Marcel Schmelzer: "Die Bedingungen sind überragend"

Schmelzer: Wenn ich ehrlich bin, habe ich das genau verfolgt. Natürlich habe ich mir meine Gedanken gemacht, als die Bayern Rafinha für die rechte Seite geholt haben. Ich habe mich zwar auf mich und meine Leistung konzentriert, aber ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich nicht registriert hätte, dass Philipp im Laufe der Saison wieder auf die rechte Seite zurückgekehrt ist und David Alaba seine Sache auf der linken Seite sehr gut gemacht hat. Ich lasse mich jetzt überraschen, auf welcher Seite der Bundestrainer mit ihm für die EURO plant. Wenn es so sein sollte, dass Philipp auch bei der Nationalmannschaft als rechter Verteidiger spielt, dann möchte ich meine Chance, wenn ich sie bekommen, selbstverständlich nutzen.

DFB.de: Sonderlich viele „gelernte“ Linksverteidiger sind nicht im Kader. Können Sie der endgültigen Nominierung deswegen nicht eigentlich sehr gelassen entgegen blicken und das Training etwas entspannter sehen?

Schmelzer: Es liegt nicht in meinem Naturell, den Fuß vom Gas zu nehmen. Ich denke bestimmt nicht, dass ich eh dabei bin. Im Fußball kann sehr viel passieren. Es gibt keine Garantien, auch nicht dafür, dass ich meine Form halte. Ich werde deswegen in jedem Training versuchen, an die Grenze zu gehen und meine beste Leistung abzurufen.

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Meister, Meister, Pokalsieger, und zwischendrin: Nationalspieler. In den vergangenen zwei Jahre reihte sich für Marcel Schmelzer Höhepunkt an Höhepunkt. Der Dortmunder ist im Verein ein Leistungsträger, seit seinem Debüt kam er in der Nationalmannschaft bislang fünfmal zum Einsatz. Im Trainingslager in Südfrankreich hat der Linksverteidiger mit DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke über sein Selbstbewusstsein, seine Chancen in der Nationalmannschaft und das Finale der Champions League gesprochen.

DFB.de: Herr Schmelzer, heute Abend spielt der FC Chelsea im Finale der Champions League gegen den FC Bayern. Hat Chelsea Coach Roberto di Matteo schon bei Ihnen angerufen?

Marcel Schmelzer: Warum sollte er das tun?

DFB.de: Um sich zu erkundigen, wie man Arjen Robben aus dem Spiel nimmt.

Schmelzer: Ach so. (lacht) Nein, hat er nicht. Er würde auch keine Antwort bekommen, das wäre ja noch schöner. Ich würde bestimmt nichts tun, was den Bayern schaden könnte. Außerdem bin ich auch der falsche Ansprechpartner, wenn es darum geht, wie man Robben ausschaltet. Über weite Teile haben wir das in den vergangenen fünf Spielen gegen Bayern als Mannschaft geschafft.

DFB.de: Ist das Gewinnen gegen die Bayern mittlerweile Routine geworden?

Schmelzer: Die Spiele gegen die Bayern sind für uns mit den Derbys gegen Schalke die absoluten Highlights in der Bundesliga. Wir wissen, dass viele der besten Spieler der Bundesliga bei Bayern München spielen. Auf den Außenbahnen spielen mit Ribery und Robben zwei Spieler, die Weltklasse sind. Individuell sind die Bayern sehr stark, dass wir sie zuletzt häufig geschlagen haben, zeigt aber, dass individuelle Klasse alleine für Titel nicht mehr reicht. Wichtiger ist, dass das Team perfekt funktioniert. In den vergangenen zwei Jahren war das bei uns der Fall.

DFB.de: In der Bundesliga sind sie Konkurrenten, aber heute Abend sind Sie Bayern-Fan?

Schmelzer: Absolut. Auf nationaler Ebene sind wir Rivalen, aber international drücken wir natürlich den Bayern die Daumen. Ich würde mich sehr freuen, wenn Bayern die Champions League gewinnt.

DFB.de: So wie zuletzt im Jahr 2001, sie waren damals 13 Jahre alt. Erinnern Sie sich noch, wie Sie den Sieg des FC Bayern gegen Valencia erlebt haben?

Schmelzer: Ja, das weiß ich noch. Mein Bruder war damals Bayern-Fan. Wir hatten einen Fernseher in unserem Kinderzimmer, dort haben wir das Spiel gemeinsam geschaut. Wir durften lange wach bleiben, haben also auch beim Elfmeterschießen mitgefiebert und uns dann sehr gefreut, dass die Bayern gewonnen haben.

DFB.de: Heute vor dem Training hat sich Bundestrainer Joachim Löw kurz mit Ihnen unterhalten. Über was haben Sie geredet?

