Neues Kapitel einer alten Freundschaft

Somit steht auch die Begegnung am Sonntag im Zeichen der Freundschaft der beiden Verbände. Und es wird erneut dokumentiert, was Israels Fußball-Held Mordechai "Motti" Spiegler im vergangenen Jahr sagte: "Wenn Deutschland und Israel aufeinandertreffen, ist es auch über das Sportliche hinaus immer ein besonderes Spiel, weil beide Länder durch ihre gemeinsame Geschichte eng miteinander verbunden sind. Es stärkt das Bewusstsein dafür, dass wir im Heute leben und den Blick auf das Leben und die Welt nach vorne richten müssen und nicht auf das, was vor 70 Jahren war."

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Den Deutschen Fußball-Bund und den Israelischen Fußball-Verband (IFA) verbindet seit Jahren eine innige Freundschaft. Wenn sich heute (ab 18.30 Uhr, live bei Sport1) im Bloomfield Stadium von Tel Aviv die U 21-Nationalmannschaften beider Länder begegnen, stehen die Freunde für 90 Minuten auf verschiedenen Seiten. Zweieinhalb Monate vor dem Beginn der U 21-Europameisterschaft in Israel (5. bis 18. Mai) testen beide Teams ihre Form. Für den DFB-Nachwuchs ist es das letzte Testspiel vor der Endrunde.

DFB-Trainer Rainer Adrion sagt: "Die Tage hier sind für uns die letzte Gelegenheit, intensiv miteinander zu arbeiten. Wir haben im Training vor allem im mannschaftstaktischen Bereich geübt, deswegen haben wir ein großes Aufgebot nominiert, mit dem wir intensiv Automatismen einstudieren können."

Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem

Bereits am Donnerstag hat die Auswahl um Kapitän Lewis Holtby EM-Feeling gespürt: Im Ha Moshava Stadium in Petach Tikva, wo Deutschland zum EM-Auftakt auf die Niederlande treffen wird, besuchte das DFB-Team die Test-Partie zwischen Israel und "Jong Oranje", dem ersten EM-Gegner bei der Endrunde. Luuk De Jong, Vereinskamerad der Gladbacher Auswahlspieler Peniel Mlapa, Patrick Herrmann und Tony Jantschke, erzielte dabei den 2:1-Siegtreffer gegen Deutschlands Testspielgegner am Sonntag. Dabei sah der deutsche Nachwuchs eine leidenschaftlich kämpfende israelische Mannschaft, die zudem einige technisch starke Spieler wie Moshe Lugassi oder Eyal Golassa in ihren Reihen hat.

Adrion, der fünf Ausfälle hinnehmen musste, hatte sich bewusst für diese Vorbereitungswoche im EM-Gastgeberland entschieden. So steht am Montag nach der Partie noch ein Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem auf dem Programm. Am Freitag hat die Mannschaft in Tel Aviv auch ihr Quartier bezogen, das während der EM als Unterkunft zur Verfügung steht. Im Carlton-Hotel residiert das Team direkt am Strand der israelischen Metropole, der Trainingsplatz liegt beim Sportzentrum von Hapoel Tel Aviv. "Wir wollen schon vor dem Turnier beim Team die Vorfreude auf die EM wecken und uns außerdem mit der deutsch-israelischen Geschichte beschäftigen", sagte Adrion.

72 Bäume wachsen in den Bergen von Judäa

Die besondere Verbindung des deutsch-israelischen Fußballs begann bereits weniger als zehn Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkriegs. Da kreuzten sich die Wege von Trainer-Legende Hennes Weisweiler und Israels Fußball-Idol Emanuel Schaffer. Gemeinsam mit Eilyahu Fuchs besuchte er den Lehrgang an der Deutschen Sporthochschule Köln. Vorne am Pult stand Weisweiler. Der Beginn einer engen Freundschaft.

Auch der Name von Hermann Neuberger ist für diese Geschichte wichtig. Neuberger, einer der Väter der Bundesliga und Cheforganisator der WM 1974, hatte sich wie kein anderer für die Aufnahme des im Nahen Osten isolierten und angefeindeten Landes im europäischen Fußballverband starkgemacht. 1994 war es endlich so weit: Israel wurde auf dem UEFA-Kongress in Wien als Vollmitglied aufgenommen, nicht zuletzt dank Neubergers unermüdlichen Wirkens für eine Aufnahme. In den Bergen von Judäa wachsen 72 Bäume. Sie stehen für die 72 Lebensjahre des früheren DFB-Präsidenten.

Erstes Länderspiel 1987

1987 trat die deutsche Nationalmannschaft in Tel Aviv erstmals zu einem Länderspiel gegen Israel an. Lothar Matthäus stand damals auf dem Platz, Buchwald und Kohler auch, Beckenbauer an der Seitenlinie. Dass die deutsche Mannschaft 2:0 gewann, war bald vergessen. Die historische Bedeutung dieser 90 Minuten war allen bewusst.

2009 wurde der intensive Dialog auch schriftlich fixiert. DFB und IFA unterzeichneten ein "Memorandum of Understanding" und arbeiten seitdem eng in den Bereichen Trainer- und Schiedsrichterausbildung sowie Jugendentwicklung und –förderung intensiv zusammen. Ein weiterer wichtiger Punkt des neuen Kooperationsvertrages beider Verbände ist die Fortsetzung des bereits 2008 gestarteten Austausches im Nachwuchsbereich.

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Julius Hirsch Preis als weitere Säule der Freundschaft

Die Krönung dieser freundschaftlichen Kooperation: Im vergangenen Monat wurde der Deutsche Michael Nees neuer Technischer Direktor des israelischen Fußball-Verbands. Im Zuge des "MoU" hatte sich der israelische Verband an den DFB gewandt, mit der Bitte, ihn bei der Suche nach einem geeigneten Technischen Direktor zu unterstützen. Nach wenigen Gesprächen zeichnete sich ab, dass die Partner in Israel den Deutschen Nees als idealen Kandidaten sehen.

Ein weiteres sichtbares Zeichen für das gute Verhältnis zwischen Deutschland und Israel ist der Julius Hirsch Preis, der seit 2004 im Gedenken an den im Holocaust ermordeten deutschen Nationalspieler jüdischer Herkunft verliehen wird. Im vergangenen Jahr begrüßte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach neben den Preisträgern zwei Ehrengäste in Berlin. Die Enkelkinder des zweiten deutschen Nationalspielers jüdischer Herkunft, Gottfried Fuchs, waren auf Einladung von Niersbach in die deutsche Landeshauptstadt gekommen.

Spiegler: "Immer ein besonderes Spiel"

"Sepp Herberger wollte Gottfried Fuchs 1972 zu einem Spiel ins Münchner Olympiastadion einladen, das hat aus unterschiedlichen Gründen nicht geklappt. Umso froher bin ich, dass die Enkelkinder heute zur Preisverleihung gekommen sind. Das soll nicht die letzte Begegnung gewesen sein", so der DFB-Präsident.

Somit steht auch die Begegnung am Sonntag im Zeichen der Freundschaft der beiden Verbände. Und es wird erneut dokumentiert, was Israels Fußball-Held Mordechai "Motti" Spiegler im vergangenen Jahr sagte: "Wenn Deutschland und Israel aufeinandertreffen, ist es auch über das Sportliche hinaus immer ein besonderes Spiel, weil beide Länder durch ihre gemeinsame Geschichte eng miteinander verbunden sind. Es stärkt das Bewusstsein dafür, dass wir im Heute leben und den Blick auf das Leben und die Welt nach vorne richten müssen und nicht auf das, was vor 70 Jahren war."