Nowotnys neue Rolle: "Reine Präsenz bewirkt ein Lächeln"

Jens Nowotny war schon immer meinungsstark und tatkräftig. Diese Eigenschaften hat sich der Club der Nationalspieler gesichert und Nowotny als "Regionalvorstand" für Nordrhein-Westfalen gewonnen. Im Interview mit dem CdN-Magazin spricht der 45-Jährige darüber, was ihn antreibt und was er anschieben will.

DFB.de: In Ihrer Karriere haben Sie wie kaum ein anderer unter Verletzungen gelitten. In Ihrer Krankenakte stehen unter anderem vier Kreuzbandrisse. Daher die erste und wichtigste Frage: Was macht die Gesundheit, wie geht's Ihnen?

Jens Nowotny: Ich bin ganz zufrieden. Aber das ist ja auch immer eine Frage der Erwartungshaltung und der Perspektive.

DFB.de: Wie meinen Sie das?

Nowotny: Am Rande des Länderspiels gegen Estland in Mainz habe ich mit Andy Möller gesprochen und ihn gefragt, wo es bei ihm zwickt. Er hat überhaupt keine Probleme, keine Schmerzen, nirgends. Also: Andy-Möller-fit bin ich nicht (lacht). Aber ich versuche, mich fit und aktiv zu halten. Für mich kommt es vor allem darauf an, drastische Maßnahmen nach hinten zu schieben. Als ich 30 Jahre alt war, hat mir der Arzt von Bayer Leverkusen gesagt, dass ich mich darauf einstellen soll, eher früher als später ein künstliches Kniegelenk zu benötigen. Seither arbeite ich daran, ihn zu widerlegen und das "Früher" in ein "Später" zu verwandeln. Natürlich habe ich diverse Spätfolgen meiner Karriere. Wobei mir eine Sache wichtig ist.

DFB.de: Und zwar?

Nowotny: Das ist kein Jammern. So geht es den meisten in anderen Berufszweigen doch auch. Meine Mutter hat 45 Jahre gearbeitet – sie leidet auch an Spätfolgen. Wenn ich mich beklage – was sollen dann Menschen sagen, die ihr Leben lang auf dem Bau oder unter Tage gearbeitet haben? Und sie haben keine optimale medizinische Versorgung, wie ich sie hatte und noch immer habe. Beschweren werde ich mich bestimmt nicht! Für viele im CdN gilt: Wir haben ziemlich viel Glück gehabt.

DFB.de: Im Rahmen des Länderspiels in Mainz gegen Estland fand das "Regionale Treffen" des Clubs der Nationalspieler statt. Wie war's?

Nowotny: Die regionalen Treffen sind immer tolle Veranstaltungen. Über die Erfahrungen in der Nationalmannschaft sind alle Ehemaligen miteinander verbunden. Das ist auch fühlbar und es sorgt dafür, dass man auch mit einem zuvor fremden Menschen sofort eine Ebene hat. Schön finde ich, dass die Ebene Fußball auch verlassen wird. Ich wundere mich jedes Mal, wie schnell die Gespräche ins Private gehen. Da spielt es auch keine Rolle, ob ich mich mit Guido Buchwald unterhalte, mit dem ich in meiner Karriere keine Überschneidungen hatte, oder mit Cacau, gegen den ich häufig gespielt habe. Die Themen abseits des Fußballs stehen dabei sogar deutlich im Vordergrund. Das finde ich sehr positiv.

DFB.de: Warum?

Nowotny: Letztlich haben wir alle über den Fußball schon alles gesagt. Der Fußball ändert sich, aber nicht so drastisch, dass ständig neue Aspekte zu erörtern wären. Viel individueller und damit für mich viel interessanter ist, was der Einzelne nach der Karriere erlebt und welche Erfahrungen er gemacht hat. Die meisten haben Familie, haben Kinder. Daraus ergeben sich immer spannende Gespräche.

DFB.de: Wie wichtig ist es, dass der DFB eine Institution wie den CdN hat?

Nowotny: Der Club der Nationalspieler bietet eine große Chance. Die A-Mannschaft kann sich nur in begrenztem Umfang öffnen, die Spieler müssen sich auf die Spiele konzentrieren und dürfen nicht zu viel Ablenkung zulassen. Diesen Raum können der CdN und seine Mitglieder füllen. Sie können eingebunden werden im Verhältnis zu den Fans, im Verhältnis zu Medien und Sponsoren. Alles, was die Nationalspieler heute erleben, große Turniere, große Spiele, das kennen wir Ehemaligen schon. Niederlagen, Erfolge, positive und negative Extremsituationen – aufgrund unserer Erfahrungen ist unsere Perspektive wertvoll.

