Özil: Bei ihm sind sich sogar Wenger und Mourinho einig

Regelmäßig stellt DFB.de einen Spieler des A-Teams vor, für den am Wochenende Außergewöhnliches ansteht. Heute: Mesut Özil, der mit dem FC Arsenal am Samstag in der Premier League beim FC Chelsea antritt (ab 13.45 Uhr, live bei Sky).

Irgendwann wurde es sogar persönlich. Zunächst hatte Arsene Wenger lediglich die Art kritisiert, mit der José Mourinho sein Team hat Fußball spielen lassen. Im Jahr 2005 war das. Wenger prangerte die defensive, destruktive Spielanlage Chelseas an und verstieg sich zur Aussage: "Das ist eine Gefahr für den Fußball." Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten, und sie zielte auf den Menschen Wenger, nicht auf den Fußballtrainer des FC Arsenal. Mourinho bezeichnete Wenger zunächst als "Voyeur", später dann als "dumm" und "entrückt." Den obligatorischen Handshake verweigert mal der eine, dann der andere, die Wortgefechte während der direkten Aufeinandertreffen waren immer unterhaltsam, aber nie eine Unterhaltung.

So geht das seit Jahren. Eine Spitze hier, eine Replik dort. Beleidigung erzeugt Gegenbeleidigung. Grundsätzlich stimmen Wenger und Mourinho nur darin überein, nicht übereinzustimmen. Es existiert lediglich eine Ausnahme, hier besteht die Übereinstimmung in einer deckungsgleichen Meinung zu einem bestimmten Thema. Und das ist die Bewertung von Mesut Özil. Weltmeister, Nationalspieler, ehedem ein Königlicher, aktuell ein Gunner. José Mourinho und Arsene Wenger können sich zu den Fähigkeiten des Deutschen kompetent äußern, beide haben den Spieler als ihren Spieler erlebt. Von 2010 bis 2013 war der prätentiöse Portugiese Mourinho Trainer Özils bei Real Madrid, seit 2013 ist der ehrenwerte Elsässer Wenger Özils Coach bei Arsenal London.

Wer sucht, findet Zitate der Übungsleiter über den beim Üben Angeleiteten, die in ihrem Inhalt beinahe identisch sind. Wenger etwa sagt über Özil solche Sätze: "Was er macht, hat immer Klasse und ist intelligent. Außerdem ist das Timing seiner Pässe absolut fantastisch." Unter vielen Hymnen Mourinhos auf Özil ist am nachhaltigsten in Erinnerung geblieben, was der Trainer nach dem Transfers Özils zu Arsenal gesagt hat: "Özil ist einzigartig, es gibt keine Kopie von ihm, nicht mal eine schlechte. Er ist der beste Zehner der Welt." Kurz vor der WM in Brasilien hat Mourinho dann dieses Bild gemalt: "Özil ist jemand, der den Ball lächeln lässt."

Zeichen der Brillanz

Am Samstag treffen sich Mourinho und Wenger, und mit ihnen ihre Teams. Das heißt auch: Özil spielt für Wenger gegen Mourinho. Arsenal gastiert an der Stamford Bridge (ab 13.45 Uhr, live bei Sky), die Paarung birgt wie eh und je Brisanz wie wenige andere im englischen Fußball. Zumal angesichts der aktuellen Konstellation. Die Ausgangslage im Stakkato: Arsenal hat international gepatzt (1:2 in Zagreb zum Auftakt in die Champions League), national weitgehend überzeugt (zehn Punkte nach fünf Spielen). Bei Chelsea verhält es sich umgekehrt. In der Königklasse siegten die Blues 4:0 gegen Tel Aviv, dafür reihte sich in der Premier League Enttäuschung an Enttäuschung. Nach fünf Spieltagen hat Chelsea weniger Punkte (4) als Spiele, Tabellenführer Manchester City ist mit der Maximalausbeute bereits elf Zähler enteilt.

Umso wichtiger ist für Mourinho ein Erfolg im Spiel gegen Wenger. Mesut Özil will das verhindern. Und er ist gut drauf. Nach seinen jüngsten Auftritten in der Premier League waren die Zeitungen in England voll mit Lobgesängen. Laut Evening Standard lieferte Özil gegen Stoke City beim 2:0 ein weiteres "exzellentes Spiel". Seine Vorlage zum 1:0 durch Theo Walcott lobte die Zeitung als "prächtig". ESPN nannte Özils Leistung "herausragend".

