Manuel Neuer: "Ich brauche immer Titel, dafür spiele ich Fußball"

Für Neuer ist die Ambition dennoch klar: "Wir wollen um den Titel mitspielen, und wir werden auch alles dafür geben." Die Halbfinalteilnahmen bei der Weltmeisterschaft 2010 und der EM 2012 seien keine schlechte Bilanz, aber Neuer will mehr. "Zufrieden bin ich erst, wenn wir mit dem Cup nach Hause kommen."

[sl]


Die große Revolution war befürchtet, kleine Änderungen waren angekündigt worden. Und tatsächlich? Ist unter Pep Guardiola beim FC Bayern nicht vieles nagelneu, aber doch einiges um mehr als nur Nuancen neujustiert. Neue Positionen, neue Laufwege, neue Spieler, neue Möglichkeiten. Von alldem kaum betroffen ist die Position, die im Gefüge aller Mannschaften eine Sonderrolle einnimmt: der Torhüter. Ob ein Team mit Dreierkette spielt, mit Viererkette, mit flacher Vier, Doppelsechs oder falscher Neun - den Torhüter tangieren die Transformationen am wenigsten. Richtig?

Irrtum. Im Interview mit der Sport Bild beschreibt Manuel Neuer, wie sehr auch sein Spiel vom neuen Trainer beeinflusst ist. "Wir versuchen unter Guardiola, den Ball kontrollierter hintenraus zu spielen und weniger mit langen Bällen zu agieren", sagt Neuer. "Vergangene Saison war es oft so, dass wir auf Nummer sicher gegangen sind und mit einem weiten hohen Ball nach vorne Mario Mandzukic gesucht haben." In dieser Spielzeit ist das Spiel der Bayern anders gelagert - und der Torhüter als Passgeber noch mehr in den Spielaufbau eingebunden. "Ich werde mehr als Torwart gesucht und darf den Aufbau mit einleiten", sagt er.

Das ist gut für das Spiel der Mannschaft, aber auch hilfreich für Neuers unmittelbar torwartspezifische Aufgaben. Die große Schwierigkeit für ihn als Bayern-Torwart - für die Nationalmannschaft gilt dies genauso - besteht darin, trotz weniger Prüfungen über 90 Minuten konzentriert zu bleiben. Wenn die Bayern eine Partie dominieren, wenn der Gegner selten in der Hälfte der Bayern vordringt, besteht die Gefahr, dass Neuers Konzentration nachlässt. Deswegen freut er sich darüber, dass er mittlerweile als eine Art Libero fungiert. "Für mich ist das einfacher, weil ich dadurch mehr im Spiel bin", sagt er. "Das tut meiner Leistung gut."

Guardiola über Neuer: "Einer der Besten der Geschichte"

So gut, dass sein Trainer ihm ein Kompliment macht, das im Reigen der vielen Komplimente heraussticht. Als einer der weltbesten Torhüter wurde er oft bezeichnet, mitunter auch als der weltbeste. Sir Alex Ferguson hat nach einem Spiel mit Manchester gegen Schalke 04 einmal gesagt, dass Neuers Auftritt die beste Torhüterleistung gewesen sei, die er jemals gesehen habe.

Und Guardiola? Der sagt über Neuer: "Er ist einer des besten Torhüter der Fußballgeschichte." Und was sagt Neuer? Mit dieser Aussage konfrontiert, antwortet Deutschlands Nummer eins mit einer Mischung aus Skepsis und Freude: "Das hat er wirklich gesagt?! Also mir persönlich sagte er das bisher noch nicht."

Neuer hat gelacht bei dieser Aussage, er weiß durchaus, dass Guardiola eine sehr hohe Meinung von ihm hat. Umgekehrt gilt dies genauso. "Ich weiß ja, dass Pep Guardiola auf den Spielstil steht, so wie ich ihn auf der Torwartposition interpretiere", sagt der Nationalkeeper. "Am Ende mache ich ja nur das, was er verlangt und für die Mannschaft erforderlich ist. Aber dadurch, dass er meinen Stil mag und ihn fördert, gibt er mir das Vertrauen, das es mir ermöglicht, meine Leistung zeigen zu können."

Neuer: "Wir wollen um den WM-Titel mitspielen"

Bei den Bayern gelingt Neuer dies mit beeindruckender Konstanz, in der Nationalmannschaft ist es nicht anders. Aber anders als mit den Bayern, hat Neuer mit der Nationalmannschaft noch keine Titel gewonnen. Zeit, dies zu ändern? Muss "einer der besten Torhüter der Fußballgeschichte" nicht auch mit seinem Land Titel gewinnen, um dieses Prädikat zu rechtfertigen? Neuer sagt: "Ich kann das nur für mich beantworten, und da sage ich klar: Ich brauche immer Titel. Dafür spiele ich Fußball."

Neuer ist aber klug genug, um zu wissen, dass es für einen WM-Titel niemals eine Garantie geben kann. "Wir wissen natürlich, dass es in Brasilien nicht einfach wird", sagt er. "Beim Confed Cup hat man ja schon gesehen, dass die Brasilianer in ihrer Heimat ganz anders spielen als zuletzt in Südafrika oder in Deutschland."

Für Neuer ist die Ambition dennoch klar: "Wir wollen um den Titel mitspielen, und wir werden auch alles dafür geben." Die Halbfinalteilnahmen bei der Weltmeisterschaft 2010 und der EM 2012 seien keine schlechte Bilanz, aber Neuer will mehr. "Zufrieden bin ich erst, wenn wir mit dem Cup nach Hause kommen."