Matthäus: Bayern mit "Dominanz pur" gegen ManUnited

Matthäus: Ich glaube, im Moment könnte für die Bayern das Problem darin bestehen, dass die Alternativen auf der Bank auf gleich hohem Niveau ausgehen. Eine erste Elf mit Kroos, Lahm und Götze oder Müller im Mittelefeld kann gegen Manchester erst einmal die gleiche Qualität ins Spiel bringen wie mit Thiago und/oder Schweinsteiger. Doch welche Möglichkeiten hätte Guardiola im Moment, müsste er einen dieser Spieler im Verlauf des Spiels auswechseln?

DFB.de: Daneben gibt es eine Systemdebatte: Geht Bayern mit einer echten oder einer falschen Neun, mit Mandzukic oder Götze beziehungsweise Müller ins Rückspiel?

Matthäus: Ich bin überzeugt, dass der FC Bayern mit Mandzukic beginnen wird. Weil er gerade in diesem Spiel gegen die Engländer eine stabile und gefährliche Anspielstation im Strafraum braucht, die die Bälle hält, verteilt und selbst torgefährlich ist - und die man auch mit hohen Bällen bedienen kann. Das erwies sich ja nach Mandzukic' Einwechslung in Manchester als vorteilhaft. Die Frage ist, wer dahinter spielen wird: Götze oder Müller?

DFB.de: Als die diesjährige K.o.-Phase in der Champions League begann, war die Bundesliga erstmals mit vier Mannschaften dabei. Eine Runde später kann sich nur noch der FC Bayern große Chancen auf den weiteren Verbleib in der Königsklasse machen. Hat die Bundesliga zu früh über das Überholmanöver gegen Spanien und England gejubelt?

Matthäus: Das Überholmanöver ist noch nicht gelungen. Die Bundesliga ist aber auf einem guten Weg. Es wird jedoch noch eine gewisse Zeit dauern, weil hinter Bayern und Dortmund Mannschaften an ihre Grenzen gestoßen sind. Wie Schalke gegen Real Madrid und Leverkusen gegen Paris St. Germain. Dass man gegen solche Hochkaräter auf der Strecke bleibt, ist nicht verwunderlich. Mich hat nur das Wie geärgert. Das Gesamtpaket Bundesliga kann sich in Europa auf hohem Niveau absolut sehen lassen. Nur ganz oben an der Spitze sind zwei andere Nationen noch ein bisschen stärker als wir mit Bayern München und Borussia Dortmund.

DFB.de: Wer ist im Moment Ihr Topfavorit auf den diesjährigen Gewinn der Champions League?

Matthäus: Zur Zeit machen Teams wie Real Madrid und Bayern München mit der Qualität ihrer Spieler und ihrer Spielweise den Unterschied aus. Atletico Madrid und Paris St. Germain würde ich aber nicht unterschätzen.

DFB.de: Haben Sie den FC Barcelona aus den Augen verloren?



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Bayern München gegen Manchester United - längst schon ist dies ein Klassiker der Europapokalgeschichte. Vor 15 Jahren war Lothar Matthäus letztmals bei diesem Dauerbrenner des europäischen Fußballs dabei, als er und Bayern München am 26. Mai 1999 beim Champions-League-Finale in Barcelona eine der bittersten Stunden erlebten: Den Pokal schon greifbar nahe, ließen sich die Bayern ihn in der Nachspielzeit mit zwei Gegentoren zum 1:2 noch aus den Händen reißen.

Anno 2014 kommt es erneut zum Duell der europäischen Giganten, 1:1 endete das Viertelfinalhinspiel in Manchester. Vor dem Rückspiel am Mittwoch (ab 20.45 Uhr, live im ZDF und bei Sky) blickt Lothar Matthäus im DFB.de-Exklusivinterview mit Redakteur Wolfgang Tobien zurück auf jenen schwarzen Tag im Mai 1999. Außerdem nimmt Deutschlands Rekordnationalspieler Stellung zum derzeitigen Zustand der beiden Teams, beschreibt die Entwicklung des FC Bayern unter Trainer Pep Guardiola und analysiert den Stellenwert der Bundesliga nach dem bisherigen Geschehen der aktuellen Champions League-Saison.

Und weil WM-Jahr ist, skizziert der Weltmeister von 1990 und fünfmalige WM-Teilnehmer, der 1999 mit 38 Jahren noch mal zu Deutschlands Fußballer des Jahres gewählt wurde, die Ausgangssituation der deutschen Nationalmannschaft und ihre Chancen vor der am 12. Juni beginnenden Weltmeisterschaft in Brasilien.

