Nationaltrainerin Voss-Tecklenburg: "Mit der Schweiz ist zu rechnen"

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Der Jubel in der Schweiz ist riesig. Erstmals hat sich das Land für eine Frauenfußball-Weltmeisterschaft qualifiziert (6. Juni bis 5. Juli 2015 in Kanada). Entscheidenden Anteil an diesem Erfolg hat Trainerin Martina Voss-Tecklenburg. Die 125-malige deutsche Nationalspielerin betreut die Schweizer Auswahl seit fast zweieinhalb Jahren. Im DFB.de-Interview spricht die 46-Jährige über die "kleine" Schweiz, Stammgäste und die Frauen-Bundesliga.

DFB.de: Frau Voss-Tecklenburg, wie haben die Schweizer die erstmalige Qualifikation für die Frauenfußball-Weltmeisterschaft aufgenommen?

Martina Voss-Tecklenburg: Mit großem Interesse. Wir sind stolz darauf, dass wir das so frühzeitig geschafft haben. Es ist eine besondere Situation, weil wir im kommenden Jahr eine Premiere erleben werden. Die kleine Schweiz wird sich im Frauenfußball erstmals auf der weltweiten Bühne präsentieren können. Für mich persönlich ist es ebenfalls die erste WM als Trainerin. Auch bei mir ist die Vorfreude riesig, weil ich weiß, was in Kanada los sein wird. Als Spielerin durfte ich dreimal bei einer WM dabei sein. Das waren absolute Höhepunkte.

DFB.de: Nach einem 9:0 gegen Israel haben sich am nächsten Tag Dänemark und Island nur Unentschieden getrennt. Dadurch war die Qualifikation perfekt. Wie haben Sie den entscheidenden Augenblick erlebt?

Voss-Tecklenburg: Wir haben vor dem Fernseher gesessen und mitgezittert. Dass diese Begegnung 1:1 ausgeht, war für uns natürlich perfekt. Einige waren schon sehr aufgeregt und hatten feuchte Hände. Manche hatten Tränen in den Augen, als es perfekt war. Daran erkennt man, wie bedeutend dieses Ereignis für uns ist.

DFB.de: Eigentlich waren Sie gar nicht auf fremde Hilfe angewiesen…

Voss-Tecklenburg: Das ist richtig. Und ich hatte auch gar keinen Zweifel daran, dass wir es in den Begegnungen gegen Serbien oder Malta aus eigener Kraft perfekt gemacht hätten – aber umso früher, umso besser. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns jetzt ausruhen werden. Das würde nicht der Mentalität der Mannschaft entsprechen. Wir wollen das Maximum herausholen.

DFB.de: Sie sind mit sieben Siegen, einem Unentschieden und 41:1-Toren schon sehr nah am Maximum. Was zeichnet Ihre Mannschaft aus?

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Voss-Tecklenburg: Viele Spielerinnen sind sehr jung und extrem motiviert. Gleichzeitig spielen einige schon lange zusammen. Besonders in der Offensive sind wir sehr gefährlich. Wir haben mit Ramona Bachmann und Lara Dickenmann zudem zwei Spielerinnen im Kader, die meiner Meinung nach Weltklasseniveau haben. Zudem stehen immer mehr im Ausland unter Vertrag, besonders in der Bundesliga. Das ist wichtig, weil das die beste Schule für meine Spielerinnen ist.

DFB.de: Wie nah kommt diese Auswahl dem DFB-Team?

Voss-Tecklenburg: Das ist schon noch ein gewaltiger Unterschied. Ich würde sagen, dass wir aktuell auf dem Stand sind, wie Deutschland vor zehn Jahren. Wir brauchen mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, wir brauchen mehr Medienpräsenz, wir brauchen Sponsoren, die sich speziell im Frauenfußball engagieren wollen.

DFB.de: Könnte diese WM-Qualifikation dabei helfen?

