Miroslav Klose: Aus Blaubach in die Geschichtsbücher

Klose wechselt erst nach Homburg, dann zum FCK

Klose hatte irgendwann den Absprung geschafft, womit einige in Blaubach fast schon nicht mehr gerechnet hatten. Martin Korb sagt: "Damals konnte sich keiner vorstellen, dass der Mirek hier noch weggeht. Der hat ja in der kompletten Jugend und zwei Jahre bei der ersten Mannschaft gespielt und damals waren alle sicher, dass er den großen Schritt nicht mehr wagt."

Doch Klose hatte auch Menschen in seinem Umfeld, die ihn gefördert und gefordert haben. "Erich Berndt und Peter Rubeck (heute Cheftrainer des SVN Zweibrücken, damals Trainer beim FC Homburg, Anm. d. Red.) waren wichtige Leute für Mirek", erinnert sich Schmolke. "Die haben ihm klargemacht: Mensch, du bist doch ein viel zu guter Fußballer, um hier in der Bezirksliga rumzutreten."

Erst als Klose den Schritt zu Rubecks FC Homburg wagte, wendete sich das Blatt. Dabei war der Stürmer eigentlich nur zur zweiten Mannschaft des Ex-Bundesligisten gewechselt. Zehn Tore in einer halben Saison spülten Klose in die erste Mannschaft, doch in 18 Einsätzen im A-Team traf der immerhin schon 20-jährige Klose nur ein einziges Mal. Danach war Homburg finanziell am Ende, und Miro suchte ein neues Team.

Bundesligadebüt unter Rehhagel, Siegtor beim Länderspieldebüt

Sein ehemaliger Jugendtrainer Erich Berndt aus Blaubach empfahl Klose an den 1. FC Kaiserslautern weiter. Nicht, dass sich die Lauterer um das Talent aus dem Pfälzer Bergland gerissen hätten. Aber bei der zweiten Mannschaft mittrainieren, das war schon okay. Und da passierte es dann: Der so oft übersehene oder gering geschätzte Klose weigerte sich plötzlich, weiter ignoriert zu werden. 26 Tore in 50 Spielen für den FCK II sprachen eine deutliche Sprache.

Das Bundesligadebüt unter Otto Rehhagel, das Siegtor bei der Länderspielpremiere gegen Albanien, fünf Tore bei der WM 2002 in Südkorea und Japan - die folgenden eineinhalb Jahre müssen für Miro Klose, den so lange ignorierten Stürmer, vollkommen unwirklich gewesen sein.

Rekordtorschütze der Nationalmannschaft



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Mit 23 Nationalspielern ist die deutsche Nationalmannschaft zur WM gereist. Sie alle haben mal klein angefangen, die meisten auch bei "kleinen" Vereinen. DFB.de hat ein paar von ihnen besucht und stellt die "Wiege der Nationalspieler" vor. Heute: Angreifer Miroslav Klose von Lazio Rom und sein Weg aus der Pfalz bis nach Brasilien.

Die Geschichte der SG Blaubach-Diedelkopf klingt, als wäre sie von einem Fußball-Romantiker erträumt worden. Ein Dorfklub, eine Spielgemeinschaft zweier Vororte einer ohnehin nicht sonderlich großen Kreisstadt, kämpft sich von der untersten Spielklasse bis in die Verbandsliga nach oben. Ohne Geld, mit viel ehrenamtlichem Einsatz und viel guter Jugendarbeit. Und entdeckt ganz nebenbei auch noch den Rekordtorschützen der deutschen Nationalmannschaft. Klingt zu kitschig? Die Wahrheit ist manchmal kitschig.

"Mirek" Klose bekommt das Talent in die Wiege gelegt

In den 80er-Jahren hatte eine Gruppe von Männern aus dem Pfälzer Bergland eine Idee. Der Fußballverein ihres Heimatortes, die 1949 gegründete Sportgemeinschaft Blaubach-Diedelkopf krebste konstant in den untersten Ligen herum. C-Klasse, vielleicht mal B-Klasse, wenn es gut lief - und das war es dann. Nachwuchs- und Jugendarbeit? Fehlanzeige! Da muss doch mehr möglich sein, dachten sich Männer wie Erich Berndt, Dieter Groß und Dieter Schmolke. Und nahmen die Sache einfach selbst in die Hand.

Der erste Schritt: die Talentsuche. Gesucht wurde in den Realschulen, Gymnasien und Berufsschulen der Kreistadt Kusel und Umgebung. Gefunden wurde unter anderem ein gewisser Miroslav, genannt "Mirek" Klose, ein ziemlich schmächtiges und unscheinbares Bürschlein, das kurz zuvor mit seinen Eltern von Polen nach Kusel gekommen war.

