Lukas Podolski: "Es ist nie selbstverständlich, dabei zu sein"

Stolzer zweifacher Papa, stolzer 128-maliger Nationalspieler. Und sieben auf einen Streich. Nach EM 2004, WM 2006, EM 2008, WM 2010, EM 2012 und WM 2014 erlebt Lukas Podolski (31) sein nächstes großes Turnier in der Nationalmannschaft. Der Stürmer von Galatasaray Istanbul steht vor seiner vierten EM. Mit DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke spricht er über die vergangenen zwölf Jahre und die kommenden vier Wochen.

DFB.de: Herr Podolski, herzlichen Glückwunsch zur Geburt Ihrer Tochter Maya.

Lukas Podolski: Vielen Dank!

DFB.de: Bundestrainer Jogi Löw hat Ihnen noch einen Tag Babyurlaub gewährt. Hatten Sie ihn darum gebeten?

Podolski: Er hat mir das angeboten, und ich habe es gerne angenommen. Dafür will ich mich bei ihm auch bedanken. Es gibt Wichtigeres als Fußball. Für mich war es toll, noch ein wenig länger zu Hause bleiben zu können. Ich war jetzt einen Tag weniger im Training, aber entscheidend ist das nicht. Jogi Löw weiß, dass er sich auf mich verlassen kann.

DFB.de: Wie schwer fällt es Ihnen in dieser Konstellation, mit Kopf und Herz zu 100 Prozent bei der Nationalmannschaft zu sein?

Podolski: Ich kenne die Situation schon von meinem ersten Kind. Louis kam 2008 kurz vor der Europameisterschaft in der Schweiz und Österreich zur Welt. Der Abschied von Zuhause ist natürlich schwer, aber wenn man dann erstmal bei der Mannschaft ist, ist das fast vergessen. Der Fußball ist mein Beruf, da gehört das dazu. Ich bin immer gerne beim DFB, das gilt für die Vergangenheit genauso wie für heute. Natürlich denke ich viel an meine Familie, mein Fokus auf die EM leidet darunter aber nicht.

DFB.de: Sie müssten aktuell gar nicht wissen wohin vor lauter Glückshormonen. Wir zählen mal auf: Türkischer Pokalsieger mit Galatasaray, Schütze des Siegtores im Finale, Nominierung für die EM, Geburtstag, Geburt Ihrer Tochter. Es muss sich gerade ziemlich gut anfühlen, Lukas Podolski zu sein. Sind Sie in diesen Tagen noch positiver, als Sie dies ohnehin für gewöhnlich sind?

Podolski: Ich kann mich nicht beklagen. Es ist immer besser, wenn man mit erfreulichen Erlebnissen zur Mannschaft kommt. Ich bin aber grundsätzlich ein positiver Typ, das gilt jetzt nicht mehr als sonst.

DFB.de: Sie stehen vor Ihrer vierten EM. War das für Sie vorstellbar, als Sie im Jahr 2004 Ihre erste Europameisterschaft gespielt haben?

Podolski: Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht, aber wahrscheinlich hätte ich es nicht ausgeschlossen. Warum auch? Man weiß ja nie, was passiert. Aber natürlich bin ich sehr stolz darauf. Inklusive der Weltmeisterschaften bin ich jetzt bei meinem siebten Turnier dabei, darauf bin ich stolz. Die Erfahrungen, die ich dabei gemacht habe, die Reisen, die Spiele, die vielen Eindrücke – das ist überragend, und das wird mir keiner mehr nehmen.

DFB.de: Wir wollen mit Ihnen zurückgehen zu den Anfängen. Im Jahr 2004 wurden Sie gemeinsam mit Bastian Schweinsteiger von Rudi Völler aus der U 21 zum A-Team geholt. Wissen Sie noch, wie es sich angefühlt hat, zum ersten Mal zur A-Mannschaft zu fahren?

Podolski: Das weiß ich noch ziemlich genau. Es gibt Momente in der Karriere, Meilensteine, die man nicht vergisst. Dazu gehört auch das erste Training bei der Profis. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie es war, als Marcel Koller mich beim FC zu den Profis gezogen hat. Das erste Bundesligaspiel ist auch immer präsent, natürlich auch das erste Länderspiel. Und genauso die erste Fahrt zur Nationalmannschaft und alles, was drumherum passiert ist. Am Anfang war ich nervös, der Respekt vor den gestandenen Nationalspielern war groß. Aber auf dem Platz habe ich mir das nicht anmerken lassen, ich habe immer Gas gegeben und mich nicht versteckt.

