Philipp Lahm: Der couragierte Kapitän

Philipp Lahm geht, obwohl erst 28, schon in sein drittes EM-Turnier. Zum ersten Mal als Kapitän. In den acht Jahren, seit denen er das Spiel der Nationalmannschaft bereichert, ist viel passiert im deutschen Fußball. An Lahm hat nie ein Weg vorbeigeführt, und auch abseits des Platzes gehört er zu denen, die sich klar positionieren. Christof Kneer, Sportredakteur der Süddeutschen Zeitung, über einen Käpt’n mit Courage.

Philipp Lahm weiß, was er seinem Verein schuldig ist. Er ist ein echter Münchner, er kennt die Stadt und den FC Bayern, ihm muss keiner sagen, was von ihm erwartet wird. Er weiß, wie München tickt. Eine goldene Generation dürfe man sich nur nennen, wenn man mal einen großen Titel gewonnen habe, und es werde Zeit, dass die Generation Lahm/Schweinsteiger bald mal einen solchen Titel hole, hat Philipp Lahm vor dem Champions- League-Finale gesagt – auch auf die Gefahr hin, dass der FC Chelsea am Ende den Henkelpott aus der Arena schleppen könnte.

Lahm schoss im Finale den ersten Elfmeter

So ist es dann ja auch gekommen. Aber es spricht doch sehr für diesen kleinen, großen Fußballer, dass er sehenden Auges so ein Risiko eingeht. Dass er die krachledernen baye rischen Erfolgsphilosophien öffentlich annimmt, dass er sich solche mutigen Sätze zutraut, dass er sich nicht drückt. Er hat sich auch im Elfmeterschießen gegen Chelsea nicht gedrückt, obwohl er in der Runde zuvor gegen Real Madrid mit einem Schlenzer an Iker Casillas gescheitert war. Als es in der Münchner Arena zum Elfmeterschießen kam, hat er sich den Ball geschnappt, er hat ihn aus einer Traube von herumstehenden Chelsea-Hünen herausgeklaubt und ist zum Punkt marschiert. Er hat den ersten Elfmeter verwandelt. Und als alles vorbei war, hat er als erster Münchner die Schockstarre abgeschüttelt, er ist zum Kollegen Bastian Schweinsteiger gelaufen und hat ihn getröstet. Dann hat er sich dem Publikum gestellt, und die Kollegen haben das Signal verstanden. Sie sind ihrem Kapitän gefolgt.

Man kann ruhig behaupten, dass sich wohl selten in der DFB-Geschichte ein Nationalmannschafts- Kapitän mehr Mühe mit dem Kapitänsamt gegeben hat. Lahm ist keiner, der den Gegenspieler nach drei Minuten im Mittelkreis umhaut, um einen Reizpunkt zu setzen. Lahm versucht, ein moderner Kapitän zu sein. Er positioniert sich klar, und er genießt es, dass Bundestrainer Joachim Löw seine Meinung schätzt und ihn immer wieder zu Rate zieht.

Er spricht selbst von der "goldenen Generation"

Vor allen Dingen ist dieser Philipp Lahm aber ein couragierter Mann. Goldene Generation – man muss schon Mut mitbringen, um sich mit so einem Begriff selbst unter Druck zu setzen, zumal dieser Begriff fußballhistorisch belastet ist. In den vergangenen ein, zwei Jahrzehnten gab es eine Menge goldener Generationen, und ihr gemeinsames Merkmal war, dass keine von ihnen etwas Großes gewonnen hat. Die Portugiesen um Figo, die Rumänen um Hagi, die Tschechen um Nedved, die Bulgaren um Stoitschkow – gut und hochbegabt waren sie alle, aber einen großen Pokal stemmten sie nie. Philipp Lahm stört das nicht. „Ich habe diese Debatte ja bewusst mit angestachelt“, sagt er.

Es gehört zu seinem bayerischen Selbstverständnis: Immer die höchsten Maßstäbe ansetzen, immer an der obersten Ebene orientieren. Philipp Lahm war wie Bastian Schweinsteiger schon häufig bei internationalen Siegerehrungen dabei, aber immer haben sie am Ende die Plakette abbekommen, nie den Pokal. Zweiter wurden sie in der Champions League 2010 und 2012 sowie bei der EM 2008; den dritten Platz gab es 2006 und 2010, jeweils bei der WM.

