Platini: "Korruption trifft Herz des europäischen Fußballs"

Platini: Ja, man wird als Präsident immer für alles verantwortlich gemacht. Für alles Gute, aber eben auch für alles Schlechte - auch wenn man nichts dafür kann. Da muss man schon stark sein, um das auszuhalten. Aber Dr. Zwanziger ist so eine starke Persönlichkeit.

DFB.de: Blicken wir auf Ihre bisherigen drei Jahre als Präsident der UEFA zurück: Sind Sie zufrieden mit dem, was Sie erreicht haben?

Platini: Auf jeden Fall. Ich habe alle Versprechen, die ich gegeben hatte, gehalten. Es ist nicht sonderlich glamourös, Präsident der UEFA zu sein. Aber es ist schön, dass ich nach meiner aktiven Karriere weiterhin meinen Beitrag dazu leisten kann, den Fußball zu schützen und weiterzuentwickeln.

DFB.de: Der Sommer 2010 wird ein großer Fußballsommer. Besonders in Europa. Los geht es am 12. Mai in Hamburg mit dem Finale der neuen UEFA Europa League. Sind Sie zufrieden mit dem Verlauf der Premierensaison?

Platini: Ja, sehr. In der Europa League schlägt das Herz des europäischen Vereinsfußballs. Hier spielen viele Mannschaften auf einem Level, die Leistungsunterschiede sind nicht so groß wie in der Champions League. Es ist ein sehr spannender Wettbewerb in einem guten Format, der bei den Vereinen und Fans sehr gut ankommt.

DFB.de: Und das erste Finale dieses Wettbewerbes wurde direkt nach Deutschland vergeben. Eine gute Entscheidung?

Platini: Das sage ich Ihnen nach dem Spiel.

DFB.de: Aha?



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Seit mehr als drei Jahren ist Michel François Platini der starke Mann im europäischen Fußball. Auf ihrem Kongress 2007 in Düsseldorf wurde der Franzose als Nachfolger von Lennart Johansson zum neuen Präsidenten der Europäischen Fußball-Union (UEFA) gewählt.

Seither hat der geniale Spielmacher der französischen Europameister-Mannschaft von 1984 einiges bewegt. Ende März verkündete der 54-Jährige zudem, dass er für eine weitere Amtszeit an der Spitze der UEFA kandidieren werde.

Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Stephan Brause spricht Platini über die Gründe für seiner erneute Kandidatur, die anstehenden Finalspiele im Europapokal, eine europäische Fußballpolizei gegen Korruption und sein persönliches Verhältnis zu DFB-Präsident Theo Zwanziger.

DFB.de: Herr Platini, Ende März habe Sie in Tel Aviv bekannt gegeben, dass Sie sich im kommenden Jahr erneut zur Wahl stellen. Sehr zeitig…

Michel Platini: Ja, aber der Druck, eine Entscheidung zu treffen, wurde immer größer. Permanent wurde ich gefragt, wie es mit mir weitergeht. Ob ich UEFA-Präsident bleiben will, zur FIFA gehe oder etwas ganz anderes mache. Als ich diese Entscheidung für mich persönlich getroffen hatte, war es nur logisch, dass ich diese beim UEFA-Kongress verkünde. Dort bestand die einmalige Chance, es den Vertretern aller 52 Mitgliedsverbände persönlich zu sagen. Es in dieser Art und Weise zu machen, gebietet der Anstand und ist viel besser, als es nebenbei in irgendeinem Zeitungsinterview zu erwähnen.

DFB.de: Haben Sie je gezweifelt, noch einmal kandidieren zu wollen?

Platini: Das ist eine gute Frage, deren Beantwortung schwierig ist ist. In den vergangenen drei Jahren hatte ich kaum Zeit, mir Gedanken zu machen, wie es mit mir weitergeht. Das ist nicht schlimm, denn ich treffe selbst solche Entscheidungen spontan. Ich bin kein Politiker und entscheide nicht danach, was politisch gut für mich, sondern was gut für den Fußball ist. Und da es im europäischen Fußball noch einiges zu tun gibt, denke ich, dass meine erneute Kandidatur die richtige Entscheidung für den Fußball ist.

DFB.de: Was gibt es denn noch zu tun?

