Ralf Loose: "Genau das gleiche Theater wie heute"

Loose: Diese Konstellation war für uns auf dem Papier schwierig. Keiner hatte damit gerechnet, dass wir gegen Katar antreten, die sich gegen Brasilien und England durchgesetzt haben. Ich erinnere mich daran, dass wir die Partie im Hotel im Fernsehen geschaut haben. Katar hatte einen brasilianischen Trainer und operierte mit einer brutalen Abseitsfalle und gefährlichen Stürmern. Aber Herr Weise hat uns darauf eingestellt, wie wir sie knacken können. Und das ist uns am Finaltag bei strömendem Regen in einem echten Kampfspiel ausgezeichnet gelungen. Das 4:0 hat am Ende auch dem Spielverlauf entsprochen.

Frage: Wie liefen die Feierlichkeiten ab?

Loose: Wir haben direkt im Stadion den Pokal von FIFA-Präsident Joao Havelange erhalten. In unserer Begeisterung hatten wir direkt nach dem Schlusspfiff mit dem Team aus Katar den Trikottausch vollzogen. Daher wurde uns der Fairplay-Pokal aberkannt und dem australischen Team zugesprochen. Später fand noch ein Gala-Abend statt, bei dem die besten Spieler und Torschützen ausgezeichnet wurden. Und natürlich wurden wir nach der Heimkehr auch von unseren Klubs geehrt.

Frage: Mit knapp 30 Jahren Abstand – gibt es eine Anekdote, die Sie uns heute verraten können?

Loose: Ja, die gibt es tatsächlich (lacht). Unser Finalgegner Katar wurde mit Preisen überschüttet. Für den Einzug ins Viertelfinale erhielt jeder Spieler schon ein Haus, für das Endspiel bekam jeder 250.000 Dollar. Wir hatten in dieser Hinsicht überhaupt nichts vereinbart. Aber die Jungs waren ja nach der großen Leistung heiß darauf, ebenfalls entlohnt zu werden. Also suchte ich nach dem Endspiel als Kapitän das Gespräch mit Herrn Weise und Egidius Braun. Herr Braun hat uns dann einen Krügerrand versprochen, den wir später auch alle erhalten haben. Das hat uns sehr stolz gemacht.

Frage: Inwiefern hat Ihnen das Turnier im Verlauf Ihrer Karriere geholfen?

Loose: Das Turnier hat mir und auch Michael Zorc sehr geholfen. Wir hatten vorher kaum Einsätze im Bundesliga-Team, aber jetzt merkte der Trainer, dass er mit uns rechnen kann. Einen Monat später hatten wir es in die Stammformation geschafft. Zudem war es natürlich eine ganz außergewöhnliche Erfahrung, auf einem anderen Kontinent zu sein. Man sieht zwar häufig nur die Hotels, Trainingsplätze und Stadien, doch zwischendurch kann man immer wieder Eindrücke aufsaugen. Mit Adelaide, Canberra, Sydney und Melbourne haben wir die wichtigsten Städte Australiens gesehen. Und es ist natürlich immer brisant, gegen Mannschaften von anderen Kontinenten anzutreten. Spanien kannten wir beispielsweise auch aus den jüngeren Jahrgängen gut. Aber auf Länder wie Mexiko, Ägypten, Australien oder Katar trifft man nun mal nur bei einer WM.

Frage: Kommen wir zur Gegenwart: Zuletzt waren Sie Trainer beim FC Augsburg. Was planen Sie für die Zukunft?



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Sie waren die Pioniere des deutschen Juniorenfußballs und schrieben Geschichte: Bei der U 20-Weltmeisterschaft 1981 in Australien schaffte DFB-Trainer Dietrich Weise mit seinem Team die Sensation und gewann den ersten WM-Titel für den DFB-Nachwuchs.

Kapitän und Spielmacher der Auswahl war Ralf Loose. Der Dortmunder, der später noch bei Rot-Weiß Oberhausen und Fortuna Düsseldorf spielte, erzielte im WM-Verlauf vier Treffer. Nach seiner aktiven Karriere wurde er unter anderem Trainer der Juniorenmannschaften Liechtensteins und trug später sogar die Verantwortung für die Nationalmannschaft des Fürstentums. Nach Engagements in Siegen und St. Gallen war der FC Augsburg seine bisher letzte Trainerstation.

