Lavinia Wilson: "Ich halte die Spannung manchmal nicht aus"

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Lavinia Wilson probt seit Februar ihre neueste Rolle. Die als Mutter. Die Schauspielerin hat ihr erstes Kind bekommen. Passend im WM-Jahr heißt der Sohn Rio. Die Namensgleichheit von Nachwuchs und WM-Endspielort hält Lavinia Wilson für ein gutes Omen. Denn die Deutsch-Amerikanerin drückt der DFB-Auswahl die Daumen. Ihre Sympathien sind im Fußball eindeutig verteilt. Selbst das abschließende Gruppenspiel zwischen der deutschen Mannschaft und den USA bringt sie nicht in Gewissenskonflikte.

Damit zeigt Lavinia Wilson eine klare Linie, die die von ihr verkörperten Filmfiguren oftmals vermissen lassen. Seit Beginn ihrer schauspielerischen Laufbahn findet sie ein besonderes Verständnis für die Eigenarten der Charaktere, um das Fragile, Menschliche und Existenzielle darzustellen. Diese Fähigkeit macht sie zu einer gefragten Schauspielerin. Die Grimme-Preisträgerin ist zum Beispiel in der Hauptrolle von Sommermärchen-Regisseur Sönke Wortmanns Bestseller-Verfilmung von „Schoßgebete“ (Kinostart: 18. September 2014) zu sehen.

Im fanclub.dfb.de-Interview spricht Lavinia Wilson mit Redakteur Niels Barnhofer über Rio, Mädchensport, Manndecker, Warmduscher und öffentliche Aufbahrungen.

fanclub.dfb.de: Frau Wilson, gehen wir Recht in der Annahme, dass sich bei Ihnen derzeit alles um Rio dreht?

Lavinia Wilson: Ja, wir haben es als Gutes Omen betrachtet, dass unser Sohn im selben Jahr geboren wurde, in dem die deutsche Nationalmannschaft ebendort den Titel holt (lacht).

fanclub.dfb.de: Wie fußballinteressiert sind Sie?

Lavinia Wilson: Ich hatte es mir diesmal fest vorgenommen, die WM aus Protest wegen den ganzen gesellschaftlichen und organisatorischen Misständen im Vorfeld zu boykottieren. Das hat genau bis fünf Minuten vor dem Eröffnungsspiel gehalten. Das ist ja das Unglaubliche am Fußball, dass einem nicht mal solche Umstände die Begeisterung für den Sport nehmen können. Abgesehen von der WM ist es bei uns zu Hause kaum zu vermeiden, mitzubekommen, was gerade los ist in der Bundesliga, den anderen europäischen Ligen und den internationalen Wettbewerben. Ich lese gerne den Sportteil zum Frühstück. Alles in allem ist die Beschreibung „gediegenes Halbwissen“ ganz zutreffend, glaube ich.

fanclub.dfb.de: Was begeistert Sie am Fußball?

Lavinia Wilson:Es gibt keinen spannenderen Sport. Nirgendwo sonst gibt es diese Mischung aus physischen Höchstleistungen, Taktik, Psychologie, Zufall, Kampf, Legendenbildung und Aberglaube. Der Grad ist immer so schmal zwischen Sieg und Niederlage, bierernst und urkomisch, Macho-Männlichkeit und Homoerotik. Wunderbar!

fanclub.dfb.de: Haben Sie selbst mal Fußball gespielt?

Lavinia Wilson: Ja. Ich war auf einer amerikanischen Grundschule. In Amerika gilt „soccer“ ja als Mädchensport. Ich hatte aber kein Talent.

fanclub.dfb.de: Auf welcher Position würden Sie im Fußball spielen wollen?

Lavinia Wilson: Offensives Mittelfeld. Die Schauspielerei würde bestimmt dabei helfen, den ein oder anderen Elfmeter herauszuholen.

fanclub.dfb.de: Über Ihre Schauspiel-Rollen haben Sie einmal gesagt: „Man will nicht nur Sympathen spielen.“ Das klingt nach Manndecker im Fußball.