Voss-Tecklenburg: Natürlich, das hoffe ich. Wir haben ein Ausrufezeichen gesetzt, dass mit uns zu rechnen ist. Wir wollen weiter positive Schlagzeilen schreiben. Nur so geht es. Wichtig ist auch, dass wir uns professioneller aufstellen. Einige der Spielerinnen gehen noch voll arbeiten. Wir hatten sogar eine jetzt nicht dabei, weil ihr Kollege krank geworden ist und sie von ihrem Chef nicht frei bekommen hat. Aber wir sind auf einem guten Weg. Anfangs hatte ich acht Stammspielerinnen. Dann musste ich überlegen, wen ich zusätzlich nominieren könnte. Inzwischen muss ich harte Entscheidungen treffen, weil ich die Auswahl habe.

DFB.de: Wie wichtig sind Sie als Trainerin, besonders mit Ihrer Erfahrung aus Deutschland?

Voss-Tecklenburg: Ich möchte meinen Anteil gar nicht zu hoch einstufen. Das ist nicht meine Art, das können andere machen. Aber sicher ist es von Vorteil, dass ich den jungen Spielerinnen hier Dinge erzählen kann, die mich geprägt haben, die ich aus Deutschland mitbringen kann. Ich habe wirklich vieles erlebt. Deshalb weiß ich, dass wir inzwischen auf einem sehr guten Weg sind. Das sage ich nicht nur so, davon bin ich wirklich überzeugt.

DFB.de: Was ist bei der WM im nächsten Jahr also möglich?

Voss-Tecklenburg: Wir reisen nicht nach Kanada, um einfach nur dabei zu sein. Das ist nicht mein Anspruch, das ist nicht der Anspruch der Spielerinnen. Wir wollen bei der WM zeigen, dass wir nicht mehr nur die kleine Schweiz sind. Wir wollen zeigen, dass mit uns zu rechnen ist. Es geht jetzt darum, den Rückstand auf die großen Nationen Stück für Stück zu verkleinern. Wir sind noch längst nicht am Ende unserer Entwicklung. Wir können besser werden, in allen Bereich. Vor allem müssen wir stabiler und sicherer agieren.

DFB.de: Um langfristig was zu erreichen?

Voss-Tecklenburg: Es soll nicht bei dieser einmaligen Teilnahme bleiben. Mein Ziel ist es, dass wir uns jetzt dauerhaft und regelmäßig für die großen Turniere qualifizieren. Wir wollen Stammgast bei Welt- und Europameisterschaften werden.

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Der Jubel in der Schweiz ist riesig. Erstmals hat sich das Land für eine Frauenfußball-Weltmeisterschaft qualifiziert (6. Juni bis 5. Juli 2015 in Kanada). Entscheidenden Anteil an diesem Erfolg hat Trainerin Martina Voss-Tecklenburg. Die 125-malige deutsche Nationalspielerin betreut die Schweizer Auswahl seit fast zweieinhalb Jahren. Im DFB.de-Interview spricht die 46-Jährige über die "kleine" Schweiz, Stammgäste und die Frauen-Bundesliga.

DFB.de: Frau Voss-Tecklenburg, wie haben die Schweizer die erstmalige Qualifikation für die Frauenfußball-Weltmeisterschaft aufgenommen?

Martina Voss-Tecklenburg: Mit großem Interesse. Wir sind stolz darauf, dass wir das so frühzeitig geschafft haben. Es ist eine besondere Situation, weil wir im kommenden Jahr eine Premiere erleben werden. Die kleine Schweiz wird sich im Frauenfußball erstmals auf der weltweiten Bühne präsentieren können. Für mich persönlich ist es ebenfalls die erste WM als Trainerin. Auch bei mir ist die Vorfreude riesig, weil ich weiß, was in Kanada los sein wird. Als Spielerin durfte ich dreimal bei einer WM dabei sein. Das waren absolute Höhepunkte.

DFB.de: Nach einem 9:0 gegen Israel haben sich am nächsten Tag Dänemark und Island nur Unentschieden getrennt. Dadurch war die Qualifikation perfekt. Wie haben Sie den entscheidenden Augenblick erlebt?

Voss-Tecklenburg: Wir haben vor dem Fernseher gesessen und mitgezittert. Dass diese Begegnung 1:1 ausgeht, war für uns natürlich perfekt. Einige waren schon sehr aufgeregt und hatten feuchte Hände. Manche hatten Tränen in den Augen, als es perfekt war. Daran erkennt man, wie bedeutend dieses Ereignis für uns ist.

