Der letzte Test der deutschen Nationalmannschaft vor der EM 2012 – für ihren Ehrenspielführer wird er zu einer
Begegnung mit einem besonderen Kapitel seiner Vergangenheit. Zu einer Begegnung mit einem Land, dem sich
Lothar Matthäus seit langem stark verbunden fühlt. Zu einem Treffen mit Freunden. Zu einem Wiedersehen mit
Israels Nationaltrainer Eli Gutman, der Mitte der 90er-Jahre, als Matthäus noch Spieler bei Bayern München war,
dort ein Praktikum absolvierte und mit dem er in Kontakt geblieben ist. Und zum Treffen mit Itay Shechter und
Almog Cohen, denen er als Trainer bei Maccabi Netanya den Weg in die Bundesliga geebnet hat.
Lothar Matthäus und Israel. Diese Beziehung beschränkt sich nicht nur auf das eine Jahr der
Tätigkeit des deutschen Fußballtrainers von 2008
bis 2009 in Netanya. Vor mehr als drei Jahrzehnten
schon hatte er sich während eines Trainingslagers mit
Borussia Mönchengladbach in Israel Jerusalem genau angeschaut,
dabei seine Liebe für Land und Leute entdeckt
und seitdem so manchen Urlaub dort verbracht. Und die
Verbindung zu Israel riss auch nicht ab, als sein Zwei-
Jahres-Vertrag in Netanya aus wirtschaftlichen Gründen
vorzeitig aufgelöst werden musste.
Er kehrt immer wieder gerne zurück
Im Gegenteil! Kürzlich erst ist er von einem längeren Aufenthalt
in Israel wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Abermals
mit einer Fülle schöner Erfahrungen. „Israel ist ein tolles
Land mit einer großen und gerade für religiöse Menschen
sehr interessanten Geschichte“, sagt Matthäus.
Stark geprägt hat ihn natürlich seine einjährige Tätigkeit
bei Maccabi Netanya. Viele haben sich damals gewundert,
dass der einstige Weltfußballer den Job übernahm. In einer
Liga, deren Spitzenniveau allenfalls zweitklassig war. Bei
einem Klub mit einem bestenfalls drittklassigen Budget
und einer insgesamt unterklassigen Infrastruktur. „Klar,
die Rahmen bedingungen in Netanya und im israelischen
Fußball generell waren mit denen in Deutschland nicht zu
vergleichen. Doch das hat keinen bei uns in Netanya gestört
und auf unsere Arbeit beim Training keinen Einfluss gehabt“,
sagt der Weltmeister von 1990. „Ob man beim Duschen
öfter mal nur kaltes Wasser hatte, oder dass man wegen
der Hitze zumeist nur frühmorgens oder abends trainieren
konnte – auf die absolut professionelle Einstellung
der Spieler mit ihrem unbändigen Willen hatte dies keinen
Einfluss. Das Jahr in Netanya war ein Supererlebnis.“
Lernprozess in Netanya
Wäre da „am Ende nicht diese einzige große Enttäuschung“
gewesen. „Bis sechs Wochen vor Saisonschluss standen
wir mit einem Punkt Rückstand auf Haifa, den späteren
Meister, mit oben an der Tabelle, hatten das Pokal-Halbfinale
erreicht. Da erklärte der Besitzer, dass er am Saisonende
aus dem Profifußball aussteigen und sein Investment in
Netanya beenden würde, und zerstörte damit innerhalb
von fünf Minuten alles.“ Während der folgenden Schockstarre,
in die seine Mannschaft verfallen sei, blieben die Ergebnisse
aus. „Das war die einzige negative Erfahrung. Die paar
Wochen hätte er mit der Verkündung seiner Entscheidung
noch warten können“, sagt Matthäus im Rückblick.
Ansonsten betrachtet er sein Trainerjahr am Mittelmeer
vor allem auch als Lernprozess. Er habe Verständnis zeigen
und Fingerspitzengefühl entwickeln müssen, um sich
den Sitten und Gebräuchen des Landes anzupassen, auf
die religiösen Gefühle seiner Mitarbeiter Rücksicht zu nehmen
und sich auf die eine oder andere besondere Situation
einzustellen. Auf die Hitze zum Beispiel oder den Sabbat,
„wo es das Training so zu terminieren galt, dass die streng
gläubigen Spieler freigestellt wurden, um die Synagoge
zu besuchen, und dass generell alle in der Mannschaft
rechtzeitig vor Sonnen untergang bei ihren Familien sein
konnten“. Geblieben ist seine Begeisterung über die
Herzlichkeit und Wärme, mit denen ihn die Menschen „ohne
Ressentiments“ als Deutschen aufgenommen hätten, und
das Staunen über die Gelassenheit, mit der sie auf die
permanenten Konflikte und Bedrohungen reagieren und
„das Leben genießen“.
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Der letzte Test der deutschen Nationalmannschaft vor der EM 2012 – für ihren Ehrenspielführer wird er zu einer
Begegnung mit einem besonderen Kapitel seiner Vergangenheit. Zu einer Begegnung mit einem Land, dem sich
Lothar Matthäus seit langem stark verbunden fühlt. Zu einem Treffen mit Freunden. Zu einem Wiedersehen mit
Israels Nationaltrainer Eli Gutman, der Mitte der 90er-Jahre, als Matthäus noch Spieler bei Bayern München war,
dort ein Praktikum absolvierte und mit dem er in Kontakt geblieben ist. Und zum Treffen mit Itay Shechter und
Almog Cohen, denen er als Trainer bei Maccabi Netanya den Weg in die Bundesliga geebnet hat.
