Lehmann: "Portugal brennt auf den großen Erfolg"

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Am Samstag bestreitet die deutsche Nationalmannschaft ihr erstes Vorrundenspiel gegen Portugal. Bereits bei der Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz kam es zu diesem Duell. Im Viertelfinale besiegte die stark spielende DFB-Elf die Portugiesen mit 3:2. Großen Anteil am Sieg hatte Torwart Jens Lehmann. Im DFB.de Interview mit Mitarbeiter Oliver Jensen sprach der 42-Jährige über das damalige Spiel, über die Stärken der Portugiesen und die Chancen der deutschen Nationalmannschaft.

DFB.de: Herr Lehmann, wie stark schätzen Sie die Portugiesen ein?

Jens Lehmann: Stärker als vor vier Jahren. In der Abwehr haben sie sich verbessert. Bei Standardsituationen und Flanken waren sie bei der EM 2008 noch sehr anfällig. Außerdem hat Nationaltrainer Paul Bento zumindest Ansätze von einer guten Organisation eingebracht.

DFB.de: Der Superstar der Portugiesen ist Cristiano Ronaldo. Sie haben in der Nationalmannschaft und der Premier League oft gegen ihn gespielt. Wie schwierig ist es, sich auf ihn einzustellen?

Lehmann: Ronaldo ist mit seiner Qualität immer gefährlich. Aber ich denke, dass wir auch bei der Europameisterschaft eine gute Methode gegen ihn gefunden haben. Drängt man ihn früh in die Mitte, ist er nicht mehr so effektiv. Er möchte lieber über den Flügel kommen, erst spät in die Mitte ziehen und dann abschließen oder abspielen. Außerdem ist es wichtig, ihn früh zu bedrängen. Möglichst schon bei der Ballannahme. Dann kann er seine Läufe nicht entfalten.

DFB.de: Auf der rechten Seite dürfte Nani spielen. Was halten Sie von ihm?

Lehmann: Er ist ein technisch starker Spieler, der von der Spielweise Ronaldo als Vorbild zu haben scheint. Anders als Ronaldo lässt sich Nani allerdings mit Härte beeindrucken.

DFB.de: Blicken wir auf die EM-Spiel 2008 zurück. Nach einer holprigen Vorrunde trumpfte die deutsche Nationalmannschaft gegen Portugal überraschend stark auf. Wie war dieser Leistungssprung zu erklären?

Lehmann: Wir wussten einfach, dass mit Portugal ein ganz starker Gegner auf uns zukommt und wir 100 Prozent geben müssen. Ich denke, es war unser bestes Spiel im gesamten Turnier. Vor allem war es ein sehr enges Spiel.

DFB.de: Fühlte sich die Mannschaft nach dem 2:0 und später dem 3:1 vielleicht zu sicher?

Lehmann: Das denke ich nicht. Portugal hat einfach viel Qualität. Macht man einen kleinen Fehler, kommen Sie mit den schnellen Leuten nach vorne und spielen ihr starkes Passspiel aus. Ich erinnere mich noch gut an den Anschlusstreffer zum 2:3. Zwischen Postiga und Per Mertesacker war etwa zwei Meter Platz. Ich habe Per noch zugerufen. Aber die Flanke von Nani kam so exakt, und Postiga machte das Tor. Das zeigte die Klasse der Portugiesen.

DFB.de: Bei dem Spiel durfte der Bundestrainer Joachim Löw nicht auf der Bank sitzen, nachdem er im Vorrundenspiel gegen Österreich auf die Tribüne verwiesen wurde. Wie hat sich das auf die Mannschaft ausgewirkt?

Lehmann: Wir waren alle total nervös und wussten überhaupt nicht, was wir machen sollten (lacht).

DFB.de: Ganz so schlimm war es vermutlich nicht.

Lehmann: Nein. Die Hauptarbeit eines Trainers liegt in der Vorbereitung. Beim vorigen Spiel gegen Österreich ist mir nicht einmal aufgefallen, dass der Jogi Löw nicht mehr da war. Natürlich ist es wichtig, dass ein Trainer ein Spiel liest und Änderungen vornehmen kann. Ansonsten aber bekommt man vom Trainer nicht viel mit. Ich als Torwart sowieso nicht.

DFB.de: Portugal galt vor vier Jahren als Turnierfavorit. Wie viele Kräfte hat es freigesetzt, diese starke Mannschaft besiegt zu haben?

Lehmann: Bei so einem kurzen Turnier mit maximal sechs Spielen ist es wichtig, einen Lauf zu haben. Man lebt vom Selbstvertrauen und dem Wissen, auch in schlechten Phasen zurückkommen zu können. Das hat uns auch im Halbfinale gegen die Türkei geholfen. Ansonsten hätten wir wahrscheinlich das späte Siegtor nicht geschossen.

