Littbarski: "Australier haben einen unbändigen Willen"

Vor fünf Jahren war Weltmeister Pierre Littbarski einer der Geburtshelfer der australischen Profiliga "A-League". Mit dem FC Sydney wurde er 2006 erster Meister der neuen Spielklasse, nahm sogar an der Klub-WM teil. Die Erinnerungen an sein Jahr in „Down Under“ seien wunderbar, traumhaft. Den Fußball in Australien sieht Littbarski, der künftig als Co-Trainer beim VfL Wolfsburg arbeiten wird, auf einem guten Weg.

Das Nationalteam der "Aussies" sei ein unangenehmer Gegner für die deutsche Mannschaft. Am Sonntag, 20.30 Uhr (live auf ZDF und Sky), ist in Durban der Anpfiff des Spiels der Gruppe D. "Litti" glaubt, wie er im DFB.de-Exklusivinterview mit Redakteur Gereon Tönnihsen erzählte, an ein 2:1 für Deutschland, "auch wenn ich eigentlich ein ziemlich schlechter Tipper bin. Hauptsache, drei Punkte".

DFB.de:Wie schauen Sie sich ein Spiel Deutschland gegen Australien an. Als Trainer oder doch als Fan?

Pierre Littbarski: Schon als Trainer. Ich überlege mir: Wie kann die deutsche Mannschaft dieses Abwehrbollwerk knacken.

DFB.de: Und wie kann Sie das?

Littbarski: Indem sie das Spiel schnell macht und viele direkte Pässe spielt.

DFB.de: Klingt einfach.

Littbarski: In der Theorie schon. Aber Australien ist ein sehr unangenehmer Gegner. Die Mannschaft steht hinten sehr kompakt, ist unheimlich gut organisiert. Das wird für die Deutschen ein hartes Stück Arbeit.



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Vor fünf Jahren war Weltmeister Pierre Littbarski einer der Geburtshelfer der australischen Profiliga "A-League". Mit dem FC Sydney wurde er 2006 erster Meister der neuen Spielklasse, nahm sogar an der Klub-WM teil. Die Erinnerungen an sein Jahr in „Down Under“ seien wunderbar, traumhaft. Den Fußball in Australien sieht Littbarski, der künftig als Co-Trainer beim VfL Wolfsburg arbeiten wird, auf einem guten Weg.

Das Nationalteam der "Aussies" sei ein unangenehmer Gegner für die deutsche Mannschaft. Am Sonntag, 20.30 Uhr (live auf ZDF und Sky), ist in Durban der Anpfiff des Spiels der Gruppe D. "Litti" glaubt, wie er im DFB.de-Exklusivinterview mit Redakteur Gereon Tönnihsen erzählte, an ein 2:1 für Deutschland, "auch wenn ich eigentlich ein ziemlich schlechter Tipper bin. Hauptsache, drei Punkte".

DFB.de:Wie schauen Sie sich ein Spiel Deutschland gegen Australien an. Als Trainer oder doch als Fan?

Pierre Littbarski: Schon als Trainer. Ich überlege mir: Wie kann die deutsche Mannschaft dieses Abwehrbollwerk knacken.

DFB.de: Und wie kann Sie das?

Littbarski: Indem sie das Spiel schnell macht und viele direkte Pässe spielt.

DFB.de: Klingt einfach.

Littbarski: In der Theorie schon. Aber Australien ist ein sehr unangenehmer Gegner. Die Mannschaft steht hinten sehr kompakt, ist unheimlich gut organisiert. Das wird für die Deutschen ein hartes Stück Arbeit.

DFB.de: Wie geht es Ihnen angesichts Ihrer deutschen Vergangenheit denn emotional, wenn Sie sich so ein Spiel anschauen?

Littbarski: Ich bin natürlich auf Seiten der Deutschen. Aber ich wünsche mir im Interesse des Fußballs auch, dass es lange spannend bleibt, also dass die Australier lange das "Zu-Null" halten. Sollten sie sogar in Führung gehen, dann wird es ganz, ganz schwer.

