Magath: "Talentförderung zahlt sich jetzt aus"

Frage: Wie sehen Sie die Konstellation im Sturm?

Magath: Auf dieser Position war Joachim Löw ja zuletzt des Öfteren gezwungen, aufgrund von Formschwächen der Kandidaten zu wechseln. Ich bin ganz froh, dass ich nicht diese Entscheidung treffen muss. Denn bei allen Schwan­kungen unserer Stürmer hat der Trainer weiterhin eine ganze Reihe exzellenter Angreifer zur Verfügung. Neben Lukas Podolski, Miroslav Klose und Mario Gomez hat sich ja auch Stefan Kießling von Bayer Leverkusen aufgedrängt.

Frage: Im Juniorenbereich feierte der DFB in den vergangenen beiden Jahren große Erfolge, unter anderem gab es drei Europameistertitel zu bejubeln. Steht Deutschland eine goldene Zukunft bevor?

Magath: Ich bin überzeugt, dass im Juniorenbereich in den Vereinen bessere Arbeit geleistet wird als noch vor einigen Jahren. Das liegt vor allem am DFB, der diese Entwicklung mit vielen Vorgaben und Auflagen gefördert hat. Das zahlt sich langsam aus. Man darf aber nicht den Fehler machen, zu glauben, dass Titel in den U-Mannschaften automatisch Titel im Seniorenbereich nach sich ziehen. Darum sehe ich die gewonnenen Europameister­schaften zwar als schöne Erfolge an, halte es aber für wichtiger, die Entwicklung der jungen Spieler zu fördern.

Frage; Sind Titel für die Entwicklung der Spieler nicht wichtig, weil sie sehen, dass die Arbeit auch zu Erfolgen führt?

Magath: Es ist immer gut, wenn man sieht, dass Anstrengungen belohnt werden. Es wäre aber zu kurz gedacht, alles an Titeln festzumachen und beispielsweise nach einem knapp verlorenen Finale alles zu verdammen. Es ist verkehrt zu glauben, dass gewonnene Titel automatisch bedeuten, dass wir Topspieler haben. Ebenso wenig ist der Umkehrschluss zulässig. Man muss schon genauer hinsehen.

Frage: Als Schalke-Trainer haben Sie zuletzt überrascht, indem Sie mit Christoph Moritz, Lukas Schmitz und auch Joel Matip junge, weitgehend unbekannte Talente einsetzten. War es nicht riskant, dafür etablierte Spieler auf die Bank zu setzen?

Frage: Mir kommt es nicht darauf an, ob ein Spieler etabliert ist oder nicht. Die genannten Spieler haben mich im Training überzeugt und haben sich ihre Einsätze verdient. Das sind gute Jungs.



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Nach dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft mit dem VfL Wolfsburg in der vergangenen Saison wechselte Felix Magath zu Schalke 04. Bereut hat er den Schritt noch nie. Mit jungen, weitgehend unbekannten Talenten lässt er in der Bundesliga erfolgreichen Fußball spielen. Und Erfolge traut Magath auch der Nationalmannschaft zu.

Im Interview mit dem Journalisten Lars Wallrodt spricht er auf DFB.de über die deutschen Chancen bei der WM und die Parallelen zwischen Fußball und seinem Hobby Schach. Außerdem erklärt Magath, warum er als Trainer einer Frauen-Fußballmannschaft wahrscheinlich nicht geeignet wäre.

Frage: Felix Magath, die deutsche Nationalmannschaft hat sich ohne Niederlage für die WM 2010 qualifiziert. Wie bewerten Sie diese Leistung insgesamt?

Felix Magath: Es war eine enge Qualifikation, weil die Russen eine gute Rolle in der deutschen Gruppe gespielt haben. Aber das war zu erwarten, sie haben eine starke Mannschaft. Die entscheidende Partie in Russland hätte Deutschland vom Spielverlauf her auch verlieren können. Insofern ist es eine sehr beachtliche Leistung, dass die Mannschaft von Bundestrainer Löw diese Qualifikation ohne Niederlage abgeschlossen hat. Dafür spricht auch, dass außer den beiden Ländern keine andere Nation in der Gruppe eine Rolle gespielt hat.