Schmelzer: Er hat sich erkundigt, wie mein körperlicher Zustand ist. Er wollte wissen, wie ich das Saisonfinale und die Feiern danach überstanden haben und wie fit ich schon wieder bin.

DFB.de: Welche Erwartungen haben Sie an das Trainingslager in Südfrankreich, für Sie ist es ja das erste Mal, dass Sie sich mit der Nationalmannschaft auf ein großes Turnier vorbereiten.

Schmelzer: Ich bin zunächst froh, dass ich auf Sardinien und hier dabei sein darf. Die Bedingungen sind überragend. Ich werde jedes Training dafür nutzen, dass ich meine Form halten kann und dann beim endgültigen 23er-Kader dabei bin.

DFB.de: Angeblich waren Sie ein wenig überrascht, als Hansi Flick Sie angerufen und Ihnen mitgeteilt hat, dass Sie für den vorläufigen EM-Kader nominiert worden sind?

Schmelzer: So habe ich das nicht gesagt. Ich habe nur gesagt, dass ich nicht zu 100 Prozent sicher war, man weiß schließlich nie. Und ich habe gesagt, dass ich mich sehr darüber gefreut habe, weil eine Nominierung für die EM keine Selbstverständlichkeit ist.

DFB.de: Hat Sie Ihnen noch einmal ein Selbstbewusstseinsschub gegeben?

Schmelzer: Wir sind Deutscher Meister geworden, haben den Titel verteidigt und das Double geholt. Diese Erfolge haben jedem Einzelnen von uns eine Menge Selbstvertrauen gegeben, natürlich auch mir. Die Tatsache, dass gleich fünf Dortmunder in den vorläufigen Kader berufen worden sind, zeigt die Wertschätzung des Bundestrainers für unsere Leistungen. Und natürlich gibt das noch mal einen Schub.

DFB.de: Sie sagen selber, dass das Selbstvertrauen ein wesentlicher Faktor für Ihre Leistungen ist. Selbstvertrauen beziehen Sie aus Siegen und guten Leistungen. Eine Art positiver Teufelskreis – je besser Sie spielen, je mehr Selbstbewusstsein haben Sie, was zu noch besseren Leistungen führt, die noch mehr Selbstbewusstsein folgen lassen.

Schmelzer: Kann man so sagen. Wer unsere Spiele gesehen hat, weiß, dass wir immer mit sehr breiter Brust auf den Platz gegangen sind. Wir sind von Woche zu Woche stärker geworden, es wurde für unsere Gegner immer schwerer, uns Paroli zu bieten.

DFB.de: Gibt es irgendetwas, das derzeit Ihr Selbstbewusstsein erschüttern könnte?

Schmelzer: Das sehe ich nicht, nein. Ich habe in Dortmund zwei phänomenale Jahre erlebt, die Zeit bei der Nationalmannschaft ist nun das i-Tüpfelchen. Aber die Krönung steht noch aus. Ich will unbedingt bei der EM dabei sein, dafür werde ich alles tun. Und ich weiß, dass ich mich nicht verstecken muss.

DFB.de: Wie aufmerksam haben Sie während der Saison die Positionswechsel von Philipp Lahm in München verfolgt. Der Kapitän spielte zunächst auf Ihrer Position des linken Verteidigers, wechselte dann aber auf die rechte Seite.

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Schmelzer: Wenn ich ehrlich bin, habe ich das genau verfolgt. Natürlich habe ich mir meine Gedanken gemacht, als die Bayern Rafinha für die rechte Seite geholt haben. Ich habe mich zwar auf mich und meine Leistung konzentriert, aber ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich nicht registriert hätte, dass Philipp im Laufe der Saison wieder auf die rechte Seite zurückgekehrt ist und David Alaba seine Sache auf der linken Seite sehr gut gemacht hat. Ich lasse mich jetzt überraschen, auf welcher Seite der Bundestrainer mit ihm für die EURO plant. Wenn es so sein sollte, dass Philipp auch bei der Nationalmannschaft als rechter Verteidiger spielt, dann möchte ich meine Chance, wenn ich sie bekommen, selbstverständlich nutzen.

DFB.de: Sonderlich viele „gelernte“ Linksverteidiger sind nicht im Kader. Können Sie der endgültigen Nominierung deswegen nicht eigentlich sehr gelassen entgegen blicken und das Training etwas entspannter sehen?

Schmelzer: Es liegt nicht in meinem Naturell, den Fuß vom Gas zu nehmen. Ich denke bestimmt nicht, dass ich eh dabei bin. Im Fußball kann sehr viel passieren. Es gibt keine Garantien, auch nicht dafür, dass ich meine Form halte. Ich werde deswegen in jedem Training versuchen, an die Grenze zu gehen und meine beste Leistung abzurufen.