Özil glänzt oft als Vorbereiter. Er hat mehrfach gesagt, wie viel Vergnügen es ihm bereitet, seine Mitspieler in Szene zu setzen. Seine Vorlagen, natürlich auch seine Tore, sind die sichtbarsten Zeichen seiner Brillanz. Es existieren daneben aber Parameter seines Spiels, die nicht sofort auffallen und gleichwohl hohen Wert haben. Es gibt ja dieses Vorurteil vom faulen Özil, vom Schönwetterfußballer, von einem Spieler der nur glänzt, wenn seine Mannschaft ohnehin gut ist. Es gibt ein paar Fakten, die vieles davon entkräften. Seine angebliche Bewegungsscheu zerfällt zu Staub angesichts dieser Wahrheit: Im gesamten Jahr 2015 gehörte Özil zu den Spielern des FC Arsenal, die die meisten Kilometer zurückgelegt haben. Bei den Partien gegen Aston Villa, Everton und Leicester ist Özil von allen Spielern sogar am laufreudigsten gewesen, nicht anders war es in der Champions League gegen den AS Monaco.

Alles andere als "lauffaul"

Diese Arbeit Özils wird selten gesehen, und das hat Gründe. Zum einen wird Özil gemeinhin mit Attributen assoziiert wie Eleganz und Leichtigkeit, das Etikett "Arbeiter" will an ihm nicht so recht haften. Der zweite Grund sind Özils verschlungene Pfade. Viele Spieler jagen den Ball, ihre Bewegungen sind ob dessen auffälliger, auch weil der Betrachter seine Augen immer in Ballnähe hat. Özil ist ein anderer Spieler. Er will den Ball, aber er jagt ihn nicht. Özil jagt Räume, er bewegt sich in Lücken. Özil läuft nicht dorthin, wo der Ball ist, sondern dorthin, wohin der Ball in Zukunft kommen könnte.

Oft läuft er dabei vergeblich, und manchmal, ganz selten, läuft er über 90 Minuten vergeblich. Dann heißt es, er habe sich versteckt, er sei abgetaucht. In Wirklichkeit ist der Ball nur nicht dort aufgetaucht, wo er mindestens in Özils Welt hingehört hätte. Zu Özil. Nicht alle erkennen diese Zusammenhänge, seine Trainer schon. "Er ist flexibel und immer anspielbar zwischen den Linien. Wenn du ein Spieler bist, liebst du es einfach, mit ihm in einer Mannschaft aufzulaufen", sagt Wenger über den Deutschen. Und wie gesagt: in diesem Punkt dürfte ihm sogar José Mourinho nicht widersprechen.

[sl]

Regelmäßig stellt DFB.de einen Spieler des A-Teams vor, für den am Wochenende Außergewöhnliches ansteht. Heute: Mesut Özil, der mit dem FC Arsenal am Samstag in der Premier League beim FC Chelsea antritt (ab 13.45 Uhr, live bei Sky).

Irgendwann wurde es sogar persönlich. Zunächst hatte Arsene Wenger lediglich die Art kritisiert, mit der José Mourinho sein Team hat Fußball spielen lassen. Im Jahr 2005 war das. Wenger prangerte die defensive, destruktive Spielanlage Chelseas an und verstieg sich zur Aussage: "Das ist eine Gefahr für den Fußball." Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten, und sie zielte auf den Menschen Wenger, nicht auf den Fußballtrainer des FC Arsenal. Mourinho bezeichnete Wenger zunächst als "Voyeur", später dann als "dumm" und "entrückt." Den obligatorischen Handshake verweigert mal der eine, dann der andere, die Wortgefechte während der direkten Aufeinandertreffen waren immer unterhaltsam, aber nie eine Unterhaltung.

So geht das seit Jahren. Eine Spitze hier, eine Replik dort. Beleidigung erzeugt Gegenbeleidigung. Grundsätzlich stimmen Wenger und Mourinho nur darin überein, nicht übereinzustimmen. Es existiert lediglich eine Ausnahme, hier besteht die Übereinstimmung in einer deckungsgleichen Meinung zu einem bestimmten Thema. Und das ist die Bewertung von Mesut Özil. Weltmeister, Nationalspieler, ehedem ein Königlicher, aktuell ein Gunner. José Mourinho und Arsene Wenger können sich zu den Fähigkeiten des Deutschen kompetent äußern, beide haben den Spieler als ihren Spieler erlebt. Von 2010 bis 2013 war der prätentiöse Portugiese Mourinho Trainer Özils bei Real Madrid, seit 2013 ist der ehrenwerte Elsässer Wenger Özils Coach bei Arsenal London.

