Top-Vorlagengeber der Primera Division
Zur EM verabschiedete sich Özil mit zwei Toren im letzten
Ligaspiel gegen Mallorca. Noch spektakulärer ist er
jedoch als Vorlagengeber. Seine Fähigkeit, mit einem überraschenden
Pass die gegnerische Verteidigung auszuhebeln,
fügt sich hervorragend in das auf Schnelligkeit ausgerichtete
Angriffsspiel der Madrilenen. Seit seinem Wechsel
hat er in allen Wettbewerben sagenhafte 58 Treffer aufgelegt.
In den großen Ligen hat nur Barcelonas Lionel
Messi im selben Zeitraum mehr Assists geschafft (65).
Damit nicht genug, kommt auch ein Spieler zurück zum
Nationalteam, der gelernt hat, zu verteidigen. Der es lernen
musste: Im System von Mourinho ist nur Cristiano
Ronaldo von Defensivaufgaben weitgehend freigestellt,
alle anderen müssen sich am Pressing beteiligen, Lücken
zulaufen, Bälle erobern. Unter dem Portugiesen hat Özil
körperlich sichtbar zugelegt. Er kommt in der Regel auf
weit über zehn Kilometer Laufleistung pro Spiel und behält
trotzdem einen kühlen Kopf für seine entscheidenden
Pässe. Insgesamt ist Özil gleichmäßiger, präsenter geworden.
Zufrieden mit seinem Werk resümierte Mourinho: „Er
hat sich entwickelt. Früher zeigte er Details von
Qualität, mischte sie aber mit Ruhephasen. Jetzt hat er
mehr Dynamik und Stabilität im Spiel.“
Ohne Özil wirkt Madrid berechenbarer
Allerdings ist auch Özil gelegentlich schon mal zum
Leidtragenden der umstrittenen Taktiken des Portugiesen
geworden. Insbesondere in den „Clásicos“ gegen Barcelona
setzte ihn der Coach manches Mal nur auf die Bank, weil
er lieber die Abwehr stärkte. Jedes Mal wurde Mourinho
dafür wütend kritisiert und letztendlich eines Besseren
belehrt. Ohne Özil wirkt Real gewöhnlicher, berechenbarer,
ungefährlicher.
Wo der Spielmacher immer mit öffentlicher Unterstützung
rechnen kann, hat es sein Landsmann Khedira da schon
schwerer. Der Unterschied zwischen dem Respekt für die
Künstler und die Arbeiter des Fußballs ist in Spanien eher
noch größer als in Deutschland, und der ehemalige Stuttgarter wird von vielen Fans eher der zweiten Kategorie
zugeteilt. Auch deshalb muss er sich in der wenig zimperlichen
Sportpresse und den nicht minder meinungsfreudigen
Radiodebatten immer mal wieder bekritteln lassen.
Bei Trainer und Mitspielern jedoch ist sein Ansehen
über solche Zweifel erhaben.
Khedira bei Real defensiver als im Nationalteam
Sie schätzen, dass er sein Ego hinten anstellt und vor der
Abwehr für Struktur sorgt. Khediras Rolle in Madrid ist defensiver
als früher beim VfB und selbst als in der Nationalmannschaft. Er hat das sofort akzeptiert, auch wenn es für
ihn ungewohnt gewesen sein muss, in seiner ersten Saison
kein einziges Tor zu erzielen. Inzwischen hat die Mannschaft
ihr Spielsystem so verinnerlicht, dass sich auch für ihn etwas
häufiger Gelegenheiten zum Angriff ergeben. Khedira wirkte
zuletzt freier und spielte wieder mit mehr Natürlichkeit.
Diese Saison schoss er immerhin vier Tore.
[bild1]
Als Mesut Özil und Sami Khedira vor zwei Jahren die Bundesliga
verließen, um ihr Glück bei einem der größten Klubs der Welt
zu suchen, betraten sie völliges Neuland. Verein, Sprache, Kultur,
Alltag – alles anders, alles neu. Anno 2012 steht fest: Die beiden
deutschen Nationalspieler sind angekommen bei Real Madrid.