Dieser Mirek war ein talentierter Fußballer. Kein Wunder, hatte doch sein Vater Josef fünf Jahre in Frankreich für den AJ Auxerre unter Trainerlegende Guy Roux gespielt. Mutter Barbara war in Polen Handball-Nationalspielerin gewesen. Das sportliche Talent hatte Miroslav also in den Genen. Doch er war keineswegs der einzig talentierte Fußballer, den die SG fand. Und so machte sich ein Jugendjahrgang aus der Westpfalz auf den Weg nach oben.

Blaubach-Diedelkopf: Plötzlich eine gute Adresse für Nachwuchsspieler

Während die Herrenmannschaft der SG in der C-Klasse verweilte, ging es für die neugegründete Jugendabteilung immer nur bergauf. Ab der D-Jugend spielte der Nachwuchs aus Blaubach-Diedelkopf dauernd um den Aufstieg, und das immer erfolgreich. Irgendwann war man dann in der A-Jugend-Regionalliga angekommen, der damals höchsten Spielklasse. Mit dabei: unter anderem die Nachwuchsteams des 1. FC Kaiserslautern und von Mainz 05.

"Das stand sogar mal richtig in der Zeitung", erinnert sich der damalige A-Jugendtrainer Dieter Schmolke. "Dass wir der kleinste Verein der damaligen Gründungsväter der Regionalliga waren." Dieser Erfolg hatte Signalwirkung für das Umland. Ehrgeizige Fußballer, die nicht gerade vom 40 Kilometer entfernten 1. FC Kaiserslautern entdeckt wurden, kamen plötzlich an Blaubach-Diedelkopf nicht mehr vorbei.

"Wenn der Lust hatte, dann war das ein Genuss"

Die ganze Zeit mittendrin: Mirek Klose. Ein talentierter Fußballer, keine Frage, mit dem Ball am Fuß herausragend. Aber auch launisch und unberechenbar. Schmolke sagt heute: "Wenn der Lust hatte, dann war das ein Genuss, ihm zuzuschauen. Der hat die Gegner ausgetanzt, unglaublich. Und wenn er keine Lust hatte, dann konnte man ihn genauso gut als Torpfosten aufstellen."

Leider war Klose immer noch viel zu schmächtig für einen Stürmer, zu einer Zeit, als Deutschlands Nachwuchstrainer noch auf der Suche nach dem nächsten Horst Hrubesch waren. Klose machte zu dieser Zeit viele frustrierende Erfahrungen. Bei einem Sichtungslehrgang für die Südwestauswahl wurde der schüchterne und zurückhaltende Mirek schon nach dem ersten Tag aussortiert, während sein Blaubacher Teamkollege Michael Berndt sogar für die deutsche U 15-Nationalmannschaft spielte.

Jedes Jahr aufgestiegen - bis zur Bezirksliga

Währenddessen hatte sich beim ersten Herrenteam der SG absolut nichts getan. Noch immer spielten die Blaubacher in der C-Klasse. Doch dann kam der Nachwuchs. "Sechs Spieler aus unserer Jugend sind bei uns geblieben", berichtet Schmolke. "Um die herum haben wir die erste Mannschaft aufgebaut und sind bis zur Bezirksliga jedes Jahr aufgestiegen." Immer dabei: Miroslav Klose.

Und weil die Jugend der SG so überragend war, fuhren die Spieler sonntags auch gerne mal Doppelschichten. Martin Korb, ein ehemaliger Teamkollege von Miro Klose, erinnert sich: "Die erste Mannschaft ist damals nur von der B-Klasse in die A-Klasse aufgestiegen, weil die ganzen A-Jugendspieler sonntags zwei Spiele gemacht haben. Aber wir wollten das damals ja auch. Wir haben freitags mit den Hufen gescharrt, wenn der Trainer der ersten Mannschaft vorbeikam, weil er noch drei Spieler für das nächste Spiel brauchte. 'Nimm mich', rief dann jeder. Heute wäre so etwas unvorstellbar."

Nach ein paar Ehrenrunden in der Bezirksliga fuhr der Fahrstuhl weiter nach oben. Ungeschlagener Meister in der Landesliga, dann Aufstieg in die Verbandsliga. Dort spielt der Verein noch immer, seit nunmehr sieben Jahren.

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Klose wechselt erst nach Homburg, dann zum FCK

Klose hatte irgendwann den Absprung geschafft, womit einige in Blaubach fast schon nicht mehr gerechnet hatten. Martin Korb sagt: "Damals konnte sich keiner vorstellen, dass der Mirek hier noch weggeht. Der hat ja in der kompletten Jugend und zwei Jahre bei der ersten Mannschaft gespielt und damals waren alle sicher, dass er den großen Schritt nicht mehr wagt."