DFB.de: Sie sind nicht nur Mitglied des CdN – fortan fungieren Sie als "Regionalvorstand des CdN" für Nordrhein-Westfalen. Wie hat sich die Zusammenarbeit ergeben?

Nowotny: Ich wollte und will meinen Teil leisten, dass der CdN seine Möglichkeiten voll entfaltet. Über meine Karriere und auch durch meine Erfahrungen danach habe ich ein Netzwerk aufgebaut, das sehr viel bewirken kann. Im sozialen Bereich, auch wirtschaftlich. Mein Gedanke ist: Wenn ich das für mich schon in Anspruch nehmen kann, dann können dies andere ehemalige Nationalspieler auch. Ich bin mir sicher: Viele CdN-Mitglieder verfügen über überragende Verbindungen. Und ich glaube, dass sich aus deren Vernetzung eine riesige Kraft entwickeln kann. In dieser Rolle sehe ich mich. Ich finde die großen CdN-Jahrestreffen großartig, ich finde die regionalen Treffen immer wieder schön. Ich finde aber, dass über die Mitglieder mehr geleistet werden kann.

DFB.de: Welche Ansätze verfolgen Sie noch? Wie wollen Sie sich konkret für den CdN und seine Mitglieder einbringen?

Nowotny: Ein Anliegen besteht darin, den DFB und seine Aktionen stärker mit dem CdN und seinen Mitgliedern zu verknüpfen. Wenn der DFB auf ehemalige Spieler zugeht und sie für eine Aktion beispielsweise der Sepp-Herberger-Stiftung gewinnen will, dann ist dieser offizielle Charakter manchmal hilfreich, manchmal, und ich glaube häufiger, aber nicht. Ich will hier einfach eine andere Ebene einziehen und persönlicher werden. Ich glaube, dass sich so die Ehemaligen viel schneller und besser einbinden lassen. Das gilt nicht nur für die Arbeit der Stiftung, das gilt vielleicht sogar noch mehr für Aktionen des Fan-Club Nationalmannschaft. Es ist doch eine Aufwertung, wenn ein Ehemaliger involviert ist. Ich kann René Adler persönlich anrufen und begeistern, Carsten Ramelow, Christian Wörns und viele andere.

DFB.de: Sie wollen den CdN stärker ins Bewusstsein der Menschen rücken. Warum ist das wichtig?

Nowotny: Wir müssen dahin kommen, dass die Leute wissen, dass es im DFB mit dem CdN eine Einrichtung gibt, in der Menschen mit Begeisterung, Leidenschaft, Enthusiasmus und Herzblut dabei sind. Die Marke CdN muss ein Wert an sich werden. Ich bin sicher, dass es einen materiellen Wert hat, wenn sich ein Mitglied des Clubs der Nationalspieler bei einer Veranstaltung von Sponsoren einbringt. Als CdN können wir das Nahbare leisten, das die aktuelle Nationalmannschaft aus nachvollziehbaren Gründen kaum noch leisten kann.

DFB.de: Was wollen Sie als "Regionalvorstand" sonst noch bewirken?

Nowotny: Wie gesagt: Ganz wichtig ist für mich die Verknüpfung der Netzwerke. Ein Beispiel: Viele unserer Mitglieder gehen bei Dr. Müller-Wohlfahrt in München ein uns aus. Aber längst nicht alle. Es gibt auch ehemalige Nationalspieler, die keine guten Kontakte haben, die nicht wissen, wohin sie sich wenden sollen. Und wenn es nur um eine zweite Meinung geht. Hier will ich vermitteln. Ich werde dazu auch noch das Gespräch mit Dr. Tim Meyer, dem Mannschaftsarzt der Nationalmannschaft und Vorsitzenden der medizinischen Kommission des DFB, suchen. Ich bin der Meinung, dass jeder, der einmal für Deutschland gespielt hat, auch nach dem Ende seiner Spielerkarriere optimale medizinische Betreuung erhalten sollte. Wichtig ist mir aber, dass der CdN kein Club ist, deren Mitglieder nur die Hand aufhalten und nehmen.

DFB.de: Wie meinen Sie das?