DFB.de: Auf wen und worauf müssen die Deutschen bei den Australiern besonders achten?

Littbarski: Besonders auf Tim Cahill. Er ist ein ganz unangenehmer Gegenspieler. Da müssen Manuel Neuer und die Abwehrspieler gut aufpassen. Der Cahill stiehlt sich im Strafraum weg und macht plötzlich das Tor. Er guckt immer so traurig, als könnte er keiner Fliege was zu Leide tun. Aber er ist ein ganz abgezockter Junge. Auch bei Standards sind die Australier gefährlich. Vor allem aber werden sie schauen, dass sie hinten nichts anbrennen lassen, auch wenn ihr Trainer eigentlich lieber den offensiven Fußball mag. Deshalb sollte man sich nicht überraschen lassen, wenn die Australier plötzlich in der gegnerischen Hälfte mit Forechecking anfangen.

DFB.de: Was auffällt, ist, dass Australien in Joshua Kennedy und Nikola Rukavytsya nur zwei nominelle Angreifer im Kader hat. Ist auch das ein Zeichen einer eher defensiven Ausrichtung?

Littbarski: Naja, Cahill ist ja auch im Grunde ein Stürmer. Und Harry Kewell könnte ja auch in der Spitze spielen, obwohl ich glaube, dass er nach seiner Verletzung erst mal von der Bank kommen wird. Es gibt also schon einige Offensive. Gerade auch Kennedy wird mit großem Einsatz zur Sache gehen. Er hat mal für Köln in der Bundesliga gespielt und wird sehr motiviert sein. Auch wenn er dort nicht unbedingt bleibenden Eindruck hinterlassen hat: Man sollte ihn nicht unterschätzen. Er ist gut in der Luft, kann gut Bälle halten.

DFB.de: Sie sprachen die gute Organisation der Australier in der Defensive an. Wo sehen Sie denn Schwächen?

Littbarski: Einigen geht die Schnelligkeit ab. Wenn dann Spieler kommen wie Mesut Özil oder Marko Marin, die quirlig und wendig sind, bekommen die Australier Probleme, glaube ich. Scott Chipperfield zum Beispiel hat beim FC Basel auf der linken Seite im Mittelfeld gespielt, in der Nationalmannschaft spielt er hinten links. Ich weiß nicht, ob er so gut im Eins-gegen-Eins ist. Er ist gut im Spiel nach vorne, sehr erfahren. Aber ich bin nicht zu 100 Prozent davon überzeugt, dass er auch hinten aufräumt.

DFB.de: Australiens Torwart Mark Schwarzer hat mit dem FC Fulham im Finale der Europa League gestanden. Wie schätzen Sie ihn ein?

Littbarski: Ich halte sehr viel von ihm, er ist ein Klasse-Keeper. Er hält alles zusammen. Ihn zeichnen starke Reflexe aus, er treibt die Abwehrspieler an. Wenn man ihn erst mal warm geschossen hat, dann wird es sehr schwierig, ihn zu überwinden.

DFB.de: Haben Sie den Eindruck, dass Australien in der deutschen Öffentlichkeit ein wenig unterschätzt wird?

Littbarski: Ja, ich glaube schon. Die deutsche Öffentlichkeit nimmt wenig bis gar keine Notiz vom australischen Fußball. Man kennt die Spieler zum Teil doch gar nicht. Wo kann man schon die A-League schauen? Das ist eben weit weg. Das kann eine Gefahr sein, allerdings glaube ich nicht, dass die deutsche Mannschaft das Spiel auf die leichte Schulter nehmen wird. Sie wird gut vorbereitet sein. Man darf nicht vergessen, dass die Australier eine gute WM-Qualifikation gespielt haben. Sie werden von einem unbändigen Willen getrieben. Das hat man auch bei der WM 2006 gesehen, als die Mannschaft im Achtelfinale nur wegen eines unberechtigten Elfmeters gegen Italien ausgeschieden ist.

