Niersbach: "Ein Leuchtturm-Ereignis für den Frauenfußball"

Aller guten Dinge sind drei. Deswegen blickt Wolfgang Niersbach mit großer Vorfreude und hohen Erwartungen dem dritten DFB-Pokalendspiel der Frauen am Samstag (ab 16 Uhr, live im ZDF) in Köln entgegen.

Im DFB.de-Interview mit Redakteur Wolfgang Tobien nennt der neue DFB-Präsident die Gründe, warum Köln der geeignete Austragungsort ist und was die Faszination des Finales ausmacht. Zudem erinnert sich der 61-Jährige an seinen Einsatz als DFB-Pressechef bei der ersten Frauen-EM 1989 in Deutschland und beschreibt, wie sich der Frauenfußball seitdem entwickelt hat.

DFB.de: Herr Niersbach, Sie sind ein sehr engagierter Liebhaber von Livefußball. Wie schwer fällt es Ihnen, vor Ort in Köln auf die Teilnahme am DFB-Pokalendspiel der Frauen verzichten zu müssen?

Wolfgang Niersbach: In Köln wäre ich am Samstagnachmittag sehr gerne dabei. Doch man kann sich nicht zweiteilen. Zudem bietet es sich diesmal nicht an, à la Franz Beckenbauer mit dem Helikopter hin und her zu fliegen. In Berlin erwarten wir am Abend beim DFB-Pokalfinale der Männer hohe politische Gäste. Erstmals zum Beispiel den neuen Bundespräsidenten. Auch die Kanzlerin hat sich angesagt. Daher hat meine früh- und rechtzeitige Präsenz in Berlin hohe Priorität. Außerdem sind wir in Köln bestens vertreten. Durch Hannelore Ratzeburg, Steffi Jones und durch meinen Vorgänger im Amt des Präsidenten, Dr. Theo Zwanziger.

DFB.de: Die tolle Atmosphäre der Frauen-WM 2011 in Deutschland hat beim DFB zu einem weiteren Zuwachs vor allem an weiblichen Mitgliedern geführt. Wird sich dies jetzt auch in einer eindrucksvollen Zuschauerzahl beim Pokalendspiel zwischen dem 1. FFC Frankfurt und Bayern München in Köln niederschlagen?

Niersbach: Die beiden bisherigen Endspiele in Köln waren für uns sehr ermutigend. Im Vorverkauf zeichnet sich auch diesmal ein positiver Zuschauerzuspruch ab. Oberbürgermeister Jürgen Roters hat mir versprochen, dass wir spätestens 2018 ein ausverkauftes Stadion haben werden. Vielleicht geht es auch schon ein bisschen früher.

DFB.de: Weil der Boom, auch bei den Mitgliedszahlen, im Frauenfußball anhält?

Niersbach: Unsere neueste Statistik weist über 6,8 Millionen Mitglieder aus, davon fast 1,1 Millionen weiblichen Geschlechts. Daher ist für uns der Frauenfußball nicht nur ein tolles Kürelement im Verband, sondern ein absolutes Pflichtprogramm mit optimaler Förderung der Mädchen zum Beispiel. Dr. Theo Zwanziger hat den Frauenfußball bei uns mit hohem persönlichem Engagement nach vorne gebracht. Auch ich stehe mit voller Überzeugung dahinter, dass wir uns um Frauen und Mädchen in unserem Verband ebenso intensiv und mit den gleichen Bedingungen kümmern wie um die männlichen Mitglieder.

DFB.de: Welche Bedeutung hat dieses Finale generell für den Frauenfußball am Ende dieser Saison, die ja unter dem Eindruck des sportlich enttäuschenden WM-Abschneidens der deutschen Nationalmannschaft begann?

Niersbach: Es tut natürlich immer noch weh, wenn wir uns an das 0:1 im WM-Viertelfinale gegen Japan erinnern, weil damit nicht nur der erhoffte Weg ins Endspiel verbaut, sondern auch die Olympia-Teilnahme verpasst wurde. Doch es spricht für Silvia Neid und ihr Team, dass sie in der EM-Qualifikation souverän auf Kurs sind und 2013 bei der Endrunde in Schweden sicher dabei sein werden.