Nowotny: Wir müssen erreichen, dass sich die Mitglieder bewusst sind, dass sie als Repräsentanten des CdN eine Verantwortung haben. Vielleicht sollten die Mitglieder künftig vor den regionalen Treffen im Rahmen der Länderspiele zusammenkommen, auch, um einander zuordnen zu können, und diesen Club-Gedanken vermittelt bekommen. Dass es schön ist, dass sie da sind, dass sie das Spiel und den Abend genießen sollen. Dass sie als Mitglieder des CdN aber auch etwas darstellen und die Pflicht haben, Medien, Fans und Sponsoren zur Verfügung zu stehen.

DFB.de: Während und nach der Karriere haben Sie sich in vielen Bereichen und vielfach sozial engagiert. Für die Stiftung Jugendfußball, den Verein Kidshelp Kambodscha, den Deutschen Kinderhospizverein, Sie sind Botschafter der Sepp-Herberger-Stiftung. Im Mittelpunkt Ihres Engagements stehen fast immer Kinder.

Nowotny: Das hat bestimmt damit zu tun, dass ich selbst drei Kinder habe. Mir macht es immer wieder Spaß zu sehen, welch große Dinge sich bei Kindern mit kleinem Aufwand erreichen lassen. Manchmal bewirkt ja die reine Präsenz ein Lächeln bei Kindern, die sonst nur wenig zu lachen haben. Grundsätzlich finde ich, dass wir Ehemaligen eine Verpflichtung haben, etwas zurückzugeben. Viele von uns müssen dafür auch gar nicht viel investieren, weil sie schon durch ihren Namen und ihren Status Mehrwerte schaffen können. Vor diesem Hintergrund hätte ich gerne mehr Länderspiele gemacht und den einen oder anderen Titel gewonnen. Auch vor diesem Hintergrund (lacht). Weil ich dann automatisch noch interessanter wäre und damit noch mehr Möglichkeiten hätte.

DFB.de: Ihre Länderspielkarriere endete nach 48 Spielen. Wie schwer ist Ihnen die Entscheidung gefallen?

Nowotny: Es war keine Entscheidung, die ich selbst getroffen habe, mein Körper hat mir diese Entscheidung diktiert. Als ich mich in meiner Zeit in Zagreb erneut verletzte, war klar, dass das Thema durch ist. Das galt dann ja auch für meine gesamte Karriere.

DFB.de: Wie schwer war der Übergang ins "normale" Leben für Sie?

Nowotny: Durch meine Verletzungen wusste ich, was mich erwartet. In Leverkusen war ich Kapitän, ein wichtiger Spieler. Auch wenn man verletzt ist, fährt man zu den Spielen, ist es gewohnt, im Mittelpunkt zu stehen und erlebt, dass sich auf einmal niemand mehr für einen interessiert. Bei den ersten Verletzungsphasen habe ich gedacht: "Puh, das ist hart." Aber es war eine gute Vorbereitung für die Zeit danach. Der Unterschied ist: Mit einer Verletzung geht ein vorübergehender Bedeutungsverlust einher, mit dem Rücktritt wird aus dem "vorübergehend" ein "endgültig". Damit muss man umgehen lernen.

DFB.de: Nach Ihrem Karriereende haben Sie sich nahtlos in andere Projekte gestürzt. Neben Ihrem Engagement bei den Stiftungen betreiben Sie mit dem "Salinas" ein Restaurant, Sie haben Kinder- und Jugendmannschaften trainiert, Sie sind Gründer der Unternehmensberatung SHN Consult, die Sie nun bei den operativen Tätigkeiten als regionaler Botschafter unterstützt. Langeweile wird selten Ihr Problem sein.

Nowotny: Das stimmt schon, aber die Wahrheit ist: Gerade im Vergleich mit anderen ist es bei Weitem nicht so, dass ich vor Arbeit nicht mehr weiß, wohin. Außerdem gibt es einen großen Unterschied: Alles, was ich jetzt mache, ist selbstbestimmt. Ich unterstütze die Initiativen, die ich für unterstützenswert halte. Und das macht mir großen Spaß. Alles, was ich investiere, vor allem Zeit und Arbeit, lege ich fest, die Umfänge, die Termine. Und das erfolgt zu 90 Prozent in Abstimmung mit dem Familienkalender. Meine Priorität ist ganz klar die Familie. Ich will nicht der Übervater sein, aber ich will da sein. Wenn irgendwas ist, sollen meine Kinder wissen, dass ihr Vater greifbar ist.