Und mehr als das. Sie sind Leistungsträger geworden,
geschätzt, gefeiert und jetzt auch gekrönt mit
dem Meistertitel. Der freie Journalist Florian Haupt
über eine deutsch-spanische Erfolgsgeschichte.
Wer noch nicht wusste, wie sehr die beiden
Mittelfeldspieler aus Alemania in Spanien inzwischen
integriert sind, der sah neulich beim
Meisterempfang bei der Regionalregierung in
Madrid, wie gut das funktioniert hat. Präsident
Florentino Pérez, Trainer José Mourinho, die Herren
Iker Casillas, Cristiano Ronaldo, Sergio Ramos –
brav stand die Klubprominenz parat, als der Festakt
begann. Nur zwei Spieler fehlten, sie kamen
südländisch nonchalant ein paar Minuten zu
spät. Es waren die beiden Deutschen.
Deutscher Fußball wird in Spanien geschätzt
Wie in diesem Fall bei der Pünktlichkeit stimmen
bekanntlich auch auf dem Platz die
alten Klischees nicht mehr. In Spanien wird
freudig registriert, wie sehr sich der technische
Fußball der neuen deutschen
Generation den eigenen Vorstellungen vom
schönen Spiel angenähert hat. Entsprechend wohlwollend werden die EM-Chancen
des Finalgegners von 2008 und Halbfinalgegners von 2010
eingeschätzt. Dass man als Welt- und Europameister niemanden
fürchten muss, ist allgemeine Einschätzung; dass
man die Deutschen noch am ehesten für ebenbürtig hält,
ebenso.
Zumal sie eben zwei Stammspieler von Real Madrid in
ihren Reihen haben. Wie souverän sich Khedira und Özil
seit ihrer Ankunft 2010 ihren Platz erobert und auch über
kleinere Krisen hinweg verteidigt haben, beeindruckte
auch manche Skeptiker in der Heimat. Zwei Jahre nach
ihrem internationalen Durchbruch bei der WM in Südafrika
kommen sie zum Länderturnier 2012 als gestandene
Spielerpersönlichkeiten – und mit dem Prestige einer spanischen
Meisterschaft, deren Wert umso höher einzuschätzen
ist, als dass sie gegen einen gewissen FC Barcelona
errungen wurde.
Zidane: "Er wird die nächste Dekade von Real Madrid prägen"
Zinédine Zidane wird der Satz zugeschrieben, dass eine
Saison bei Real Madrid so hart sei wie drei Spielzeiten
anderswo – so anspruchsvoll ist das Umfeld, so groß der
Druck, so vielschichtig die Medienlandschaft. Insbesondere
Özil hat sich unter diesen komplizierten Bedingungen nicht
nur behauptet, sondern in den Mittelpunkt gespielt.
Teamkollegen, Publikum und Kritik sind sich weitgehend
einig, dass er der feinste Fußballer ist, den der Klub seit
dem Karriereende eben jenes Zidane gehabt hat.
„Er wird die nächste Dekade von Real Madrid prägen“,
prophezeite der damalige Sportdirektor und exzellente
Klubkenner Jorge Valdano schon nach wenigen Monaten,
„Spieler wie er werden hier sehr gemocht“. Tatsächlich
gab es zwischen dem ehemaligen Bremer und den
„Madridistas“ so etwas wie Liebe auf den ersten Blick.
Bereits beim ersten Ligaheimspiel im September 2010 wurde
Özil mit Ovationen gefeiert. Kapitän Casillas wählte ihn
bei der Wahl zum Weltfußballer des Jahres auf Platz zwei.
Özil schafft es sogar, Befürworter wie Gegner des pragmatischen
Spielstils von Mourinho gleichermaßen zu begeistern.
„Den kreativen Anker in einer Kontermannschaft“,
nannte ihn mal die Zeitung El País.
