Pezzaiuoli: "Respekt und Zielstrebigkeit sind wichtig"

Frage: Europapokal ist ein gutes Stichwort. Was ist dieses Jahr noch zu erreichen?

Pezzaiuoli: Wir wollen erst einmal 40 Punkte sammeln, um den Klassenerhalt zu sichern. Wenn wir das erreicht haben, werden wir uns über neue Ziele Gedanken machen.

Frage: Wenn man einmal auf die Saison schaut, muss es Ihnen doch weh tun, angesichts der vielen verschenkten Punkte.

Pezzaiuoli: Ja, aber wir analysieren das und schauen sofort nach vorne. Wenn wir physisch einbrechen würden, dann müssten wir uns hinterfragen und in die Trainingssteuerung eingreifen. Das ist aber nicht der Fall. Es waren einfach viele unglückliche Situationen.

Frage: Derzeit wird darüber diskutiert, dass die Mannschaft gewinnt, die am meisten läuft. Dortmund steht stellvertretend dafür. Ist der BVB ein Vorbild für ihre Arbeit?

Pezzaiuoli: Natürlich ist Fußball ein Laufspiel. Für mich ist von Bedeutung, dass mit und ohne Ball richtig gelaufen wird. Es bringt mir nichts, wenn ein Spieler 14 Kilometer läuft, aber viele Ballverluste hat und sich sein Laufpensum dadurch erhöht. Intelligentes Laufen, um Kräfte zu bündeln ist mir wichtig.

Frage: Ähnelt sich ihre Philosophie mit der von Ralf Rangnick?

Pezzaiuoli: Ralf Rangnick hat die Spielweise hier über vier Jahre geprägt und die wollen wir auch weiterführen. Das ist die Philosophie, für die 1899 Hoffenheim steht. Wir setzen auf offensive, ballorientierte Vorwärtsverteidigung. Wir wollen das aber weiter optimieren.



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Seit dem 2. Januar ist Marco Pezzaiuoli Trainer von Bundesligist 1899 Hoffenheim. Seine letzte Karrierestation vor Hoffenheim war der Deutsche Fußball-Bund, dessen U-17-Nationalmannschaft er zum europäischen Titelgewinn geführt hatte.

Mit FUSSBALL.DE spricht der 42-Jährige Fußballlehrer über seine Zeit als Nachwuchstrainer, sein Verhältnis zu Bundestrainer Joachim Löw und die Ziele mit Hoffenheim.

Frage: Herr Pezzaiuoli, seit zwei Monaten sind Sie Cheftrainer von 1899 Hoffenheim. Haben Sie sich die Arbeit so vorgestellt?

Marco Pezzaiuoli: Ich arbeite genauso akribisch, wie als Co-Trainer. Der große Unterschied ist lediglich, dass ich nun als Cheftrainer derjenige bin, der Entscheidungen treffen muss. Und ich muss die Verantwortung dafür tragen.

Frage: Hat Ihnen das unruhige Nächte bereitet?

Pezzaiuoli: Nein, überhaupt nicht. Ich habe mich sehr darauf gefreut und kann meine Vorstellung von Fußball vermitteln.

Frage: Wie wichtig war für ihre Entwicklung dafür die Trainerausbildung beim DFB?

Pezzaiuoli: Die Trainerausbildung ist weltweit führend und hat einen sehr hohen Stellenwert. Matthias Sammer hat dies mit seinem Ausbilderteam in den letzten Jahren neu konzipiert und optimiert. Wie der DFB das umsetzt, ist herausragend.

Frage: Ihre Arbeit beim DFB war sehr erfolgreich. Wie beurteilen Sie diese heute im Rückblick?

Pezzaiuoli: Für mich war es eine tolle Zeit. Ich habe mit den größten Talenten Deutschlands gearbeitet und konnte ihnen Einiges mitgeben für den weiteren Karriereweg. Und der Stellenwert der Arbeit steigt natürlich auch durch den EM-Titel mit der U-17-Auswahl. Das war für mich als Trainer aber auch für die Spieler sehr wichtig. Dadurch kamen sie noch mehr ins Rampenlicht, sie lernten mit Stresssituationen umzugehen, lernten die Medienlandschaft kennen. Es ist kein Zufall, dass aus dem Jahrgang 1992 so viele Spieler in der Bundesliga auf dem Sprung sind oder ihn wie Mario Götze bereits geschafft haben.

