Ratzeburg: "Titel zu gewinnen, wird immer schwieriger"

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Hannelore Ratzeburg ist die erste Frau im Präsidium des Deutschen Fußball-Bundes. Die Vizepräsidentin vertritt dort den Frauenfußball. Bei den Olympischen Spielen ist sie derzeit als Delegationsleiterin der deutschen Mannschaft dabei. Vor dem Start des Turniers äußert sie sich im DFB.de-Exklusivinterview mit DFB-Redakteur Niels Barnhofer zur Entwicklung des internationalen Frauenfußballs, zu den hohen Erwartungen an die deutsche Mannschaft und die Olympischen Spiele.

Frage: Frau Ratzeburg, wie wird die deutsche Frauen-Nationalmannschaft bei den Olympischen Spielen abschneiden?

Hannelore Ratzeburg: Möglichst gut. Ich weiß es natürlich nicht, ich bin keine Hellseherin. Wir haben eine schwere Vorrunden-Gruppe, mit Brasilien gleich zum Auftakt. Wenn der Start jedoch gelingen sollte, dann wäre ich guter Dinge. Denn ein Sieg gleich zu Beginn, würde die Moral stärken, dann werden sie auch die beiden anderen Gruppen-Spiele gewinnen, womit sie sich eine gute Ausgangsposition erarbeitet hätten, um ganz vorne zu landen.

Frage: Ihre Antwort klingt wie eine Mischung aus Expertise, Wunsch, Anspruch und Diplomatie. Was davon überwiegt jedoch in Ihnen?

Hannelore Ratzeburg: Der Wunsch überwiegt. Schließlich fehlt uns in unserer Titelsammlung noch eine schillernde Medaille. Dazu zählt natürlich auch noch die silberne. Aber wenn man im Finale steht, dann kann man mit der Gewissheit ins Spiel gehen, bereits etwas geleistet und erreicht zu haben. Das heißt, man kann von Anfang an locker aufspielen und alles versuchen. Das konnten wir ja zuletzt auch bei der WM sehen. Wenn man schon Vize-Weltmeister ist, dann kann man sagen: Jetzt wollen wir doch mal sehen, ob wir nicht auch den Titel holen. Und das hat ja ganz wunderbar geklappt.

Frage: Dieser Wunsch deckt sich mit den Erwartungen der Bevölkerung. Allerdings basiert diese Haltung auf den zahlreichen Erfolgen der DFB-Frauen in der Vergangenheit. Ohne dabei jedoch zu berücksichtigen, dass sich der Frauenfußball gerade in der Weltspitze sehr gut entwickelt, die Teams von der Leistung her immer enger zusammenrücken und die großen Titel somit immer schwieriger zu gewinnen sind. Welches Gewicht geben Sie diesem Faktor?

Hannelore Ratzeburg: Grundsätzlich ist das eine sehr schöne Entwicklung, die der internationale Frauenfußball nimmt. Die Konkurrenz belebt das Geschäft. Spannende Wettbewerbe sind ein wichtiges Kriterium, das die Attraktivität einer Sportart bestimmt. Für uns ist es ein toller Motor, um die Vereinsarbeit zu stützen, damit noch mehr Frauen und Mädchen in die Klubs zu bringen. Auch die Wertigkeit der Erfolge bei großen Turnieren steigt, wenn alle mitbekommen, dass diese gegen ganz starke Gegner gewonnen wurden. Und es ist ja so, dass es zunehmend schwerer wird, Weltmeister zu werden. Das gleiche gilt für die Olympischen Spiele. Hier sind ja nur zwölf Mannschaften am Start. Das sind weniger als bei der WM, erhöht aber die Qualität des Teilnehmerfeldes. Insofern sehe ich das auch sehr sportlich. Es ist für uns eine Herausforderung, auch in Zukunft oben mitzumischen. Und da bin ich sehr optimistisch, da ja auch unsere Nachwuchsarbeit sehr gut ist.

