Neuer Titan

Manuel Neuers Abend beginnt mit einem Lapsus, gleich der erste Ballkontakt misslingt gründlich. Nach einem Rückpass senst Deutschlands Nummer eins neben den Ball, der fußballerisch so versierte Torhüter zeigt Nerven. Auch in der Folge spricht viel für einen gebrauchten Tag. Es sind keine 15 Minuten gespielt, als Ronaldo seinem Elfmeter zum 1:0 den zweiten Treffer folgen lässt. Bayern ist von der Rolle, „la Bestia Negra“, die „schwarze Bestie“ mutiert zum zahnlosen Tiger. Doch die Bayern steigern sich, und Neuer steigert sich. Der Keeper muss keine spektakulären Bälle halten, aber wenn er gefordert ist, ist Neuer zur Stelle. Mit zunehmender Spielzeit wächst Neuer, schließlich strahlt der 26-Jährige wieder große Zuversicht und später Unüberwindbarkeit aus.

Das Duell zwischen Real Madrid und Bayern München inkludiert viele kleine Duelle. Eins der größten darunter: Iker Casillas gegen Manuel Neuer. Vier mal in Serie wurde der Spanier zum Weltbesten gewählt, für viele ist die Wachablösung aber längst vollzogen. Es ging im Bernabeu zwar nur am Rande, aber auch darum, im direkten Vergleich zu zeigen, wer der Bessere und damit wer der Beste der Welt ist.

Manuel Neuers Chance dazu kommt zu ganz später Stunde: im Elfmeterschießen. Die ultimative Entscheidung wird zur ultimativen Show der Torhüter. Manchmal können sich Keeper bei Strafstößen kaum dagegen wehren, zu Helden zu werden. Sie werden angeschossen, dem Schützen versagen die Nerven. Bei Neuer verschmelzen Glück und Können zu einer gewaltigen Drohkulisse. Nachdem der 19-Jährige David Alaba seinen Elfmeter souverän verwandelt, schreitet der erste Madrilene zur Tat. Cristiano Ronaldo, der teuerste Spieler in der Geschichte des Fußballs gegen Manuel Neuer, Torhüter aus Gelsenkirchen-Buer. Ronaldo schießt in die linke Ecke, Neuer ahnt die linke Ecke, springt in die linke Ecke, hält den Ball in der linken Ecke. Es folgt: Mario Gomez. Münchens Stürmer trifft sicher, 2:0 Bayern.

Dann der nächste Spieler der Königlichen. Kaka, der zweitteuerste Spieler in der Geschichte des Weltfußballs schnappt sich den Ball. Neues Duell, alter Ausgang: Wieder fliegt, hechtet, springt Neuer in die linke Ecke, wieder hat er den Ball. Bayern ist fast durch, nur eine Winzigkeit fehlt zum „Finale dahoam“. Toni Kroos verschießt, die Winzigkeit wird größer. Auch Lahm vergibt, auf einmal scheint das Finale sehr weit weg.

Neuer verkürzt die Distanz. Als Sergio Ramos zum Punkt schreitet, sind seine Gedanken auch ohne telepathische Kräfte zu lesen, es arbeitet im Hirn des Schützen. Das Tor wird kleiner, der Torhüter größer. Ronaldo und Kaka haben vergeben, Ramos weiß, dass es einen besonderen Schuss benötigt, um Neuer zu überwinden. Zu viel Druck, zu viel Last, zu viel Neuer. Ramos wählt die Mitte des Tores, er wählt einen falschen Winkel, der Ball wählt den Weg über die Latte. Neuer muss das Leder nicht berühren, um den Elfmeter zu parieren.

Vorteil Bayern. Wenn Schweinsteiger trifft, wird Neuer endgültig zum Helden. Der Weg ist lang für den Vizekapitän von Joachim Löw. Über Monate war der Nationalspieler verletzt, Schweinsteiger ist noch dabei, sich seine alte Form nach und nach zu erarbeiten. Einmal durchpusten, ein entschlossener Blick, ein entschlossener Schuss, Casillas springt nach rechts, der Ball geht nach links, drin! Bayern bezwingt Real, Bayern zieht mit einem Sieg über die Königlichen ins Finale der Königsklasse ein, und Neuer ist der König von Madrid.

„Überragend gut“, fand Bundestrainer Joachim Löw die Leistung seiner Nummer eins. „Seine Ausstrahlung im Tor, gerade auch beim Elfmeter, da hat man das Gefühl gehabt, das Tor ist völlig klein, so groß hat er sich gemacht.“

Den Abend ließ die schwarze Bestie mit rotem Wein ausklingen. Und Karl Heinz Rummenigge wurde rührselig, insbesondere wenn er über seinen Torhüter sprach. „Ich liebe ihn nicht nur wegen dieser zwei Elfmeter, sondern auch weil er so überragend ist“, sagte Rummenigge. Das größte Kompliment bekam Neuer vom Gegner. Nach dem Spiel kam Florentino Perez auf Rummenigge zu, was Perez zu sagen hatte, gab Rummenigge gern wieder. „Der Präsident von Real hat mir gesagt: `Das ist der beste Torhüter der Welt.`“ Er hat Manuel Neuer gemeint. Und nicht Iker Casillas. Wäre das also geklärt!