Lavinia Wilson: Da käme ich mit meinen 1,60 Meter Körpergröße nicht weit! Was ich damit meinte ist, dass tolle Filmfiguren, die beim Spielen den größten Spaß bereiten, nicht sympathisch sein müssen, sondern interessant. Dass sind Kategorien, die mit Fußball wenig zu tun haben. Was vielleicht ähnlich ist, ist der Umstand, dass es einem - wenn man bei etwas gut sein will - in bestimmten Situationen egal sein muss, was andere von einem denken. Aber das gilt wahrscheinlich in den meisten Berufen.

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fanclub.dfb.de: In Ihrem letzten Tatort, „Borowski und der Engel“, spielten Sie eine Borderline-Persönlichkeit. Wie die Kritiker sagten sehr überzeugend. Warum gelang Ihnen die Rolle der Sabrina Dobisch so gut?

Lavinia Wilson: Weil ich schwer gestört bin! (lacht) Nein, Quatsch, ich bin davon überzeugt, dass man diese abgründigen Figuren nur dann glaubhaft spielen kann, wenn man sich sicher sein kann, selber nicht in den Abgrund zu fallen. Um beim Beispiel Sabrina Dobisch zu bleiben: Die war ja nicht nur borderline, sondern dazu noch eine pathologische Lügnerin mit einer starken narzisstischen Störung. Wenn ich all diese Probleme wirklich hätte, würde ich keine drei Drehtage überstehen. Trotzdem muss ich auch bei der vordergründig ultimativ bösen Figur irgendwas finden, was ich gern haben kann, sonst wird es ein langweiliges Abziehbild. Meistens hilft Humor dabei. Bei Sabrina war es ihre Naivität.

fanclub.dfb.de: Ihr Vater ist US-Amerikaner, Ihre Mutter ist Deutsche. Bringt Sie das beim WM-Gruppenspiel zwischen Deutschland und USA am kommenden Donnerstag in Gewissenskonflikte?

Lavinia Wilson: In den USA belächeln die „echten Männer“ des American Football, Baseball und Basketball die Fußballspieler und ihre Fans aus dem Intellektuellenmilieu als Warmduscher. Auch wenn die Fan-Gemeide wächst, ist dort Fußball lange nicht so in der Kultur verankert wie hier. Echte Fußballbegeisterung kenne ich nur von hier, daher sind meine Loyalitäten auch klar verteilt. Aber vielleicht grillen wir zum Spiel Burger.

fanclub.dfb.de: Wie intensiv gehen Sie beim Fußball mit?

Lavinia Wilson: Ich muss manchmal raus gehen, weil ich die Spannung nicht aushalte.

fanclub.dfb.de: Haben Sie ein Trikot? Irgendwelche anderen Fan-Utensilien, die Sie während der Übertragungen tragen?

Lavinia Wilson: Ich bin grundsätzlich kein Fan von Mottokleidung. Aber mein Herz fiebert mit - auch ohne Schland-Style.

fanclub.dfb.de: Gibt es eine schöne Anekdote aus Ihrem Leben, die Sie mit dem Fußball verbinden?

Lavinia Wilson: Wir waren vor Kurzem in Texas. Als wir nach einer Möglichkeit zum Public Viewing gefragt haben, wurden wir angeschaut als wären wir Aliens. Public Viewing ist nämlich eine deutsche Wortschöpfung. Im Englischen bedeutet public viewing „öffentliche Aufbahrung“. Wie dem auch sei, die einzige Möglichkeit, die Champions League zu gucken war dann im Bio-Laden, kein Scherz.

fanclub.dfb.de: Haben Sie die Geschichte schon Ihrem Sohn erzählt?

Lavinia Wilson: Er war dabei. Sein Interesse hielt sich aber in Grenzen.

fanclub.dfb.de: Wie fußballaffin ist Ihr Sohn bereits?

Lavinia Wilson: Er kaut bisher nur am Ball.

fanclub.dfb.de: Lässt er Sie in Ruhe die Spiele der WM gucken?

Lavinia Wilson: Er uns schon. Nur wir müssen die versammelten Freunde zum Pantomime-Jubeln animieren, wenn er schläft.

fanclub.dfb.de: Was wünschen Sie der DFB bei der WM in Brasilien?