DFB.de: Eigentlich waren Sie gar nicht auf fremde Hilfe angewiesen…

Voss-Tecklenburg: Das ist richtig. Und ich hatte auch gar keinen Zweifel daran, dass wir es in den Begegnungen gegen Serbien oder Malta aus eigener Kraft perfekt gemacht hätten – aber umso früher, umso besser. Das bedeutet aber nicht, dass wir uns jetzt ausruhen werden. Das würde nicht der Mentalität der Mannschaft entsprechen. Wir wollen das Maximum herausholen.

DFB.de: Sie sind mit sieben Siegen, einem Unentschieden und 41:1-Toren schon sehr nah am Maximum. Was zeichnet Ihre Mannschaft aus?

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Voss-Tecklenburg: Viele Spielerinnen sind sehr jung und extrem motiviert. Gleichzeitig spielen einige schon lange zusammen. Besonders in der Offensive sind wir sehr gefährlich. Wir haben mit Ramona Bachmann und Lara Dickenmann zudem zwei Spielerinnen im Kader, die meiner Meinung nach Weltklasseniveau haben. Zudem stehen immer mehr im Ausland unter Vertrag, besonders in der Bundesliga. Das ist wichtig, weil das die beste Schule für meine Spielerinnen ist.

DFB.de: Wie nah kommt diese Auswahl dem DFB-Team?

Voss-Tecklenburg: Das ist schon noch ein gewaltiger Unterschied. Ich würde sagen, dass wir aktuell auf dem Stand sind, wie Deutschland vor zehn Jahren. Wir brauchen mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit, wir brauchen mehr Medienpräsenz, wir brauchen Sponsoren, die sich speziell im Frauenfußball engagieren wollen.

DFB.de: Könnte diese WM-Qualifikation dabei helfen?

Voss-Tecklenburg: Natürlich, das hoffe ich. Wir haben ein Ausrufezeichen gesetzt, dass mit uns zu rechnen ist. Wir wollen weiter positive Schlagzeilen schreiben. Nur so geht es. Wichtig ist auch, dass wir uns professioneller aufstellen. Einige der Spielerinnen gehen noch voll arbeiten. Wir hatten sogar eine jetzt nicht dabei, weil ihr Kollege krank geworden ist und sie von ihrem Chef nicht frei bekommen hat. Aber wir sind auf einem guten Weg. Anfangs hatte ich acht Stammspielerinnen. Dann musste ich überlegen, wen ich zusätzlich nominieren könnte. Inzwischen muss ich harte Entscheidungen treffen, weil ich die Auswahl habe.

DFB.de: Wie wichtig sind Sie als Trainerin, besonders mit Ihrer Erfahrung aus Deutschland?

Voss-Tecklenburg: Ich möchte meinen Anteil gar nicht zu hoch einstufen. Das ist nicht meine Art, das können andere machen. Aber sicher ist es von Vorteil, dass ich den jungen Spielerinnen hier Dinge erzählen kann, die mich geprägt haben, die ich aus Deutschland mitbringen kann. Ich habe wirklich vieles erlebt. Deshalb weiß ich, dass wir inzwischen auf einem sehr guten Weg sind. Das sage ich nicht nur so, davon bin ich wirklich überzeugt.

DFB.de: Was ist bei der WM im nächsten Jahr also möglich?

Voss-Tecklenburg: Wir reisen nicht nach Kanada, um einfach nur dabei zu sein. Das ist nicht mein Anspruch, das ist nicht der Anspruch der Spielerinnen. Wir wollen bei der WM zeigen, dass wir nicht mehr nur die kleine Schweiz sind. Wir wollen zeigen, dass mit uns zu rechnen ist. Es geht jetzt darum, den Rückstand auf die großen Nationen Stück für Stück zu verkleinern. Wir sind noch längst nicht am Ende unserer Entwicklung. Wir können besser werden, in allen Bereich. Vor allem müssen wir stabiler und sicherer agieren.

DFB.de: Um langfristig was zu erreichen?

Voss-Tecklenburg: Es soll nicht bei dieser einmaligen Teilnahme bleiben. Mein Ziel ist es, dass wir uns jetzt dauerhaft und regelmäßig für die großen Turniere qualifizieren. Wir wollen Stammgast bei Welt- und Europameisterschaften werden.