Oliver Kahn: Chef-Animateur und Leitfigur

Eigentlich fehlt auf dem Trikot nur noch die Aufschrift "Chef-Animateur". Wer Oliver Kahn in den ersten Tagen des WM-Traininigslagers der deutschen Nationalmannschaft auf Sardinien genauer beobachtet, traut seinen Augen nicht. Locker, gelöst und mit einem Dauerlächeln im Gesicht absolviert der Torwart die täglichen Übungseinheiten, spornt so ganz nebenbei die vielen jungen Spieler an seiner Seite an und genießt offenbar seinen Job mehr denn je.

"Ich gehe jetzt auf die 37 zu, da ist es doch normal, dass man die Dinge nicht mehr ganz so verkrampft und ernst sieht und nicht mehr so verbissen ist. Ich bin jetzt seit 1994 dabei, und die Dinge ändern sich. Ich bin nicht mehr der, der ich 1994 war", erzählt Kahn über seinen eigenen Entwicklungsprozess, den ihm nur wenige zugetraut haben. Nachdem Bundestrainer Jürgen Klinsmann sich Anfang April nach monatelanger Rotation zwischen den deutschen Pfosten auf Jens Lehmann als seinen WM-Torwart festgelegt hatte, hatten viele bereits den Rücktritt von Kahn aus dem Nationalteam vorausgesagt.

Doch der 36-Jährige, der zunächst die "riesige Enttäuschung" verkraften musste, widerlegte alle und beschloss, auch als Nummer zwei seinen Beitrag zum Projekt "WM-Titel 2006" zu leisten. "Ich verstehe mich hier auch als Integrationsfigur. Ich glaube, dass ich mit meiner Erfahrung auch abseits des Platzes eine Menge dafür tun kann, dass wir unser großes Ziel verwirklichen", berichtet der Bayern-Schlussmann, dem zurzeit als Ersatzmann genauso viel Aufmerksamkeit widerfährt wie in seinen besten Zeiten als DFB-Kapitän.

Für Klinsmann ist dies kein Wunder: "Es ist ja auch ein Novum, dass man mit zwei solchen Weltklassetorhütern in ein Turnier geht. Man wünscht sich doch als Trainer, dass einer wie Oliver Einfluss nimmt. Er ist auch in seiner neuen Rolle als Nummer zwei ein Trumpf, den wir ausspielen wollen." Der Bundestrainer zeigt sich begeistert vom Verhalten des ehemaligen Welttorhüters: "Er ist sehr konzentriert und arbeitet sehr hart, verständlicherweise auch mit einer berechtigten Hoffnung, denn bei einem Turnier kann ja viel passieren. Aber man kann auch beobachten, dass er sehr viel Freude und Spaß hat. Er setzt das um, was er gesagt hat. Es ist super, ihn so zu beobachten. Sein Verhalten ist sehr motivierend. Er ist eine Leitfigur, gerade für die jungen Spieler, das was er sagt und macht, hat Gewicht."

Torwarttrainer Andreas Köpke hat für die neue Leichtigkeit des Seins bei seinem Schützling eine plausible Erklärung: "Oliver hat sich lange genug mit der Situation auseinandergesetzt. Für ihn war es offensichtlich wichtig, dass die Entscheidung doch noch frühzeitig gefallen ist. Dadurch ist er viel lockerer geworden. Professionell gearbeitet hat er schon immer."

Mitverantwortlich für seine innere Ruhe und Gelassenheit sei nicht zuletzt der Golfsport, erklärt der Bayern-Kapitän, der über kurz oder lang sein Handicap (9) weiter verbessern will. "Beim Golf war ich zunächst auch sehr verbissen, bis ich gelernt habe, dass dies der total falsche Weg ist. Im Golf bekommst du zudem immer und immer wieder deine Grenzen aufgezeigt, was eine wichtige Erfahrung ist, die dir auch in anderen Lebensbereichen hilft."

Ob er seine Karriere in der Nationalelf nach der WM fortsetzt, lässt Oliver Kahn offen. "Ich muss mich ständig fragen, ob ich noch Spaß daran habe, ob mein Körper mitmacht und ob ich noch weitere Herausforderungen sehe. Wenn dies der Fall ist, mache ich weiter", sagt der WM-Held von 2002 und fügt selbstbewusst an: "Nach den jüngsten Trainingseindrücken bin ich bei der WM 2014 noch dabei." Danach muss er aber noch einmal kräftig über sich selbst lachen.

