Partie war 1:1 ausgegangen, zwei Tage später siegte der FC mit 1:0 und holte den Titel. Die Kölner Tore in den beiden Duellen erzielte Dieter Müller.

Im DFB.de-Interview erinnert sich der inzwischen 62-Jährige an die besondere Situation damals. Er erzählt, wieso es bei einer Entscheidung von Kölns Trainerlegende Hennes Weisweiler plötzlich mucksmäuschenstill war in der Kabine. Aber der zwölfmalige deutsche Nationalspieler schaut auch auf sein eigenes Leben und schlimme Ereignisse zurück: 1997 starb sein 16-jähriger Sohn an Krebs, 2012 war Dieter Müller nach einem Herzinfarkt fast tot. Und wie geht es ihm heute?

DFB.de: Herr Müller, in diesem Sommer jährt sich Ihr Erfolg im DFB-Pokal mit dem 1. FC Köln zum 40. Mal...

Dieter Müller: ... meine Güte, wie doch die Zeit vergeht. Ich kann mich noch ziemlich gut an das Endspiel gegen Hertha BSC erinnern.

DFB.de: "An die Endspiele", müsste man eigentlich sagen. Es war ja das einzige Mal in der Geschichte des DFB-Pokals, dass eine zweite Begegnung das Finale entscheiden musste, da die erste Partie Unentschieden ausgegangen war.

Müller: Wenn ich heute daran denke, muss ich wirklich lachen. Diese Regel war ziemlich fragwürdig. Beim ersten Spiel war es extrem heiß. Es ging 1:1 aus. Und zwei Tage später stand bereits das Wiederholungsspiel auf dem Programm. Heute ist das unvorstellbar. 

DFB.de: Sie hatten einen freien Tag. Was haben Sie da gemacht?

Müller: Nichts Besonderes. Wir haben versucht, die Spannung hochzuhalten und die Konzentration nicht zu verlieren. Das war gar nicht so einfach. Wir waren als Favorit in das Endspiel gegangen. Nach dem 1:1 waren wir schon etwas enttäuscht und niedergeschlagen. Aber wir haben die Sache dann gerade gerückt.

DFB.de: Das Wiederholungsspiel hat Köln 1:0 gewonnen.

Müller: Wir waren die bessere Mannschaft und haben den DFB-Pokal verdient gewonnen. Aber es hat dennoch bis weit in die zweite Halbzeit gedauert, bis uns der entscheidende Treffer gelungen ist.



Es war eine einmalige Geschichte in der Historie des DFB-Pokals. Vor fast 40 Jahren - im Frühjahr 1977 - musste ein Wiederholungsspiel das Finale zwischen dem 1. FC Köln und Hertha BSC entscheiden. Die erste Partie war 1:1 ausgegangen, zwei Tage später siegte der FC mit 1:0 und holte den Titel. Die Kölner Tore in den beiden Duellen erzielte Dieter Müller.

Im DFB.de-Interview erinnert sich der inzwischen 62-Jährige an die besondere Situation damals. Er erzählt, wieso es bei einer Entscheidung von Kölns Trainerlegende Hennes Weisweiler plötzlich mucksmäuschenstill war in der Kabine. Aber der zwölfmalige deutsche Nationalspieler schaut auch auf sein eigenes Leben und schlimme Ereignisse zurück: 1997 starb sein 16-jähriger Sohn an Krebs, 2012 war Dieter Müller nach einem Herzinfarkt fast tot. Und wie geht es ihm heute?

DFB.de: Herr Müller, in diesem Sommer jährt sich Ihr Erfolg im DFB-Pokal mit dem 1. FC Köln zum 40. Mal...

Dieter Müller: ... meine Güte, wie doch die Zeit vergeht. Ich kann mich noch ziemlich gut an das Endspiel gegen Hertha BSC erinnern.

