Lippelt: „Durchblutungssteigernde Salben eher kontraproduktiv“

Verletzungen gehören nicht nur in der Bundesliga zum Alltag. Auch im Amateurbereich sind sie ständiger Begleiter im Trainings- oder Spielbetrieb. Weil gerade im unteren Amateurbereich kein ausgebildeter Mediziner die Mannschaft betreut, sind die allgemeinen Erste-Hilfe-Kenntnisse der Trainer oder Betreuer hier besonders gefragt.

Training & Wissen Online (TWO) hat mit Dr. Lars Lippelt, seit 2009 internistischer Mannschaftsarzt der U 21-Nationalmannschaft, gesprochen. Lippelt erklärt, was alles zur Grundausstattung eines Erste-Hilfe-Koffers gehört und erläutert die grundlegenden Behandlungsmethoden bei häufig auftretenden Verletzungen.

TWO: Herr Lippelt, was gehört alles in einen Erste-Hilfe-Koffer?

Dr. Lars Lippelt: Kommt es aus medizinischen Gründen zu einer Spielunterbrechung, liegt meist eine Verletzung eines Spielers vor. Bei stumpfen Verletzungen (z.B. Prellungen oder Verstauchungen, Anm. d.Red.)  ist eine schnelle und gute Kühlung eine sinnvolle Erste-Hilfe-Maßnahme. Für eine offene Wunde sollte man etwas zum Säubern und Desinfizieren dabei haben, anschließend etwas zum Abdecken der Wunde, denn eine mögliche Blutung sollte zum Stehen kommen. Daher sollte zur Basisausstattung des Erste-Hilfe-Koffers ein Wunddesinfektionsmittel sowie Verbandsmaterial (sterile Kompressen, Verbände und Pflaster, Anm. d.Red.) gehören. Schwieriger zu beantworten ist, was darüber hinaus für seltene Notfälle bereitgehalten werden sollte.

TWO: Was raten Sie?

Lippelt: Um für einen lebensbedrohlichen Notfall gerüstet zu sein, bräuchte man einen Defibrillator und einen Beatmungsbeutel. Das erfordert aber einen umfangreich geschulten Ersthelfer. Auch aus Kostengründen ist das im Amateurbereich kaum umsetzbar. Mit relativ einfachen Mitteln kann man aber beispielsweise bei einem bewusstlosen Spieler, bei dem die zurückfallende Zunge die Atemwege zu verlegen droht, helfen.
 
TWO: Wie kann hier geholfen werden?

Lippelt: In dem Fall kann ein kleiner Plastikschlauch in den Mund (sog. Guedel-Tubus) oder in die Nase (sog. Wendl-Tubus) geschoben werden. Dadurch werden die oberen Atemwege offen gehalten. Dies ist ohne große Vorkenntnisse durchführbar, die Kosten sind gering. Weitere Bestandteile in den meisten fertig bestückten Medizinkoffer sind schmerzstillende Salben. Sie gehören nicht unbedingt zur Basisausstattung, da der Effekt in der Akutsituation gering ist.

TWO: Häufig hört man, dass man mit der Verwendung von Eisspray vorsichtig sein sollte, da es schnell zu Verbrennungen kommen kann: Was verwenden Sie zur Kühlung?

Lippelt: Bei der U 21-Nationalmannschaft wird in erster Linie Eiswasser in speziellen Kühlboxen verwendet.

TWO: Und wie sieht der Einsatz damit aus?

Lippelt: Zur Anwendung drückt man einen mit Eiswasser getränkten Schwamm mehrfach über dem zu kühlenden Bereich aus. Von Vorteil ist auch, dass man Verbände vor dem Anlegen für einen länger anhaltenden Kühleffekt in Eiswasser tränken kann. Handelsübliches Eisspray ist vielleicht etwas einfacher zu organisieren und unkomplizierter in der Anwendung. Bei fehlerhafter Anwendung kann es aber hierbei schnell zu Kälteschäden der Haut kommen. Daher sollte man unbedingt auf die  Anwendungshinweise des Herstellers achten. Bei Verwendung von Kühlkompressen, die sich grundsätzlich auch  eignen, sollte zum Schutz vor Kälteschäden ein direkter Hautkontakt über eine längere Zeit vermieden werden

TWO: Soviel zur Kühlung, kommen wir zum Gegenteil: Was halten Sie von Wärmesalben? 

