Reiner Calmund: "Ein guter Start ist sehr wichtig"

[bild1]

Reiner Calmund war jahrelang der Macher bei Bayer 04 Leverkusen. Fast 30 Jahre arbeitete er für den Bundesligisten, ehe er 2004 als Geschäftsführer der Fußball GmbH zurücktrat. Von dieser Zeit kennt er den Profifußball in- und auswendig.

Aber nicht nur den Calmund pflegt auch jetzt trotz vielfältiger anderweitiger Verpflichtungen den Blick über den Tellerrand und kennt sich auch im Frauenfußball aus. Vor dem DFB-Pokal-Finale der Frauen am Samstag (ab 16 Uhr, live im ZDF) in Köln zwischen FCR 2001 Duisburg und FF USV Jena hat er mit DFB.de gesprochen.

DFB.de: Herr Calmund, welchen Zugang haben Sie zum Frauenfußball?

Reiner Calmund: Ich bin ein großer Verfechter des Frauen- und Mädchenfußballs. Im Rahmen der sechsteiligen KI.KA- und ZDF-Produktion „Callis kleines Fußballmärchen“ besuchten wir mit der D-Jugend von Viktoria Frechen, in der auch zwei Mädchen kicken, den FCR 2001 Duisburg, einen der Finalisten des DFB-Pokals. Ich war überrascht, was Trainerin Martina Voss-Tecklenburg da auf die Beine gestellt hat, die technischen Fähigkeiten der Mädels sind überragend. Was mir imponiert hat, waren der Teamgeist und die gesamte Atmosphäre.

DFB.de: Wie kam der Kontakt zum Frauenfußball zu Stande?

Calmund: Die Express-Redakteurin Irmgard Stoffels war vor über 30 Jahren eine der überragenden Spielerinnen der SSG Bergisch Gladbach. Dieser Klub war zu dieser Zeit das absolute Nonplusultra des Frauenfußballs, vertrat Deutschland sogar bei der ersten inoffiziellen Weltmeisterschaft. Irmgard und ich absolvierten damals im gleichen Kurs den DFB-Organisationsleiterschein und verstanden uns von Beginn an sehr gut. Das hält bis heute an, unter anderem bin ich als Kolumnist mit ihr für dieselbe Zeitung tätig. Natürlich waren in erster Linie die großartigen Erfolge unserer Frauen PR pur. Volle Stadien 2003 in den USA, 2007 in China und gigantische Einschaltquoten von 11,5 Millionen Zuschauer bei den deutschen WM-Finalsiegen sprechen eine deutliche Sprache. Ich saß auch vor der Glotze.

DFB.de: Welchen Eindruck haben Sie vom Frauenfußball gewonnen?

Calmund: Technisch und taktisch ist das alles sehenswert, was die Frauen da auf den Rasen bringen. Die internationalen Erfolge sprechen ja eine überdeutliche Sprache, das ist absolut überragend! Man sollte als Fußballfan jedoch nicht den Fehler machen und den Frauen- mit dem Männerfußball vergleichen. Da gibt es eben Unterschiede in der Kraft, der Dynamik, das sind ganz andere physische Voraussetzungen. Aber das haben wir in anderen Sportarten ebenso, von der Leichtathletik über das Schwimmen bis hin zum Turnen und Eiskunstlauf. Es ist deshalb unfair und nicht zulässig, Vergleiche anzustellen zwischen Frauen- und Männerfußball.

DFB.de: Sie kennen den Profifußball der Männer in- und auswendig. Gibt es irgendetwas, was der Männer- vom Frauenfußball lernen könnte?

Calmund: Ja, das gibt es in der Tat. Es ist familiärer bei den Mädels, auch im Spitzenbereich. Sie zeigen einen immensen Teamgeist, sind viel natürlicher und bringen als fast lupenreine Amateure jede Menge Hingabe für ihren Sport mit. Das imponiert mir total.

DFB.de: Der Frauenfußball geht mehr und mehr eigene Wege. Überrascht Sie diese Entwicklung?