DFB.de: "An die Endspiele", müsste man eigentlich sagen. Es war ja das einzige Mal in der Geschichte des DFB-Pokals, dass eine zweite Begegnung das Finale entscheiden musste, da die erste Partie Unentschieden ausgegangen war.

Müller: Wenn ich heute daran denke, muss ich wirklich lachen. Diese Regel war ziemlich fragwürdig. Beim ersten Spiel war es extrem heiß. Es ging 1:1 aus. Und zwei Tage später stand bereits das Wiederholungsspiel auf dem Programm. Heute ist das unvorstellbar. 

DFB.de: Sie hatten einen freien Tag. Was haben Sie da gemacht?

Müller: Nichts Besonderes. Wir haben versucht, die Spannung hochzuhalten und die Konzentration nicht zu verlieren. Das war gar nicht so einfach. Wir waren als Favorit in das Endspiel gegangen. Nach dem 1:1 waren wir schon etwas enttäuscht und niedergeschlagen. Aber wir haben die Sache dann gerade gerückt.

DFB.de: Das Wiederholungsspiel hat Köln 1:0 gewonnen.

Müller: Wir waren die bessere Mannschaft und haben den DFB-Pokal verdient gewonnen. Aber es hat dennoch bis weit in die zweite Halbzeit gedauert, bis uns der entscheidende Treffer gelungen ist.

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DFB.de: Bis Ihnen der entscheidende Treffer gelungen ist.

Müller: Ich hatte damals extremes Selbstvertrauen. Mir war schon die zwischenzeitliche Führung im ersten Endspiel gelungen. Bis zum Finale hatte ich in dieser Saison im DFB-Pokal bereits zwölf Treffer erzielt - am Ende waren es 14. Das ist bis heute Rekord, nicht einmal dem großen Gerd Müller ist das gelungen. In dieser Saison hatte ich einfach einen Lauf. In der Bundesliga war ich mit 34 Toren ebenfalls Torschützenkönig geworden.

DFB.de: Was ist Ihnen außerdem von diesen beiden Endspielen in Erinnerung geblieben?

Müller: Es gab damals ein ganz großes Thema. Und das waren die Differenzen zwischen Hennes Weisweiler und Wolfgang Overath. Ich muss manchmal noch an die Situation denken, als uns Hennes Weisweiler in der Mannschaftsbesprechung vor dem zweiten Finale mitgeteilt hat, dass Wolfgang Overath nur auf der Bank sitzen wird. Es war mucksmäuschenstill in der Kabine. Da hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Wolfgang Overath war damals ein Superstar. Es war eine extrem riskante und mutige Entscheidung von unserem Trainer, aber der Erfolg hat im Recht gegeben. Nach dem Triumph ist uns einfach ein riesiger Stein vom Herzen gefallen. Der Verein brauchte mal wieder ein Erfolgserlebnis. Wir waren damals eine verschworene Einheit und hatten alles dafür getan.

DFB.de: Können Sie glauben, dass das jetzt bald schon 40 Jahre her sein wird?

Müller: Die Zeit ist wahnsinnig schnell vergangen. Ich persönlich habe dem Fußball unheimlich viel zu verdanken. Ich hatte eine großartige Karriere. Ein Highlight war ganz sicher auch die Weltmeisterschaft 1978 in Argentinien. Sportlich lief es nicht so gut, weil wir in der Vorrunde gescheitert sind. Aber die Zeit dort war trotzdem toll. Man kann sich das heute ja gar nicht mehr vorstellen: Wir waren damals 40 Mann und hatten genau ein Telefon. Man musste Schlange stehen, wenn man seine Frau zu Hause anrufen wollte. Es ist unbeschreiblich, wie sich die Zeiten verändert haben.

DFB.de: Ihr Leben war allerdings nicht immer nur schön, oder?