DFB.de: Wie beurteilen Sie im Rückblick die beiden ersten eigenständigen DFB-Pokalendspiele der Frauen seit der Abnabelung vom Berliner Männer-Pokalfinale im Jahr 2010?

Niersbach: Unsere gemeinsame Entscheidung, den Frauen ein eigenständiges DFB-Pokalendspiel zu ermöglichen, ist 100-prozentig richtig. Mit den ersten beiden Endspielen hier in Köln haben wir zwei tolle Veranstaltungen erlebt. Und auch jetzt wird das Finale ein Leuchtturmer-Ereignis für den Frauenfußball werden.

DFB.de: Weil auch in Köln aller guten Dinge drei sind?

Niersbach: Gerade während der diesjährigen Vorbereitungen auf das Finale habe ich als Düsseldorfer im Kölner Rathaus etwas sehr Schönes gelernt: Dort gilt die erste Veranstaltung als Premiere, die zweite ist Tradition und die dritte ist schon Brauchtum. Diese Feststellung übernehme ich sehr gerne, damit das Frauenfinale in Köln früher oder später dort genauso zum Brauchtum gehört wie Kölsch, Karneval und Klüngel.

DFB.de: Der Vertrag mit Köln als Ausrichterstadt des DFB-Frauenpokalfinales wurde bis 2015 verlängert. Verbinden auch Sie damit die Hoffnung, dass Köln sich "zu einem Mekka des Frauenfußballs entwickeln könnte", wie DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg dieser Tage sagte?

Niersbach: Was in Köln so fasziniert, sind die Atmosphäre und das Rahmenprogramm. Das perfekte Gesamtkonzept. Dass ein "local hero" wie Toni Schumacher sich nicht aus Pflichterfüllung, sondern aus fester Überzeugung und mit der für ihn typischen Leidenschaft als Botschafter einbringt, sagt doch schon alles. Es spricht vieles dafür, dass sich das DFB-Pokalfinale der Frauen in Köln als alljährlicher Höhepunkt etabliert.

DFB.de: Ihre Karriere als fest angestellter DFB-Pressechef begann 1989 auch mit der ersten Frauen-EM in Deutschland. Wie hat sich die Welt des Frauenfußballs seitdem generell verändert?

Niersbach: 1989 haben wir die Frauen-EM in den "Großstädten" Siegen, Lüdenscheid und Osnabrück durchgeführt. Dort haben Hermann Neuberger, Horst R. Schmidt und ich damals noch die Werbebanden mit eigener Hand aufgebaut. Doch immerhin: Unser Halbfinale gegen Italien wurde live in WDR 3 übertragen mit einer höheren Einschaltquote als ein Tennis-Endspiel mit Steffi Graf am gleichen Tag. Und das Endspiel gegen Norwegen fand dann am Sonntagvormittag in Osnabrück in einem ausverkauften Stadion statt. Damals war dies allerdings auf eine spontane Begeisterung zurückzuführen. Die Rahmenbedingungen waren seiner Zeit beispielsweise so, dass alle vier Endrundenteams unter einem Dach in der Sportschule Kaiserau gewohnt haben, wo in der Kellerbar abends getanzt wurde. Das muss man sich heute mal vorstellen.

DFB.de: Heute?

Niersbach: Heute wäre das undenkbar. Dafür aber haben wir bei unseren Frauen-Länderspielen, die alle live übertragen werden, was es in keinem anderen Land der Welt gibt, verlässliche vier Millionen Zuschauer mindestens an den Fernsehgeräten. Von der Rekordquote von 17,5 Millionen Zuschauern beim WM-Endspiel 2011 in Frankfurt will ich gar nicht reden.

DFB.de: Der Frauenfußball ist also vehement auf dem Vormarsch?

Niersbach: Der Frauenfußball interessiert immer stärker. Und man ist auch längst von dem mühsamen, oft sehr bemühten und ungerechten Vergleich mit dem Männerfußball weggekommen. Der Frauenfußball ist wunderbar anzuschauen in einer oft tollen Atmosphäre. Was ich mir wünsche, ist, dass diese Atmosphäre bei den Länderspielen auf die Frauen-Bundesliga abstrahlt und es dort mit einer höheren Akzeptanz stärker nach vorne geht.