Lippelt: Durchblutungssteigernde Cremes oder Salben sind eher kontraproduktiv. Bei akuten Verletzungen geht es um einen guten Kühleffekt. Von der Anwendung im Rahmen des Aufwärmens ist ebenfalls abzuraten, da diese Salben nur zu einer Steigerung der Hautdurchblutung führen. Es stellt sich zwar ein Wärmegefühl ein, zu einer relevanten Durchblutungssteigerung der Muskulatur kommt es jedoch nicht.
 
TWO: Wie oft muss der Inhalt eines Erste-Hilfe-Koffers erneuert werden?

Lippelt: Entnommenes Material sollte umgehend wieder aufgefüllt werden. Auch sollten steril verpackte Verbände und Pflaster regelmäßig ausgetauscht werden. Hier können die aufgedruckten Verfallsdaten helfen. 

TWO: Bei welcher Verletzung raten Sie zum Abbruch, und wann kann ein Spieler noch weiterspielen?

Lippelt: Die Gesundheit steht immer im Vordergrund. Bei schwerwiegenden Verletzungen wie Knochenbrüchen, Kopfverletzungen oder starken Blutungen ist ein Weiterspielen selbstverständlich nicht möglich. Stärkere Schmerzen stellen ebenfalls einen Abbruchgrund dar.

TWO: Ab wann empfiehlt es sich einen Rettungswagen zu rufen?

Lippelt: In allen unklaren Situationen sollte der Rettungsdienst alarmiert werden. Bei schweren Verletzungen, die eine sofortige Schmerzbehandlung und einen schonenden Transport erforderlich machen, bei Kreislauf- oder Atemproblemen sollte professionelle Hilfe gerufen werden.

[MH]

[bild1]Verletzungen gehören nicht nur in der Bundesliga zum Alltag. Auch im Amateurbereich sind sie ständiger Begleiter im Trainings- oder Spielbetrieb. Weil gerade im unteren Amateurbereich kein ausgebildeter Mediziner die Mannschaft betreut, sind die allgemeinen Erste-Hilfe-Kenntnisse der Trainer oder Betreuer hier besonders gefragt.

Training & Wissen Online (TWO) hat mit Dr. Lars Lippelt, seit 2009 internistischer Mannschaftsarzt der U 21-Nationalmannschaft, gesprochen. Lippelt erklärt, was alles zur Grundausstattung eines Erste-Hilfe-Koffers gehört und erläutert die grundlegenden Behandlungsmethoden bei häufig auftretenden Verletzungen.

TWO: Herr Lippelt, was gehört alles in einen Erste-Hilfe-Koffer?

Dr. Lars Lippelt: Kommt es aus medizinischen Gründen zu einer Spielunterbrechung, liegt meist eine Verletzung eines Spielers vor. Bei stumpfen Verletzungen (z.B. Prellungen oder Verstauchungen, Anm. d.Red.)  ist eine schnelle und gute Kühlung eine sinnvolle Erste-Hilfe-Maßnahme. Für eine offene Wunde sollte man etwas zum Säubern und Desinfizieren dabei haben, anschließend etwas zum Abdecken der Wunde, denn eine mögliche Blutung sollte zum Stehen kommen. Daher sollte zur Basisausstattung des Erste-Hilfe-Koffers ein Wunddesinfektionsmittel sowie Verbandsmaterial (sterile Kompressen, Verbände und Pflaster, Anm. d.Red.) gehören. Schwieriger zu beantworten ist, was darüber hinaus für seltene Notfälle bereitgehalten werden sollte.

TWO: Was raten Sie?

