Rainer Zobel: "Keine Lust, nur Rosen zu schneiden"

DFB.de: Was war das Kurioseste, das sie als Trainer erlebt haben?

Zobel: Da gibt es viele Geschichten. Sicher gehört dazu ein afrikanisches Champions-League-Spiel. Dort hat man uns tatsächlich einmal den Masseur geklaut. Wir sind mit unserem Team mit dem Bus vor das Stadion gefahren. Dort stehen immer viele Polizisten und Sicherheitskräfte. Plötzlich war der Masseur weg - samt unserem Ballsack. Später habe ich ihn vom Spielfeld aus auf der Ehrentribüne gesehen. Die Polizisten sagten zur Entschuldigung, dass sie dachten, dass er der Präsident sei. (lacht) Das hat unsere Vorbereitung auf das Spiel natürlich erheblich gestört, so ohne Bälle und ohne Masseur.

DFB.de: Im Laufe ihrer Karriere sind Sie sicherlich in einige Fettnäpfchen getreten.

Zobel: Immer wieder. Man lernt so viel in anderen Kulturen und tritt nicht selten in ein Fettnäpfchen hinein - das passiert. Man muss sich dann dafür entschuldigen und sagen, dass man das nicht gewusst hat. Da bricht einem ja kein Zacken aus der Krone.

DFB.de: Haben sie ein Beispiel?

Zobel: Ich hatte mal einen Spieler, der spielte immer nur No-Look-Pässe. Die kamen aber nie an. Dann habe ich ihm versucht zu erklären, dass wir Menschen sind und keine Hunde. Hunde können vielleicht mit ihren Ohren orten, wie weit die Entfernung ist und wo das Geräusch tatsächlich herkommt. Der Mensch kann das nicht. Da ich aus Deutschland kam und früher einen Schäferhund hatte, kam mir dieser Vergleich sofort in den Sinn. Mein Spieler sollte eben hingucken, wo er den Ball hinspielt. Dass ich aber einen Menschen mit einem Hund verglichen habe, ist das Schlimmste, was man in der arabischen Welt tun kann. Der wäre fast auf mich losgegangen. Das konnte ich noch retten. Ich habe ihm gesagt, dass ich das nicht wusste und mich entschuldigt. Dann haben wir das Wort Hund durch Fledermaus ausgetauscht und es ihm erneut erklärt.

DFB.de: In welchen Ländern würden Sie gerne noch arbeiten?

Zobel: Meine Frau ist dagegen, aber ich würde wirklich gerne einmal in China arbeiten. Das würde mich interessieren. Oder vielleicht Australien. Da war ich noch nicht. Ich denke, das sind ganz andere Mentalitäten.



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Die Liste seiner Erfolge ist lang. Als Spieler des FC Bayern München gewann Rainer Zobel bis 1976 drei Deutsche Meisterschaften und dreimal den Europapokal der Landesmeister, den Vorläufer der Champions League. Nach seiner Karriere wechselte er in den Trainerjob, war bei Eintracht Braunschweig, dem 1. FC Kaiserslautern, 1. FC Nürnberg und Tennis Borussia Berlin tätig. Dann wurde er zum Weltenbummler.

Mittlerweile ist der 63-Jährige in Moldawien gelandet. Hier soll er den FC Milsami Orhei auf einen Europa-League-Platz führen. Im Fussball.de-Interview blickt Rainer Zobel auf seine Karriere und kuriose Ereignisse zurück. Unter anderem erzählt er, wie ihm einmal der Masseur geklaut wurde und in welche Fettnäpfchen man besser nicht treten sollte.

DFB.de: Herr Zobel, Sie sind als Trainer viel in der Welt herumgekommen. Sie waren in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Ägypten, im Iran, in Georgien und Südafrika. Der FC Milsami ist Ihre 15. Trainerstation. Wie hat es Sie nach Moldawien verschlagen?