Platini: Bislang habe ich noch kein Programm für eine zweite Amtszeit erarbeitet. Dafür ist es zu früh. Als UEFA-Präsident wirst du ja permanent mit neuen Problemfeldern konfrontiert, die sich urplötzlich auftun. Es bringt also nichts, jetzt einen Plan für die kommenden Jahre zu erstellen, wenn die Probleme dann schlussendlich ganz andere sind.

DFB.de: Ist das größte Vorhaben die Umsetzung des von Ihnen auf den weg gebrachten Financial Fairplay, mit dem Sie eine finanzielle Gerechtigkeit im europäischen Vereinsfußball anstreben?

Platini: Für die Klubs ist dieses Vorhaben sehr wichtig. Es kann nicht sein, dass Vereine horrende Schulden anhäufen, nur um Spiele und Titel zu gewinnen. Wir müssen die gesamte europäische Fußballfamilie zufrieden stellen. Deshalb sollten in allen Ländern die gleichen finanziellen Spielregeln gelten.

DFB.de: Ein interessantes Ziel. Aber es dürfte nicht leicht sein, alle Verbände davon zu überzeugen.

Platini: Das mag sein. In Ländern wie Deutschland ist die Umsetzung ja eigentlich schon vollzogen, da existiert dank der genauen Lizenzierung das finanzielle Fairplay bereits. In Frankreich auch. In anderen Ländern, beispielsweise Spanien, sieht das jedoch noch ein wenig anders aus. Deshalb reden wir mit den betroffenen Verbänden und versuchen, sie davon zu überzeugen, dass unsere Bestrebungen auch zu ihrem Wohle sind. Wir wollen helfen, nicht zerstören. Dennoch denke ich, dass es in den kommenden Jahren ein wichtigeres Thema für den europäischen Fußball geben wird.

DFB.de: Nämlich?

Platini: Die Korruption im europäischen Fußball, verbunden mit Spielmanipulationen. Denn diese Problematik trifft das Herz unseres Spiels. Wir müssen unser Spiel davor schützen, das ist unsere Aufgabe. Es darf nicht sein, dass vor dem Anpfiff feststeht, wer die Partie gewinnt. Das wäre der Tod für den Fußball.

DFB.de: Was wollen Sie dagegen tun?

Platini: Dank der gut funktionierenden Frühwarnsysteme wissen wir, in welchen Ländern die größten Probleme liegen. Verbände wie der DFB tun gemeinsam mit den nationalen Behörden schon heute alles in ihrer Macht stehende, um dieser Problematik Herr zu werden. Das ist wunderbar. Aber es gibt auch andere Länder, in denen das alles nicht so einfach ist. Dort stoßen die Verbände an ihre Grenzen, weil die staatlichen Behörden nicht immer mitspielen. Deshalb fordere ich nachdrücklich die Einführung einer europäischen Sportpolizei.

DFB.de: Was stellen Sie sich darunter vor?

Platini: Eine Art Interpol für den Fußball. Eine Einheit, die sich ausschließlich auf den Kampf gegen Korruption und Manipulation im europäischen Sport konzentriert und dagegen vorgeht. Darüber wird mit der EU zu sprechen sein, denn Sport im Allgemeinen - und der Fußball im Speziellen - ist ein wertvolles Gut, das es zu schützen gilt.

DFB.de: Mit Ihrer erneuten Kandidatur haben Sie auch die hartnäckigen Gerüchte beendet, Sie hätten Interesse am Job des FIFA-Präsidenten. War das jemals ein Thema für Sie?

Platini: Nein, denn es gibt einen Präsidenten, der gesundheitlich topfit ist und bereits bekannt gegeben hat, dass er erneut zur Wiederwahl antreten wird. Ich arbeite schon seit 1998 gut mit Joseph Blatter zusammen und will daher 2011 nicht gegen ihn kandidieren.

DFB.de: 2007 sind Sie einer Kampfabstimmung nicht aus dem Weg gegangen und haben sich gegen den langjährigen UEFA-Präsidenten Lennart Johansson durchgesetzt. Sind Sie dem DFB eigentlich immer noch böse, dass er sich klar für Ihren schwedischen Kontrahenten ausgesprochen und diesen auch gewählt hat?