Lavinia Wilson: Ab jetzt noch fünf Siege.

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Lavinia Wilson probt seit Februar ihre neueste Rolle. Die als Mutter. Die Schauspielerin hat ihr erstes Kind bekommen. Passend im WM-Jahr heißt der Sohn Rio. Die Namensgleichheit von Nachwuchs und WM-Endspielort hält Lavinia Wilson für ein gutes Omen. Denn die Deutsch-Amerikanerin drückt der DFB-Auswahl die Daumen. Ihre Sympathien sind im Fußball eindeutig verteilt. Selbst das abschließende Gruppenspiel zwischen der deutschen Mannschaft und den USA bringt sie nicht in Gewissenskonflikte.

Damit zeigt Lavinia Wilson eine klare Linie, die die von ihr verkörperten Filmfiguren oftmals vermissen lassen. Seit Beginn ihrer schauspielerischen Laufbahn findet sie ein besonderes Verständnis für die Eigenarten der Charaktere, um das Fragile, Menschliche und Existenzielle darzustellen. Diese Fähigkeit macht sie zu einer gefragten Schauspielerin. Die Grimme-Preisträgerin ist zum Beispiel in der Hauptrolle von Sommermärchen-Regisseur Sönke Wortmanns Bestseller-Verfilmung von „Schoßgebete“ (Kinostart: 18. September 2014) zu sehen.

Im fanclub.dfb.de-Interview spricht Lavinia Wilson mit Redakteur Niels Barnhofer über Rio, Mädchensport, Manndecker, Warmduscher und öffentliche Aufbahrungen.

fanclub.dfb.de: Frau Wilson, gehen wir Recht in der Annahme, dass sich bei Ihnen derzeit alles um Rio dreht?

Lavinia Wilson: Ja, wir haben es als Gutes Omen betrachtet, dass unser Sohn im selben Jahr geboren wurde, in dem die deutsche Nationalmannschaft ebendort den Titel holt (lacht).

fanclub.dfb.de: Wie fußballinteressiert sind Sie?

Lavinia Wilson: Ich hatte es mir diesmal fest vorgenommen, die WM aus Protest wegen den ganzen gesellschaftlichen und organisatorischen Misständen im Vorfeld zu boykottieren. Das hat genau bis fünf Minuten vor dem Eröffnungsspiel gehalten. Das ist ja das Unglaubliche am Fußball, dass einem nicht mal solche Umstände die Begeisterung für den Sport nehmen können. Abgesehen von der WM ist es bei uns zu Hause kaum zu vermeiden, mitzubekommen, was gerade los ist in der Bundesliga, den anderen europäischen Ligen und den internationalen Wettbewerben. Ich lese gerne den Sportteil zum Frühstück. Alles in allem ist die Beschreibung „gediegenes Halbwissen“ ganz zutreffend, glaube ich.

fanclub.dfb.de: Was begeistert Sie am Fußball?

Lavinia Wilson:Es gibt keinen spannenderen Sport. Nirgendwo sonst gibt es diese Mischung aus physischen Höchstleistungen, Taktik, Psychologie, Zufall, Kampf, Legendenbildung und Aberglaube. Der Grad ist immer so schmal zwischen Sieg und Niederlage, bierernst und urkomisch, Macho-Männlichkeit und Homoerotik. Wunderbar!

fanclub.dfb.de: Haben Sie selbst mal Fußball gespielt?

Lavinia Wilson: Ja. Ich war auf einer amerikanischen Grundschule. In Amerika gilt „soccer“ ja als Mädchensport. Ich hatte aber kein Talent.

fanclub.dfb.de: Auf welcher Position würden Sie im Fußball spielen wollen?

Lavinia Wilson: Offensives Mittelfeld. Die Schauspielerei würde bestimmt dabei helfen, den ein oder anderen Elfmeter herauszuholen.

fanclub.dfb.de: Über Ihre Schauspiel-Rollen haben Sie einmal gesagt: „Man will nicht nur Sympathen spielen.“ Das klingt nach Manndecker im Fußball.