DFB.de: Herr Matthäus, Barcelona ist eine der schönsten und interessantesten Städte der Welt. Gehört sie seit 1999 noch zu Ihren bevorzugten Reisezielen?

Lothar Matthäus: Absolut! Erstens, weil es eine sehr schöne Stadt ist. Zweitens, weil die Katalanen sehr nett und freundlich sind und man dort hervorragend shoppen kann. Drittens aber auch, weil dort nach wie vor guter Fußball präsentiert wird. Was 1999 dem FC Bayern und mir dort gegen Manchester United passiert ist, das gehört zur Historie eines Erfolgsklubs und einer erfolgreichen Karriere dazu. So bitter dieses Erlebnis war, ich werde es nicht aus meiner Laufbahn streichen. Natürlich wäre ich gerne mit einem anderen Ergebnis und mit der Champions-League-Trophäe aus Barcelona abgereist.

DFB.de: Wie konnte es beim Rückblick nach 15 Jahren zu diesem wohl bittersten Desaster der Bayern kommen, als sie im Nou Camp in den letzten drei Minuten noch ihre 1:0-Führung verspielten?

Matthäus: Es war ein ungemein wichtiges Spiel. Und gerade in einem Champions-League-Finale darf man sich seiner Sache nie sicher sein. Vielleicht waren wir mit dem einen oder anderen Gedanken schon bei der Feier, und die letzte Konzentration fehlte am Ende. Tatsache ist, dass Teddy Sheringham und Ole Gunnar Solskjaer, die beiden Torschützen von Manchester, bei diesen letzten beiden Eckbällen fixierter auf den Ball und schneller mit ihren Handlungen waren als unsere Abwehrspieler.

DFB.de: Ihnen wurde damals der Vorwurf gemacht, Sie hätten sich zu früh auswechseln lassen.

Matthäus: Das ist häufig diskutiert worden. Vielleicht hätte aber auch mir eine solche Unaufmerksamkeit in der Schlussphase passieren können. Letztendlich hat das Spiel ohne mich eine Wende genommen. Vielleicht weil die Engländer wegen meiner Auswechslung zusätzlichen Mut und Schub bekommen haben. Ich weiß es nicht. Natürlich hätte Ottmar Hitzfeld, nachdem ich ihm signalisiert hatte, dass mein Akku ziemlich leer sei und ich mich müde fühle, darauf bestehen können, dass ich drinbleiben sollte und auch die letzten zehn Minuten noch überstehen würde. Selbstverständlich wäre ich dann nicht rausgegangen. Doch es ist müßig, sich darüber jetzt noch den Kopf zu zerbrechen.

DFB.de: Wie damals nach 90 Minuten befinden sich die Münchner auch diesmal in einer hervorragenden Ausgangsposition. Seinerzeit schafften sie es nicht, das 1:0 über die restlichen drei Minuten zu retten. Wird es ihnen jetzt in der Allianz-Arena gelingen, zumindest das 1:1 aus dem Hinspiel in Manchester über die Zeit zu bringen?

Matthäus: Der FC Bayern geht als ganz klarer Favorit in dieses Spiel. Nicht wegen des Ergebnisses aus dem Hinspiel, sondern wegen der Klasse und Qualität, die er dort demonstriert hat. Und nicht nur dort. Ich habe keine Mannschaft im Kopf, die schon so lange auf einem so hohen Niveau mit solcher Qualität spielt, wie es die Bayern seit nunmehr fast zwei Jahren tun. Der FC Bayern - das ist Dominanz pur. So wird es auch gegen ManUnited am Mittwoch sein. Gerade wenn die Bayern in einer Situation sind, in der sie zu Hause gewinnen müssen, demonstrieren sie seit einiger Zeit ihre unglaubliche Dominanz.

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DFB.de: Wie schätzen Sie Manchester Uniteds heutige Mannschaft im Vergleich mit den Ferguson-Teams der Vergangenheit um Beckham, Scholes, Giggs und Cristiano Ronaldo ein?

Matthäus: Die Mannschaft hat nach wie vor hoch qualifizierte Spieler in ihren Reihen. Sie hat aber den Umbruch nach Fergusons Abschied noch nicht so übergangslos geschafft, wie von ihr erhofft. Der neue Trainer David Moyes muss sich immer noch in Sir Alex Fergusons riesengroßen Fußstapfen erst mal zurechtfinden. Und Manchester hat es versäumt, die Mannschaft in der Ära des großen Erfolgs rechtzeitig zu verjüngen. Im Moment hat das Team seinen Zenit überschritten und schwächelt nicht zufällig in allen Wettbewerben.