Frage:Ist Deutschland damit automatisch in einer Favoritenrolle für die Weltmeisterschaft?

Magath:Die Mannschaft hat ihr Gesicht im Vergleich zu 2008, als sie Zweiter bei der Europameisterschaft wurde, nicht wesentlich verändert. Sie hat also schon bewiesen, dass sie auf höchstem Niveau mithalten kann. Wenn man allerdings auf die WM-Qualifikation blickt, muss man sagen, dass Europameister Spanien oder England noch beeindruckender aufgetreten sind. Dazu werden sich bestimmt noch die Italiener gesellen, die traditionell stark sind, und natürlich die üblichen Verdächtigen aus Südamerika, an erster Stelle Brasilien. Ich denke, dass Deutschland nicht der große Favorit ist, aber wann waren wir das schon mal? Wir müssen uns in der Zeit, die noch bleibt, weiter steigern. Dann wird, davon bin ich überzeugt, unsere Mannschaft wieder eine gute Rolle spielen können.

Frage: Wo gibt es die größten Steigerungsmöglichkeiten?

Frage: Das weiß Joachim Löw besser als ich. Ich denke, in Russland hat jeder gesehen, dass wir hinten noch stabiler werden müssen. Aber das waren natürlich auch spezielle Voraussetzungen, Deutschland musste das Spiel ja nicht auf Teufel-komm-raus gewinnen. Insgesamt muss die Mannschaft noch homogener werden, eingespielter. Aber das kriegt Joachim Löw hin, da bin ich mir sicher.

Frage: Wie sehen Sie die Konstellation im Sturm?

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Magath: Auf dieser Position war Joachim Löw ja zuletzt des Öfteren gezwungen, aufgrund von Formschwächen der Kandidaten zu wechseln. Ich bin ganz froh, dass ich nicht diese Entscheidung treffen muss. Denn bei allen Schwan­kungen unserer Stürmer hat der Trainer weiterhin eine ganze Reihe exzellenter Angreifer zur Verfügung. Neben Lukas Podolski, Miroslav Klose und Mario Gomez hat sich ja auch Stefan Kießling von Bayer Leverkusen aufgedrängt.

Frage: Im Juniorenbereich feierte der DFB in den vergangenen beiden Jahren große Erfolge, unter anderem gab es drei Europameistertitel zu bejubeln. Steht Deutschland eine goldene Zukunft bevor?

Magath: Ich bin überzeugt, dass im Juniorenbereich in den Vereinen bessere Arbeit geleistet wird als noch vor einigen Jahren. Das liegt vor allem am DFB, der diese Entwicklung mit vielen Vorgaben und Auflagen gefördert hat. Das zahlt sich langsam aus. Man darf aber nicht den Fehler machen, zu glauben, dass Titel in den U-Mannschaften automatisch Titel im Seniorenbereich nach sich ziehen. Darum sehe ich die gewonnenen Europameister­schaften zwar als schöne Erfolge an, halte es aber für wichtiger, die Entwicklung der jungen Spieler zu fördern.

Frage; Sind Titel für die Entwicklung der Spieler nicht wichtig, weil sie sehen, dass die Arbeit auch zu Erfolgen führt?

Magath: Es ist immer gut, wenn man sieht, dass Anstrengungen belohnt werden. Es wäre aber zu kurz gedacht, alles an Titeln festzumachen und beispielsweise nach einem knapp verlorenen Finale alles zu verdammen. Es ist verkehrt zu glauben, dass gewonnene Titel automatisch bedeuten, dass wir Topspieler haben. Ebenso wenig ist der Umkehrschluss zulässig. Man muss schon genauer hinsehen.

Frage: Als Schalke-Trainer haben Sie zuletzt überrascht, indem Sie mit Christoph Moritz, Lukas Schmitz und auch Joel Matip junge, weitgehend unbekannte Talente einsetzten. War es nicht riskant, dafür etablierte Spieler auf die Bank zu setzen?

Frage: Mir kommt es nicht darauf an, ob ein Spieler etabliert ist oder nicht. Die genannten Spieler haben mich im Training überzeugt und haben sich ihre Einsätze verdient. Das sind gute Jungs.

Frage: Auf Schalke sind Sie seit Sommer unter Vertrag. Wie sind Ihre Eindrücke?