DFB.de: Sehen Sie Gemeinsamkeiten von Australien und Deutschland?

Littbarski: Ja, auch Deutschland hatte lange Zeit vor allem ein Auge darauf, kompakt zu stehen, aus einer sicheren Abwehr nach vorne zu spielen. Außerdem ist und war die Kondition eine deutsche Stärke. Das ist bei den Australiern auch so. Das war 2006 zum Beispiel zu erkennen, als Australien gegen Japan in der letzten Viertelstunde aus einem 0:1 ein 3:1 gemacht hat. Power werden die Spieler haben. Das wird kein Zuckerschlecken.

DFB.de: Was trauen Sie den Australiern denn zu?

Littbarski: Das Serbien-Spiel wird der Knackpunkt. Wenn sie das gewinnen, traue ich ihnen Platz zwei in der Gruppe hinter Deutschland zu. Die Serben sind mir ein bisschen zu selbstbewusst. Das kann gegen Australien schmerzhaft werden.

DFB.de: Meinen Sie, wir werden ein deutsches 4:3 gegen Australien wie beim FIFA Confederations Cup 2005 noch einmal erleben?

Littbarski: Das glaube ich nicht. Im ersten Spiel geht keiner so viel Risiko. Bei einer WM geht es eben auch um mehr als beim Confed-Cup, darum werden da auch nicht so viele Tore fallen.

DFB.de: Was wussten Sie über den australischen Fußball, als Sie 2005 Ihre Arbeit beim FC Sydney aufnahmen?

Littbarski: Überhaupt nichts. Die Liga wurde ja auch gerade erst aufgebaut. Als ich dort hinkam, habe ich mich gleich wieder ins Flugzeug gesetzt und mir die gegnerischen Mannschaften in deren Vorbereitung angeguckt. Das sind in Australien immer große Entfernungen, zum Beispiel eben mal fünf Stunden nach Perth. Aber das brauchte ich, um mir ein Bild machen zu können. Als die Saison begann, war ich im Bilde und das Team auch. Wir waren dann in der Liga eine der dominierenden Mannschaften, sind 2006 Meister geworden.

DFB.de: Welche Rolle spielt der Fußball in Australien?

Littbarski: Er ist die dritte Kraft hinter Rugby und Australian Football. Fußball hat sich gut etabliert, die Liga wird immer besser, wird jetzt auch wieder um eine Mannschaft aufgestockt. Die Entwicklung ist sehr positiv.

DFB.de: Welche Erinnerungen haben Sie an die Zeit?

Littbarski: Wunderbar, traumhaft. Die Spieler waren sehr leistungsbereit. Ich konnte dort viel mehr und härter trainieren als bei manchen Vereinen, die ich vor- und nachher betreut habe. Auch die Lebenskultur gefällt mir. Es ist eine Mischung aus Lockerheit und Konzentration.

DFB.de: Es war zu lesen, dass Sie Interesse am Posten des australischen Nationaltrainers hätten.

Littbarski: Das ist überholt. Ich habe beim VfL Wolfsburg einen Vertrag als Co-Trainer von Steve McClaren unterschrieben. Er hat gute Ideen und taktisch sehr interessante Vorstellungen. Ich soll ihn auch sprachlich unterstützen. Ich freue mich auf diese Aufgabe.

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DFB.de: Wäre der Job als Nationaltrainer eine Alternative gewesen?

Littbarski: Natürlich ist so etwas interessant. Aber wenn ich die Wahl zwischen Bundesliga und Nationalcoach in Australien gehabt hätte, dann ist doch klar, dass ich mich für die Bundesliga entschieden hätte.

DFB.de: Was es für Sie eine schwierige Entscheidung, ins zweite Glied zu rücken?