DFB.de: Hat ManUnited an Glanz und Schlagkraft verloren?

Matthäus: ManUnited hat immer noch viele namhafte und starke Nationalspieler unter Vertrag. Ich denke an Rooney, Welbeck, Valencia, Vidic, Ferdinand oder Evra - und natürlich an Robin van Persie, auch wenn er wegen Verletzung weiterhin ausfällt. Doch es ist derzeit ein anderes Manchester als in den vergangenen 20, 30 Jahren. Wenn die Fans schon jubeln, wenn ihr Team wie im Hinspiel gegen Bayern einen Einwurf oder einen Eckball erkämpft, dann zeigt uns dies, mit wie wenig die Fans derzeit zufrieden sind und dass ihr Vertrauen in diese Mannschaft nicht mehr allzu groß ist.

DFB.de: Als Triplesieger war der FC Bayern zu Beginn dieser Saison das Maß aller Dinge im europäischen Fußball und schien in seiner Entwicklung an der Decke angekommen. Wo steht er Ihrer Meinung nach heute?

Matthäus: Die Mannschaft hat sich von der Decke auf jeden Fall keinen Zentimeter entfernt. Um diese Decke aber zu durchbrechen, dafür müsste sie erst mal die drei Titelgewinne vom Vorjahr wiederholen. Sie macht in dieser Saison einen sehr guten Eindruck und hat vor allem spielerisch sogar noch ein paar Prozent draufgelegt.

DFB.de: Wie sehen Sie Trainer Pep Guardiola im Vergleich mit Jupp Heynckes?

Matthäus: Jupp Heynckes hat in der vergangenen Saison einen Superjob gemacht, und Pep Guardiola führt diesen Job auf seine Art fort. Er kopiert nicht Jupp Heynckes, sondern bringt neue Ideen ein. Dementsprechend spielt die Mannschaft attraktiv und bis zum heutigen Tag erfolgreich. Doch Guardiola weiß, dass er nach der Deutschen Meisterschaft und der Klub-Weltmeisterschaft jetzt auch noch diese beiden anderen Titel holen muss, um dem Vergleich mit Heynckes standhalten zu können.

DFB.de: Wären in Ihren Augen ein Weiterkommen ins Halbfinale und danach der Vorstoß ins dritte Champions-League-Finale in Folge eine deutliche Weichenstellung für eine von vielen Beobachtern prognostizierte neue Bayern-Ära in Europa?

Matthäus: Sie würde dann sicherlich in die Dimension jener Bayern-Mannschaft der 70er-Jahre um Franz Beckenbauer vorstoßen. Damit, mit dem erneuten Triple, würde sie nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa eine Ära einläuten.

DFB.de: Der aktuelle Weichensteller trägt den Namen Pep Guardiola. Hätten Sie geglaubt, dass er die Bayern nach dem Triplegewinn auf Anhieb so hervorragend weiterentwickeln könnte?

Matthäus: Gerade die besondere Art, wie er das macht, verdient hohe Anerkennung. Als Persönlichkeit und mit seinen zahlreichen Erfolgen brachte er so viel mit, dass die Spieler von Beginn an hohen Respekt vor ihm hatten und haben. Dass er die Monate nach seiner Verpflichtung nutzte, um die deutsche Sprache zu lernen, hat ihm seinen Einstieg als ausländischer Trainer zusätzlich erleichtert. Jupp Heynckes hat die Messlatte für Pep Guardiolas Arbeit ganz sicher sehr, sehr hoch gelegt. Gelingt ihm in den nächsten Monaten mit den Bayern aber das Triple, wird Guardiola diese Messlatte übersprungen haben.

DFB.de: Hätten Sie für möglich gehalten, dass die Bayern-Spieler Guardiolas sehr eigene Spielphilosophie so schnell kapieren, akzeptieren und praktizieren würden?

Matthäus: Es ist ja nicht so, dass Guardiola die Spieler auf Positionen spielen lässt, die ihnen völlig fremd sind. Natürlich wunderten sich viele zunächst, dass Philipp Lahm nicht mehr linker oder rechter Außenverteidiger spielt, sondern im defensiven Mittelfeld. Ein solches Potenzial zu erkennen, auch darin zeigt sich die Qualität eines Trainers. Ganz neu ist diese Position für Lahm zudem nicht, wie ich mich erinnern kann. Und wegen der Spielintelligenz, die Philipp mitbringt, hat Guardiola für ihn eine Position geschaffen, die in meinen Augen Lahm auf den Leib geschnitten ist. Zumal er dort, auch speziell als Kapitän, viel mehr Einfluss auf die Mannschaft nehmen kann.

