Metzelder: "Wir brauchen die beste Fitness aller Mannschaften"

Christoph Metzelder hatte seit der Weltmeisterschaft 2002 viel mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Doch nun hat der Abwehrspieler von Borussia Dortmund wieder den Anschluss gefunden und gilt als einer der Führungsspieler im DFB-Team. Um bei der WM 2006 in Deutschland dabei sein zu können, hat er viel trainiert. Über seine Erwartungen äußert er sich im folgenden Interview.

Frage: Sie waren der erste Nationalspieler in Berlin. Wie war das?

Christoph Metzelder: Ich bin am Sonntag spät angekommen, habe noch zweimal trainiert, bis die anderen anreisten. Das war mit Dr. Müller-Wohlfahrt abgesprochen. Ich habe zwar nicht viel Zeit in der Vorbereitung verloren, aber schon ein paar Tage. Deswegen wollte ich noch einmal einen Reiz setzen. Ich will jede Minute bis Freitag nutzen, um zusätzlich für den körperlichen Bereich etwas zu tun.

Frage: Sind Sie schon wieder der Christoph Metzelder von der WM 2002?

Metzelder: Also in den Sprints war ich zuletzt einer der Schnellsten. Auf gerader Strecke über fünf, zehn und dreißig Meter.

Frage: Wenn Sie David Odonkor überholen, müssen Sie sich dann Gedanken machen?

Metzelder: Vielleicht schaffe ich das mal über 400 Meter.

Frage: Ist das Körpergefühl schon wieder ganz das alte?

Metzelder: Trotz der Muskelverletzung und der damit begründeten Trainingspause ist die Vorbereitung für mich sehr gut verlaufen. Ich habe innerhalb von sechs Tagen drei Spiele bestritten und mich danach körperlich gut gefühlt. Ich merke, dass es immer besser läuft. Das gleiche gilt für die Mannschaft. Alle großen Teams haben sich erst im Verlauf eines Turniers gefunden und zu dem entwickelt, was sie waren. Ich glaube, dass ich mich innerhalb der WM steigern kann.

Frage: Nach der WM 2002 hätte es jeder für normal erachtet, dass Sie bei der WM 2006 dabei sind. Bei dem, was in der Zwischenzeit passiert ist, sind Sie selbst überrascht, dabei zu sein?

Metzelder: Ich bin stolz, dass ich es trotz all der Probleme auch nach dem Comeback, der ganzen Aufs und Abs geschafft habe, im WM-Kader zu stehen.

Frage: Sie haben sich anders vorbereitet als vor vier Jahren, deutlich intensiver von der körperlichen Belastung. Haben Sie dieselbe Empfindung?

Metzelder: Wir sind uns alle bewusst, dass wir nicht die Qualitäten der großen Nationen haben. Innerhalb von vier Wochen kann man das mal kompensieren. Natürlich waren wir auch vor vier Jahren nicht die zweitbeste Mannschaft der Welt, sondern in diesem Turnier hat alles sehr gut gepasst. Wir wissen, wir brauchen die beste Fitness aller Mannschaften und unheimlichen Teamgeist. Dazu sollte sich eine Eigendynamik mit der Hilfe der vielen Fans entwickeln. Und deswegen ist jeder bereit eine solche Vorbereitung mitzumachen.

Frage: Brauchen Sie diese Fitness nicht auch, um die schwierigen taktischen Vorgaben umzusetzen?

Metzelder: Ja, das ist wichtig. Ich erinnere mich an das Spiel gegen Argentinien in Düsseldorf vor zwei Jahren. Da hatten wir unseren Gegner unheimlich unter Druck gesetzt, ihn nicht entfalten lassen, was wichtig gegen solche Mannschaften ist, aber in den letzten 15 Minuten fehlte dann diese Power. Wenn die reine Qualität nicht so gut ist, dann muss man versuchen, so aggressiv zu stören, dass sie ihre Stärken nicht ausspielen können.

Frage: Können Sie den Hebel denn auch umstellen, wenn Sie führen?

Metzelder: Ja, wir arbeiten stark im taktischen Bereich. Gerade in der Defensive versuchen wir eher auf den Mit- als auf den Gegenspieler zu schauen. Deswegen ist es auch wichtig, dass ein großes Vertrauen untereinander herrscht. Ich glaube, wir haben uns in der Vorbereitung kontinuierlich gesteigert und werden daran auch weiterarbeiten.