Top-Vorlagengeber der Primera Division
Zur EM verabschiedete sich Özil mit zwei Toren im letzten
Ligaspiel gegen Mallorca. Noch spektakulärer ist er
jedoch als Vorlagengeber. Seine Fähigkeit, mit einem überraschenden
Pass die gegnerische Verteidigung auszuhebeln,
fügt sich hervorragend in das auf Schnelligkeit ausgerichtete
Angriffsspiel der Madrilenen. Seit seinem Wechsel
hat er in allen Wettbewerben sagenhafte 58 Treffer aufgelegt.
In den großen Ligen hat nur Barcelonas Lionel
Messi im selben Zeitraum mehr Assists geschafft (65).
Damit nicht genug, kommt auch ein Spieler zurück zum
Nationalteam, der gelernt hat, zu verteidigen. Der es lernen
musste: Im System von Mourinho ist nur Cristiano
Ronaldo von Defensivaufgaben weitgehend freigestellt,
alle anderen müssen sich am Pressing beteiligen, Lücken
zulaufen, Bälle erobern. Unter dem Portugiesen hat Özil
körperlich sichtbar zugelegt. Er kommt in der Regel auf
weit über zehn Kilometer Laufleistung pro Spiel und behält
trotzdem einen kühlen Kopf für seine entscheidenden
Pässe. Insgesamt ist Özil gleichmäßiger, präsenter geworden.
Zufrieden mit seinem Werk resümierte Mourinho: „Er
hat sich entwickelt. Früher zeigte er Details von
Qualität, mischte sie aber mit Ruhephasen. Jetzt hat er
mehr Dynamik und Stabilität im Spiel.“
[bild2]
Ohne Özil wirkt Madrid berechenbarer
Allerdings ist auch Özil gelegentlich schon mal zum
Leidtragenden der umstrittenen Taktiken des Portugiesen
geworden. Insbesondere in den „Clásicos“ gegen Barcelona
setzte ihn der Coach manches Mal nur auf die Bank, weil
er lieber die Abwehr stärkte. Jedes Mal wurde Mourinho
dafür wütend kritisiert und letztendlich eines Besseren
belehrt. Ohne Özil wirkt Real gewöhnlicher, berechenbarer,
ungefährlicher.
Wo der Spielmacher immer mit öffentlicher Unterstützung
rechnen kann, hat es sein Landsmann Khedira da schon
schwerer. Der Unterschied zwischen dem Respekt für die
Künstler und die Arbeiter des Fußballs ist in Spanien eher
noch größer als in Deutschland, und der ehemalige Stuttgarter wird von vielen Fans eher der zweiten Kategorie
zugeteilt. Auch deshalb muss er sich in der wenig zimperlichen
Sportpresse und den nicht minder meinungsfreudigen
Radiodebatten immer mal wieder bekritteln lassen.
Bei Trainer und Mitspielern jedoch ist sein Ansehen
über solche Zweifel erhaben.
Khedira bei Real defensiver als im Nationalteam
Sie schätzen, dass er sein Ego hinten anstellt und vor der
Abwehr für Struktur sorgt. Khediras Rolle in Madrid ist defensiver
als früher beim VfB und selbst als in der Nationalmannschaft. Er hat das sofort akzeptiert, auch wenn es für
ihn ungewohnt gewesen sein muss, in seiner ersten Saison
kein einziges Tor zu erzielen. Inzwischen hat die Mannschaft
ihr Spielsystem so verinnerlicht, dass sich auch für ihn etwas
häufiger Gelegenheiten zum Angriff ergeben. Khedira wirkte
zuletzt freier und spielte wieder mit mehr Natürlichkeit.
Diese Saison schoss er immerhin vier Tore.
Eines davon gelang ihm beim Meisterwerk dieser Elf, dem
2:1-Sieg im April beim FC Barcelona. Den zweiten Treffer
an jenem Abend im Camp Nou legte Mesut Özil auf. Es waren
die Statements zweier Spieler, die angekommen sind.