DFB.de: Eine nicht ganz ernst gemeinte Frage: Sollte angesichts der neuen Bayern-Spielsweise im Fußball-Regelwerk demnächst, analog zum Basketball, eine "Shotclock" eingeführt werden, wonach ein Angriff beziehungsweise der Ballbesitz innerhalb eines bestimmten Zeitraums abgeschlossen werden muss?

Matthäus: Keine schlechte Frage. Es kämen damit auf beiden Seiten im Fußball sicherlich mehr Abschlüsse zustande, weil man schneller nach vorne spielen müsste. Doch es würden viele andere Dinge geopfert werden und wegfallen, die den Fußball auszeichnen. Der FC Bayern kreiert mit seiner Spielweise unter Guardiola nicht nur hohen Ballbesitz, sondern damit irgendwann auch den richtigen Moment, um zum Torabschluss zu kommen. Den Ball im richtigen Moment in die richtige Position zu spielen, das ist die hohe Kunst der Bayern-Spieler auf dem Weg zu ihren Erfolgen.

DFB.de: Zurück zum Viertelfinale: Die Generalprobe hat der FC Bayern am Samstag in Augsburg mit der ersten Bundesliganiederlage nach 53 Spielen vermasselt. Deutet dies gemäß der alten Theater-Weisheit nunmehr auf eine glänzende Aufführung gegen Manchester hin?

Matthäus: Dieser Vergleich wäre nur angebracht, wenn, wie im Theater, Generalprobe und Aufführung mit demselben oder einem ähnlichen Ensemble gespielt würden. Das wird erkennbar nicht der Fall sein.

DFB.de: Wie schwer wiegt beim Rückspiel jetzt das Fehlen der gesperrten Schweinsteiger und Martinez, zumal mit dem verletzten Thiago ein weiterer Leistungsträger im zentralen Mittelfeld ausfällt?

Matthäus: Jeder wichtige Spieler ist beim FC Bayern normalerweise anders, das heißt gleichwertiger ersetzbar als bei den meisten anderen Klubs in Deutschland und Europa. Wenn bei Dortmund Lewandowski ausfällt, dann ist er nicht zu ersetzen. Bei den Bayern ist zunächst einmal jeder Spieler ersetzbar, auch ein Bastian Schweinsteiger, dank der großen Qualität des gesamten Kaders. Nur: Wenn zu viele Spieler ausfallen, fehlt dem FC Bayern die Möglichkeit, während des Spiels an Qualität nachzulegen.

DFB.de: Das heißt?

Matthäus: Ich glaube, im Moment könnte für die Bayern das Problem darin bestehen, dass die Alternativen auf der Bank auf gleich hohem Niveau ausgehen. Eine erste Elf mit Kroos, Lahm und Götze oder Müller im Mittelefeld kann gegen Manchester erst einmal die gleiche Qualität ins Spiel bringen wie mit Thiago und/oder Schweinsteiger. Doch welche Möglichkeiten hätte Guardiola im Moment, müsste er einen dieser Spieler im Verlauf des Spiels auswechseln?

DFB.de: Daneben gibt es eine Systemdebatte: Geht Bayern mit einer echten oder einer falschen Neun, mit Mandzukic oder Götze beziehungsweise Müller ins Rückspiel?

Matthäus: Ich bin überzeugt, dass der FC Bayern mit Mandzukic beginnen wird. Weil er gerade in diesem Spiel gegen die Engländer eine stabile und gefährliche Anspielstation im Strafraum braucht, die die Bälle hält, verteilt und selbst torgefährlich ist - und die man auch mit hohen Bällen bedienen kann. Das erwies sich ja nach Mandzukic' Einwechslung in Manchester als vorteilhaft. Die Frage ist, wer dahinter spielen wird: Götze oder Müller?

DFB.de: Als die diesjährige K.o.-Phase in der Champions League begann, war die Bundesliga erstmals mit vier Mannschaften dabei. Eine Runde später kann sich nur noch der FC Bayern große Chancen auf den weiteren Verbleib in der Königsklasse machen. Hat die Bundesliga zu früh über das Überholmanöver gegen Spanien und England gejubelt?