Rainer Zobel: Ich wurde einfach angerufen. Der Verein wollte unbedingt einen deutschen oder einen holländischen Coach. Der Klub hatte vorher einen Rumänen, danach den U 19-Nationaltrainer vom moldawischen Verband, der jetzt auch mein Co-Trainer ist. Nun wollten sie einen Deutschen, der oft im Ausland gearbeitet hat und über viel Erfahrung verfügt.

DFB.de: Wie lange dauert ihr Vertragsverhältnis in Moldawien? Was sind die Ziele?

Zobel: Mein Kontrakt läuft bis Ende der Saison. Unser Ziel ist das Erreichen eines internationalen Platzes. Hier gibt es mit Sheriff Tiraspol eine Übermannschaft. Die werden wir wahrscheinlich nicht mehr einholen können, die ist uns schon enteilt. Aber Platz zwei und drei berechtigen zur Europa-League-Qualifikation und die möchten wir gerne erreichen. Momentan sind wir Dritter.

DFB.de: Woher kommt ihre Motivation? Überspitzt gefragt: Warum tun Sie sich das an?

Zobel:: (lacht) Ja, warum tut man sich den Iran an? Warum tut man sich die Vereinigten Arabischen Emirate an? Da denken die meisten Leute an Urlaub, aber der Fußball ist wesentlich schlechter als hier in Moldawien. Mir geht es hauptsächlich um den Sport. Bevor ich hier unterschrieben habe, habe ich mir 14 Tage vorher den Verein, die Stadien und Plätze sowie die Hauptstadt Kischinau angeguckt. Hier kann man sehr gut leben und arbeiten. Alles ist da. Es macht mir einfach Spaß, das weiterzugeben, was ausländische Mannschaften von deutschen Trainern erwarten. Ich habe viel erreicht im Fußball, und ich habe noch keine Lust, zu Hause nur Rosen zu schneiden. Und ich empfinde es als Geschenk zu arbeiten, dann ist es auch egal, ob Moldawien oder sonstwo.

DFB.de: Mit einem Job in Deutschland liebäugeln Sie nicht?

Zobel: Dass ich in Deutschland keine große Chance mehr habe, das weiß ich, weil ich einfach zu lange raus aus dem Geschäft bin. Zumindest glauben das die Verantwortlichen, die über neue Trainer entscheiden. Das ist einfach so, da muss man sich der Realität stellen. Aber ich verfolge den deutschen Profifußball seit Jahren aus dem Ausland. Der Fußball hat sich zwar verändert, aber ich bin absolut auf dem Laufenden. Ich habe in den vergangenen eineinhalb Jahren ja auch viele Schulungen und Updates für den Trainerschein in Deutschland gemacht.

DFB.de: Moldawien gilt als eines der ärmsten Länder in Europa. Wie macht sich das bemerkbar? Wie professionell sind die Gegebenheiten rund um ihren neuen Klub?

Zobel: Das Land hatte eine schwere Vergangenheit. Doch mittlerweile ist Moldawien gut aufgestellt. Zumindest wesentlich besser als Georgien. Ich war schon in schlimmeren Ländern. Es ist für mich auch immer eine Motivation, in Länder zu gehen, von denen man viel erfahren kann.

DFB.de: Was war Ihr größter Erfolg als Trainer?

Zobel: Ich habe den Supercup in Georgien gewonnen, drei Meisterschaften in Ägypten gefeiert und war arabischer Supercup-Gewinner. Auch im afrikanischen Champions-League-Pokalfinale stand ich mit meinem Verein. Wenn man den Erfolg an Titeln misst, hatte ich sicherlich den größten Erfolg in Kairo. Der größte Erfolg für mich ist aber, wenn ich sehe, dass ich der Mannschaft etwas beigebracht habe. In Kairo war für mich der Erfolg, die Mannschaft von der ersten bis zur dritten Meisterschaft so verändert zu haben, dass ihr Altersdurchschnitt von 28 auf 23 Jahre gesunken ist. Trotzdem sind wir Meister geworden.

