Marcel Avdic: Ballzauberer mit Hang zur Defensive

Noch ist allerdings offen, wie es für Marcel Avdic im Sommer weitergeht, da sein Vertrag zum Saisonende ausläuft. "Ich kann mir einen Verbleib in Unterhaching sehr gut vorstellen", sagt der Techniker. Sein großes Ziel verliert er aber nicht aus den Augen: "Ich möchte mich in den nächsten Jahren kontinuierlich weiterentwickeln und langfristig den Sprung in eine höhere Liga schaffen." Argumente dafür kann er inzwischen nicht nur mit seinen Videos im Internet liefern.

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Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht, zuletzt Alexander Esswein oder Bernd Leno: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor - die Serie aus der Vorsaison wird fortgesetzt. Im heutigen Serienteil: Marcel Avdic von der SpVgg Unterhaching.

Mit dem Ball macht Marcel Avdic vom Drittligisten SpVgg Unterhaching so schnell keiner etwas vor. Die Kugel minutenlang hochhalten, den Ball auf dem Kopf oder der Schulter balancieren und dabei noch lässig gucken. Für den 20-Jährigen ist das nahezu ein Kinderspiel, wie er in einem von zahlreichen Videos im Internet zeigt. "Das trainiere ich schon, seit ich denken kann. Meine gute Technik hilft mir auch im Spiel weiter. So fällt es mir in Eins-gegen-Eins-Situation oft leichter, am Gegenspieler vorbeizugehen“, sagt der Mittelfeldspieler im Gespräch mit DFB.de nicht ohne Stolz.

Auch dank der starken Leistungen von Marcel Avdic, der mit sieben Saisontreffern einer der torgefährlichsten Mittelfeldspieler der 3. Liga ist, haben sich die Hachinger vor der wichtigen Auswärtspartie beim direkten Abstiegskonkurrenten SV Darmstadt 98 am Samstag (ab 14 Uhr) eine ordentliche Ausgangsposition im Rennen um den Klassenverbleib erarbeitet. "Wir müssen den Schwung vom Pokalspiel gegen Regensburg jetzt in die Liga mitnehmen. Es liegt in unserer eigenen Hand", betont der Flügelflitzer, dessen dynamische Spielweise ihm bei seinen Mannschaftskollegen den Spitznamen "Power-Marcel" eingebracht hat.

Noch zwei Siege bis zur großen Bühne DFB-Pokal

Neben dem Klassenverbleib verfolgt Ballzauberer Marcel Avdic mit dem Verein aus Oberbayern in dieser Saison noch ein weiteres nicht ganz unwichtiges Ziel: Die erneute Qualifikation für die erste DFB-Pokal-Hauptrunde, wo ein lukrativer Gegner aus der 1. oder 2. Bundesliga wartet. Von der Teilnahme sind die Hachinger nach dem jüngsten 3:2 im Landespokal-Viertelfinale gegen den Ligakonkurrenten SSV Jahn Regensburg nur noch zwei Siege entfernt. "Der Pokalwettbewerb hat schon einen besonderen Reiz", sagt der Fachabiturient mit leuchtenden Augen.

An den DFB-Pokal und die große Bühne haben Unterhaching und Marcel Avdic schließlich noch gute Erinnerungen. In der ersten Hauptrunde der laufenden Saison war den Bayern gegen den favorisieren Bundesligisten SC Freiburg (3:2) eine Sensation gelungen. "Das war etwas ganz Besonderes", schwärmt Avdic auch heute noch. Die Freude über die große Überraschung konnte auch die deutliche Niederlage gegen den Zweitligisten VfL Bochum (1:4) in Runde zwei nicht groß trüben.

Vom Bankdrücker zum Leistungsträger

Noch vor einem Jahr hatten wohl die wenigsten Beobachter Marcel Avdic, der im Juli 2010 aus der A-Jugend des Karlsruher SC gekommen war, eine Rolle als Stammspieler bei den Hachingern zugetraut. In der vergangenen Saison war der gebürtige Stuttgarter mit bosnisch-herzegowinischen Wurzeln lediglich auf 14 Kurzeinsätze gekommen. "Es war meine erste Station im Seniorenfußball. Da habe ich mich etwas schwer getan und war auch nicht immer ganz bei der Sache", gibt der Mittelfeldmann im Rückblick ehrlich zu.