DFB.de: Sie haben im Laufe des Turniers in Portugal nur 45 Minuten gespielt.

Podolski: Mehr als drei Spiele hatten wir ja auch nicht, leider.

DFB.de: Wie werten Sie das Turnier 2004 aus persönlicher Perspektive?

Podolski: Für mich war es ein Erfolg, dass ich überhaupt dabei gewesen und auch zum Einsatz gekommen bin. Ich habe viel mitgenommen, viel gelernt, viele Erfahrungen gesammelt. Als Mannschaft haben wir nicht das erreicht, was wir erreichen wollten. Als Deutschland sind wir nach einer tollen WM 2002 bei der EM zwei Jahre später in der Vorrunde ausgeschieden, das war zu wenig.

DFB.de: Damals ging der Hype um Ihre Person los. Auf einmal waren Sie auf allen Titelblättern, jeder Schritt von Ihnen wurde beleuchtet. Wie schwer war es für Sie, mit der öffentlichen Aufmerksamkeit umzugehen?

Podolski: Das war nicht schwer. Natürlich ging es ziemlich schnell, aber mich hat das nicht gestört, es war halt so. Es war eine spezielle Zeit damals, ich habe das ja auch genossen. Jetzt bin ich 31 Jahre alt, jetzt kommen neue Jungs, die auf den Titelseiten erscheinen. So ist der Lauf der Dinge.

DFB.de: Sind Sie in dieser Hinsicht völlig frei von Neid?

Podolski: Komplett. Ich habe das alles erlebt, ich kenne auch die Mechanismen. Ich muss nicht mehr in der Bravo Sport erscheinen. Die Kinder heute orientieren sich mehr an der neuen Spielergeneration. Und das ist völlig okay.



Stolzer zweifacher Papa, stolzer 128-maliger Nationalspieler. Und sieben auf einen Streich. Nach EM 2004, WM 2006, EM 2008, WM 2010, EM 2012 und WM 2014 erlebt Lukas Podolski (31) sein nächstes großes Turnier in der Nationalmannschaft. Der Stürmer von Galatasaray Istanbul steht vor seiner vierten EM. Mit DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke spricht er über die vergangenen zwölf Jahre und die kommenden vier Wochen.

DFB.de: Herr Podolski, herzlichen Glückwunsch zur Geburt Ihrer Tochter Maya.

Lukas Podolski: Vielen Dank!

DFB.de: Bundestrainer Jogi Löw hat Ihnen noch einen Tag Babyurlaub gewährt. Hatten Sie ihn darum gebeten?

Podolski: Er hat mir das angeboten, und ich habe es gerne angenommen. Dafür will ich mich bei ihm auch bedanken. Es gibt Wichtigeres als Fußball. Für mich war es toll, noch ein wenig länger zu Hause bleiben zu können. Ich war jetzt einen Tag weniger im Training, aber entscheidend ist das nicht. Jogi Löw weiß, dass er sich auf mich verlassen kann.

DFB.de: Wie schwer fällt es Ihnen in dieser Konstellation, mit Kopf und Herz zu 100 Prozent bei der Nationalmannschaft zu sein?

Podolski: Ich kenne die Situation schon von meinem ersten Kind. Louis kam 2008 kurz vor der Europameisterschaft in der Schweiz und Österreich zur Welt. Der Abschied von Zuhause ist natürlich schwer, aber wenn man dann erstmal bei der Mannschaft ist, ist das fast vergessen. Der Fußball ist mein Beruf, da gehört das dazu. Ich bin immer gerne beim DFB, das gilt für die Vergangenheit genauso wie für heute. Natürlich denke ich viel an meine Familie, mein Fokus auf die EM leidet darunter aber nicht.

DFB.de: Sie müssten aktuell gar nicht wissen wohin vor lauter Glückshormonen. Wir zählen mal auf: Türkischer Pokalsieger mit Galatasaray, Schütze des Siegtores im Finale, Nominierung für die EM, Geburtstag, Geburt Ihrer Tochter. Es muss sich gerade ziemlich gut anfühlen, Lukas Podolski zu sein. Sind Sie in diesen Tagen noch positiver, als Sie dies ohnehin für gewöhnlich sind?

Podolski: Ich kann mich nicht beklagen. Es ist immer besser, wenn man mit erfreulichen Erlebnissen zur Mannschaft kommt. Ich bin aber grundsätzlich ein positiver Typ, das gilt jetzt nicht mehr als sonst.

DFB.de: Sie stehen vor Ihrer vierten EM. War das für Sie vorstellbar, als Sie im Jahr 2004 Ihre erste Europameisterschaft gespielt haben?