Littbarski: Nein, überhaupt nicht. Ich will auf dem Platz stehen und den Leuten etwas vermitteln. Den Hunger nach einer Führungsrolle habe ich nicht. (lacht) Mein Ego liegt irgendwo in Japan in der Schublade. Nein, ehrlich, ich wollte gerne wieder in der Bundesliga arbeiten. Asien wäre zu ruhig für mich, hat meine Frau gesagt, und mich nach Europa geschickt. Vaduz war dann die erste Station, und jetzt in Wolfsburg geht’s richtig los.

DFB.de: Ziehen Sie mit der Familie nach Niedersachsen?

Littbarski: Ja, klar. Alle kommen herüber. Meine Söhne haben sich schon ein Dzeko-Trikot bestellt.

DFB.de: War auch die Nähe zu Ihrer Heimatstadt Berlin ein Kriterium?

Littbarski: Nein, aber meine Mutter und mein Vater freuen sich. Die wohnen beide noch in Berlin. Es wird jedoch sicher so viel zu tun geben, so dass ich gerade am Anfang nicht allzu oft nach Berlin kommen werde. Aber es ist schön, in einer Stunde mit der Bahn in Berlin zu sein.

DFB.de: 1974 waren Sie dort als 14-Jähriger Balljunge beim WM-Spiel DDR gegen Chile. Haben Sie auch noch eine Erinnerung an das deutsche Spiel gegen Australien bei diesem Turnier?

Littbarski: So gut wie keine mehr. Ich weiß nur, dass es 3:0 ausging und dass Wolfgang Overath ein schönes Tor geschossen hat.

DFB.de: Sie selbst haben dreimal bei einer WM gespielt und standen dreimal im Finale. Was braucht es, um bei solch einem Turnier erfolgreich zu sein?

Littbarski: Man sich an eine WM förmlich herantasten, zur Form finden und nach Möglichkeit die Vorrundengruppe auf Platz eins abschließen. Dann darf man nicht zu euphorisch oder gar überheblich werden. Außerdem muss man versuchen, keinen Lagerkoller aufkommen zu lassen. Und in den ganz schweren Spielen muss man die Nervosität in der Kabine lassen und davon überzeugt sein, dass man gewinnen wird. Wer das am besten schafft, wird Weltmeister.

DFB.de: Was zeichnet die junge deutsche Mannschaft aus?

Littbarski: Es sind viele junge Spieler, aber sie haben auf verschiedenen Ebenen schon gezeigt, dass sie dem Druck standhalten können, sei es in der A-Nationalmannschaft, in der U 21 oder im Verein. Das ist viel wert. Wichtig ist, dass die Jungs miteinander spielen wollen, dass sich jeder für den anderen einsetzt. So wie ich das wahrnehme, ist das absolut der Fall.

DFB.de: Sehen Sie das Alter der Mannschaft als Vor- oder als Nachteil an?

Littbarski: Ich glaube, dass die Mannschaft sehr viel Potenzial hat. Sie kann taktisch verschiedene Varianten spielen. Als Marin gegen Ungarn oder Bosnien ins Spiel kam, wurde das Spiel zum Beispiel mehr über die Flügel als durch die Mitte geführt. Sie kann mit einer oder zwei Spitzen spielen. Das liegt auch daran, dass die Spieler sehr gut ausgebildet sind. Sie sind schon ganz schön weit. Das Alter spielt dabei keine Rolle. Einige kennen sich schon aus den U-Mannschaften, und sie werden ganz viel Power, Einsatz und Leidenschaft zeigen. Die jungen Leute können sicher noch im vierten oder fünften Spiel Gas geben.

DFB.de: Wie weit kommt die deutsche Elf bei der WM?

Littbarski: Ich glaube erst einmal an einen Einzug ins Halbfinale. Und dann muss man ein bisschen Glück haben, weil dann nur noch Hammer-Gegner warten.

DFB.de: Und wie geht das Spiel gegen Australien aus?

Littbarski: 2:1 für Deutschland. Obwohl ich zugeben muss, dass ich eigentlich ein ziemlich schlechter Tipper bin. Hauptsache, drei Punkte.