Auf dem Platz hatte Marcel Avdic in dieser Zeit vor allem die Defensivarbeit einige Probleme bereitet. "Es war schon in der Jugend schwer, ihn davon überzeugen, dass das Fußballspiel nicht vorbei ist, wenn der Gegner im Ballbesitz ist", erinnert sich Avdics ehemaliger Verbandssportlehrer Roland Reichel.

Doch während der vergangenen Sommervorbereitung hat es bei Marcel Avdic endgültig "Klick" gemacht. "Ich habe eingesehen, dass ich meine Spielweise umstellen muss und deshalb viel im taktischen Bereich gearbeitet. Unser Trainer Heiko Herrlich hat mir sehr dabei geholfen", erklärt der begnadete Techniker. Hilfe bekam der 20-Jährige auch von Mijo Tunjic, mit dem er bereits in Stuttgart die Schulbank gedrückt hatte. "Mijo und ich haben uns schon immer gut verstanden." Das harte Training zahlte sich aus: Avdic entwickelte sich zum Leistungsträger und kam in 28 von 31 Partien zum Einsatz: "Ich weiß nun, dass die Defensivarbeit auch für Offensivspieler wichtig ist."

Kicken bei den Kickers - wie Papa Samir

Die Liebe zum Fußball hatte Marcel Avdic vor allem durch seinen Vater Samir entdeckt, der früher selbst für die Stuttgarter Kickers gespielt hatte. "Da war der Eintritt in den Verein quasi vorprogrammiert. Es war aber von Anfang an auch mein eigener Wunsch", sagt der Mittelfeldspieler mit einem Lächeln. Im Alter von sechs Jahren wurde er von seinen Eltern Erika und Samir beim TSV Mühlhausen, einem kleinen Verein in Stuttgart, angemeldet.

Doch sein Talent blieb in der Landeshauptstadt von Baden-Württemberg nicht lange unentdeckt. So waren 2004 mit dem VfB Stuttgart und den Stuttgarter Kickers die beiden größten Vereine der schwäbischen Metropole auf Marcel Avdic aufmerksam geworden. Der Rechtsfuß wählte - wie Papa Samir - den Traditionsverein aus dem Stuttgarter Stadtteil Degerloch: "Bei den Kickers habe ich eine bessere Perspektive für mich gesehen."

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Eliteschüler "Zizoudinho"

In den vier Jahren bei den Kickers erwarb Marcel Avdic, der in Anlehnung an seine beiden Vorbilder Zinedine Zidane und Ronaldinho "Zizoudinho" genannt wurde, außerdem an der Johann-Friedrich-von-Cotta-Schule, einer DFB-Eliteschule, sein Fachabitur und wurde am DFB-Stützpunkt in Weilimdorf, einem Stadtbezirk im Nordwesten Stuttgarts, intensiv gefördert.

"Das zusätzliche Training hat mir extrem weitergeholfen", erzählt der Mittelfeldspieler, der über die A-Jugend des Karlsruher SC (2008 bis 2010) vor rund zwei Jahren nach Unterhaching kam. Verbandssportlehrer Reichel spricht in den höchsten Tönen von seinem ehemaligen Schützling: "Marcel ist durch seinen Spielwitz und seine herausragende Technik unberechenbar. Ich glaube, dass er mindestens noch eine Klasse nach oben wandern kann."

Noch ist allerdings offen, wie es für Marcel Avdic im Sommer weitergeht, da sein Vertrag zum Saisonende ausläuft. "Ich kann mir einen Verbleib in Unterhaching sehr gut vorstellen", sagt der Techniker. Sein großes Ziel verliert er aber nicht aus den Augen: "Ich möchte mich in den nächsten Jahren kontinuierlich weiterentwickeln und langfristig den Sprung in eine höhere Liga schaffen." Argumente dafür kann er inzwischen nicht nur mit seinen Videos im Internet liefern.