Frage: Welchen Anteil an dieser Entwicklung hat Matthias Sammer mit seiner Philosophie, auch mit den Jugendteams auf Titeljagd zu gehen?

Pezzaiuoli: Matthias Sammer hatte einen sehr großen Anteil und Einfluss. Wir Trainer haben unsere eigene Philosophie mit der des DFB und Matthias Sammer in Einklang bringen und umsetzen können. Jeder Nachwuchsfußballer will gewinnen. Wir als Trainer müssen das nur rauskitzeln. Ich finde Matthias Sammer und der DFB sind in der Nachwuchsarbeit auf dem richtigen Weg.

Frage: Haben Sie noch Kontakt zu "ihren" Talenten?

Pezzaiuoli: Kontakte bestehen natürlich noch. Mir sind auch viele Spieler aus dem Jahrgang angeboten worden. Da nutze ich meine Kontakte aber nicht aus. Ich habe auch als DFB-Trainer schon die Spieler unterstützt, ihnen Tipps gegeben und überlegt, wo sie für Ihre weitere Entwicklung am besten hinpassen. Das mache ich auch heute noch so. Ich würde nie einen Spieler aus seinem funktionierenden Umfeld rausreißen. Das Wichtigste ist die Entwicklung zum Profi.

Frage: Rufen die Spieler Sie heute noch an?

Pezzaiuoli: Ja, das ist tatsächlich nach wie vor so. Mit sehr vielen Spielern habe ich noch Kontakt. Ich gebe ihnen nach wie vor Hilfen mit auf den Weg, wenn es gewünscht ist, sowohl sportlich als auch privat.

Frage: Wie wichtig ist Charakterschulung für junge Fußballer?

Pezzaiuoli: Respekt, Zielstrebigkeit sind wichtig. Auch der Umgang mit Erfolg und Misserfolg muss gelernt sein.

Frage: Würden Sie Ihren Spielern empfehlen, ihre Schulausbildung zu Ende zu bringen?

Pezzaiuoli: Ja, auf jeden Fall. Ein junger Spieler kann das kompensieren. Ich als Bundesligatrainer muss mich auch um die Rahmenbedingungen bemühen, dass ein Talent seinen Schulabschluss schaffen und trotzdem seinen sportlichen Weg gehen kann. Wir müssen in Deutschland dahin kommen, dass junge Spieler Leistungssport und Abitur kombinieren können. In Hoffenheim klappt das schon sehr gut.

Frage: Wann wird sich Dietmar Hopps Traum erfüllen, einen Nachwuchsmann aus der Hoffenheimer Talentschmiede im Nationaldress zu sehen?

Pezzaiuoli: Wir sind in zahlreichen Nachwuchsmannschaften des DFB sowie internationalen Verbänden mit Talenten vertreten und auf einem guten Weg. Man darf aber nicht vergessen, dass Hoffenheim erst drei Jahre in der Bundesliga ist. Vorher sind die Talente nicht nach Hoffenheim gekommen. Ich bin mir also sicher, dass langfristig mit Talenten aus Hoffenheim zu rechnen ist.

Frage: Auch in der Bundesliga-Mannschaft der TSG?

Pezzaiuoli: Langfristig wollen wir einen Großteil der Mannschaft mit Spielern aus der eigenen Jugend besetzen. Die Voraussetzungen sind bestens, es geht aber nicht von heute auf morgen.

Frage: Mit dem Abgang von Eduardo, Gustavo und Ba und den Transfers von Braafheid und Babel weiß man irgendwie nicht mehr so genau, wofür Hoffenheim eigentlich steht. Klären Sie uns auf?

Pezzaiuoli: Hoffenheim steht erst einmal für attraktiven, erfolgreichen Fußball, der dem Zuschauer Unterhaltung bietet. Das ist nach wie vor unsere Philosophie. Wir setzen dafür auf möglichst junge und deutsche Spieler, werden aber auch immer wieder Spieler aus dem Ausland verpflichten, um dies zu schaffen.