28 - und schon eine halbe Ewigkeit dabei

Philipp Lahm ist 28 Jahre alt, das ist Fakt, aber was einem dieser Fakt sagen will, ist eine interessante Frage. 28 galt mal als das ideale Alter für Fußballprofis, das ist noch gar nicht so lange her, und doch wirkt es inzwischen, als liege diese Zeit ein paar Generationen zurück. Heute werden die Mannschaften bis hin zum deutschen Nationalteam geflutet von Talenten aller Art, heute ist es keine Sensation mehr, wenn ein 18-Jähriger in der Bundesliga in die Stammelf rückt oder ein 19-Jähriger ins Tor. Heute haben 28-Jährige schon zehn Jahre Leistungssport hinter sich – was zur Folge haben könnte, dass Karrieren früher enden als in der Vergangenheit. „Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo werden ihre Weltklasse-Leistungen normalerweise nicht mehr bis 32 oder 34 bringen können“, sagt Bundestrainer Joachim Löw. Die Helden fangen früher an, ihre Schlachten zu schlagen, und sie sind dann auch früher müde.

Gilt das auch für Philipp Lahm? Der kleine Kapitän macht nicht den Eindruck, als sei er müde zu kriegen, das könnte daran liegen, dass er – wie Bastian Schweinsteiger, wie Lukas Podolski, auch wie Per Mertesacker – zu einer historischen Generation gehört. Er hat noch den alten Profifußball kennengelernt, in den ist er Anfang des Jahrtausends hineingewachsen, es war ein Fußball mit klaren, traditionellen Regeln. Die Jungen tragen den Alten die Koffer, die Deutschen können schlecht kombinieren, aber gut rumpeln, und wer Nationalspieler werden will, muss erst mal 150 Bundesligaspiele machen. So weit das Klischee, und nicht alles daran war falsch. Als der alte deutsche Fußball bei der EURO 2004 darnieder lag, waren Lahm, Schweinsteiger und Podolski schon dabei. Teamchef Rudi Völler hatte sie in seinen EM-Kader berufen.

An Spielern wie ihm orientiert sich der Nachwuchs

Lahm, Schweinsteiger und Podolski haben den deutschen Fußball enorm nach vorne gebracht. Sie haben die Brücke gebildet, von 2004 über 2006 bis heute. Sie waren die Konstanten, an denen sich die Talente orientieren konnten, die damals, 2004 oder 2006, noch in Nachwuchs- Leistungszentren der Bundesliga-Klubs oder DFB-Stützpunkten steckten. Diese histo rische Dimension muss man immer mitdenken, wenn man über die Karrieren von Lahm oder auch Schweinsteiger urteilt.

Man kann es Philipp Lahm nicht zum Vorwurf machen, dass er schon 85 Länderspiele bestritten hat, dass er seit acht Jahren Nationalspieler ist, ohne einen Siegerpokal in die Höhe zu wuchten. Er musste aus historischen Gründen einfach früher ran als sonst, er betrat früher als sonst die ganz große Bühne, und nur deshalb wirkt es eben so, als mühe sich hier ein Spieler seit Jahren vergeblich ab.

Nächstes Ziel: WM 2014 in Brasilien

Lahm weiß, dass er die WM in Katar 2022 nicht mehr spielen wird, was kein Unglück sein muss. Aber wie der ganze Löw- Stab, so peilt er als Höhepunkt des gemeinsamen Schaffens die WM 2014 im heiligen Fußball- Land Brasilien an – und 2016, bei der EURO in Frankreich, wäre er 32, was eigentlich auch noch kein Alter ist für einen wuseligen Spielertypen wie Philipp Lahm.

Wahrscheinlich wird Lahm aufpassen müssen, dass sie ihn nicht in die Pflicht nehmen bis er 42 ist. Einen Außen verteidiger wie ihn gibt es eben nicht so oft. Philipp Lahm müsste weiterhin auf beiden Seiten gleichzeitig spielen, um Joachim Löw alle Sorgen zu nehmen, aber das wird auch Lahm nicht gelingen. Die ewige Debatte – ist er rechts besser oder links? – verfolgt er inzwischen mit einem gelangweilten Schmunzeln.

Rechts oder links?

Lahm hat 1.000-mal betont, dass er sich rechts einen Tick wohler fühle, vor allem defensiv, dass er aber bereit ist, links zu verteidigen. Es spricht für den Führungsstil dieses Kapitäns, dass er auf nichts besteht. Er sagt nicht: Ich spiele nur rechts, und was links passiert, ist mir egal. Lahm denkt die andere Seite immer mit, die, auf der er nicht spielt. Bei Bayern kann er seine Lieblingsrolle rechts erst so richtig genießen, seit er die linke Flanke beim begabten David Alaba in guten Händen weiß. Und bei der Nationalmannschaft? Da hat es sich eingebürgert, dass er mit Joachim Löw ein Gespräch führt, dass sie die Optionen durchspielen und dass dann der Bundestrainer entscheidet.