Im exklusiven DFB.de-Interview mit Redakteur Maximilian Geis spricht Ralf Loose über Abstellungsprobleme, Auszeichnungen und sagt mit Blick auf seine eigene Zukunft: „Ich brenne auf eine neue Aufgabe!“

Frage: Ralf Loose, mit welchen Gefühlen denken Sie heute an die U 20-Weltmeisterschaft 1981 in Australien zurück?

Ralf Loose: In erster Linie sind das natürlich positive Gefühle, weil wir Weltmeister geworden sind. Wir wurden ja im gleichen Jahr schon U 18-Europameister und mit dem WM-Gewinn hatten wir überhaupt nicht gerechnet.

Frage: Wie hat die Mannschaft sich auf das Abenteuer Australien vorbereitet?

Loose: Das war sehr ungewöhnlich. Eigentlich hatte die deutsche Mannschaft die Qualifikation für die WM beim UEFA-Turnier in der DDR verpasst. Doch die Niederlande wollten nicht an der Endrunde in Australien teilnehmen und daher hat die FIFA den DFB gefragt, ob er eine Mannschaft stellt. Dann sind wir mit der leicht verstärkten U 18-Europameister-Mannschaft nach Australien geflogen. Die Vorbereitung dauerte nur vier Tage, an denen wir vier Vorbereitungsspiele absolvierten. Das war nicht einfach, zumal einige Spieler bereits in die Aufgebote der Bundesliga-Klubs integriert waren.

Frage: Dann kannte man schon damals Abstellungsprobleme wie heute...

Loose: Definitiv. Das war genau das gleiche Theater wie heute. Daher muss man sich schon fragen, warum 28 Jahre später wieder keine professionellen Richtlinien existieren. Schließlich muss man beiden gerecht werden – dem Liga-Spielbetrieb und der Nachwuchsförderung mit der Nationalmannschaft. Die Jungs in diesem Alter profitieren zwar von der Bundesliga. Aber eine WM ist nun mal eine außergewöhnliche Erfahrung.

Frage: Welche Erwartungen hatten Sie an das Gastgeberland?

Loose: Australien war damals ja überhaupt kein Begriff für uns. Fußballerisch erst recht nicht. Seitdem hat sich der Sport dort ja enorm weiterentwickelt und 2006 hat die Nationalmannschaft ja sogar nach 1974 zum zweiten Mal an der WM teilgenommen.

Frage: Wie haben Sie Ihre Rolle als Kapitän des Teams wahrgenommen? Waren Sie eine Schlüsselfigur?

Loose: Durch den EM-Titel hatten wir bereits eine gute Struktur in der Mannschaft. Mein Dortmunder Mitspieler Michael Zorc, Roland Wohlfahrt und Torwart Rüdiger Vollborn waren bereits Garanten für den EM-Sieg gewesen. Die Eindrücke in Australien waren für uns alle neu und auch ich war davon beeindruckt. Wir sind ja nicht mit dem Ziel dorthin gefahren, Weltmeister zu werden. Daher war ich froh, dass ich beim Auftakterfolg gegen Mexiko bereits in der zweiten Minute das Siegtor markieren und zu einem guten Turnierstart beitragen konnte.

Frage: Deutschland setzte sich in der Gruppe gegen Ägypten, Mexiko und Spanien durch, traf dann auf den Gastgeber und im Halbfinale auf Rumänien. Gab es eine Schlüsselszene im Turnierverlauf?

Loose: Im zweiten Spiel gegen Ägypten wurden wir vorgeführt und haben 1:2 verloren. Das entscheidende Spiel um den Einzug ins Viertelfinale war dann das Aufeinandertreffen mit Spanien, wo wir gewannen und langsam begannen, vom WM-Titel zu träumen. Ich hatte mir vor dem Australien-Spiel eine Zerrung zugezogen. Unser Mannschaftsarzt Dr. Georg Degenhardt hat sich Tag und Nacht um mich gekümmert und so konnte ich am Ende trotz der Verletzung bis zur 69. Minute mitspielen. Die Schlüsselszene ereignete sich nach meiner Auswechslung. Ich musste auf der Bank miterleben, wie die Gastgeber in einem gut besuchten Stadion einen Strafstoß bekamen. Zum Glück hat unser Torwart Rüdiger Vollborn, der ja ein Elfmeterkiller war, den Ball abgewehrt. Sonst wäre es für uns an diesem Tag sehr schwer geworden.