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Jens Nowotny war schon immer meinungsstark und tatkräftig. Diese Eigenschaften hat sich der Club der Nationalspieler gesichert und Nowotny als "Regionalvorstand" für Nordrhein-Westfalen gewonnen. Im Interview mit dem CdN-Magazin spricht der 45-Jährige darüber, was ihn antreibt und was er anschieben will.

DFB.de: In Ihrer Karriere haben Sie wie kaum ein anderer unter Verletzungen gelitten. In Ihrer Krankenakte stehen unter anderem vier Kreuzbandrisse. Daher die erste und wichtigste Frage: Was macht die Gesundheit, wie geht's Ihnen?

Jens Nowotny: Ich bin ganz zufrieden. Aber das ist ja auch immer eine Frage der Erwartungshaltung und der Perspektive.

DFB.de: Wie meinen Sie das?

Nowotny: Am Rande des Länderspiels gegen Estland in Mainz habe ich mit Andy Möller gesprochen und ihn gefragt, wo es bei ihm zwickt. Er hat überhaupt keine Probleme, keine Schmerzen, nirgends. Also: Andy-Möller-fit bin ich nicht (lacht). Aber ich versuche, mich fit und aktiv zu halten. Für mich kommt es vor allem darauf an, drastische Maßnahmen nach hinten zu schieben. Als ich 30 Jahre alt war, hat mir der Arzt von Bayer Leverkusen gesagt, dass ich mich darauf einstellen soll, eher früher als später ein künstliches Kniegelenk zu benötigen. Seither arbeite ich daran, ihn zu widerlegen und das "Früher" in ein "Später" zu verwandeln. Natürlich habe ich diverse Spätfolgen meiner Karriere. Wobei mir eine Sache wichtig ist.

DFB.de: Und zwar?

Nowotny: Das ist kein Jammern. So geht es den meisten in anderen Berufszweigen doch auch. Meine Mutter hat 45 Jahre gearbeitet – sie leidet auch an Spätfolgen. Wenn ich mich beklage – was sollen dann Menschen sagen, die ihr Leben lang auf dem Bau oder unter Tage gearbeitet haben? Und sie haben keine optimale medizinische Versorgung, wie ich sie hatte und noch immer habe. Beschweren werde ich mich bestimmt nicht! Für viele im CdN gilt: Wir haben ziemlich viel Glück gehabt.

DFB.de: Im Rahmen des Länderspiels in Mainz gegen Estland fand das "Regionale Treffen" des Clubs der Nationalspieler statt. Wie war's?

Nowotny: Die regionalen Treffen sind immer tolle Veranstaltungen. Über die Erfahrungen in der Nationalmannschaft sind alle Ehemaligen miteinander verbunden. Das ist auch fühlbar und es sorgt dafür, dass man auch mit einem zuvor fremden Menschen sofort eine Ebene hat. Schön finde ich, dass die Ebene Fußball auch verlassen wird. Ich wundere mich jedes Mal, wie schnell die Gespräche ins Private gehen. Da spielt es auch keine Rolle, ob ich mich mit Guido Buchwald unterhalte, mit dem ich in meiner Karriere keine Überschneidungen hatte, oder mit Cacau, gegen den ich häufig gespielt habe. Die Themen abseits des Fußballs stehen dabei sogar deutlich im Vordergrund. Das finde ich sehr positiv.

DFB.de: Warum?

Nowotny: Letztlich haben wir alle über den Fußball schon alles gesagt. Der Fußball ändert sich, aber nicht so drastisch, dass ständig neue Aspekte zu erörtern wären. Viel individueller und damit für mich viel interessanter ist, was der Einzelne nach der Karriere erlebt und welche Erfahrungen er gemacht hat. Die meisten haben Familie, haben Kinder. Daraus ergeben sich immer spannende Gespräche.

DFB.de: Wie wichtig ist es, dass der DFB eine Institution wie den CdN hat?

Nowotny: Der Club der Nationalspieler bietet eine große Chance. Die A-Mannschaft kann sich nur in begrenztem Umfang öffnen, die Spieler müssen sich auf die Spiele konzentrieren und dürfen nicht zu viel Ablenkung zulassen. Diesen Raum können der CdN und seine Mitglieder füllen. Sie können eingebunden werden im Verhältnis zu den Fans, im Verhältnis zu Medien und Sponsoren. Alles, was die Nationalspieler heute erleben, große Turniere, große Spiele, das kennen wir Ehemaligen schon. Niederlagen, Erfolge, positive und negative Extremsituationen – aufgrund unserer Erfahrungen ist unsere Perspektive wertvoll.

