Durch immer neue Doping-Anschuldigungen aus verschiedenen Bereichen des Sportes sieht Prof. Wilfried Kindermann als Chefmediziner der deutschen Olympiamannschaft die Gefahr, dass
der ganze Sport in Verruf kommt. Der frühere Chefarzt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, aktuelles Mitglied der Medizinischen Komission und der Antidopingkomission des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), fordert nach Peter Neururers Doping-Vorwürfen im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (sid) Konsequenzen gegen den Trainer durch den DFB, falls er nicht Ross und Reiter nennen kann.
Frage: Herr Professor Kindermann, was sagen Sie zur Aussage von
Trainer Peter Neururer, Ende der 80er Jahre hätten sich rund 50
Prozent der Bundesligaspieler mit das Amphetamin Captagon gedopt?
Prof. Wilfried Kindermann: Wenn er mitbekommen hat, dass
Spieler Captagon nahmen, hat er sich schuldig gemacht. Er hätte
dies melden müssen. Und es wäre ein Hammer, wenn es stimmen sollte,
dass Ende der 80er Jahre 50 Prozent der Spieler dieses Mittel
genommen hätten. Das muss er beweisen. Sonst sehe ich Probleme für
Peter Neururers Zukunft als Trainer.
Frage: Der DFB hat Peter Neururer bereits schriftlich gebeten,
Namen und Fakten zu nennen. Ist er nun allein gefordert?
Kindermann: Der DFB muss einschreiten. Und ich sehe noch von
anderer Seite was auf Peter Neururer zukommen. Auch Schalke 04 muss
ihn auffordern, seine Vorwürfe zu konkretisieren.
Frage: Sie wurden nach dem deutschen WM-Triumph 1990 als
Nachfolger von Heinz Liesen Chefmediziner im DFB. Haben Sie damals
etwas von Dopingmissbrauch mitbekommen?
Kindermann: Zu meiner Zeit wurde ich nie von Spielern nach
Dopingmitteln gefragt, und ich hatte nie das Gefühl, dass da was an
mir vorbeiläuft.
Frage: Gab es damals überhaupt Kontrollen, die den Einsatz von
Captagon hätten nachweisen können?
[bild1]
Durch immer neue Doping-Anschuldigungen aus verschiedenen Bereichen des Sportes sieht Prof. Wilfried Kindermann als Chefmediziner der deutschen Olympiamannschaft die Gefahr, dass
der ganze Sport in Verruf kommt. Der frühere Chefarzt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, aktuelles Mitglied der Medizinischen Komission und der Antidopingkomission des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), fordert nach Peter Neururers Doping-Vorwürfen im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (sid) Konsequenzen gegen den Trainer durch den DFB, falls er nicht Ross und Reiter nennen kann.
Frage: Herr Professor Kindermann, was sagen Sie zur Aussage von
Trainer Peter Neururer, Ende der 80er Jahre hätten sich rund 50
Prozent der Bundesligaspieler mit das Amphetamin Captagon gedopt?
Prof. Wilfried Kindermann: Wenn er mitbekommen hat, dass
Spieler Captagon nahmen, hat er sich schuldig gemacht. Er hätte
dies melden müssen. Und es wäre ein Hammer, wenn es stimmen sollte,
dass Ende der 80er Jahre 50 Prozent der Spieler dieses Mittel
genommen hätten. Das muss er beweisen. Sonst sehe ich Probleme für
Peter Neururers Zukunft als Trainer.
Frage: Der DFB hat Peter Neururer bereits schriftlich gebeten,
Namen und Fakten zu nennen. Ist er nun allein gefordert?
Kindermann: Der DFB muss einschreiten. Und ich sehe noch von
anderer Seite was auf Peter Neururer zukommen. Auch Schalke 04 muss
ihn auffordern, seine Vorwürfe zu konkretisieren.
Frage: Sie wurden nach dem deutschen WM-Triumph 1990 als
Nachfolger von Heinz Liesen Chefmediziner im DFB. Haben Sie damals
etwas von Dopingmissbrauch mitbekommen?
Kindermann: Zu meiner Zeit wurde ich nie von Spielern nach
Dopingmitteln gefragt, und ich hatte nie das Gefühl, dass da was an
mir vorbeiläuft.
Frage: Gab es damals überhaupt Kontrollen, die den Einsatz von
Captagon hätten nachweisen können?
Kindermann: Amphetamine und Stimulanzien standen als
klassische Dopingsubstanzen seit Olympia 1972 in München auf der
Liste der verbotenen Substanzen. Diese wurde seit Ende der 70er
Jahre vom DFB übernommen. Seit 1988/89 gibt es beim DFB
Dopingkontrollen.
Frage: Für wie realistisch halten Sie den Einsatz von Captagon
vor Ihrer Zeit?
Kindermann: Fußball ist keine dopingfreie Zone. Doch an
systematisches Doping in den 80er Jahren zu glauben, fällt mir
schwer.
Frage: Wie wirkt dieses Mittel?
Kindermann: Diese Stimulanz macht aggressiv und bissig, damit
kann ein Fußballer durchaus bis zur Erschöpfung an der Linie hoch
und runter rennen. Die Ermüdung wird ohne Zweifel hinausgezögert.
Aber die Chance, erfolgreich zu dopen, ist im Fußball geringer als
beispielsweise im Radsport, wo Doping mit hoher Wahrscheinlichkeit
beispielsweise bei einer Bergetappe eine Reihe von Plätzen bringen
kann.
Frage: Welches Risiko geht ein Spieler ein, der Captagon nimmt?
Kindermann: Captagon ist eine Wettkampf-Droge. Damit geht man
ein sehr hohes Risiko ein. Das war früher sicher geringer, weil
damals viel weniger kontrolliert wurde als heute. Das
gesundheitliche Risiko müsste eigentlich bekannt sein, denn es gibt
Todesfälle von Sportlern, die mit Amphetaminen gedopt haben.
Frage: Die Dopingdiskussion greift seit den Enthüllungen im
Radsport immer mehr um sich. Gibt es aus Ihrer Sicht Sportarten,
die nicht im Verdacht stehen, dass dort gedopt wird?
Kindermann: Es gibt dopinganfällige und weniger
dopinganfällige Sportarten. Das hängt zusammen mit der Wirksamkeit
der Dopingsubstanzen. Aber wenn man diese nennt, kommt man schon
fast in den Verdacht, man wolle sie bewusst aus dieser Diskussion
heraushalten. Ich sehe derzeit den Trend, dass Sportart auf
Sportart reingezogen wird. Dies bringt den ganzen Sport in Verruf.
Pauschale Verdächtigungen bringen uns nicht weiter, wenn man nicht
bereit ist, Namen zu nennen.