Frage: Im Endspiel gegen Katar gelangen Ihnen zwei Treffer. Welche Atmosphäre herrschte beim Finale?

Loose: Diese Konstellation war für uns auf dem Papier schwierig. Keiner hatte damit gerechnet, dass wir gegen Katar antreten, die sich gegen Brasilien und England durchgesetzt haben. Ich erinnere mich daran, dass wir die Partie im Hotel im Fernsehen geschaut haben. Katar hatte einen brasilianischen Trainer und operierte mit einer brutalen Abseitsfalle und gefährlichen Stürmern. Aber Herr Weise hat uns darauf eingestellt, wie wir sie knacken können. Und das ist uns am Finaltag bei strömendem Regen in einem echten Kampfspiel ausgezeichnet gelungen. Das 4:0 hat am Ende auch dem Spielverlauf entsprochen.

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Frage: Wie liefen die Feierlichkeiten ab?

Loose: Wir haben direkt im Stadion den Pokal von FIFA-Präsident Joao Havelange erhalten. In unserer Begeisterung hatten wir direkt nach dem Schlusspfiff mit dem Team aus Katar den Trikottausch vollzogen. Daher wurde uns der Fairplay-Pokal aberkannt und dem australischen Team zugesprochen. Später fand noch ein Gala-Abend statt, bei dem die besten Spieler und Torschützen ausgezeichnet wurden. Und natürlich wurden wir nach der Heimkehr auch von unseren Klubs geehrt.

Frage: Mit knapp 30 Jahren Abstand – gibt es eine Anekdote, die Sie uns heute verraten können?

Loose: Ja, die gibt es tatsächlich (lacht). Unser Finalgegner Katar wurde mit Preisen überschüttet. Für den Einzug ins Viertelfinale erhielt jeder Spieler schon ein Haus, für das Endspiel bekam jeder 250.000 Dollar. Wir hatten in dieser Hinsicht überhaupt nichts vereinbart. Aber die Jungs waren ja nach der großen Leistung heiß darauf, ebenfalls entlohnt zu werden. Also suchte ich nach dem Endspiel als Kapitän das Gespräch mit Herrn Weise und Egidius Braun. Herr Braun hat uns dann einen Krügerrand versprochen, den wir später auch alle erhalten haben. Das hat uns sehr stolz gemacht.

Frage: Inwiefern hat Ihnen das Turnier im Verlauf Ihrer Karriere geholfen?

Loose: Das Turnier hat mir und auch Michael Zorc sehr geholfen. Wir hatten vorher kaum Einsätze im Bundesliga-Team, aber jetzt merkte der Trainer, dass er mit uns rechnen kann. Einen Monat später hatten wir es in die Stammformation geschafft. Zudem war es natürlich eine ganz außergewöhnliche Erfahrung, auf einem anderen Kontinent zu sein. Man sieht zwar häufig nur die Hotels, Trainingsplätze und Stadien, doch zwischendurch kann man immer wieder Eindrücke aufsaugen. Mit Adelaide, Canberra, Sydney und Melbourne haben wir die wichtigsten Städte Australiens gesehen. Und es ist natürlich immer brisant, gegen Mannschaften von anderen Kontinenten anzutreten. Spanien kannten wir beispielsweise auch aus den jüngeren Jahrgängen gut. Aber auf Länder wie Mexiko, Ägypten, Australien oder Katar trifft man nun mal nur bei einer WM.

Frage: Kommen wir zur Gegenwart: Zuletzt waren Sie Trainer beim FC Augsburg. Was planen Sie für die Zukunft?

Loose: Ich habe die Zeit seit meinem Engagement in Augsburg intensiv genutzt, um mich bei einigen Klubs aus den unterschiedlichsten Ländern fortzubilden. So habe ich von Hospitationen in Marseille, Neapel und Göteborg profitiert. Die drei obersten Ligen in Deutschland verfolge ich natürlich aufmerksam und mit großem Interesse. Ich brenne auf eine neue Aufgabe!