Reiner Calmund: Ich sehe das eigentlich gar nicht so. DFB-Präsident Theo Zwanziger ist ein glühender Verfechter und auch Fan des Frauenfußballs. Die bevorstehende Weltmeisterschaft der Frauen 2011 in Deutschland wird von Steffi Jones, der 111-maligen ehemaligen Nationalspielerin, als OK-Präsidentin bestens gemanagt. Für mich genau die richtige Frau am richtigen Platz. Seit vielen Jahren wird und wurde der Frauen- und Mädchenfußball von den zuständigen Vizepräsidenten Hannelore Ratzeburg und Engelbert Nelle in den höchsten DFB-Gremien glänzend vertreten. Aber auch solche Personen wie Gerhard Mayer-Vorfelder in seiner Zeit als DFB-Präsident oder heute DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach fördern den Frauenfußball nach Kräften. Trotzdem ist es natürlich richtig, dass beim Frauenfußball jene den Ton angeben, die sich wirklich auskennen. Und hier genießen unsere erfolgreichen Nationaltrainerinnen Tina Theune und Silvia Neid weltweit einen hervorragenden Ruf.

DFB.de: Welches Potenzial sehen Sie im Frauenfußball?

Calmund: Die internationalen Erfolge, aber vor allem die vollen Stadien und erstklassigen Einschaltquoten bei Weltmeisterschaften zeigen, dass eine Menge Potenzial im Frauenfußball steckt. Was die öffentliche Wahrnehmung angeht, muss dennoch gezielter gearbeitet werden. Da muss eine kluge Marketingstrategie her, die Werbetrommel muss viel lauter gerührt werden. Es geht nicht an, dass die Mädchen auf Weltniveau kicken und sonntags in der Bundesliga bei vielen Spielen oft jeden Fan einzeln begrüßen können. Die haben mehr Zuschauer, eine größere Resonanz verdient. Hier muss man ansetzen, um das schlummernde Potenzial zu wecken.

DFB.de: Was erwarten Sie vom Finale um den DFB-Pokal der Frauen: Wird das Kölner Publikum dieses Fußball-Highlight annehmen?

Calmund: Die Region um Köln steht für Frauenfußball. Früher kamen die Teams aus Bergisch Gladbach, Brauweiler und Bad Neuenahr, die waren führend in Deutschland. Mit Leverkusen und den FC-Mädels entsteht vielleicht wieder etwas. Köln ist natürlich auch eine Event-Metropole. Und wenn man es richtig anpackt und um die 90 Minuten herum ein tolles Programm präsentiert, dann kann das was werden. Und da ist ja einiges vorgesehen mit den „Höhnern“ und dem Familien-Fanfest. Wenn das Wetter mitspielt und die Fans zahlreich kommen und gute Laune mitbringen, dann wird es ein tolles Event.

[bild2]

DFB.de: Was ist nötig, damit sich das Endspiel in Köln etabliert?

Calmund: Da braucht es einen langen Atem. Es ist sicher nicht zu erwarten, dass das Stadion aus allen Nähten platzt. Aber da müssen die Chef-Bedenkenträger nicht gleich „Hallo“ rufen. Wenn eine ordentliche fünfstellige Zuschauerzahl registriert werden kann, dann ist das für den Anfang ein Erfolg. Der Wunsch der Frauen, sich von Berlin zu lösen und ein Anhängsel oder Vorspiel des Männer-Finales zu sein, ist legitim. Umso wichtiger ist es, dass der Start klappt und neugierig macht auf Mehr. Da sehe ich, wie gesagt, Köln als gute Wahl. Es ist eine Fußballstadt mit viel Spaß an der Freud' - wenn die langfristige Strategie stimmt, werden die Menschen kommen. Rom wurde auch nicht an einem Tag gebaut.

DFB.de: Ihr Tipp für das Finale zwischen Duisburg und Jena?

Calmund: Ich freue mich für Jena. Das Erreichen des Pokalfinals ist sicherlich ein großer Erfolg für das Team von Heidi Vater. Der Klub kann auf eine interessante Historie zurückblicken und hat vor allen Dingen bewiesen, dass man nach Rückschlägen wieder aufstehen kann. Die waren in der Versenkung verschwunden und sind jetzt wieder in der Bundesliga und im Pokalfinale - Hut ab! Trotzdem tippe ich auf Duisburg und drücke dem FCR auch die Daumen. Einfach weil ich mit Trainerin Martina Voss-Tecklenburg sehr gut befreundet bin - bei ihrer Hochzeit war ich sogar Trauzeuge. Dann gibt es da noch ein paar Spielerinnen, die ich ganz gut und nett finde. Deshalb meine Sympathie für Duisburg.