Frage: Haben Sie das Gefühl, dass die Qualität des internationalen Frauenfußballs in der Öffentlichkeit richtig eingeschätzt wird?

Hannelore Ratzeburg: Ich denke schon, dass die Fans dafür ein Gespür haben. Diejenigen, die zum Beispiel unsere Niederlage vor den Olympischen Spielen gegen Norwegen, nur als Ausrutscher oder als misslungene Generalprobe abtun wollen, die verkennen die wahre Stärke der Norwegerinnen. Die hatten zwar mal einen Hänger, aber das kann uns auch passieren, dass man mal in der Gruppenphase ausscheidet, das ist drin, damit muss man rechnen. Ich gehe davon aus, dass die Entwicklung dahin geht, dass sich immer mehr Nationen auf Augenhöhe begegnen. Was für uns im DFB bedeutet, nicht mit unseren Bemühungen rund um den Frauen- und Mädchenfußball nachzulassen, nur so haben wir eine Chance, auch weiterhin in der Weltspitze zu bleiben.

Frage: Im Moment ist das Standing des Frauenfußballs innerhalb des DFB sehr gut. Aber wie stabil ist die Stellung?

Hannelore Ratzeburg: Wer realistisch ist und weiß, wie es im Fußball geht, wird selbstverständlich keine Probleme damit haben, wenn wir mal einen Durchhänger haben sollten. Wer keine Ahnung vom Fußball hat, wird meckern und womöglich den Teufel an die Wand malen. Aber wer so an die Sache herangeht, verkennt nicht nur die gesamte Entwicklung des Frauenfußballs, sondern auch die Leistungen des DFB. Viele andere Nationalverbände schauen auf uns und wollen wissen, wie wir die Entwicklung fördern. Wir sind ein Vorreiter für sie. Denn sie fragen bei uns nach, wie bei uns die Strukturen sind oder wie wir trainieren. Das sind Anfragen, die aus der ganzen Welt kommen. Das erfüllt uns schon mit Stolz. Aber zufrieden zurücklehnen werden wir uns deswegen nicht. Wir arbeiten weiter daran, die Basis zu verbreitern. Wir haben ja in den vergangenen Jahren immer riesige Zuwachsraten verzeichnen können. Von daher müssen wir zusehen, dass wir die Menschen unterstützen, die in den Landesverbänden den Mädchenfußball aufbauen.

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Frage: Was würde denn passieren, wenn die deutsche Frauen-Nationalmannschaft jetzt auch noch die Gold-Medaille bei den Olympischen Spielen gewinnt?

Hannelore Ratzeburg: Das würde die Erwartung, dass wir in Zukunft alles gewinnen, weiter schüren. Davon abgesehen, denke ich aber, dass das eine große Freude wäre. Denn Olympische Spiele sind ja noch einmal etwas anderes als eine Weltmeisterschaft. Bei den Übertragungen von Olympia erreichen wir noch mal andere Zuschauer. Nämlich diejenige, die an dem gesamten Fest oder an anderen Sportarten interessiert sind. Die Akzeptanz für den Frauenfußball und auch die Weltmeisterschaft 2011 im eigenen Land ist sehr groß, das hat uns die jüngste Umfrage, die wir durchgeführt haben, wieder gezeigt, aber wenn wir weiterhin Menschen vom Frauenfußball begeistern können, nutzen wir gerne jede sich uns bietende Gelegenheit.

Frage: Ist ein Erfolg bei Olympia möglich, auch ohne eine Medaille zu gewinnen?

Hannelore Ratzeburg: Erfolg wird ja üblicherweise an Schleifchen und Pokalen gemessen. Ich denke aber, dass es positiv ankommen würde, wenn die Mannschaft gut und offensiv gespielt hat, sich eingesetzt hat, also alles gegeben hat, und wenn dann die anderen stärker waren oder einfach mehr Glück hatten, dann kann man auch zufrieden nach Hause fahren.