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Eigentlich fehlt auf dem Trikot nur noch die Aufschrift "Chef-Animateur". Wer Oliver Kahn in den ersten Tagen des WM-Traininigslagers der deutschen Nationalmannschaft auf Sardinien genauer beobachtet, traut seinen Augen nicht. Locker, gelöst und mit einem Dauerlächeln im Gesicht absolviert der Torwart die täglichen Übungseinheiten, spornt so ganz nebenbei die vielen
jungen Spieler an seiner Seite an und genießt offenbar seinen Job mehr denn je.



"Ich gehe jetzt auf die 37 zu, da ist es doch normal, dass man die Dinge nicht mehr ganz so verkrampft und ernst sieht und nicht mehr so verbissen ist. Ich bin jetzt seit 1994 dabei, und die Dinge ändern sich. Ich bin nicht mehr der, der ich 1994 war", erzählt Kahn über seinen eigenen Entwicklungsprozess, den ihm nur wenige zugetraut haben. Nachdem Bundestrainer Jürgen Klinsmann sich Anfang April nach monatelanger Rotation zwischen den deutschen Pfosten auf Jens
Lehmann als seinen WM-Torwart festgelegt hatte, hatten viele bereits den Rücktritt von Kahn aus dem Nationalteam vorausgesagt.



Doch der 36-Jährige, der zunächst die "riesige Enttäuschung" verkraften musste, widerlegte alle und beschloss, auch als Nummer zwei seinen Beitrag zum Projekt "WM-Titel 2006" zu leisten. "Ich
verstehe mich hier auch als Integrationsfigur. Ich glaube, dass ich mit meiner Erfahrung auch abseits des Platzes eine Menge dafür tun kann, dass wir unser großes Ziel verwirklichen", berichtet der
Bayern-Schlussmann, dem zurzeit als Ersatzmann genauso viel Aufmerksamkeit widerfährt wie in seinen besten Zeiten als DFB-Kapitän.



Für Klinsmann ist dies kein Wunder: "Es ist ja auch ein Novum, dass man mit zwei solchen Weltklassetorhütern in ein Turnier geht. Man wünscht sich doch als Trainer, dass einer wie Oliver Einfluss nimmt. Er ist auch in seiner neuen Rolle als Nummer zwei ein Trumpf, den wir
ausspielen wollen." Der Bundestrainer zeigt sich begeistert vom Verhalten des ehemaligen Welttorhüters: "Er ist sehr konzentriert und arbeitet sehr hart, verständlicherweise auch mit einer berechtigten Hoffnung, denn bei einem Turnier kann ja viel passieren. Aber man kann auch beobachten, dass er sehr viel Freude und Spaß hat. Er setzt das um, was er gesagt hat. Es ist super, ihn so zu beobachten. Sein Verhalten ist sehr motivierend. Er ist eine Leitfigur, gerade für die jungen Spieler, das was er sagt und macht, hat Gewicht."



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Torwarttrainer Andreas Köpke hat für die neue Leichtigkeit des Seins bei seinem Schützling eine plausible Erklärung: "Oliver hat sich lange genug mit der Situation auseinandergesetzt. Für ihn war es offensichtlich wichtig, dass die Entscheidung doch noch frühzeitig gefallen ist. Dadurch ist er viel lockerer geworden. Professionell gearbeitet hat er schon immer."



Mitverantwortlich für seine innere Ruhe und Gelassenheit sei nicht zuletzt der Golfsport, erklärt der Bayern-Kapitän, der über kurz oder lang sein Handicap (9) weiter verbessern will. "Beim Golf
war ich zunächst auch sehr verbissen, bis ich gelernt habe, dass dies der total falsche Weg ist. Im Golf bekommst du zudem immer und immer wieder deine Grenzen aufgezeigt, was eine wichtige Erfahrung ist, die dir auch in anderen Lebensbereichen hilft."



Ob er seine Karriere in der Nationalelf nach der WM fortsetzt, lässt Oliver Kahn offen. "Ich muss mich ständig fragen, ob ich noch Spaß daran habe, ob mein Körper mitmacht und ob ich noch weitere Herausforderungen sehe. Wenn dies der Fall ist, mache ich weiter", sagt der WM-Held von 2002 und fügt selbstbewusst an: "Nach den jüngsten Trainingseindrücken bin ich bei der WM 2014 noch dabei." Danach muss er aber noch einmal kräftig über sich selbst lachen.