Lothar Matthäus und Israel. Diese Beziehung beschränkt sich nicht nur auf das eine Jahr der
Tätigkeit des deutschen Fußballtrainers von 2008
bis 2009 in Netanya. Vor mehr als drei Jahrzehnten
schon hatte er sich während eines Trainingslagers mit
Borussia Mönchengladbach in Israel Jerusalem genau angeschaut,
dabei seine Liebe für Land und Leute entdeckt
und seitdem so manchen Urlaub dort verbracht. Und die
Verbindung zu Israel riss auch nicht ab, als sein Zwei-
Jahres-Vertrag in Netanya aus wirtschaftlichen Gründen
vorzeitig aufgelöst werden musste.
Er kehrt immer wieder gerne zurück
Im Gegenteil! Kürzlich erst ist er von einem längeren Aufenthalt
in Israel wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Abermals
mit einer Fülle schöner Erfahrungen. „Israel ist ein tolles
Land mit einer großen und gerade für religiöse Menschen
sehr interessanten Geschichte“, sagt Matthäus.
Stark geprägt hat ihn natürlich seine einjährige Tätigkeit
bei Maccabi Netanya. Viele haben sich damals gewundert,
dass der einstige Weltfußballer den Job übernahm. In einer
Liga, deren Spitzenniveau allenfalls zweitklassig war. Bei
einem Klub mit einem bestenfalls drittklassigen Budget
und einer insgesamt unterklassigen Infrastruktur. „Klar,
die Rahmen bedingungen in Netanya und im israelischen
Fußball generell waren mit denen in Deutschland nicht zu
vergleichen. Doch das hat keinen bei uns in Netanya gestört
und auf unsere Arbeit beim Training keinen Einfluss gehabt“,
sagt der Weltmeister von 1990. „Ob man beim Duschen
öfter mal nur kaltes Wasser hatte, oder dass man wegen
der Hitze zumeist nur frühmorgens oder abends trainieren
konnte – auf die absolut professionelle Einstellung
der Spieler mit ihrem unbändigen Willen hatte dies keinen
Einfluss. Das Jahr in Netanya war ein Supererlebnis.“
Lernprozess in Netanya
Wäre da „am Ende nicht diese einzige große Enttäuschung“
gewesen. „Bis sechs Wochen vor Saisonschluss standen
wir mit einem Punkt Rückstand auf Haifa, den späteren
Meister, mit oben an der Tabelle, hatten das Pokal-Halbfinale
erreicht. Da erklärte der Besitzer, dass er am Saisonende
aus dem Profifußball aussteigen und sein Investment in
Netanya beenden würde, und zerstörte damit innerhalb
von fünf Minuten alles.“ Während der folgenden Schockstarre,
in die seine Mannschaft verfallen sei, blieben die Ergebnisse
aus. „Das war die einzige negative Erfahrung. Die paar
Wochen hätte er mit der Verkündung seiner Entscheidung
noch warten können“, sagt Matthäus im Rückblick.
Ansonsten betrachtet er sein Trainerjahr am Mittelmeer
vor allem auch als Lernprozess. Er habe Verständnis zeigen
und Fingerspitzengefühl entwickeln müssen, um sich
den Sitten und Gebräuchen des Landes anzupassen, auf
die religiösen Gefühle seiner Mitarbeiter Rücksicht zu nehmen
und sich auf die eine oder andere besondere Situation
einzustellen. Auf die Hitze zum Beispiel oder den Sabbat,
„wo es das Training so zu terminieren galt, dass die streng
gläubigen Spieler freigestellt wurden, um die Synagoge
zu besuchen, und dass generell alle in der Mannschaft
rechtzeitig vor Sonnen untergang bei ihren Familien sein
konnten“. Geblieben ist seine Begeisterung über die
Herzlichkeit und Wärme, mit denen ihn die Menschen „ohne
Ressentiments“ als Deutschen aufgenommen hätten, und
das Staunen über die Gelassenheit, mit der sie auf die
permanenten Konflikte und Bedrohungen reagieren und
„das Leben genießen“.
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"Israel ist der krasse Außenseiter"
Am heutigen Donnerstag in Leipzig sei Israels Nationalmannschaft „natürlich klarer Außenseiter, doch der israelische
Fußball hat sich entwickelt in den letzten Jahren,
und die Spieler wissen, dass sie mit ihrem vorbildlichen
Teamgeist gegen einen Topfavoriten der EM auf sich aufmerksam
machen können“. In Eli Gutman verfüge Israel
„über einen wirklich sehr guten Nationaltrainer, einen
akribischen Arbeiter, der mit Hapoel Tel Aviv zuvor Meister
wurde und die Champions-League-Qualifikation geschafft
hat. Ich freue mich sehr, ihn jetzt wiederzusehen“.
Gerne hätte er in Leipzig seinen
Lieblingsspieler Almog Cohen wiedergesehen. Nicht nur, weil dieser ihn „an den
jungen Lothar Matthäus erinnert, mal in der dritten Person
gesprochen. Ein sehr aggressiver Spieler, der nicht verlieren
kann, im Training und Spiel immer alles gibt“. Sondern
auch, weil er, der jetzige Nürnberger, wie Itay Shechter
(Kaiserslautern), den Weg von Netanya in die Bundesliga
gefunden hat. Weil er sich dort durchgesetzt, den Kontakt
zu mir nie verloren und mich in den vergangenen zwei,
drei Jahren etliche Male in München besucht hat.“ Allerdings muss Cohen heute wegen einer Beckenverletzung passen.
So wird Leipzig rund um die deutsche EM-Generalprobe
für Matthäus und seine Freunde aus Israel zum Ort eines
kleinen Familientreffens. Verbunden mit der Vorfreude
auf den nächsten Besuch des deutschen Rekordnationalspielers „in einem fantastischen Land“.