Doch Klose hatte auch Menschen in seinem Umfeld, die ihn gefördert und gefordert haben. "Erich Berndt und Peter Rubeck (heute Cheftrainer des SVN Zweibrücken, damals Trainer beim FC Homburg, Anm. d. Red.) waren wichtige Leute für Mirek", erinnert sich Schmolke. "Die haben ihm klargemacht: Mensch, du bist doch ein viel zu guter Fußballer, um hier in der Bezirksliga rumzutreten."

Erst als Klose den Schritt zu Rubecks FC Homburg wagte, wendete sich das Blatt. Dabei war der Stürmer eigentlich nur zur zweiten Mannschaft des Ex-Bundesligisten gewechselt. Zehn Tore in einer halben Saison spülten Klose in die erste Mannschaft, doch in 18 Einsätzen im A-Team traf der immerhin schon 20-jährige Klose nur ein einziges Mal. Danach war Homburg finanziell am Ende, und Miro suchte ein neues Team.

Bundesligadebüt unter Rehhagel, Siegtor beim Länderspieldebüt

Sein ehemaliger Jugendtrainer Erich Berndt aus Blaubach empfahl Klose an den 1. FC Kaiserslautern weiter. Nicht, dass sich die Lauterer um das Talent aus dem Pfälzer Bergland gerissen hätten. Aber bei der zweiten Mannschaft mittrainieren, das war schon okay. Und da passierte es dann: Der so oft übersehene oder gering geschätzte Klose weigerte sich plötzlich, weiter ignoriert zu werden. 26 Tore in 50 Spielen für den FCK II sprachen eine deutliche Sprache.

Das Bundesligadebüt unter Otto Rehhagel, das Siegtor bei der Länderspielpremiere gegen Albanien, fünf Tore bei der WM 2002 in Südkorea und Japan - die folgenden eineinhalb Jahre müssen für Miro Klose, den so lange ignorierten Stürmer, vollkommen unwirklich gewesen sein.

Rekordtorschütze der Nationalmannschaft

Der Rest ist bekannt, der Wechsel vom FCK zu Werder Bremen, dann Bayern München und Lazio Rom. Der schüchterne Mirek wird zum Weltstar, ist mit 69 Treffern mittlerweile Rekordtorschütze der deutschen Nationalmannschaft und kann in diesem Sommer bei der WM in Brasilien der erfolgreichste Torschütze bei Weltmeisterschaften überhaupt werden. Nur ein Tor trennt ihn von der Bestmarke des Brasilianers Ronaldo.

Daheim in Blaubach staunen sie immer noch. Martin Korb sagt: "Dass der Mirek mal so viele Tore für Deutschland schießt wie Gerd Müller", sagt Schmolke ehrlich, "konnte sich früher natürlich niemand vorstellen."

Alltag in Blaubach: "Wir sind zu klein, die Wirtschaft fehlt hier"

Die Fußballkarriere des Miroslav Klose ist immer noch unglaublich. Ein wahr gewordenes Märchen für Fußball-Romantiker eben. Nicht ganz so märchenhaft verlief die jüngere Vergangenheit bei der SG Blaubach-Diedelkopf, die nach 15 Jahren im Fahrstuhl nach oben mittlerweile in der harten Realität angekommen ist. Noch hält sich die erste Mannschaft tapfer in der Verbandsliga, obwohl viele Klubs dort finanziell wesentlich besser gestellt sind. Aber die Probleme wachsen.

Schmolke sagt: "Verändertes Freizeitverhalten, immer mehr Vereine, die um den Nachwuchs buhlen, weniger Eltern, die uns unterstützen und letztendlich spielen auch die Finanzen immer mehr eine Rolle. Wir sind zu klein, und die Wirtschaft fehlt hier." Zuletzt drohte gar die Insolvenz. Schon der tägliche Betrieb der Flutlichtanlage, damit alle Mannschaften auch regelmäßig trainieren können, überfordert oft die Finanzen des Dorfklubs.

Fußballwunder gibt's nicht alle Tage

Klar, dass die Zukunftsaussichten unter diesen Voraussetzungen eher mau sind. Und trotzdem schaffen immer wieder frühere Blaubacher den Sprung in den Profifußball. So wie Matthias Henn bei Eintracht Braunschweig. Oder Jan-Lucas Dorow, der in dieser Saison sein Profidebüt beim 1. FC Kaiserslautern gab. Empfohlen hatte er sich als Torjäger in der zweiten Mannschaft des FCK. Genau wie einst Miroslav Klose.

Trotzdem: Fußballwunder gibt's nicht alle Tage. Die Geschichte des Dorfvereins, der ohne Geld, mit viel ehrenamtlichem Einsatz und ganz viel guter Jugendarbeit die Ketten des bis dahin nicht für möglich Gehaltenen sprengt und ganz nebenbei auch noch den Rekordtorschützen der deutschen Nationalmannschaft entdeckt, war wohl nur einmal möglich. Zu genau dieser Zeit, genau an diesem Ort und mit genau diesen Protagonisten.