[dfb]

[bild1]

Reiner Calmund war jahrelang der Macher bei Bayer 04 Leverkusen. Fast 30 Jahre arbeitete er für den Bundesligisten, ehe er 2004 als Geschäftsführer der Fußball GmbH zurücktrat. Von dieser Zeit kennt er den Profifußball in- und auswendig.

Aber nicht nur den Calmund pflegt auch jetzt trotz vielfältiger anderweitiger Verpflichtungen den Blick über den Tellerrand und kennt sich auch im Frauenfußball aus. Vor dem DFB-Pokal-Finale der Frauen am Samstag (ab 16 Uhr, live im ZDF) in Köln zwischen FCR 2001 Duisburg und FF USV Jena hat er mit DFB.de gesprochen.

DFB.de: Herr Calmund, welchen Zugang haben Sie zum Frauenfußball?

Reiner Calmund: Ich bin ein großer Verfechter des Frauen- und Mädchenfußballs. Im Rahmen der sechsteiligen KI.KA- und ZDF-Produktion „Callis kleines Fußballmärchen“ besuchten wir mit der D-Jugend von Viktoria Frechen, in der auch zwei Mädchen kicken, den FCR 2001 Duisburg, einen der Finalisten des DFB-Pokals. Ich war überrascht, was Trainerin Martina Voss-Tecklenburg da auf die Beine gestellt hat, die technischen Fähigkeiten der Mädels sind überragend. Was mir imponiert hat, waren der Teamgeist und die gesamte Atmosphäre.

DFB.de: Wie kam der Kontakt zum Frauenfußball zu Stande?

Calmund: Die Express-Redakteurin Irmgard Stoffels war vor über 30 Jahren eine der überragenden Spielerinnen der SSG Bergisch Gladbach. Dieser Klub war zu dieser Zeit das absolute Nonplusultra des Frauenfußballs, vertrat Deutschland sogar bei der ersten inoffiziellen Weltmeisterschaft. Irmgard und ich absolvierten damals im gleichen Kurs den DFB-Organisationsleiterschein und verstanden uns von Beginn an sehr gut. Das hält bis heute an, unter anderem bin ich als Kolumnist mit ihr für dieselbe Zeitung tätig. Natürlich waren in erster Linie die großartigen Erfolge unserer Frauen PR pur. Volle Stadien 2003 in den USA, 2007 in China und gigantische Einschaltquoten von 11,5 Millionen Zuschauer bei den deutschen WM-Finalsiegen sprechen eine deutliche Sprache. Ich saß auch vor der Glotze.

DFB.de: Welchen Eindruck haben Sie vom Frauenfußball gewonnen?

Calmund: Technisch und taktisch ist das alles sehenswert, was die Frauen da auf den Rasen bringen. Die internationalen Erfolge sprechen ja eine überdeutliche Sprache, das ist absolut überragend! Man sollte als Fußballfan jedoch nicht den Fehler machen und den Frauen- mit dem Männerfußball vergleichen. Da gibt es eben Unterschiede in der Kraft, der Dynamik, das sind ganz andere physische Voraussetzungen. Aber das haben wir in anderen Sportarten ebenso, von der Leichtathletik über das Schwimmen bis hin zum Turnen und Eiskunstlauf. Es ist deshalb unfair und nicht zulässig, Vergleiche anzustellen zwischen Frauen- und Männerfußball.

DFB.de: Sie kennen den Profifußball der Männer in- und auswendig. Gibt es irgendetwas, was der Männer- vom Frauenfußball lernen könnte?

Calmund: Ja, das gibt es in der Tat. Es ist familiärer bei den Mädels, auch im Spitzenbereich. Sie zeigen einen immensen Teamgeist, sind viel natürlicher und bringen als fast lupenreine Amateure jede Menge Hingabe für ihren Sport mit. Das imponiert mir total.

DFB.de: Der Frauenfußball geht mehr und mehr eigene Wege. Überrascht Sie diese Entwicklung?