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Hannelore Ratzeburg ist die erste Frau im Präsidium des Deutschen Fußball-Bundes. Die Vizepräsidentin vertritt dort den Frauenfußball. Bei den Olympischen Spielen ist sie derzeit als Delegationsleiterin der deutschen Mannschaft dabei. Vor dem Start des Turniers äußert sie sich im DFB.de-Exklusivinterview mit DFB-Redakteur Niels Barnhofer zur Entwicklung des internationalen Frauenfußballs, zu den hohen Erwartungen an die deutsche Mannschaft und die Olympischen Spiele.

Frage: Frau Ratzeburg, wie wird die deutsche Frauen-Nationalmannschaft bei den Olympischen Spielen abschneiden?

Hannelore Ratzeburg: Möglichst gut. Ich weiß es natürlich nicht, ich bin keine Hellseherin. Wir haben eine schwere Vorrunden-Gruppe, mit Brasilien gleich zum Auftakt. Wenn der Start jedoch gelingen sollte, dann wäre ich guter Dinge. Denn ein Sieg gleich zu Beginn, würde die Moral stärken, dann werden sie auch die beiden anderen Gruppen-Spiele gewinnen, womit sie sich eine gute Ausgangsposition erarbeitet hätten, um ganz vorne zu landen.

Frage: Ihre Antwort klingt wie eine Mischung aus Expertise, Wunsch, Anspruch und Diplomatie. Was davon überwiegt jedoch in Ihnen?

Hannelore Ratzeburg: Der Wunsch überwiegt. Schließlich fehlt uns in unserer Titelsammlung noch eine schillernde Medaille. Dazu zählt natürlich auch noch die silberne. Aber wenn man im Finale steht, dann kann man mit der Gewissheit ins Spiel gehen, bereits etwas geleistet und erreicht zu haben. Das heißt, man kann von Anfang an locker aufspielen und alles versuchen. Das konnten wir ja zuletzt auch bei der WM sehen. Wenn man schon Vize-Weltmeister ist, dann kann man sagen: Jetzt wollen wir doch mal sehen, ob wir nicht auch den Titel holen. Und das hat ja ganz wunderbar geklappt.

Frage: Dieser Wunsch deckt sich mit den Erwartungen der Bevölkerung. Allerdings basiert diese Haltung auf den zahlreichen Erfolgen der DFB-Frauen in der Vergangenheit. Ohne dabei jedoch zu berücksichtigen, dass sich der Frauenfußball gerade in der Weltspitze sehr gut entwickelt, die Teams von der Leistung her immer enger zusammenrücken und die großen Titel somit immer schwieriger zu gewinnen sind. Welches Gewicht geben Sie diesem Faktor?

Hannelore Ratzeburg: Grundsätzlich ist das eine sehr schöne Entwicklung, die der internationale Frauenfußball nimmt. Die Konkurrenz belebt das Geschäft. Spannende Wettbewerbe sind ein wichtiges Kriterium, das die Attraktivität einer Sportart bestimmt. Für uns ist es ein toller Motor, um die Vereinsarbeit zu stützen, damit noch mehr Frauen und Mädchen in die Klubs zu bringen. Auch die Wertigkeit der Erfolge bei großen Turnieren steigt, wenn alle mitbekommen, dass diese gegen ganz starke Gegner gewonnen wurden. Und es ist ja so, dass es zunehmend schwerer wird, Weltmeister zu werden. Das gleiche gilt für die Olympischen Spiele. Hier sind ja nur zwölf Mannschaften am Start. Das sind weniger als bei der WM, erhöht aber die Qualität des Teilnehmerfeldes. Insofern sehe ich das auch sehr sportlich. Es ist für uns eine Herausforderung, auch in Zukunft oben mitzumischen. Und da bin ich sehr optimistisch, da ja auch unsere Nachwuchsarbeit sehr gut ist.