Magath: Die Stimmung im Stadion ist sensationell. Hier findet ein Spektakel statt, wie ich es selten erlebt habe. Da kommt uns auch zugute, dass die Arena geschlossen werden kann. Das erzeugt eine Atmosphäre, wie sie in offenen Stadien kaum zu finden ist.

Frage: Es ist also etwas dran am Mythos Schalke?

Magath: Absolut. Es gibt kaum eine Stadt, in der der Fußball und der heimische Verein so eine große Bedeutung haben wie hier. Das merke ich seit dem ersten Tag auf Schalke.

Frage: Sie zogen es vor, in Gelsenkirchen zu arbeiten, statt beim VfL Wolfsburg zu bleiben, mit dem Sie in der vergangenen Saison Deutscher Meister wurden. Warum haben Sie sich für diesen Schritt entschieden?

Magath: Natürlich hätte ich es leichter gehabt, wenn ich in Wolfsburg geblieben wäre. Aber diese Herausforderung hier auf Schalke ist genau das, was ich gesucht habe. Nur mit schwierigen Aufgaben entwickelt man sich weiter.

Frage: An Herausforderungen scheint es nicht zu mangeln. Alle Welt spricht von Schalkes Schulden.

Magath: Es ist richtig, dass der Verein nicht auf Rosen gebettet ist. Das wusste ich aber, als ich hier zugesagt habe. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die Probleme in den Griff bekommen.

Frage: 2011 ist in Deutschland die Frauen-WM. Der Kartenverkauf hat gerade begonnen. Haben Sie sich auch schon Tickets gesichert?

Magath: Nein, noch nicht. Ich bin aber zuversichtlich, dass ich welche bekomme, wenn ich mir Spiele ansehen möchte.

Frage: Werden Sie das tun?

Magath: Wenn ich zu dieser Zeit im Lande bin – warum nicht? Der Frauenfußball hat sich positiv entwickelt. Ich gebe zu, dass ich früher wenig damit anfangen konnte. Aber mittlerweile ist das Niveau sehr beachtlich.

Frage: Trauen Sie sich zu, auch mal ein Frauenteam zu trainieren?

Magath: Mit dem Gedanken habe ich mich ehrlich gesagt noch nicht beschäftigt. Ich weiß nicht, ob meine manchmal etwas emotionale Art mit einer Damenmannschaft kompatibel ist.

Frage: Bei Herrenmannschaften kommt sie hingegen offenbar gut an, Sie haben in den vergangenen fünf Jahren drei Meistertitel geholt. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?

Magath: Da gibt es kein Geheimnis. Es ist ja bekannt, dass ich unter anderem auf Disziplin und eine gute Fitness bestehe. Ich fordere von meinen Spielern, dass sie sich ganz auf ihren Beruf als Fußballprofi konzentrieren. Wenn sie das tun, haben sie bei mir alle Chancen.

Frage: Dafür müssen sie allerdings auch harte Trainingseinheiten ertragen …

Magath: Natürlich lasse ich hart trainieren. Aber vergleichen Sie doch mal den Alltag eines Fußballprofis mit dem eines Arbeiters, der acht Stunden malocht. Nein, ein Spieler kann sich über zu viel Arbeit wahrlich nicht beklagen.

Frage: Kommen Sie bei Ihrer Dreifachbelastung als Trainer, Manager und Vorstandsmitglied bei Schalke überhaupt noch zu Ihrem Hobby, dem Schachspiel?

Frage: Nein, leider kaum noch. Von den Spielern spielen leider kaum welche Schach, sonst könnte man im Trainingslager mal eine Partie spielen.

Frage: Was fasziniert Sie an dem Spiel?

Magath: Was auf dem Schachbrett passiert, lässt sich auch gut auf den Fußball anwenden. Auch beim Schach treffen zwei Mannschaften in einem abgegrenzten Feld aufeinander. Und wie beim Fußball geht es auch im Schach darum, den Gegner zu kontrollieren, zum Beispiel, indem man das Zentrum erobert und den Gegenüber auf die Außen drängt. Man kann viele Schlüsse aus dem Schachspiel ziehen und auf den Fußball übertragen.