DFB.de: Sie sind nicht nur Mitglied des CdN – fortan fungieren Sie als "Regionalvorstand des CdN" für Nordrhein-Westfalen. Wie hat sich die Zusammenarbeit ergeben?

Nowotny: Ich wollte und will meinen Teil leisten, dass der CdN seine Möglichkeiten voll entfaltet. Über meine Karriere und auch durch meine Erfahrungen danach habe ich ein Netzwerk aufgebaut, das sehr viel bewirken kann. Im sozialen Bereich, auch wirtschaftlich. Mein Gedanke ist: Wenn ich das für mich schon in Anspruch nehmen kann, dann können dies andere ehemalige Nationalspieler auch. Ich bin mir sicher: Viele CdN-Mitglieder verfügen über überragende Verbindungen. Und ich glaube, dass sich aus deren Vernetzung eine riesige Kraft entwickeln kann. In dieser Rolle sehe ich mich. Ich finde die großen CdN-Jahrestreffen großartig, ich finde die regionalen Treffen immer wieder schön. Ich finde aber, dass über die Mitglieder mehr geleistet werden kann.

DFB.de: Welche Ansätze verfolgen Sie noch? Wie wollen Sie sich konkret für den CdN und seine Mitglieder einbringen?

Nowotny: Ein Anliegen besteht darin, den DFB und seine Aktionen stärker mit dem CdN und seinen Mitgliedern zu verknüpfen. Wenn der DFB auf ehemalige Spieler zugeht und sie für eine Aktion beispielsweise der Sepp-Herberger-Stiftung gewinnen will, dann ist dieser offizielle Charakter manchmal hilfreich, manchmal, und ich glaube häufiger, aber nicht. Ich will hier einfach eine andere Ebene einziehen und persönlicher werden. Ich glaube, dass sich so die Ehemaligen viel schneller und besser einbinden lassen. Das gilt nicht nur für die Arbeit der Stiftung, das gilt vielleicht sogar noch mehr für Aktionen des Fan-Club Nationalmannschaft. Es ist doch eine Aufwertung, wenn ein Ehemaliger involviert ist. Ich kann René Adler persönlich anrufen und begeistern, Carsten Ramelow, Christian Wörns und viele andere.

DFB.de: Sie wollen den CdN stärker ins Bewusstsein der Menschen rücken. Warum ist das wichtig?

Nowotny: Wir müssen dahin kommen, dass die Leute wissen, dass es im DFB mit dem CdN eine Einrichtung gibt, in der Menschen mit Begeisterung, Leidenschaft, Enthusiasmus und Herzblut dabei sind. Die Marke CdN muss ein Wert an sich werden. Ich bin sicher, dass es einen materiellen Wert hat, wenn sich ein Mitglied des Clubs der Nationalspieler bei einer Veranstaltung von Sponsoren einbringt. Als CdN können wir das Nahbare leisten, das die aktuelle Nationalmannschaft aus nachvollziehbaren Gründen kaum noch leisten kann.

DFB.de: Was wollen Sie als "Regionalvorstand" sonst noch bewirken?

Nowotny: Wie gesagt: Ganz wichtig ist für mich die Verknüpfung der Netzwerke. Ein Beispiel: Viele unserer Mitglieder gehen bei Dr. Müller-Wohlfahrt in München ein uns aus. Aber längst nicht alle. Es gibt auch ehemalige Nationalspieler, die keine guten Kontakte haben, die nicht wissen, wohin sie sich wenden sollen. Und wenn es nur um eine zweite Meinung geht. Hier will ich vermitteln. Ich werde dazu auch noch das Gespräch mit Dr. Tim Meyer, dem Mannschaftsarzt der Nationalmannschaft und Vorsitzenden der medizinischen Kommission des DFB, suchen. Ich bin der Meinung, dass jeder, der einmal für Deutschland gespielt hat, auch nach dem Ende seiner Spielerkarriere optimale medizinische Betreuung erhalten sollte. Wichtig ist mir aber, dass der CdN kein Club ist, deren Mitglieder nur die Hand aufhalten und nehmen.

DFB.de: Wie meinen Sie das?