Wie man in zehn, 20, vielleicht 30 Jahren über den Fußballer Philipp Lahm reden wird? Was werden die Väter ihren Söhnen, die Opas ihren Enkeln erzählen, und was werden die TVReporter sagen, wenn sie im Jahr 2032 einen Rückblick auf die EM 2012 zeigen? Dass Philipp Lahm ein herausragender Fußballer gewesen ist, wird eine Tatsache sein. Und vielleicht wird man dann noch erzählen, dass er Kapitän jener Mannschaft war, die den EM-Titel gewonnen hat.

Die deutschen EM-Kapitäne

Franz Beckenbauer führte die DFB-Auswahl beim Erfolg 1972 sowie 1976 aufs Feld. Kapitän beim EMTriumph 1980 war Bernard Dietz, im Vorrundenspiel gegen Griechenland trug Bernd Cullmann die Spielführerbinde. Es folgten Karl-Heinz Rummenigge (1984) und Lothar Matthäus (1988). Vier Jahre darauf fuhr Rudi Völler als Kapitän zur EM nach Schweden. Doch er verletzte sich schon im ersten Spiel, fortan ging Andreas Brehme als Erster auf den Platz. 1996 gab es sogar vier Kapitäne: Jürgen Klinsmann, Spielführer der deutschen Mannschaft, war jedoch im ersten Spiel gesperrt. Also übernahm Jürgen Kohler, jedoch nur für wenige Minuten, dann kam das verletzungsbedingte EM-Aus. Nun rückte Thomas Häßler auf, der anschließend wieder von Klinsmann abgelöst wurde. Weil der sich im Viertelfinale verletzte, kam Andreas Möller zu Kapitänsehren. Im Endspiel dann war Klinsmann wieder dabei – und durfte auch den Siegerpokal in Empfang nehmen. Auch 2000 blieb es nicht bei einem Spielführer, wieder war eine Verletzung schuld. Diesmal erwischte es Oliver Bierhoff, sein Vertreter war Oliver Kahn, der auch vier Jahre darauf dieses Amt innehatte. Der deutsche Kapitän bei der EM 2008 war Michael Ballack.

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Philipp Lahm geht, obwohl erst 28, schon in sein drittes EM-Turnier. Zum ersten Mal als Kapitän. In den acht Jahren, seit denen er das Spiel der Nationalmannschaft bereichert, ist viel passiert im deutschen Fußball. An Lahm hat nie ein Weg vorbeigeführt, und auch abseits des Platzes gehört er zu denen, die sich klar positionieren. Christof Kneer, Sportredakteur der Süddeutschen Zeitung, über einen Käpt’n mit Courage.

Philipp Lahm weiß, was er seinem Verein schuldig ist. Er ist ein echter Münchner, er kennt die Stadt und den FC Bayern, ihm muss keiner sagen, was von ihm erwartet wird. Er weiß, wie München tickt. Eine goldene Generation dürfe man sich nur nennen, wenn man mal einen großen Titel gewonnen habe, und es werde Zeit, dass die Generation Lahm/Schweinsteiger bald mal einen solchen Titel hole, hat Philipp Lahm vor dem Champions- League-Finale gesagt – auch auf die Gefahr hin, dass der FC Chelsea am Ende den Henkelpott aus der Arena schleppen könnte.

Lahm schoss im Finale den ersten Elfmeter

So ist es dann ja auch gekommen. Aber es spricht doch sehr für diesen kleinen, großen Fußballer, dass er sehenden Auges so ein Risiko eingeht. Dass er die krachledernen baye rischen Erfolgsphilosophien öffentlich annimmt, dass er sich solche mutigen Sätze zutraut, dass er sich nicht drückt. Er hat sich auch im Elfmeterschießen gegen Chelsea nicht gedrückt, obwohl er in der Runde zuvor gegen Real Madrid mit einem Schlenzer an Iker Casillas gescheitert war. Als es in der Münchner Arena zum Elfmeterschießen kam, hat er sich den Ball geschnappt, er hat ihn aus einer Traube von herumstehenden Chelsea-Hünen herausgeklaubt und ist zum Punkt marschiert. Er hat den ersten Elfmeter verwandelt. Und als alles vorbei war, hat er als erster Münchner die Schockstarre abgeschüttelt, er ist zum Kollegen Bastian Schweinsteiger gelaufen und hat ihn getröstet. Dann hat er sich dem Publikum gestellt, und die Kollegen haben das Signal verstanden. Sie sind ihrem Kapitän gefolgt.