Wer sucht, findet Zitate der Übungsleiter über den beim Üben Angeleiteten, die in ihrem Inhalt beinahe identisch sind. Wenger etwa sagt über Özil solche Sätze: "Was er macht, hat immer Klasse und ist intelligent. Außerdem ist das Timing seiner Pässe absolut fantastisch." Unter vielen Hymnen Mourinhos auf Özil ist am nachhaltigsten in Erinnerung geblieben, was der Trainer nach dem Transfers Özils zu Arsenal gesagt hat: "Özil ist einzigartig, es gibt keine Kopie von ihm, nicht mal eine schlechte. Er ist der beste Zehner der Welt." Kurz vor der WM in Brasilien hat Mourinho dann dieses Bild gemalt: "Özil ist jemand, der den Ball lächeln lässt."

Zeichen der Brillanz

Am Samstag treffen sich Mourinho und Wenger, und mit ihnen ihre Teams. Das heißt auch: Özil spielt für Wenger gegen Mourinho. Arsenal gastiert an der Stamford Bridge (ab 13.45 Uhr, live bei Sky), die Paarung birgt wie eh und je Brisanz wie wenige andere im englischen Fußball. Zumal angesichts der aktuellen Konstellation. Die Ausgangslage im Stakkato: Arsenal hat international gepatzt (1:2 in Zagreb zum Auftakt in die Champions League), national weitgehend überzeugt (zehn Punkte nach fünf Spielen). Bei Chelsea verhält es sich umgekehrt. In der Königklasse siegten die Blues 4:0 gegen Tel Aviv, dafür reihte sich in der Premier League Enttäuschung an Enttäuschung. Nach fünf Spieltagen hat Chelsea weniger Punkte (4) als Spiele, Tabellenführer Manchester City ist mit der Maximalausbeute bereits elf Zähler enteilt.

Umso wichtiger ist für Mourinho ein Erfolg im Spiel gegen Wenger. Mesut Özil will das verhindern. Und er ist gut drauf. Nach seinen jüngsten Auftritten in der Premier League waren die Zeitungen in England voll mit Lobgesängen. Laut Evening Standard lieferte Özil gegen Stoke City beim 2:0 ein weiteres "exzellentes Spiel". Seine Vorlage zum 1:0 durch Theo Walcott lobte die Zeitung als "prächtig". ESPN nannte Özils Leistung "herausragend".

Özil glänzt oft als Vorbereiter. Er hat mehrfach gesagt, wie viel Vergnügen es ihm bereitet, seine Mitspieler in Szene zu setzen. Seine Vorlagen, natürlich auch seine Tore, sind die sichtbarsten Zeichen seiner Brillanz. Es existieren daneben aber Parameter seines Spiels, die nicht sofort auffallen und gleichwohl hohen Wert haben. Es gibt ja dieses Vorurteil vom faulen Özil, vom Schönwetterfußballer, von einem Spieler der nur glänzt, wenn seine Mannschaft ohnehin gut ist. Es gibt ein paar Fakten, die vieles davon entkräften. Seine angebliche Bewegungsscheu zerfällt zu Staub angesichts dieser Wahrheit: Im gesamten Jahr 2015 gehörte Özil zu den Spielern des FC Arsenal, die die meisten Kilometer zurückgelegt haben. Bei den Partien gegen Aston Villa, Everton und Leicester ist Özil von allen Spielern sogar am laufreudigsten gewesen, nicht anders war es in der Champions League gegen den AS Monaco.

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Alles andere als "lauffaul"

Diese Arbeit Özils wird selten gesehen, und das hat Gründe. Zum einen wird Özil gemeinhin mit Attributen assoziiert wie Eleganz und Leichtigkeit, das Etikett "Arbeiter" will an ihm nicht so recht haften. Der zweite Grund sind Özils verschlungene Pfade. Viele Spieler jagen den Ball, ihre Bewegungen sind ob dessen auffälliger, auch weil der Betrachter seine Augen immer in Ballnähe hat. Özil ist ein anderer Spieler. Er will den Ball, aber er jagt ihn nicht. Özil jagt Räume, er bewegt sich in Lücken. Özil läuft nicht dorthin, wo der Ball ist, sondern dorthin, wohin der Ball in Zukunft kommen könnte.

Oft läuft er dabei vergeblich, und manchmal, ganz selten, läuft er über 90 Minuten vergeblich. Dann heißt es, er habe sich versteckt, er sei abgetaucht. In Wirklichkeit ist der Ball nur nicht dort aufgetaucht, wo er mindestens in Özils Welt hingehört hätte. Zu Özil. Nicht alle erkennen diese Zusammenhänge, seine Trainer schon. "Er ist flexibel und immer anspielbar zwischen den Linien. Wenn du ein Spieler bist, liebst du es einfach, mit ihm in einer Mannschaft aufzulaufen", sagt Wenger über den Deutschen. Und wie gesagt: in diesem Punkt dürfte ihm sogar José Mourinho nicht widersprechen.