Matthäus: Das Überholmanöver ist noch nicht gelungen. Die Bundesliga ist aber auf einem guten Weg. Es wird jedoch noch eine gewisse Zeit dauern, weil hinter Bayern und Dortmund Mannschaften an ihre Grenzen gestoßen sind. Wie Schalke gegen Real Madrid und Leverkusen gegen Paris St. Germain. Dass man gegen solche Hochkaräter auf der Strecke bleibt, ist nicht verwunderlich. Mich hat nur das Wie geärgert. Das Gesamtpaket Bundesliga kann sich in Europa auf hohem Niveau absolut sehen lassen. Nur ganz oben an der Spitze sind zwei andere Nationen noch ein bisschen stärker als wir mit Bayern München und Borussia Dortmund.

DFB.de: Wer ist im Moment Ihr Topfavorit auf den diesjährigen Gewinn der Champions League?

Matthäus: Zur Zeit machen Teams wie Real Madrid und Bayern München mit der Qualität ihrer Spieler und ihrer Spielweise den Unterschied aus. Atletico Madrid und Paris St. Germain würde ich aber nicht unterschätzen.

DFB.de: Haben Sie den FC Barcelona aus den Augen verloren?

Matthäus: Ich habe Barcelona bei dieser Aufzählung nicht außer Acht gelassen. Doch Barcelona ist nicht mehr das Barcelona der vergangenen drei, vier, fünf Jahre. Aber immer noch stark genug, um in der Champions League an der Spitze mitzuspielen.

DFB.de: Blicken wir zum Abschluss, Herr Matthäus, noch einen Schritt voraus. Joachim Löw wird wahrscheinlich mit sieben Bayern-Spielern zur WM in Brasilien reisen. Wie kann er darüber hinaus die aktuellen personellen Probleme lösen, die vor allem wegen Verletzungen alle Mannschaftsteile betreffen?

Matthäus: Die Mannschaft hat bei den letzten großen Turnieren unter Jogi Löw eine tolle Performance gezeigt und wird jetzt zu Recht zum Kreis der großen WM-Favoriten gezählt. Andererseits weiß aber Löw, dass er beim Blick auf die eine oder andere Position noch ein wenig Bauchschmerzen hat. Speziell bei den Außenverteidigern, vor allem, wenn er Philipp Lahm die Rolle des Sechsers überträgt. Und er wird zum Beispiel genau hinschauen, ob Klose und Gomez rechtzeitig wieder ihr volles Leistungsvermögen erreichen.

DFB.de: Löw wird demnach froh sein, wenn er sich nach einer beeindruckenden Münchner Saison auf das Gerüst erfolgreicher Bayern-Spieler verlassen kann?

Matthäus: Ich sage es mal so: Gündogan wäre sehr wichtig. Doch wird er es rechtzeitig schaffen? Ein Özil in Hochform? Ja! Ein uneingeschränkt wieder einsatzfähiger Khedira? Absolut ja! Auch weil Löw dann Lahm für eine der beiden Abwehraußenpositionen in der Hinterhand hätte. Doch Khedira braucht nach den guten Genesungsfortschritten in den nächsten Wochen vor allem Spielpraxis. Man kann nur hoffen, dass er diese bei Real Madrid, das sich ja in allen Wettbewerben in der heißen Phase und auch ohne Khedira auf dem Erfolgsweg befindet, in ausreichender Form bekommt. Im Moment spricht sicher nichts gegen sieben Bayern in der Anfangsformation bei der WM.

DFB.de: Was trauen Sie der deutschen Nationalmannschaft in Brasilien konkret zu?

Matthäus: Der DFB wird die Nationalmannschaft wie immer topvorbereitet und bestens organisiert in dieses WM-Turnier schicken. Doch ich sehe, abgesehen vom Klima und den großen Entfernungen, auf dem Weg zum großen Titel einige Stolpersteine für die Topfavoriten. Ich verweise auf Chile, auf Uruguay, auf Kolumbien und könnte noch drei, vier andere ganz starke Außenseiter nennen, die sicherlich nicht Weltmeister werden, aber dem einen oder anderen der großen Favoriten ein Bein stellen werden.

DFB.de: Wer wird also Weltmeister?

Matthäus: Natürlich hoffe ich auf Deutschland. Brasilien hat aber auf Grund des Heimvorteils und mit dem Erfolg beim Confederations Cup 2013 im Rücken ein klein wenig die Nase vorn gegenüber Deutschland, Spanien und Argentinien.