Lippelt: Um für einen lebensbedrohlichen Notfall gerüstet zu sein, bräuchte man einen Defibrillator und einen Beatmungsbeutel. Das erfordert aber einen umfangreich geschulten Ersthelfer. Auch aus Kostengründen ist das im Amateurbereich kaum umsetzbar. Mit relativ einfachen Mitteln kann man aber beispielsweise bei einem bewusstlosen Spieler, bei dem die zurückfallende Zunge die Atemwege zu verlegen droht, helfen.
 
TWO: Wie kann hier geholfen werden?

Lippelt: In dem Fall kann ein kleiner Plastikschlauch in den Mund (sog. Guedel-Tubus) oder in die Nase (sog. Wendl-Tubus) geschoben werden. Dadurch werden die oberen Atemwege offen gehalten. Dies ist ohne große Vorkenntnisse durchführbar, die Kosten sind gering. Weitere Bestandteile in den meisten fertig bestückten Medizinkoffer sind schmerzstillende Salben. Sie gehören nicht unbedingt zur Basisausstattung, da der Effekt in der Akutsituation gering ist.

TWO: Häufig hört man, dass man mit der Verwendung von Eisspray vorsichtig sein sollte, da es schnell zu Verbrennungen kommen kann: Was verwenden Sie zur Kühlung?

Lippelt: Bei der U 21-Nationalmannschaft wird in erster Linie Eiswasser in speziellen Kühlboxen verwendet.

TWO: Und wie sieht der Einsatz damit aus?

[bild2]Lippelt: Zur Anwendung drückt man einen mit Eiswasser getränkten Schwamm mehrfach über dem zu kühlenden Bereich aus. Von Vorteil ist auch, dass man Verbände vor dem Anlegen für einen länger anhaltenden Kühleffekt in Eiswasser tränken kann. Handelsübliches Eisspray ist vielleicht etwas einfacher zu organisieren und unkomplizierter in der Anwendung. Bei fehlerhafter Anwendung kann es aber hierbei schnell zu Kälteschäden der Haut kommen. Daher sollte man unbedingt auf die  Anwendungshinweise des Herstellers achten. Bei Verwendung von Kühlkompressen, die sich grundsätzlich auch  eignen, sollte zum Schutz vor Kälteschäden ein direkter Hautkontakt über eine längere Zeit vermieden werden

TWO: Soviel zur Kühlung, kommen wir zum Gegenteil: Was halten Sie von Wärmesalben? 

Lippelt: Durchblutungssteigernde Cremes oder Salben sind eher kontraproduktiv. Bei akuten Verletzungen geht es um einen guten Kühleffekt. Von der Anwendung im Rahmen des Aufwärmens ist ebenfalls abzuraten, da diese Salben nur zu einer Steigerung der Hautdurchblutung führen. Es stellt sich zwar ein Wärmegefühl ein, zu einer relevanten Durchblutungssteigerung der Muskulatur kommt es jedoch nicht.
 
TWO: Wie oft muss der Inhalt eines Erste-Hilfe-Koffers erneuert werden?

Lippelt: Entnommenes Material sollte umgehend wieder aufgefüllt werden. Auch sollten steril verpackte Verbände und Pflaster regelmäßig ausgetauscht werden. Hier können die aufgedruckten Verfallsdaten helfen. 

TWO: Bei welcher Verletzung raten Sie zum Abbruch, und wann kann ein Spieler noch weiterspielen?

Lippelt: Die Gesundheit steht immer im Vordergrund. Bei schwerwiegenden Verletzungen wie Knochenbrüchen, Kopfverletzungen oder starken Blutungen ist ein Weiterspielen selbstverständlich nicht möglich. Stärkere Schmerzen stellen ebenfalls einen Abbruchgrund dar.

TWO: Ab wann empfiehlt es sich einen Rettungswagen zu rufen?

Lippelt: In allen unklaren Situationen sollte der Rettungsdienst alarmiert werden. Bei schweren Verletzungen, die eine sofortige Schmerzbehandlung und einen schonenden Transport erforderlich machen, bei Kreislauf- oder Atemproblemen sollte professionelle Hilfe gerufen werden.