Man kann ruhig behaupten, dass sich wohl selten in der DFB-Geschichte ein Nationalmannschafts- Kapitän mehr Mühe mit dem Kapitänsamt gegeben hat. Lahm ist keiner, der den Gegenspieler nach drei Minuten im Mittelkreis umhaut, um einen Reizpunkt zu setzen. Lahm versucht, ein moderner Kapitän zu sein. Er positioniert sich klar, und er genießt es, dass Bundestrainer Joachim Löw seine Meinung schätzt und ihn immer wieder zu Rate zieht.

Er spricht selbst von der "goldenen Generation"

Vor allen Dingen ist dieser Philipp Lahm aber ein couragierter Mann. Goldene Generation – man muss schon Mut mitbringen, um sich mit so einem Begriff selbst unter Druck zu setzen, zumal dieser Begriff fußballhistorisch belastet ist. In den vergangenen ein, zwei Jahrzehnten gab es eine Menge goldener Generationen, und ihr gemeinsames Merkmal war, dass keine von ihnen etwas Großes gewonnen hat. Die Portugiesen um Figo, die Rumänen um Hagi, die Tschechen um Nedved, die Bulgaren um Stoitschkow – gut und hochbegabt waren sie alle, aber einen großen Pokal stemmten sie nie. Philipp Lahm stört das nicht. „Ich habe diese Debatte ja bewusst mit angestachelt“, sagt er.

Es gehört zu seinem bayerischen Selbstverständnis: Immer die höchsten Maßstäbe ansetzen, immer an der obersten Ebene orientieren. Philipp Lahm war wie Bastian Schweinsteiger schon häufig bei internationalen Siegerehrungen dabei, aber immer haben sie am Ende die Plakette abbekommen, nie den Pokal. Zweiter wurden sie in der Champions League 2010 und 2012 sowie bei der EM 2008; den dritten Platz gab es 2006 und 2010, jeweils bei der WM.

28 - und schon eine halbe Ewigkeit dabei

Philipp Lahm ist 28 Jahre alt, das ist Fakt, aber was einem dieser Fakt sagen will, ist eine interessante Frage. 28 galt mal als das ideale Alter für Fußballprofis, das ist noch gar nicht so lange her, und doch wirkt es inzwischen, als liege diese Zeit ein paar Generationen zurück. Heute werden die Mannschaften bis hin zum deutschen Nationalteam geflutet von Talenten aller Art, heute ist es keine Sensation mehr, wenn ein 18-Jähriger in der Bundesliga in die Stammelf rückt oder ein 19-Jähriger ins Tor. Heute haben 28-Jährige schon zehn Jahre Leistungssport hinter sich – was zur Folge haben könnte, dass Karrieren früher enden als in der Vergangenheit. „Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo werden ihre Weltklasse-Leistungen normalerweise nicht mehr bis 32 oder 34 bringen können“, sagt Bundestrainer Joachim Löw. Die Helden fangen früher an, ihre Schlachten zu schlagen, und sie sind dann auch früher müde.

Gilt das auch für Philipp Lahm? Der kleine Kapitän macht nicht den Eindruck, als sei er müde zu kriegen, das könnte daran liegen, dass er – wie Bastian Schweinsteiger, wie Lukas Podolski, auch wie Per Mertesacker – zu einer historischen Generation gehört. Er hat noch den alten Profifußball kennengelernt, in den ist er Anfang des Jahrtausends hineingewachsen, es war ein Fußball mit klaren, traditionellen Regeln. Die Jungen tragen den Alten die Koffer, die Deutschen können schlecht kombinieren, aber gut rumpeln, und wer Nationalspieler werden will, muss erst mal 150 Bundesligaspiele machen. So weit das Klischee, und nicht alles daran war falsch. Als der alte deutsche Fußball bei der EURO 2004 darnieder lag, waren Lahm, Schweinsteiger und Podolski schon dabei. Teamchef Rudi Völler hatte sie in seinen EM-Kader berufen.

An Spielern wie ihm orientiert sich der Nachwuchs

Lahm, Schweinsteiger und Podolski haben den deutschen Fußball enorm nach vorne gebracht. Sie haben die Brücke gebildet, von 2004 über 2006 bis heute. Sie waren die Konstanten, an denen sich die Talente orientieren konnten, die damals, 2004 oder 2006, noch in Nachwuchs- Leistungszentren der Bundesliga-Klubs oder DFB-Stützpunkten steckten. Diese histo rische Dimension muss man immer mitdenken, wenn man über die Karrieren von Lahm oder auch Schweinsteiger urteilt.