Podolski: Darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht, aber wahrscheinlich hätte ich es nicht ausgeschlossen. Warum auch? Man weiß ja nie, was passiert. Aber natürlich bin ich sehr stolz darauf. Inklusive der Weltmeisterschaften bin ich jetzt bei meinem siebten Turnier dabei, darauf bin ich stolz. Die Erfahrungen, die ich dabei gemacht habe, die Reisen, die Spiele, die vielen Eindrücke – das ist überragend, und das wird mir keiner mehr nehmen.

DFB.de: Wir wollen mit Ihnen zurückgehen zu den Anfängen. Im Jahr 2004 wurden Sie gemeinsam mit Bastian Schweinsteiger von Rudi Völler aus der U 21 zum A-Team geholt. Wissen Sie noch, wie es sich angefühlt hat, zum ersten Mal zur A-Mannschaft zu fahren?

Podolski: Das weiß ich noch ziemlich genau. Es gibt Momente in der Karriere, Meilensteine, die man nicht vergisst. Dazu gehört auch das erste Training bei der Profis. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie es war, als Marcel Koller mich beim FC zu den Profis gezogen hat. Das erste Bundesligaspiel ist auch immer präsent, natürlich auch das erste Länderspiel. Und genauso die erste Fahrt zur Nationalmannschaft und alles, was drumherum passiert ist. Am Anfang war ich nervös, der Respekt vor den gestandenen Nationalspielern war groß. Aber auf dem Platz habe ich mir das nicht anmerken lassen, ich habe immer Gas gegeben und mich nicht versteckt.

DFB.de: Sie haben im Laufe des Turniers in Portugal nur 45 Minuten gespielt.

Podolski: Mehr als drei Spiele hatten wir ja auch nicht, leider.

DFB.de: Wie werten Sie das Turnier 2004 aus persönlicher Perspektive?

Podolski: Für mich war es ein Erfolg, dass ich überhaupt dabei gewesen und auch zum Einsatz gekommen bin. Ich habe viel mitgenommen, viel gelernt, viele Erfahrungen gesammelt. Als Mannschaft haben wir nicht das erreicht, was wir erreichen wollten. Als Deutschland sind wir nach einer tollen WM 2002 bei der EM zwei Jahre später in der Vorrunde ausgeschieden, das war zu wenig.

DFB.de: Damals ging der Hype um Ihre Person los. Auf einmal waren Sie auf allen Titelblättern, jeder Schritt von Ihnen wurde beleuchtet. Wie schwer war es für Sie, mit der öffentlichen Aufmerksamkeit umzugehen?

Podolski: Das war nicht schwer. Natürlich ging es ziemlich schnell, aber mich hat das nicht gestört, es war halt so. Es war eine spezielle Zeit damals, ich habe das ja auch genossen. Jetzt bin ich 31 Jahre alt, jetzt kommen neue Jungs, die auf den Titelseiten erscheinen. So ist der Lauf der Dinge.

DFB.de: Sind Sie in dieser Hinsicht völlig frei von Neid?

Podolski: Komplett. Ich habe das alles erlebt, ich kenne auch die Mechanismen. Ich muss nicht mehr in der Bravo Sport erscheinen. Die Kinder heute orientieren sich mehr an der neuen Spielergeneration. Und das ist völlig okay.

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DFB.de: 2004 waren Sie der Jungspund, die Podolskis von heute heißen Julian Weigl, Leroy Sané, Joshua Kimmich oder Jonathan Tah. Wie erleben Sie die Jugend im Kader? Und wie fällt der Vergleich mit Ihnen und 2004 aus?

Podolski: Man kann das nur ganz schwer vergleichen. Damals gab es ja fast keine Jugend, nur Basti und mich. Heute sind viele Spieler noch sehr jung, nicht nur diese vier. Der Kader ist insgesamt sehr jung, das ist ein Beleg für die gute Ausbildung von DFB und Klubs.

DFB.de: Haben die jungen Spieler es heute leichter, sich in der Mannschaft einzufinden?

Podolski: Vielleicht. Es ist einfach eine andere Generation. Wobei ich diese Trennung zwischen jungen und älteren Spielern gar nicht so vornehmen würde. Ich fühle mich immer noch jung, auch wenn mein Geburtsdatum sagt, dass ich nicht mehr der Jüngste bin.

DFB.de: Bei der EM 2008 und der EM 2012 hat zum Titelgewinn jeweils nicht viel gefehlt. Welche Ihrer drei Europameisterschaften war aus deutscher Sicht für Sie die Beste?