Platini: Nein, gar nicht. Ich habe immer verstanden, dass die Deutschen für Lennart Johansson stimmen mussten. Er hatte schließlich einen großen Anteil daran, dass Deutschland die WM 2006 bekommen hat. Ich habe damals nur zu Wolfgang Niersbach gesagt, dass der DFB doch bitte keinen Wahlkampf für Johansson machen soll. (lacht) Nein, im Ernst: Ich hatte und habe ein sehr gutes Verhältnis zum deutschen Fußball, dem DFB und seinem Präsidenten Dr. Theo Zwanziger.

DFB.de: Mit dem Sie ja mittlerweile auch seit mehr als einem Jahr im Exekutivkomitee der UEFA zusammenarbeiten.

Platini: Ja, sehr eng sogar. Herr Dr. Zwanziger ist Vorsitzender der Rechtskommission und Mitglied der Finanzkommission. Er ist also in zwei der wichtigsten UEFA-Gremien vertreten und somit ein wichtiger Mann im europäischen Fußball.

DFB.de: Wie schätzen Sie persönlich den DFB-Präsidenten ein?

Platini: Er ist ein sehr guter Präsident für einen großen Verband wie den DFB. Auch im Exekutivkomitee der UEFA macht er einen guten Job. Er hat eine klare Ansprache und Ansichten. Er kommt aus dem Amateurfußball, dem Herzen unseres Sports. Dieser ist ihm wichtig, genauso wie der Frauenfußball. Aber ihm ist auch klar, wie wichtig der Profifußball für diese Bereiche ist.

DFB.de: Es gibt Menschen, die sagen, Sie hätten in Ihrer Arbeitsauffassung viel gemeinsam mit dem DFB-Präsidenten. Sie beide hätten klare Ziele, die Sie gerne schnell umsetzen - sehen Sie diese Parallelen auch?

Platini: Klar ist Herr Zwanziger so, er ist ja Deutscher. Im Ernst, es ist doch gut, wenn jemand klare Vorstellungen hat. Ich brauche starke Verbandspräsidenten im Exekutivkomitee der UEFA. Nur sie können für die vielen Mitglieder ihres Landes sprechen. Deshalb bin ich froh, dass Herr Zwanziger den Job von Gerhard Mayer-Vorfelder übernommen hat. Er führt die gute Arbeit von Herrn Mayer-Vorfelder nahtlos weiter, und das ist gut für den Fußball in Europa.

DFB.de: Sie loben Dr. Zwanziger für seine Arbeit. In Deutschland stand er zuletzt öffentlich in der Kritik. Haben Sie das mitbekommen?

Platini: Ja, ich habe natürlich davon gehört und ihm deshalb auch einen Brief geschrieben.

DFB.de: Gehört es nicht irgendwie zum Job eines Verbandspräsidenten dazu, dass man immer irgendwo in der Kritik steht?

Platini: Ja, man wird als Präsident immer für alles verantwortlich gemacht. Für alles Gute, aber eben auch für alles Schlechte - auch wenn man nichts dafür kann. Da muss man schon stark sein, um das auszuhalten. Aber Dr. Zwanziger ist so eine starke Persönlichkeit.

DFB.de: Blicken wir auf Ihre bisherigen drei Jahre als Präsident der UEFA zurück: Sind Sie zufrieden mit dem, was Sie erreicht haben?

Platini: Auf jeden Fall. Ich habe alle Versprechen, die ich gegeben hatte, gehalten. Es ist nicht sonderlich glamourös, Präsident der UEFA zu sein. Aber es ist schön, dass ich nach meiner aktiven Karriere weiterhin meinen Beitrag dazu leisten kann, den Fußball zu schützen und weiterzuentwickeln.

DFB.de: Der Sommer 2010 wird ein großer Fußballsommer. Besonders in Europa. Los geht es am 12. Mai in Hamburg mit dem Finale der neuen UEFA Europa League. Sind Sie zufrieden mit dem Verlauf der Premierensaison?

Platini: Ja, sehr. In der Europa League schlägt das Herz des europäischen Vereinsfußballs. Hier spielen viele Mannschaften auf einem Level, die Leistungsunterschiede sind nicht so groß wie in der Champions League. Es ist ein sehr spannender Wettbewerb in einem guten Format, der bei den Vereinen und Fans sehr gut ankommt.