Frage: Es sieht im Moment so aus als würde Per Mertesacker Ihr Partner in der Innenverteidigung sein. Warum harmonieren Sie mit ihm am besten?

Metzelder: Per ist ein hochtalentierter Spieler. Er hat die Position im Raum zu spielen sehr gut verinnerlicht. Außerdem ist er sehr kopfballstark. Das soll aber nicht heißen, dass Robert Huth oder Jens Nowotny diese Rolle nicht spielen könnten. Dadurch, dass wir das System über die Individuen stellen, soll jeder austauschbar sein. Wenn wir es verinnerlichen, auf einander zu achten, eng zusammenzustehen, dann klappt das auch in jeder personellen Besetzung.

Frage: Sie sind als Abwehrorganisator ausgedeutet. Wie füllen Sie die Rolle konkret aus?

Metzelder: Ich sehe mich nicht in einer herausgehobenen Rolle. Egal, ob Arne Friedrich, Philipp Lahm, Per Mertesacker oder ich, jeder muss schauen, dass wir auf einer Linie stehen, dass wir rausrücken, gemeinsam zu den Seiten verschieben, dass der eine dem anderen Rückendeckung gibt. Das sind alles Punkte, die man auch verbal wiederholen muss, um im Spiel konzentriert zu sein. Jeder muss zur Kommunikation beitragen.

Frage: Gibt es Stürmer, vor denen Sie besonderen Respekt haben?

Metzelder: Ich habe grundsätzlich vor jedem Stürmer Respekt, auch wenn der von einem Verbandsligisten kommt. Letztlich muss man als Verteidiger immer 90 Minuten hochkonzentriert sein. Unsere Ausgangslage ist stets schlechter. Selbst wenn wir neun von zehn Zweikämpfe gewinnen, der letzte geht verloren und so entsteht ein Tor, insofern ist es immer etwas günstiger für den Angreifer.

Frage: Kann man jeden Stürmer mit den gleichen Mitteln stoppen?

Metzelder: Nein, es ist ja immer die Frage, wie sie in Szene gesetzt werden. Je mehr wir ein freies, unbedrängtes Zuspiel verhindern können, desto einfacher ist es für uns dahinter.

Frage: Wie gehen Sie als Defensivspieler mit der offensiven Ausrichtung der Mannschaft um?

Metzelder: Wir werden unser Glück in der offensiven Ausrichtung suchen, aber dazu brauchen wir auch eine gesamtmannschaftliche defensive Disziplin. Jeder Spieler muss auch nach hinten denken. Das eine schließt das andere aus.

Frage: Was bringt der Heimvorteil?

Metzelder: Das haben wir gerade beim öffentlichen Training in Düsseldorf gemerkt. Es herrscht im Land eine unheimliche Begeisterung. Dabei denken die Fans nicht in der Kategorie Sieg oder Niederlage. Wir hatten davor das Spiel gegen Japan, das viel Anlass zur Kritik gab, aber das war den Leuten egal, die waren einfach nur froh, uns zu sehen. Das war unglaublich schön.

Frage: Wenn am Freitag die Nationalhymne gespielt wird, wird das ein noch erhebenderes Gefühl sein als bei der WM 2002 beim Spiel gegen Saudi-Arabien in Sapporo?

Metzelder: Das ist überhaupt nicht miteinander zu vergleichen. Die Nationalhymne ist grundsätzlich der emotionale Höhepunkt eines jeden Länderspiels. Gerade während meiner Verletzungszeit, wenn ich da mal im Stadion war, das war der Moment, in dem man neuen Mut fasst. Ich freue mich immer auf diesen Augenblick vor dem Spiel. Bei der WM 2002 war für mich der Höhepunkt das Halbfinale gegen Südkorea. Das ganze Stadion ist voll mit roten T-Shirts. Und alle singen mit. Genauso wird es ja jetzt hier in Deutschland sein.

Frage: Können Sie die Dimension erahnen, was auf Sie zukommt?

Metzelder: Nein, immer noch nicht. Gerade auch wenn die ausländischen Fans da sind und in den Innenstädten ein Fußball-Fest gefeiert wird, davon hat noch keiner eine Vorstellung, was dann wirklich los ist. Wir hatten das zum Beispiel vor vier Jahren gar nicht mitgekriegt, uns wurde das nur erzählt, aber einen Eindruck davon hatten wir nicht.