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Manuel Neuers Abend beginnt mit einem Lapsus, gleich der erste Ballkontakt misslingt gründlich. Nach einem Rückpass senst Deutschlands Nummer eins neben den Ball, der fußballerisch so versierte Torhüter zeigt Nerven. Auch in der Folge spricht viel für einen gebrauchten Tag. Es sind keine 15 Minuten gespielt, als Ronaldo seinem Elfmeter zum 1:0 den zweiten Treffer folgen lässt. Bayern ist von der Rolle, „la Bestia Negra“, die „schwarze Bestie“ mutiert zum zahnlosen Tiger. Doch die Bayern steigern sich, und Neuer steigert sich. Der Keeper muss keine spektakulären Bälle halten, aber wenn er gefordert ist, ist Neuer zur Stelle. Mit zunehmender Spielzeit wächst Neuer, schließlich strahlt der 26-Jährige wieder große Zuversicht und später Unüberwindbarkeit aus.

Das Duell zwischen Real Madrid und Bayern München inkludiert viele kleine Duelle. Eins der größten darunter: Iker Casillas gegen Manuel Neuer. Vier mal in Serie wurde der Spanier zum Weltbesten gewählt, für viele ist die Wachablösung aber längst vollzogen. Es ging im Bernabeu zwar nur am Rande, aber auch darum, im direkten Vergleich zu zeigen, wer der Bessere und damit wer der Beste der Welt ist.

Manuel Neuers Chance dazu kommt zu ganz später Stunde: im Elfmeterschießen. Die ultimative Entscheidung wird zur ultimativen Show der Torhüter. Manchmal können sich Keeper bei Strafstößen kaum dagegen wehren, zu Helden zu werden. Sie werden angeschossen, dem Schützen versagen die Nerven. Bei Neuer verschmelzen Glück und Können zu einer gewaltigen Drohkulisse. Nachdem der 19-Jährige David Alaba seinen Elfmeter souverän verwandelt, schreitet der erste Madrilene zur Tat. Cristiano Ronaldo, der teuerste Spieler in der Geschichte des Fußballs gegen Manuel Neuer, Torhüter aus Gelsenkirchen-Buer. Ronaldo schießt in die linke Ecke, Neuer ahnt die linke Ecke, springt in die linke Ecke, hält den Ball in der linken Ecke. Es folgt: Mario Gomez. Münchens Stürmer trifft sicher, 2:0 Bayern.

Dann der nächste Spieler der Königlichen. Kaka, der zweitteuerste Spieler in der Geschichte des Weltfußballs schnappt sich den Ball. Neues Duell, alter Ausgang: Wieder fliegt, hechtet, springt Neuer in die linke Ecke, wieder hat er den Ball. Bayern ist fast durch, nur eine Winzigkeit fehlt zum „Finale dahoam“. Toni Kroos verschießt, die Winzigkeit wird größer. Auch Lahm vergibt, auf einmal scheint das Finale sehr weit weg.

Neuer verkürzt die Distanz. Als Sergio Ramos zum Punkt schreitet, sind seine Gedanken auch ohne telepathische Kräfte zu lesen, es arbeitet im Hirn des Schützen. Das Tor wird kleiner, der Torhüter größer. Ronaldo und Kaka haben vergeben, Ramos weiß, dass es einen besonderen Schuss benötigt, um Neuer zu überwinden. Zu viel Druck, zu viel Last, zu viel Neuer. Ramos wählt die Mitte des Tores, er wählt einen falschen Winkel, der Ball wählt den Weg über die Latte. Neuer muss das Leder nicht berühren, um den Elfmeter zu parieren.

Vorteil Bayern. Wenn Schweinsteiger trifft, wird Neuer endgültig zum Helden. Der Weg ist lang für den Vizekapitän von Joachim Löw. Über Monate war der Nationalspieler verletzt, Schweinsteiger ist noch dabei, sich seine alte Form nach und nach zu erarbeiten. Einmal durchpusten, ein entschlossener Blick, ein entschlossener Schuss, Casillas springt nach rechts, der Ball geht nach links, drin! Bayern bezwingt Real, Bayern zieht mit einem Sieg über die Königlichen ins Finale der Königsklasse ein, und Neuer ist der König von Madrid.

„Überragend gut“, fand Bundestrainer Joachim Löw die Leistung seiner Nummer eins. „Seine Ausstrahlung im Tor, gerade auch beim Elfmeter, da hat man das Gefühl gehabt, das Tor ist völlig klein, so groß hat er sich gemacht.“

Den Abend ließ die schwarze Bestie mit rotem Wein ausklingen. Und Karl Heinz Rummenigge wurde rührselig, insbesondere wenn er über seinen Torhüter sprach. „Ich liebe ihn nicht nur wegen dieser zwei Elfmeter, sondern auch weil er so überragend ist“, sagte Rummenigge. Das größte Kompliment bekam Neuer vom Gegner. Nach dem Spiel kam Florentino Perez auf Rummenigge zu, was Perez zu sagen hatte, gab Rummenigge gern wieder. „Der Präsident von Real hat mir gesagt: `Das ist der beste Torhüter der Welt.`“ Er hat Manuel Neuer gemeint. Und nicht Iker Casillas. Wäre das also geklärt!