Lavinia Wilson: Da käme ich mit meinen 1,60 Meter Körpergröße nicht weit! Was ich damit meinte ist, dass tolle Filmfiguren, die beim Spielen den größten Spaß bereiten, nicht sympathisch sein müssen, sondern interessant. Dass sind Kategorien, die mit Fußball wenig zu tun haben. Was vielleicht ähnlich ist, ist der Umstand, dass es einem - wenn man bei etwas gut sein will - in bestimmten Situationen egal sein muss, was andere von einem denken. Aber das gilt wahrscheinlich in den meisten Berufen.

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fanclub.dfb.de: In Ihrem letzten Tatort, „Borowski und der Engel“, spielten Sie eine Borderline-Persönlichkeit. Wie die Kritiker sagten sehr überzeugend. Warum gelang Ihnen die Rolle der Sabrina Dobisch so gut?

Lavinia Wilson: Weil ich schwer gestört bin! (lacht) Nein, Quatsch, ich bin davon überzeugt, dass man diese abgründigen Figuren nur dann glaubhaft spielen kann, wenn man sich sicher sein kann, selber nicht in den Abgrund zu fallen. Um beim Beispiel Sabrina Dobisch zu bleiben: Die war ja nicht nur borderline, sondern dazu noch eine pathologische Lügnerin mit einer starken narzisstischen Störung. Wenn ich all diese Probleme wirklich hätte, würde ich keine drei Drehtage überstehen. Trotzdem muss ich auch bei der vordergründig ultimativ bösen Figur irgendwas finden, was ich gern haben kann, sonst wird es ein langweiliges Abziehbild. Meistens hilft Humor dabei. Bei Sabrina war es ihre Naivität.

fanclub.dfb.de: Ihr Vater ist US-Amerikaner, Ihre Mutter ist Deutsche. Bringt Sie das beim WM-Gruppenspiel zwischen Deutschland und USA am kommenden Donnerstag in Gewissenskonflikte?

Lavinia Wilson: In den USA belächeln die „echten Männer“ des American Football, Baseball und Basketball die Fußballspieler und ihre Fans aus dem Intellektuellenmilieu als Warmduscher. Auch wenn die Fan-Gemeide wächst, ist dort Fußball lange nicht so in der Kultur verankert wie hier. Echte Fußballbegeisterung kenne ich nur von hier, daher sind meine Loyalitäten auch klar verteilt. Aber vielleicht grillen wir zum Spiel Burger.

fanclub.dfb.de: Wie intensiv gehen Sie beim Fußball mit?

Lavinia Wilson: Ich muss manchmal raus gehen, weil ich die Spannung nicht aushalte.

fanclub.dfb.de: Haben Sie ein Trikot? Irgendwelche anderen Fan-Utensilien, die Sie während der Übertragungen tragen?

Lavinia Wilson: Ich bin grundsätzlich kein Fan von Mottokleidung. Aber mein Herz fiebert mit - auch ohne Schland-Style.

fanclub.dfb.de: Gibt es eine schöne Anekdote aus Ihrem Leben, die Sie mit dem Fußball verbinden?

Lavinia Wilson: Wir waren vor Kurzem in Texas. Als wir nach einer Möglichkeit zum Public Viewing gefragt haben, wurden wir angeschaut als wären wir Aliens. Public Viewing ist nämlich eine deutsche Wortschöpfung. Im Englischen bedeutet public viewing „öffentliche Aufbahrung“. Wie dem auch sei, die einzige Möglichkeit, die Champions League zu gucken war dann im Bio-Laden, kein Scherz.

fanclub.dfb.de: Haben Sie die Geschichte schon Ihrem Sohn erzählt?

Lavinia Wilson: Er war dabei. Sein Interesse hielt sich aber in Grenzen.

fanclub.dfb.de: Wie fußballaffin ist Ihr Sohn bereits?

Lavinia Wilson: Er kaut bisher nur am Ball.

fanclub.dfb.de: Lässt er Sie in Ruhe die Spiele der WM gucken?

Lavinia Wilson: Er uns schon. Nur wir müssen die versammelten Freunde zum Pantomime-Jubeln animieren, wenn er schläft.

fanclub.dfb.de: Was wünschen Sie der DFB bei der WM in Brasilien?

Lavinia Wilson: Ab jetzt noch fünf Siege.