Man kann es Philipp Lahm nicht zum Vorwurf machen, dass er schon 85 Länderspiele bestritten hat, dass er seit acht Jahren Nationalspieler ist, ohne einen Siegerpokal in die Höhe zu wuchten. Er musste aus historischen Gründen einfach früher ran als sonst, er betrat früher als sonst die ganz große Bühne, und nur deshalb wirkt es eben so, als mühe sich hier ein Spieler seit Jahren vergeblich ab.

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Nächstes Ziel: WM 2014 in Brasilien

Lahm weiß, dass er die WM in Katar 2022 nicht mehr spielen wird, was kein Unglück sein muss. Aber wie der ganze Löw- Stab, so peilt er als Höhepunkt des gemeinsamen Schaffens die WM 2014 im heiligen Fußball- Land Brasilien an – und 2016, bei der EURO in Frankreich, wäre er 32, was eigentlich auch noch kein Alter ist für einen wuseligen Spielertypen wie Philipp Lahm.

Wahrscheinlich wird Lahm aufpassen müssen, dass sie ihn nicht in die Pflicht nehmen bis er 42 ist. Einen Außen verteidiger wie ihn gibt es eben nicht so oft. Philipp Lahm müsste weiterhin auf beiden Seiten gleichzeitig spielen, um Joachim Löw alle Sorgen zu nehmen, aber das wird auch Lahm nicht gelingen. Die ewige Debatte – ist er rechts besser oder links? – verfolgt er inzwischen mit einem gelangweilten Schmunzeln.

Rechts oder links?

Lahm hat 1.000-mal betont, dass er sich rechts einen Tick wohler fühle, vor allem defensiv, dass er aber bereit ist, links zu verteidigen. Es spricht für den Führungsstil dieses Kapitäns, dass er auf nichts besteht. Er sagt nicht: Ich spiele nur rechts, und was links passiert, ist mir egal. Lahm denkt die andere Seite immer mit, die, auf der er nicht spielt. Bei Bayern kann er seine Lieblingsrolle rechts erst so richtig genießen, seit er die linke Flanke beim begabten David Alaba in guten Händen weiß. Und bei der Nationalmannschaft? Da hat es sich eingebürgert, dass er mit Joachim Löw ein Gespräch führt, dass sie die Optionen durchspielen und dass dann der Bundestrainer entscheidet.

Wie man in zehn, 20, vielleicht 30 Jahren über den Fußballer Philipp Lahm reden wird? Was werden die Väter ihren Söhnen, die Opas ihren Enkeln erzählen, und was werden die TVReporter sagen, wenn sie im Jahr 2032 einen Rückblick auf die EM 2012 zeigen? Dass Philipp Lahm ein herausragender Fußballer gewesen ist, wird eine Tatsache sein. Und vielleicht wird man dann noch erzählen, dass er Kapitän jener Mannschaft war, die den EM-Titel gewonnen hat.

Die deutschen EM-Kapitäne

Franz Beckenbauer führte die DFB-Auswahl beim Erfolg 1972 sowie 1976 aufs Feld. Kapitän beim EMTriumph 1980 war Bernard Dietz, im Vorrundenspiel gegen Griechenland trug Bernd Cullmann die Spielführerbinde. Es folgten Karl-Heinz Rummenigge (1984) und Lothar Matthäus (1988). Vier Jahre darauf fuhr Rudi Völler als Kapitän zur EM nach Schweden. Doch er verletzte sich schon im ersten Spiel, fortan ging Andreas Brehme als Erster auf den Platz. 1996 gab es sogar vier Kapitäne: Jürgen Klinsmann, Spielführer der deutschen Mannschaft, war jedoch im ersten Spiel gesperrt. Also übernahm Jürgen Kohler, jedoch nur für wenige Minuten, dann kam das verletzungsbedingte EM-Aus. Nun rückte Thomas Häßler auf, der anschließend wieder von Klinsmann abgelöst wurde. Weil der sich im Viertelfinale verletzte, kam Andreas Möller zu Kapitänsehren. Im Endspiel dann war Klinsmann wieder dabei – und durfte auch den Siegerpokal in Empfang nehmen. Auch 2000 blieb es nicht bei einem Spielführer, wieder war eine Verletzung schuld. Diesmal erwischte es Oliver Bierhoff, sein Vertreter war Oliver Kahn, der auch vier Jahre darauf dieses Amt innehatte. Der deutsche Kapitän bei der EM 2008 war Michael Ballack.