DFB.de: Sie mussten einmal als Trainer von Dynamo Tiflis aus Georgien vor dem Krieg flüchten.

Zobel: Geflüchtet bin ich nicht. Ich bin eigentlich nur nach Hause gefahren, weil der Kaukasus-Krieg näher kam. Die Panzer standen 30 Kilometer vor Tiflis. Die Radarstationen, die ich von meinem Fenster aus sehen konnte, waren zerbombt und zertrümmert. Da musste ich langsam raus. Wir sind über Armenien mit den ausländischen Spielern abgereist und dann zusammen vom Flughafen in Eriwan nach Hause geflogen. Als das Schlimmste rum war, bin ich wieder hin. Für mich selbst war das eigentlich nicht gefährlich. Man konnte aber nicht wissen, wie sich die Lage entwickelt. Da war es besser, dass wir das Land verlassen haben. Die Medien haben das dann aufgefasst, als ob ich die Panzer im Rücken hatte. So ist es nicht gewesen.

DFB.de: Was war das Kurioseste, das sie als Trainer erlebt haben?

Zobel: Da gibt es viele Geschichten. Sicher gehört dazu ein afrikanisches Champions-League-Spiel. Dort hat man uns tatsächlich einmal den Masseur geklaut. Wir sind mit unserem Team mit dem Bus vor das Stadion gefahren. Dort stehen immer viele Polizisten und Sicherheitskräfte. Plötzlich war der Masseur weg - samt unserem Ballsack. Später habe ich ihn vom Spielfeld aus auf der Ehrentribüne gesehen. Die Polizisten sagten zur Entschuldigung, dass sie dachten, dass er der Präsident sei. (lacht) Das hat unsere Vorbereitung auf das Spiel natürlich erheblich gestört, so ohne Bälle und ohne Masseur.

DFB.de: Im Laufe ihrer Karriere sind Sie sicherlich in einige Fettnäpfchen getreten.

Zobel: Immer wieder. Man lernt so viel in anderen Kulturen und tritt nicht selten in ein Fettnäpfchen hinein - das passiert. Man muss sich dann dafür entschuldigen und sagen, dass man das nicht gewusst hat. Da bricht einem ja kein Zacken aus der Krone.

DFB.de: Haben sie ein Beispiel?

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Zobel: Ich hatte mal einen Spieler, der spielte immer nur No-Look-Pässe. Die kamen aber nie an. Dann habe ich ihm versucht zu erklären, dass wir Menschen sind und keine Hunde. Hunde können vielleicht mit ihren Ohren orten, wie weit die Entfernung ist und wo das Geräusch tatsächlich herkommt. Der Mensch kann das nicht. Da ich aus Deutschland kam und früher einen Schäferhund hatte, kam mir dieser Vergleich sofort in den Sinn. Mein Spieler sollte eben hingucken, wo er den Ball hinspielt. Dass ich aber einen Menschen mit einem Hund verglichen habe, ist das Schlimmste, was man in der arabischen Welt tun kann. Der wäre fast auf mich losgegangen. Das konnte ich noch retten. Ich habe ihm gesagt, dass ich das nicht wusste und mich entschuldigt. Dann haben wir das Wort Hund durch Fledermaus ausgetauscht und es ihm erneut erklärt.

DFB.de: In welchen Ländern würden Sie gerne noch arbeiten?

Zobel: Meine Frau ist dagegen, aber ich würde wirklich gerne einmal in China arbeiten. Das würde mich interessieren. Oder vielleicht Australien. Da war ich noch nicht. Ich denke, das sind ganz andere Mentalitäten.

DFB.de: Sie verschwenden keinen Gedanken ans Aufhören?

Zobel: Aufhören? Das kann ich nicht. Das wäre mir auch zu langweilig. So lange mein Kopf noch fit ist, kann ich als Trainer auch noch Fußball vermitteln. Die Arbeit mit Spielern hält schließlich jung.