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DFB.de: Zurück zum Spiel gegen Portugal. Es war nicht zuletzt deswegen ein besonderes Spiel, weil der Bundestrainer auf 4-2-3-1 umgestellt hat. Das Spielsystem, das bis heute beibehalten wurde. Wie groß war für Sie als Torwart die Umstellung?

Lehmann: Das war tatsächlich eine Umstellung. Ich habe als Torwart davon gelebt, immer zu wissen, wie ich meine Mannschaft zu organisieren habe. 4-2-3-1 ist ein offensives Spielsystem, daher spielte die Mannschaft auch ganz anders. Bei dieser Formation ist es wichtig, in der Defensive 4-5-1 zu spielen. Das haben wir letztendlich auf dem Spielfeld gut hinbekommen.

DFB.de: Auch bei der Weltmeisterschaft 2006 gab es ein Duell gegen Portugal. Im Spiel um Platz drei hat allerdings Oliver Kahn gespielt, weil man ihm einen würdigen Abschied aus der Nationalmannschaft bescheren wollte. Eigentlich waren Sie die Nummer 1. Hätten Sie gerne gespielt?

Lehmann: Das war völlig in Ordnung so. In der Saison hatte ich mehr als 60 Spiele gemacht. Nach dem verlorenen Halbfinale gegen Italien war auch bei mir die Luft raus.

DFB.de: Letzte Frage zur bevorstehenden Europameisterschaft: Wer gewinnt das Turnier und wo landet Deutschland?

Lehmann: Vor ein paar Wochen hätte ich gesagt, dass Deutschland auf jeden Fall in das Finale kommt. Aber aus Erfahrung weiß ich, dass die Vorbereitungszeit die wichtigste Phase bei einem Großturnier ist. Aufgrund der kurzen Vorbereitung mit den abwesenden Spielern und fehlender Fitness denke ich, es wäre für Deutschland bereits ein Erfolg, die Vorrunde zu überstehen. Joachim Löw musste ein Magier sein, um bei diesen Voraussetzungen den Titel zu gewinnen.

DFB.de: Spanien hatte ebenfalls nur eine kurze Vorbereitungszeit

Lehmann: Aber Spanien ist viel eingespielter und hat in der Breite ein noch größeres Potential an tollen Spielern. Auch die Niederlande kann sehr stark sein, sofern sie in der Abwehr gut stehen. Vielleicht landet auch eine Mannschaft vorne, die jetzt niemand auf der Rechnung hat. Dabei komme ich gerne auf Portugal zurück. Nach dem verlorenen Finale 2004 brennt diese Mannschaft noch immer auf den großen Erfolg.

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Am Samstag bestreitet die deutsche Nationalmannschaft ihr erstes Vorrundenspiel gegen Portugal. Bereits bei der Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz kam es zu diesem Duell. Im Viertelfinale besiegte die stark spielende DFB-Elf die Portugiesen mit 3:2. Großen Anteil am Sieg hatte Torwart Jens Lehmann. Im DFB.de Interview mit Mitarbeiter Oliver Jensen sprach der 42-Jährige über das damalige Spiel, über die Stärken der Portugiesen und die Chancen der deutschen Nationalmannschaft.

DFB.de: Herr Lehmann, wie stark schätzen Sie die Portugiesen ein?

Jens Lehmann: Stärker als vor vier Jahren. In der Abwehr haben sie sich verbessert. Bei Standardsituationen und Flanken waren sie bei der EM 2008 noch sehr anfällig. Außerdem hat Nationaltrainer Paul Bento zumindest Ansätze von einer guten Organisation eingebracht.

DFB.de: Der Superstar der Portugiesen ist Cristiano Ronaldo. Sie haben in der Nationalmannschaft und der Premier League oft gegen ihn gespielt. Wie schwierig ist es, sich auf ihn einzustellen?

Lehmann: Ronaldo ist mit seiner Qualität immer gefährlich. Aber ich denke, dass wir auch bei der Europameisterschaft eine gute Methode gegen ihn gefunden haben. Drängt man ihn früh in die Mitte, ist er nicht mehr so effektiv. Er möchte lieber über den Flügel kommen, erst spät in die Mitte ziehen und dann abschließen oder abspielen. Außerdem ist es wichtig, ihn früh zu bedrängen. Möglichst schon bei der Ballannahme. Dann kann er seine Läufe nicht entfalten.

DFB.de: Auf der rechten Seite dürfte Nani spielen. Was halten Sie von ihm?

Lehmann: Er ist ein technisch starker Spieler, der von der Spielweise Ronaldo als Vorbild zu haben scheint. Anders als Ronaldo lässt sich Nani allerdings mit Härte beeindrucken.

DFB.de: Blicken wir auf die EM-Spiel 2008 zurück. Nach einer holprigen Vorrunde trumpfte die deutsche Nationalmannschaft gegen Portugal überraschend stark auf. Wie war dieser Leistungssprung zu erklären?