Frage: Die Transfers von Babel und Braafheid passen da aber nicht wirklich?

Pezzaiuoli: In der Winterpause einen jungen, deutschen Topspieler holen, das geht fast nicht. Und Durchschnitt wollen wir nicht. Deshalb haben wir Babel und Braafheid geholt.

Frage: Spieler wie Sigurdsson gehören aber auch ins Konzept?

Pezzaiuoli: Junge ausländische Spieler sind natürlich auch interessant für uns. Spieler, die sich bei uns weiter entwickeln, mit denen wir aber auch sportlichen Erfolg haben. Wir haben derzeit das jüngste Team in der Liga.

Frage: Gefällt ihnen der Begriff Ausbildungsverein?

Pezzaiuoli: Das ist ein falscher Begriff. Wir wollen ja auch Erfolg haben und nicht den Eindruck erwecken, dass wir junge Spieler hier voranbringen, die dann von anderen Klubs geholt werden. Die TSG Hoffenheim möchte langfristig in der Bundesliga bleiben und sich etablieren. Und vielleicht irgendwann einmal im internationalen Geschäft dabei sein.

Frage: Europapokal ist ein gutes Stichwort. Was ist dieses Jahr noch zu erreichen?

Pezzaiuoli: Wir wollen erst einmal 40 Punkte sammeln, um den Klassenerhalt zu sichern. Wenn wir das erreicht haben, werden wir uns über neue Ziele Gedanken machen.

Frage: Wenn man einmal auf die Saison schaut, muss es Ihnen doch weh tun, angesichts der vielen verschenkten Punkte.

Pezzaiuoli: Ja, aber wir analysieren das und schauen sofort nach vorne. Wenn wir physisch einbrechen würden, dann müssten wir uns hinterfragen und in die Trainingssteuerung eingreifen. Das ist aber nicht der Fall. Es waren einfach viele unglückliche Situationen.

Frage: Derzeit wird darüber diskutiert, dass die Mannschaft gewinnt, die am meisten läuft. Dortmund steht stellvertretend dafür. Ist der BVB ein Vorbild für ihre Arbeit?

Pezzaiuoli: Natürlich ist Fußball ein Laufspiel. Für mich ist von Bedeutung, dass mit und ohne Ball richtig gelaufen wird. Es bringt mir nichts, wenn ein Spieler 14 Kilometer läuft, aber viele Ballverluste hat und sich sein Laufpensum dadurch erhöht. Intelligentes Laufen, um Kräfte zu bündeln ist mir wichtig.

Frage: Ähnelt sich ihre Philosophie mit der von Ralf Rangnick?

Pezzaiuoli: Ralf Rangnick hat die Spielweise hier über vier Jahre geprägt und die wollen wir auch weiterführen. Das ist die Philosophie, für die 1899 Hoffenheim steht. Wir setzen auf offensive, ballorientierte Vorwärtsverteidigung. Wir wollen das aber weiter optimieren.

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Frage: Sie sind mit Jogi Löw befreundet. Tauschen Sie sich mit ihm aus?

Pezzaiuoli: Wir sprechen uns regelmäßig privat und tauschen uns dabei auch über Entwicklungen im Fußball aus. Das ist uns beiden wichtig.

Frage: Und sprechen Sie auch über die Hoffenheimer Kandidaten?

Pezzaiuoli: Na klar, das ist selbstverständlich. Andreas Beck gehört ja zum Kader. Und Peniel Mlapa, Boris Vukcevic und Sebastian Rudy bieten sich zur Zeit bei der U 21.

Frage: Firmino ist eine interessante Personalie. Hat er das Zeug, Carlos Eduardo zu beerben?

Pezzaiuoli: Zunächst sollte Roberto nicht mit Carlos verglichen werden, er ist ein eigener Spielertyp mit eigenem Charakter und Fähigkeiten. Firmino ist ein Vorgriff auf die neue Saison, er bekommt Zeit sich zu entwickeln. Wir sind von ihm überzeugt, weil er in der Offensive alle Positionen spielen kann und außergewöhnliche Fähigkeiten besitzt. Es liegt aber auch an ihm, dass er sich einbringt und sich weiterentwickelt.