[nb]


[bild1]Christoph Metzelder hatte seit der Weltmeisterschaft 2002 viel mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Doch nun hat der Abwehrspieler von Borussia Dortmund wieder den Anschluss gefunden und gilt als einer der Führungsspieler im DFB-Team. Um bei der WM 2006 in Deutschland dabei sein zu können, hat er viel trainiert. Über seine Erwartungen äußert er sich im folgenden Interview.



Frage: Sie waren der erste Nationalspieler in Berlin. Wie war das?



Christoph Metzelder: Ich bin am Sonntag spät angekommen, habe noch zweimal trainiert, bis die anderen anreisten. Das war mit Dr. Müller-Wohlfahrt abgesprochen. Ich habe zwar nicht viel Zeit in der Vorbereitung verloren, aber schon ein paar Tage. Deswegen wollte ich noch einmal einen Reiz setzen. Ich will jede Minute bis Freitag nutzen, um zusätzlich für den körperlichen Bereich etwas zu tun.



Frage: Sind Sie schon wieder der Christoph Metzelder von der WM 2002?



Metzelder: Also in den Sprints war ich zuletzt einer der Schnellsten. Auf gerader Strecke über fünf, zehn und dreißig Meter.



Frage: Wenn Sie David Odonkor überholen, müssen Sie sich dann Gedanken machen?



Metzelder: Vielleicht schaffe ich das mal über 400 Meter.



Frage: Ist das Körpergefühl schon wieder ganz das alte?



Metzelder: Trotz der Muskelverletzung und der damit begründeten Trainingspause ist die Vorbereitung für mich sehr gut verlaufen. Ich habe innerhalb von sechs Tagen drei Spiele bestritten und mich danach körperlich gut gefühlt. Ich merke, dass es immer besser läuft. Das gleiche gilt für die Mannschaft. Alle großen Teams haben sich erst im Verlauf eines Turniers gefunden und zu dem entwickelt, was sie waren. Ich glaube, dass ich mich innerhalb der WM steigern kann.



Frage: Nach der WM 2002 hätte es jeder für normal erachtet, dass Sie bei der WM 2006 dabei sind. Bei dem, was in der Zwischenzeit passiert ist, sind Sie selbst überrascht, dabei zu sein?



Metzelder: Ich bin stolz, dass ich es trotz all der Probleme auch nach dem Comeback, der ganzen Aufs und Abs geschafft habe, im WM-Kader zu stehen.



Frage: Sie haben sich anders vorbereitet als vor vier Jahren, deutlich intensiver von der körperlichen Belastung. Haben Sie dieselbe Empfindung?



Metzelder: Wir sind uns alle bewusst, dass wir nicht die Qualitäten der großen Nationen haben. Innerhalb von vier Wochen kann man das mal kompensieren. Natürlich waren wir auch vor vier Jahren nicht die zweitbeste Mannschaft der Welt, sondern in diesem Turnier hat alles sehr gut gepasst. Wir wissen, wir brauchen die beste Fitness aller Mannschaften und unheimlichen Teamgeist. Dazu sollte sich eine Eigendynamik mit der Hilfe der vielen Fans entwickeln. Und deswegen ist jeder bereit eine solche Vorbereitung mitzumachen.



Frage: Brauchen Sie diese Fitness nicht auch, um die schwierigen taktischen Vorgaben umzusetzen?



Metzelder: Ja, das ist wichtig. Ich erinnere mich an das Spiel gegen Argentinien in Düsseldorf vor zwei Jahren. Da hatten wir unseren Gegner unheimlich unter Druck gesetzt, ihn nicht entfalten lassen, was wichtig gegen solche Mannschaften ist, aber in den letzten 15 Minuten fehlte dann diese Power. Wenn die reine Qualität nicht so gut ist, dann muss man versuchen, so aggressiv zu stören, dass sie ihre Stärken nicht ausspielen können.



Frage: Können Sie den Hebel denn auch umstellen, wenn Sie führen?



Metzelder: Ja, wir arbeiten stark im taktischen Bereich. Gerade in der Defensive versuchen wir eher auf den Mit- als auf den Gegenspieler zu schauen. Deswegen ist es auch wichtig, dass ein großes Vertrauen untereinander herrscht. Ich glaube, wir haben uns in der Vorbereitung kontinuierlich gesteigert und werden daran auch weiterarbeiten.