Müller: Nein, es gab auch Tiefpunkte. Der Tod meines Sohnes 1997 mit 16 Jahren war eine grausame Geschichte. Er hatte Krebs. So etwas wünsche ich wirklich niemandem. Und mein Herzinfarkt im September 2012 liegt jetzt auch schon wieder über vier Jahre zurück. Das war natürlich auch ein prägendes Erlebnis. Ich war über 30 Minuten eigentlich tot. Nur dank des schnellen Handels meiner Partnerin und der tollen Arbeit der Rettungskräfte habe ich überlebt.

DFB.de: Wie geht es Ihnen heute?

Müller: Ich komme gut klar. Ich treibe wieder regelmäßig Sport. Ich kann nicht mehr zehn Kilometer am Stück joggen, dafür kann ich andere Dinge machen. Im Großen und Ganzen ist es in Ordnung. Es hätte auch ganz anders enden können.

DFB.de: Und wie sieht es mit dem Fußball aus?

Müller: Ich betreibe weiterhin meine Fußballschule. Die Arbeit mit den Kindern macht mich glücklich. Immer wieder mal bin ich auch an Schulen und versuche, sozial benachteiligten Kindern eine Perspektive zu geben. Die können bei uns kostenlos trainieren und so besser Anschluss finden.

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DFB.de: Und wie genau verfolgen Sie die Bundesliga?

Müller: Ich bin sehr intensiv dabei. Wir haben eben ja viel über den 1. FC Köln gesprochen. Den FC habe ich natürlich besonders im Blick. Ich habe noch viele Freunde dort und bin immer wieder gerne mal dort am Geißbockheim.

DFB.de: Wie bewerten Sie die aktuelle Entwicklung dort?

Müller: Früher gab es nur "himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt". Heute ist das anders. Manager Jörg Schmadtke und Trainer Peter Stöger machen einen tollen Job da. Sie haben Ruhe und Stabilität in den Verein gebracht. Vor der Winterpause hatten die Kölner leider etwas mit Verletzungspech zu kämpfen. Mittelfristig traue ich denen durchaus den Sprung nach Europa zu. Mit Anthony Modeste haben sie mal wieder einen tollen Stürmer in ihren Reihen, er hat eine beachtliche Quote. Ich würde es den großartigen FC-Fans gönnen, wenn sie mal wieder durch Europa reisen könnten.

DFB.de: Haben Sie eigentlich mal nachgerechnet, wie viele Tore Sie für den FC erzielt haben?

Müller: Genau weiß ich das nicht. Ich habe inklusive der Freundschaftsspiele knapp 400 Begegnungen für den FC bestritten. Dabei habe ich ungefähr 390 Mal getroffen - eine brutale Quote.

DFB.de: Und bei ihren anderen Stationen war es ja ähnlich. War es damals einfacher, Tore zu schießen?

Müller: Diesen Vergleich möchte ich eigentlich nicht ziehen. Ich werde das häufig gefragt, aber ich kann darauf keine seriöse Antwort geben. Ich denke allerdings schon, dass ich auch heute noch viele Tore machen würden. Ich hatte einfach Qualitäten, die wichtig sind für einen Stürmer. Ich war kopfballstark, konnte aber auch mit dem Ball am Fuß umgehen. Ich war technisch versiert und körperlich robust. Das sind meiner Meinung nach Voraussetzungen, die ein Angreifer erfüllen muss.

DFB.de: Blicken wir zum Abschluss noch nach vorne. Was trauen Sie der DFB-Auswahl in der näheren Zukunft zu?

Müller: Wir haben uns in der absoluten Weltspitze etabliert. Der deutsche Fußball genießt wieder höchste Anerkennung. Das war nicht immer so. Da hat der DFB tolle Arbeit geleistet. Ich habe keinen Zweifel daran, dass sich diese Mannschaft mit diesen Qualitäten für die Weltmeisterschaft in Russland qualifizieren und dort eine sehr starke Rolle einnehmen wird. Vielleicht können wir den WM-Titel ja verteidigen. Ausgeschlossen ist das auf keinen Fall.

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