Frage: Haben Sie das Gefühl, dass die Qualität des internationalen Frauenfußballs in der Öffentlichkeit richtig eingeschätzt wird?

Hannelore Ratzeburg: Ich denke schon, dass die Fans dafür ein Gespür haben. Diejenigen, die zum Beispiel unsere Niederlage vor den Olympischen Spielen gegen Norwegen, nur als Ausrutscher oder als misslungene Generalprobe abtun wollen, die verkennen die wahre Stärke der Norwegerinnen. Die hatten zwar mal einen Hänger, aber das kann uns auch passieren, dass man mal in der Gruppenphase ausscheidet, das ist drin, damit muss man rechnen. Ich gehe davon aus, dass die Entwicklung dahin geht, dass sich immer mehr Nationen auf Augenhöhe begegnen. Was für uns im DFB bedeutet, nicht mit unseren Bemühungen rund um den Frauen- und Mädchenfußball nachzulassen, nur so haben wir eine Chance, auch weiterhin in der Weltspitze zu bleiben.

Frage: Im Moment ist das Standing des Frauenfußballs innerhalb des DFB sehr gut. Aber wie stabil ist die Stellung?

Hannelore Ratzeburg: Wer realistisch ist und weiß, wie es im Fußball geht, wird selbstverständlich keine Probleme damit haben, wenn wir mal einen Durchhänger haben sollten. Wer keine Ahnung vom Fußball hat, wird meckern und womöglich den Teufel an die Wand malen. Aber wer so an die Sache herangeht, verkennt nicht nur die gesamte Entwicklung des Frauenfußballs, sondern auch die Leistungen des DFB. Viele andere Nationalverbände schauen auf uns und wollen wissen, wie wir die Entwicklung fördern. Wir sind ein Vorreiter für sie. Denn sie fragen bei uns nach, wie bei uns die Strukturen sind oder wie wir trainieren. Das sind Anfragen, die aus der ganzen Welt kommen. Das erfüllt uns schon mit Stolz. Aber zufrieden zurücklehnen werden wir uns deswegen nicht. Wir arbeiten weiter daran, die Basis zu verbreitern. Wir haben ja in den vergangenen Jahren immer riesige Zuwachsraten verzeichnen können. Von daher müssen wir zusehen, dass wir die Menschen unterstützen, die in den Landesverbänden den Mädchenfußball aufbauen.

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Frage: Was würde denn passieren, wenn die deutsche Frauen-Nationalmannschaft jetzt auch noch die Gold-Medaille bei den Olympischen Spielen gewinnt?

Hannelore Ratzeburg: Das würde die Erwartung, dass wir in Zukunft alles gewinnen, weiter schüren. Davon abgesehen, denke ich aber, dass das eine große Freude wäre. Denn Olympische Spiele sind ja noch einmal etwas anderes als eine Weltmeisterschaft. Bei den Übertragungen von Olympia erreichen wir noch mal andere Zuschauer. Nämlich diejenige, die an dem gesamten Fest oder an anderen Sportarten interessiert sind. Die Akzeptanz für den Frauenfußball und auch die Weltmeisterschaft 2011 im eigenen Land ist sehr groß, das hat uns die jüngste Umfrage, die wir durchgeführt haben, wieder gezeigt, aber wenn wir weiterhin Menschen vom Frauenfußball begeistern können, nutzen wir gerne jede sich uns bietende Gelegenheit.

Frage: Ist ein Erfolg bei Olympia möglich, auch ohne eine Medaille zu gewinnen?

Hannelore Ratzeburg: Erfolg wird ja üblicherweise an Schleifchen und Pokalen gemessen. Ich denke aber, dass es positiv ankommen würde, wenn die Mannschaft gut und offensiv gespielt hat, sich eingesetzt hat, also alles gegeben hat, und wenn dann die anderen stärker waren oder einfach mehr Glück hatten, dann kann man auch zufrieden nach Hause fahren.