Nowotny: Wir müssen erreichen, dass sich die Mitglieder bewusst sind, dass sie als Repräsentanten des CdN eine Verantwortung haben. Vielleicht sollten die Mitglieder künftig vor den regionalen Treffen im Rahmen der Länderspiele zusammenkommen, auch, um einander zuordnen zu können, und diesen Club-Gedanken vermittelt bekommen. Dass es schön ist, dass sie da sind, dass sie das Spiel und den Abend genießen sollen. Dass sie als Mitglieder des CdN aber auch etwas darstellen und die Pflicht haben, Medien, Fans und Sponsoren zur Verfügung zu stehen.

DFB.de: Während und nach der Karriere haben Sie sich in vielen Bereichen und vielfach sozial engagiert. Für die Stiftung Jugendfußball, den Verein Kidshelp Kambodscha, den Deutschen Kinderhospizverein, Sie sind Botschafter der Sepp-Herberger-Stiftung. Im Mittelpunkt Ihres Engagements stehen fast immer Kinder.

Nowotny: Das hat bestimmt damit zu tun, dass ich selbst drei Kinder habe. Mir macht es immer wieder Spaß zu sehen, welch große Dinge sich bei Kindern mit kleinem Aufwand erreichen lassen. Manchmal bewirkt ja die reine Präsenz ein Lächeln bei Kindern, die sonst nur wenig zu lachen haben. Grundsätzlich finde ich, dass wir Ehemaligen eine Verpflichtung haben, etwas zurückzugeben. Viele von uns müssen dafür auch gar nicht viel investieren, weil sie schon durch ihren Namen und ihren Status Mehrwerte schaffen können. Vor diesem Hintergrund hätte ich gerne mehr Länderspiele gemacht und den einen oder anderen Titel gewonnen. Auch vor diesem Hintergrund (lacht). Weil ich dann automatisch noch interessanter wäre und damit noch mehr Möglichkeiten hätte.

DFB.de: Ihre Länderspielkarriere endete nach 48 Spielen. Wie schwer ist Ihnen die Entscheidung gefallen?

Nowotny: Es war keine Entscheidung, die ich selbst getroffen habe, mein Körper hat mir diese Entscheidung diktiert. Als ich mich in meiner Zeit in Zagreb erneut verletzte, war klar, dass das Thema durch ist. Das galt dann ja auch für meine gesamte Karriere.

DFB.de: Wie schwer war der Übergang ins "normale" Leben für Sie?

Nowotny: Durch meine Verletzungen wusste ich, was mich erwartet. In Leverkusen war ich Kapitän, ein wichtiger Spieler. Auch wenn man verletzt ist, fährt man zu den Spielen, ist es gewohnt, im Mittelpunkt zu stehen und erlebt, dass sich auf einmal niemand mehr für einen interessiert. Bei den ersten Verletzungsphasen habe ich gedacht: "Puh, das ist hart." Aber es war eine gute Vorbereitung für die Zeit danach. Der Unterschied ist: Mit einer Verletzung geht ein vorübergehender Bedeutungsverlust einher, mit dem Rücktritt wird aus dem "vorübergehend" ein "endgültig". Damit muss man umgehen lernen.

DFB.de: Nach Ihrem Karriereende haben Sie sich nahtlos in andere Projekte gestürzt. Neben Ihrem Engagement bei den Stiftungen betreiben Sie mit dem "Salinas" ein Restaurant, Sie haben Kinder- und Jugendmannschaften trainiert, Sie sind Gründer der Unternehmensberatung SHN Consult, die Sie nun bei den operativen Tätigkeiten als regionaler Botschafter unterstützt. Langeweile wird selten Ihr Problem sein.

Nowotny: Das stimmt schon, aber die Wahrheit ist: Gerade im Vergleich mit anderen ist es bei Weitem nicht so, dass ich vor Arbeit nicht mehr weiß, wohin. Außerdem gibt es einen großen Unterschied: Alles, was ich jetzt mache, ist selbstbestimmt. Ich unterstütze die Initiativen, die ich für unterstützenswert halte. Und das macht mir großen Spaß. Alles, was ich investiere, vor allem Zeit und Arbeit, lege ich fest, die Umfänge, die Termine. Und das erfolgt zu 90 Prozent in Abstimmung mit dem Familienkalender. Meine Priorität ist ganz klar die Familie. Ich will nicht der Übervater sein, aber ich will da sein. Wenn irgendwas ist, sollen meine Kinder wissen, dass ihr Vater greifbar ist.

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