Lehmann: Wir wussten einfach, dass mit Portugal ein ganz starker Gegner auf uns zukommt und wir 100 Prozent geben müssen. Ich denke, es war unser bestes Spiel im gesamten Turnier. Vor allem war es ein sehr enges Spiel.

DFB.de: Fühlte sich die Mannschaft nach dem 2:0 und später dem 3:1 vielleicht zu sicher?

Lehmann: Das denke ich nicht. Portugal hat einfach viel Qualität. Macht man einen kleinen Fehler, kommen Sie mit den schnellen Leuten nach vorne und spielen ihr starkes Passspiel aus. Ich erinnere mich noch gut an den Anschlusstreffer zum 2:3. Zwischen Postiga und Per Mertesacker war etwa zwei Meter Platz. Ich habe Per noch zugerufen. Aber die Flanke von Nani kam so exakt, und Postiga machte das Tor. Das zeigte die Klasse der Portugiesen.

DFB.de: Bei dem Spiel durfte der Bundestrainer Joachim Löw nicht auf der Bank sitzen, nachdem er im Vorrundenspiel gegen Österreich auf die Tribüne verwiesen wurde. Wie hat sich das auf die Mannschaft ausgewirkt?

Lehmann: Wir waren alle total nervös und wussten überhaupt nicht, was wir machen sollten (lacht).

DFB.de: Ganz so schlimm war es vermutlich nicht.

Lehmann: Nein. Die Hauptarbeit eines Trainers liegt in der Vorbereitung. Beim vorigen Spiel gegen Österreich ist mir nicht einmal aufgefallen, dass der Jogi Löw nicht mehr da war. Natürlich ist es wichtig, dass ein Trainer ein Spiel liest und Änderungen vornehmen kann. Ansonsten aber bekommt man vom Trainer nicht viel mit. Ich als Torwart sowieso nicht.

DFB.de: Portugal galt vor vier Jahren als Turnierfavorit. Wie viele Kräfte hat es freigesetzt, diese starke Mannschaft besiegt zu haben?

Lehmann: Bei so einem kurzen Turnier mit maximal sechs Spielen ist es wichtig, einen Lauf zu haben. Man lebt vom Selbstvertrauen und dem Wissen, auch in schlechten Phasen zurückkommen zu können. Das hat uns auch im Halbfinale gegen die Türkei geholfen. Ansonsten hätten wir wahrscheinlich das späte Siegtor nicht geschossen.

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DFB.de: Zurück zum Spiel gegen Portugal. Es war nicht zuletzt deswegen ein besonderes Spiel, weil der Bundestrainer auf 4-2-3-1 umgestellt hat. Das Spielsystem, das bis heute beibehalten wurde. Wie groß war für Sie als Torwart die Umstellung?

Lehmann: Das war tatsächlich eine Umstellung. Ich habe als Torwart davon gelebt, immer zu wissen, wie ich meine Mannschaft zu organisieren habe. 4-2-3-1 ist ein offensives Spielsystem, daher spielte die Mannschaft auch ganz anders. Bei dieser Formation ist es wichtig, in der Defensive 4-5-1 zu spielen. Das haben wir letztendlich auf dem Spielfeld gut hinbekommen.

DFB.de: Auch bei der Weltmeisterschaft 2006 gab es ein Duell gegen Portugal. Im Spiel um Platz drei hat allerdings Oliver Kahn gespielt, weil man ihm einen würdigen Abschied aus der Nationalmannschaft bescheren wollte. Eigentlich waren Sie die Nummer 1. Hätten Sie gerne gespielt?

Lehmann: Das war völlig in Ordnung so. In der Saison hatte ich mehr als 60 Spiele gemacht. Nach dem verlorenen Halbfinale gegen Italien war auch bei mir die Luft raus.

DFB.de: Letzte Frage zur bevorstehenden Europameisterschaft: Wer gewinnt das Turnier und wo landet Deutschland?

Lehmann: Vor ein paar Wochen hätte ich gesagt, dass Deutschland auf jeden Fall in das Finale kommt. Aber aus Erfahrung weiß ich, dass die Vorbereitungszeit die wichtigste Phase bei einem Großturnier ist. Aufgrund der kurzen Vorbereitung mit den abwesenden Spielern und fehlender Fitness denke ich, es wäre für Deutschland bereits ein Erfolg, die Vorrunde zu überstehen. Joachim Löw musste ein Magier sein, um bei diesen Voraussetzungen den Titel zu gewinnen.

DFB.de: Spanien hatte ebenfalls nur eine kurze Vorbereitungszeit

Lehmann: Aber Spanien ist viel eingespielter und hat in der Breite ein noch größeres Potential an tollen Spielern. Auch die Niederlande kann sehr stark sein, sofern sie in der Abwehr gut stehen. Vielleicht landet auch eine Mannschaft vorne, die jetzt niemand auf der Rechnung hat. Dabei komme ich gerne auf Portugal zurück. Nach dem verlorenen Finale 2004 brennt diese Mannschaft noch immer auf den großen Erfolg.