Frage: Es sieht im Moment so aus als würde Per Mertesacker Ihr Partner in der Innenverteidigung sein. Warum harmonieren Sie mit ihm am besten?



Metzelder: Per ist ein hochtalentierter Spieler. Er hat die Position im Raum zu spielen sehr gut verinnerlicht. Außerdem ist er sehr kopfballstark. Das soll aber nicht heißen, dass Robert Huth oder Jens Nowotny diese Rolle nicht spielen könnten. Dadurch, dass wir das System über die Individuen stellen, soll jeder austauschbar sein. Wenn wir es verinnerlichen, auf einander zu achten, eng zusammenzustehen, dann klappt das auch in jeder personellen Besetzung.



Frage: Sie sind als Abwehrorganisator ausgedeutet. Wie füllen Sie die Rolle konkret aus?



Metzelder: Ich sehe mich nicht in einer herausgehobenen Rolle. Egal, ob Arne Friedrich, Philipp Lahm, Per Mertesacker oder ich, jeder muss schauen, dass wir auf einer Linie stehen, dass wir rausrücken, gemeinsam zu den Seiten verschieben, dass der eine dem anderen Rückendeckung gibt. Das sind alles Punkte, die man auch verbal wiederholen muss, um im Spiel konzentriert zu sein. Jeder muss zur Kommunikation beitragen.



[bild2]Frage: Gibt es Stürmer, vor denen Sie besonderen Respekt haben?



Metzelder: Ich habe grundsätzlich vor jedem Stürmer Respekt, auch wenn der von einem Verbandsligisten kommt. Letztlich muss man als Verteidiger immer 90 Minuten hochkonzentriert sein. Unsere Ausgangslage ist stets schlechter. Selbst wenn wir neun von zehn Zweikämpfe gewinnen, der letzte geht verloren und so entsteht ein Tor, insofern ist es immer etwas günstiger für den Angreifer.



Frage: Kann man jeden Stürmer mit den gleichen Mitteln stoppen?



Metzelder: Nein, es ist ja immer die Frage, wie sie in Szene gesetzt werden. Je mehr wir ein freies, unbedrängtes Zuspiel verhindern können, desto einfacher ist es für uns dahinter.



Frage: Wie gehen Sie als Defensivspieler mit der offensiven Ausrichtung der Mannschaft um?



Metzelder: Wir werden unser Glück in der offensiven Ausrichtung suchen, aber dazu brauchen wir auch eine gesamtmannschaftliche defensive Disziplin. Jeder Spieler muss auch nach hinten denken. Das eine schließt das andere aus.



Frage: Was bringt der Heimvorteil?



Metzelder: Das haben wir gerade beim öffentlichen Training in Düsseldorf gemerkt. Es herrscht im Land eine unheimliche Begeisterung. Dabei denken die Fans nicht in der Kategorie Sieg oder Niederlage. Wir hatten davor das Spiel gegen Japan, das viel Anlass zur Kritik gab, aber das war den Leuten egal, die waren einfach nur froh, uns zu sehen. Das war unglaublich schön.



Frage: Wenn am Freitag die Nationalhymne gespielt wird, wird das ein noch erhebenderes Gefühl sein als bei der WM 2002 beim Spiel gegen Saudi-Arabien in Sapporo?



Metzelder: Das ist überhaupt nicht miteinander zu vergleichen. Die Nationalhymne ist grundsätzlich der emotionale Höhepunkt eines jeden Länderspiels. Gerade während meiner Verletzungszeit, wenn ich da mal im Stadion war, das war der Moment, in dem man neuen Mut fasst. Ich freue mich immer auf diesen Augenblick vor dem Spiel. Bei der WM 2002 war für mich der Höhepunkt das Halbfinale gegen Südkorea. Das ganze Stadion ist voll mit roten T-Shirts. Und alle singen mit. Genauso wird es ja jetzt hier in Deutschland sein.



Frage: Können Sie die Dimension erahnen, was auf Sie zukommt?



Metzelder: Nein, immer noch nicht. Gerade auch wenn die ausländischen Fans da sind und in den Innenstädten ein Fußball-Fest gefeiert wird, davon hat noch keiner eine Vorstellung, was dann wirklich los ist. Wir hatten das zum Beispiel vor vier Jahren gar nicht mitgekriegt, uns wurde das nur erzählt, aber einen Eindruck davon hatten wir nicht.