[wt]


[bild1]

Aller guten Dinge sind drei. Deswegen blickt Wolfgang Niersbach mit großer Vorfreude und hohen Erwartungen dem dritten DFB-Pokalendspiel der Frauen am Samstag (ab 16 Uhr, live im ZDF) in Köln entgegen.

Im DFB.de-Interview mit Redakteur Wolfgang Tobien nennt der neue DFB-Präsident die Gründe, warum Köln der geeignete Austragungsort ist und was die Faszination des Finales ausmacht. Zudem erinnert sich der 61-Jährige an seinen Einsatz als DFB-Pressechef bei der ersten Frauen-EM 1989 in Deutschland und beschreibt, wie sich der Frauenfußball seitdem entwickelt hat.

DFB.de: Herr Niersbach, Sie sind ein sehr engagierter Liebhaber von Livefußball. Wie schwer fällt es Ihnen, vor Ort in Köln auf die Teilnahme am DFB-Pokalendspiel der Frauen verzichten zu müssen?

Wolfgang Niersbach: In Köln wäre ich am Samstagnachmittag sehr gerne dabei. Doch man kann sich nicht zweiteilen. Zudem bietet es sich diesmal nicht an, à la Franz Beckenbauer mit dem Helikopter hin und her zu fliegen. In Berlin erwarten wir am Abend beim DFB-Pokalfinale der Männer hohe politische Gäste. Erstmals zum Beispiel den neuen Bundespräsidenten. Auch die Kanzlerin hat sich angesagt. Daher hat meine früh- und rechtzeitige Präsenz in Berlin hohe Priorität. Außerdem sind wir in Köln bestens vertreten. Durch Hannelore Ratzeburg, Steffi Jones und durch meinen Vorgänger im Amt des Präsidenten, Dr. Theo Zwanziger.

DFB.de: Die tolle Atmosphäre der Frauen-WM 2011 in Deutschland hat beim DFB zu einem weiteren Zuwachs vor allem an weiblichen Mitgliedern geführt. Wird sich dies jetzt auch in einer eindrucksvollen Zuschauerzahl beim Pokalendspiel zwischen dem 1. FFC Frankfurt und Bayern München in Köln niederschlagen?

Niersbach: Die beiden bisherigen Endspiele in Köln waren für uns sehr ermutigend. Im Vorverkauf zeichnet sich auch diesmal ein positiver Zuschauerzuspruch ab. Oberbürgermeister Jürgen Roters hat mir versprochen, dass wir spätestens 2018 ein ausverkauftes Stadion haben werden. Vielleicht geht es auch schon ein bisschen früher.

DFB.de: Weil der Boom, auch bei den Mitgliedszahlen, im Frauenfußball anhält?

Niersbach: Unsere neueste Statistik weist über 6,8 Millionen Mitglieder aus, davon fast 1,1 Millionen weiblichen Geschlechts. Daher ist für uns der Frauenfußball nicht nur ein tolles Kürelement im Verband, sondern ein absolutes Pflichtprogramm mit optimaler Förderung der Mädchen zum Beispiel. Dr. Theo Zwanziger hat den Frauenfußball bei uns mit hohem persönlichem Engagement nach vorne gebracht. Auch ich stehe mit voller Überzeugung dahinter, dass wir uns um Frauen und Mädchen in unserem Verband ebenso intensiv und mit den gleichen Bedingungen kümmern wie um die männlichen Mitglieder.

DFB.de: Welche Bedeutung hat dieses Finale generell für den Frauenfußball am Ende dieser Saison, die ja unter dem Eindruck des sportlich enttäuschenden WM-Abschneidens der deutschen Nationalmannschaft begann?

Niersbach: Es tut natürlich immer noch weh, wenn wir uns an das 0:1 im WM-Viertelfinale gegen Japan erinnern, weil damit nicht nur der erhoffte Weg ins Endspiel verbaut, sondern auch die Olympia-Teilnahme verpasst wurde. Doch es spricht für Silvia Neid und ihr Team, dass sie in der EM-Qualifikation souverän auf Kurs sind und 2013 bei der Endrunde in Schweden sicher dabei sein werden.