DFB.de: Und das erste Finale dieses Wettbewerbes wurde direkt nach Deutschland vergeben. Eine gute Entscheidung?

Platini: Das sage ich Ihnen nach dem Spiel.

DFB.de: Aha?

Platini: Nein, im Ernst: Hamburg ist ein toller Endspielort. Das Stadium ist super, die Stadt ist toll - wir werden ein tolles Finale erleben.

DFB.de: Dann kommt das Champions League Finale in Madrid…

Platini: … Sie meinen das der Frauen?

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DFB.de: Nein, eigentlich nicht. Aber Sie haben Recht, das Endspiel der Champions League der Frauen findet zwei Tage zuvor statt. Erstmals in derselben Stadt wie das Finale der Männer. Nur, dass es kaum jemand wahrnimmt.

Platini: Das sehe ich anders. Die Presse weiß davon, es wird sicherlich darüber viel mehr berichtet als in den Vorjahren. Deshalb ist es gut, dass das Finale der Frauen ebenfalls in Madrid stattfindet. Es wird ein tolles Event und ein würdiger Abschluss der ersten Saison in der Champions League der Frauen. Davon bin ich überzeugt.

DFB.de: Das Endspiel in der Königsklasse der Männer findet erstmals an einem Samstag statt. Wieso?

Platini: Ich habe es dem Exekutivkomitee so vorgeschlagen, und dieser Vorschlag wurde angenommen. Ich denke, es ist besser, das Finale an einem Samstag und nicht an einem Mittwoch zu spielen.

DFB.de: Warum?

Platini: Als ich 2008 das erste Mal als UEFA-Präsident beim Finale der Champions League in Athen war, hatte ich erstmals mehr mit der Organisation denn mit dem Spiel zu tun. Damals ist mir aufgefallen, dass kaum Kinder im Stadion waren. Das ist nicht gut, denn die Jugend ist die Zukunft des Fußballs. Durch die Verlegung auf Samstag werden wir ein anderes Publikum im Stadion haben. Viel mehr Familien als bislang.

DFB.de: Vermarktungstechnische Gründe dürften bei der Verlegung aber auch eine Rolle gespielt haben?

Platini: Die kommen hinzu. Die Verlegung hat dazu geführt, dass das Finale in den USA erstmals live im frei empfangbaren Fernsehen übertragen wird. An einem Samstagmittag. Und die Fußballfans in Asien können das Spiel um zwei Uhr nachts verfolgen und am nächsten Tag ausschlafen, weil Sonntag ist.

DFB.de: Viele Vorteile.

Platini: Ja, und deshalb denke ich, dass es gut wäre, wenn in Zukunft alle Endspiele wichtiger Wettbewerbe an einem Wochenende gespielt werden.

DFB.de: Es gab aber auch Kritik an der Verschiebung, verkürzt sie doch für einige Spieler die Vorbereitungszeit auf die WM in Südafrika.

Platini: Es ist eine Ausnahme, die uns von der FIFA genehmigt wurde. Beim nächsten Mal im Jahr 2014 wird die Champions League wieder einen Monat vor Beginn der Weltmeisterschaft in Brasilien enden. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob diese einmonatige Schutzsperre physisch überhaupt so sinnvoll ist.

DFB.de: Wieso?

Platini: Weil die Spieler durch diese Pause eigentlich gezwungen sind, eine neue Vorbereitung zu starten. Vielleicht wäre es für sie besser, wenn sie den Rhythmus, den sie aus der ganzen Saison kennen, beibehalten. Aber natürlich akzeptieren wir die Entscheidung der FIFA.

DFB.de: Als UEFA-Präsident sind sie Chef von 52 Fußball-Nationalverbänden. Haben Sie dennoch Zeit, die Bundesliga in Deutschland zu verfolgen?

Platini: Natürlich, auch wenn ich die Kommentatoren nicht verstehe. Spaß beiseite, die Bundesliga ist aktuell vielleicht nicht die beste Spielklasse in Europa, aber ich mag sie sehr. Sie ist eine der wenigen Ligen, deren Ausgang wirklich offen ist.

DFB.de: Wie meinen Sie das?