Reiner Calmund: Ich sehe das eigentlich gar nicht so. DFB-Präsident Theo Zwanziger ist ein glühender Verfechter und auch Fan des Frauenfußballs. Die bevorstehende Weltmeisterschaft der Frauen 2011 in Deutschland wird von Steffi Jones, der 111-maligen ehemaligen Nationalspielerin, als OK-Präsidentin bestens gemanagt. Für mich genau die richtige Frau am richtigen Platz. Seit vielen Jahren wird und wurde der Frauen- und Mädchenfußball von den zuständigen Vizepräsidenten Hannelore Ratzeburg und Engelbert Nelle in den höchsten DFB-Gremien glänzend vertreten. Aber auch solche Personen wie Gerhard Mayer-Vorfelder in seiner Zeit als DFB-Präsident oder heute DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach fördern den Frauenfußball nach Kräften. Trotzdem ist es natürlich richtig, dass beim Frauenfußball jene den Ton angeben, die sich wirklich auskennen. Und hier genießen unsere erfolgreichen Nationaltrainerinnen Tina Theune und Silvia Neid weltweit einen hervorragenden Ruf.

DFB.de: Welches Potenzial sehen Sie im Frauenfußball?

Calmund: Die internationalen Erfolge, aber vor allem die vollen Stadien und erstklassigen Einschaltquoten bei Weltmeisterschaften zeigen, dass eine Menge Potenzial im Frauenfußball steckt. Was die öffentliche Wahrnehmung angeht, muss dennoch gezielter gearbeitet werden. Da muss eine kluge Marketingstrategie her, die Werbetrommel muss viel lauter gerührt werden. Es geht nicht an, dass die Mädchen auf Weltniveau kicken und sonntags in der Bundesliga bei vielen Spielen oft jeden Fan einzeln begrüßen können. Die haben mehr Zuschauer, eine größere Resonanz verdient. Hier muss man ansetzen, um das schlummernde Potenzial zu wecken.

DFB.de: Was erwarten Sie vom Finale um den DFB-Pokal der Frauen: Wird das Kölner Publikum dieses Fußball-Highlight annehmen?

Calmund: Die Region um Köln steht für Frauenfußball. Früher kamen die Teams aus Bergisch Gladbach, Brauweiler und Bad Neuenahr, die waren führend in Deutschland. Mit Leverkusen und den FC-Mädels entsteht vielleicht wieder etwas. Köln ist natürlich auch eine Event-Metropole. Und wenn man es richtig anpackt und um die 90 Minuten herum ein tolles Programm präsentiert, dann kann das was werden. Und da ist ja einiges vorgesehen mit den „Höhnern“ und dem Familien-Fanfest. Wenn das Wetter mitspielt und die Fans zahlreich kommen und gute Laune mitbringen, dann wird es ein tolles Event.

[bild2]

DFB.de: Was ist nötig, damit sich das Endspiel in Köln etabliert?

Calmund: Da braucht es einen langen Atem. Es ist sicher nicht zu erwarten, dass das Stadion aus allen Nähten platzt. Aber da müssen die Chef-Bedenkenträger nicht gleich „Hallo“ rufen. Wenn eine ordentliche fünfstellige Zuschauerzahl registriert werden kann, dann ist das für den Anfang ein Erfolg. Der Wunsch der Frauen, sich von Berlin zu lösen und ein Anhängsel oder Vorspiel des Männer-Finales zu sein, ist legitim. Umso wichtiger ist es, dass der Start klappt und neugierig macht auf Mehr. Da sehe ich, wie gesagt, Köln als gute Wahl. Es ist eine Fußballstadt mit viel Spaß an der Freud' - wenn die langfristige Strategie stimmt, werden die Menschen kommen. Rom wurde auch nicht an einem Tag gebaut.

DFB.de: Ihr Tipp für das Finale zwischen Duisburg und Jena?

Calmund: Ich freue mich für Jena. Das Erreichen des Pokalfinals ist sicherlich ein großer Erfolg für das Team von Heidi Vater. Der Klub kann auf eine interessante Historie zurückblicken und hat vor allen Dingen bewiesen, dass man nach Rückschlägen wieder aufstehen kann. Die waren in der Versenkung verschwunden und sind jetzt wieder in der Bundesliga und im Pokalfinale - Hut ab! Trotzdem tippe ich auf Duisburg und drücke dem FCR auch die Daumen. Einfach weil ich mit Trainerin Martina Voss-Tecklenburg sehr gut befreundet bin - bei ihrer Hochzeit war ich sogar Trauzeuge. Dann gibt es da noch ein paar Spielerinnen, die ich ganz gut und nett finde. Deshalb meine Sympathie für Duisburg.