Podolski: Die Chance auf den Titel war 2008 am größten, schließlich haben wir im Finale gestanden, es hat nur ein Schritt gefehlt. Nach 2004 war es ja bei allen Turnieren so, dass wir kurz davor standen. Wir sind immer mindestens ins Halbfinale eingezogen. Es hat immer nur eine Kleinigkeit gefehlt, manchmal auch nur das Glück. 2014 hat dann alles gepasst.

DFB.de: Haben Sie persönlich größte EM-Momente oder schönste Erinnerungen an eine Europameisterschaft?

Podolski: Das ist schwer, es gab viele tolle Augenblicke. Vorhin haben wir über die erste Fahrt zur Nationalmannschaft gesprochen, das gehört auf jeden Fall dazu. Ich war damals beim FC gerade in der Bundesliga angekommen, und dann steht man plötzlich mit Spielern wie Michael Ballack und Oliver Kahn auf dem Platz. Aber natürlich gibt es daneben noch viel mehr, manches vergisst man auch wieder. Speziell sind für mich die Erlebnisse gegen Polen und bei der EM in Polen. 2008 habe ich gegen die Polen zwei Tore erzielt, und 2012 wurde mir beim öffentlichen Training in Danzig von tausenden Fans ein Geburtstagsständchen gesungen. Das gehört auf jeden Fall zu den Highlights. Wenn ich alle aufzählen würde, dann könnten wir uns noch Stunden unterhalten.

DFB.de: Wie hat sich Ihre Rolle bei der Nationalmannschaft im Laufe der Jahre verändert?

Podolski: Ich bin reifer geworden, habe viele Erfahrungen gesammelt, ich bin mittlerweile Familienvater. Aber im Wesen habe ich mich dadurch nicht verändert, als Person, als Typ bin ich mir immer treu geblieben. Deswegen glaube ich nicht, dass sich meine Rolle erheblich geändert hat. Ich verstelle mich nicht, nur weil andere dies möglicherweise von mir erwarten. Ich bin ich, mit meinen Stärken und Schwächen.

DFB.de: Fahren Sie immer noch mit derselben Vorfreude, mit demselben Gefühl zur Nationalmannschaft wie vor zwölf Jahren?

Podolski: Ja. Ich bin weniger aufgeregt, die Erfahrung ist da, ich kenne alle Abläufe. Aber die Vorfreude ist gleich. Es war nie so und wird auch nie so sein, dass ich es als selbstverständlich ansehen würde, hier dabei zu sein. Es ist ein Privileg, man muss sich jede Nominierung neu verdienen.

DFB.de: Für Galatasaray haben Sie in der vergangenen Saison 17 Tore erzielt und zehn Treffer vorbereitet. Haben Sie eine Erklärung dafür, warum das nicht von allen gesehen und gewürdigt wird?

Podolski: Ich weiß es nicht, und das ist auch nicht mein Thema. Die Meinungen sind immer unterschiedlich, und damit kann ich ganz gut umgehen. Entscheidend ist, dass meine Leistungen an einer Stelle richtig wahrgenommen wurden: vom Bundestrainer. Persönlich habe ich mit Galatasaray eine sehr überzeugende Saison gespielt, obwohl die Umstände nicht einfach waren. Wir hatten viele Trainerwechsel, in der Meisterschaft lief es nicht immer rund. Mit dem, was ich für Galatasaray gebracht habe, kann ich sehr zufrieden sein.

DFB.de: Ihr Ziel für die EURO haben Sie ziemlich klar formuliert: der Titel. Wäre für Sie alles andere eine Enttäuschung?

Podolski: Am Ende geht es nur darum – wer holt den Titel. Wir sind Weltmeister, wir haben die Qualität, wir wollen gewinnen. Wenn wir das Finale erreichen, gut spielen und unglücklich verlieren, dann können wir stolz sein auf unsere Leistung. Aber wenn man verliert, dann hat man verloren. Und das wollen wir nicht.

DFB.de: Ihr Vater hat den Wunsch geäußert, dass Sie im Fall des Titelgewinns Ihrer Karriere in der Nationalmannschaft beenden, damit Sie mehr Zeit für Ihre Familie haben. Gibt es bei Ihnen Überlegungen in diese Richtung?

Podolski: Ich weiß, dass er das gesagt hat. Mal schauen - das ist hypothetisch. Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich konzentriere mich voll auf meine Aufgaben hier, auf die Spiele, die vor uns liegen. Wir wollen alle ein erfolgreiches Turnier spielen. Was danach kommt, wird man sehen.

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