Platini: Jede der 18 Mannschaften kann jede schlagen. Dass der Letzte gegen den Ersten gewinnt, ist in anderen europäischen Ligen schlicht undenkbar. Es gibt zwar auch in Deutschland Mannschaften wie Bayern München oder Werder Bremen, die immer ganz oben mitspielen, aber es gibt immer Überraschungen. Schauen Sie doch mal auf die vergangenen Spielzeiten: Letztes Jahr wurde Wolfsburg Meister, Aufsteiger Hoffenheim spielte überragend. Wer hätte das erwartet? Dieses Jahr gab es auf einmal Schalke und Leverkusen, die ganz oben mitmischten. Und das alles in gut gefüllten, modernen Stadien. Das macht die Bundesliga zu einer wunderbaren Spielklasse, zu der ich Deutschland nur gratulieren kann.

DFB.de: Ende Mai wird die UEFA endgültig entscheiden, ob die EURO 2012 wie geplant in der Ukraine und Polen stattfinden kann. Wie schätzen Sie die Lage nach Ihrem jüngsten Besuch in der Ukraine ein?

Platini: Es gibt in der Ukraine einen neuen Präsidenten, der viele Dinge neu machen will. Also warten wir auf diese neuen Dinge.

DFB.de: Das klingt sehr zurückhaltend.

Platini: Es ist immer schwierig, wenn es einen Regierungswechsel gibt. Aber der neue Präsident hat mir zugesichert, dass sein Land alle notwendigen Arbeiten für die EURO 2012 fristgerecht abschließen wird. Natürlich beobachten wir sehr genau, was in der Ukraine passiert, aber noch haben sie dort ein wenig Zeit. Klar ist aber auch, dass sich in den nächsten Wochen noch einiges tun muss.

DFB.de: Klar ist auch, dass es in diesem Sommer eine endgültige Entscheidung geben muss, ob die EM in Polen und der Ukraine stattfinden kann, oder?

Platini: Das stimmt. Wenn du auf eine Wand zuläufst, musst du irgendwann die Richtung ändern. Es bringt nichts, die Entscheidung über einen Richtungswechsel immer weiter nach hinten zu schieben, denn irgendwann ist es zu spät, und du kommst nicht mehr an der Wand vorbei, sondern rennst dagegen.

DFB.de: Der Knackpunkt ist das Stadion in der ukrainischen Hauptstadt Kiew, richtig?

Platini: Ja, auch, denn es gibt seit längerem einen Beschluss des UEFA-Exekutivkomitees, dass es ohne den Spielort Kiew keine EM in der Ukraine geben wird. Dann müssen wir uns etwas anderes überlegen.

DFB.de: Die Gerüchte, die UEFA hätte Deutschland als möglichen Ersatz-Gastgeber angefragt, halten sich hartnäckig…

Platini: Wir als UEFA haben darüber nie nachgedacht. Wir haben keinen Plan B. Das würde nämlich bedeuten, wir vertrauen nicht in Plan A. Aber das heißt auch nicht, dass wir nicht mehr reagieren können. Wenn es in der Ukraine weiterhin logistische Probleme gibt, dann werden wir einen anderen Weg finden. Dann wird das Exekutivkomitee beraten und eine Entscheidung treffen.

DFB.de: Zum Beispiel, die EM allein in Polen auszutragen?

Platini: Es wäre sicher eine Option, sechs Spielorte in Polen zu bestimmen. Vielleicht fragt die UEFA aber auch Ungarn oder Deutschland an, ob sie mit zwei Stadien einspringen wollen und können. Aber ich möchte noch einmal betonen: Darüber denken wir aktuell nicht mal nach. Wir vertrauen darauf, dass die Ukraine alle notwendigen Arbeiten fristgerecht abschließen und die EURO 2012 wie geplant stattfinden wird.

DFB.de: Nicht nur über die Europameisterschaft 2012 wird derzeit geredet. Auch die Bewerbungsphase für die EM vier Jahre später geht dem Ende entgegen. Das UEFA-Exekutivkomitee wird am 28. Mai entscheiden, ob das Turnier in der Türkei, Frankreich oder Italien ausgetragen wird. Was denken Sie?

Platini: Ich bin Franzose. Ich würde mich schämen, wenn Frankreich nicht der Favorit meines Herzens wäre. Aber ich entscheide nicht allein, deshalb ist das Rennen offen...