DFB.de: Wie beurteilen Sie im Rückblick die beiden ersten eigenständigen DFB-Pokalendspiele der Frauen seit der Abnabelung vom Berliner Männer-Pokalfinale im Jahr 2010?

Niersbach: Unsere gemeinsame Entscheidung, den Frauen ein eigenständiges DFB-Pokalendspiel zu ermöglichen, ist 100-prozentig richtig. Mit den ersten beiden Endspielen hier in Köln haben wir zwei tolle Veranstaltungen erlebt. Und auch jetzt wird das Finale ein Leuchtturmer-Ereignis für den Frauenfußball werden.

DFB.de: Weil auch in Köln aller guten Dinge drei sind?

Niersbach: Gerade während der diesjährigen Vorbereitungen auf das Finale habe ich als Düsseldorfer im Kölner Rathaus etwas sehr Schönes gelernt: Dort gilt die erste Veranstaltung als Premiere, die zweite ist Tradition und die dritte ist schon Brauchtum. Diese Feststellung übernehme ich sehr gerne, damit das Frauenfinale in Köln früher oder später dort genauso zum Brauchtum gehört wie Kölsch, Karneval und Klüngel.

DFB.de: Der Vertrag mit Köln als Ausrichterstadt des DFB-Frauenpokalfinales wurde bis 2015 verlängert. Verbinden auch Sie damit die Hoffnung, dass Köln sich "zu einem Mekka des Frauenfußballs entwickeln könnte", wie DFB-Vizepräsidentin Hannelore Ratzeburg dieser Tage sagte?

Niersbach: Was in Köln so fasziniert, sind die Atmosphäre und das Rahmenprogramm. Das perfekte Gesamtkonzept. Dass ein "local hero" wie Toni Schumacher sich nicht aus Pflichterfüllung, sondern aus fester Überzeugung und mit der für ihn typischen Leidenschaft als Botschafter einbringt, sagt doch schon alles. Es spricht vieles dafür, dass sich das DFB-Pokalfinale der Frauen in Köln als alljährlicher Höhepunkt etabliert.

DFB.de: Ihre Karriere als fest angestellter DFB-Pressechef begann 1989 auch mit der ersten Frauen-EM in Deutschland. Wie hat sich die Welt des Frauenfußballs seitdem generell verändert?

Niersbach: 1989 haben wir die Frauen-EM in den "Großstädten" Siegen, Lüdenscheid und Osnabrück durchgeführt. Dort haben Hermann Neuberger, Horst R. Schmidt und ich damals noch die Werbebanden mit eigener Hand aufgebaut. Doch immerhin: Unser Halbfinale gegen Italien wurde live in WDR 3 übertragen mit einer höheren Einschaltquote als ein Tennis-Endspiel mit Steffi Graf am gleichen Tag. Und das Endspiel gegen Norwegen fand dann am Sonntagvormittag in Osnabrück in einem ausverkauften Stadion statt. Damals war dies allerdings auf eine spontane Begeisterung zurückzuführen. Die Rahmenbedingungen waren seiner Zeit beispielsweise so, dass alle vier Endrundenteams unter einem Dach in der Sportschule Kaiserau gewohnt haben, wo in der Kellerbar abends getanzt wurde. Das muss man sich heute mal vorstellen.

[bild2]

DFB.de: Heute?

Niersbach: Heute wäre das undenkbar. Dafür aber haben wir bei unseren Frauen-Länderspielen, die alle live übertragen werden, was es in keinem anderen Land der Welt gibt, verlässliche vier Millionen Zuschauer mindestens an den Fernsehgeräten. Von der Rekordquote von 17,5 Millionen Zuschauern beim WM-Endspiel 2011 in Frankfurt will ich gar nicht reden.

DFB.de: Der Frauenfußball ist also vehement auf dem Vormarsch?

Niersbach: Der Frauenfußball interessiert immer stärker. Und man ist auch längst von dem mühsamen, oft sehr bemühten und ungerechten Vergleich mit dem Männerfußball weggekommen. Der Frauenfußball ist wunderbar anzuschauen in einer oft tollen Atmosphäre. Was ich mir wünsche, ist, dass diese Atmosphäre bei den Länderspielen auf die Frauen-Bundesliga abstrahlt und es dort mit einer höheren Akzeptanz stärker nach vorne geht.