Lars Leese: "Müssen noch in den Spiegel schauen können"

"Ich war damals mit meiner Aufgabe noch nicht fertig." Mit diesen Worten kehrte Lars Leese (44) vor etwas mehr als einem Monat auf die Trainerbank des stark abstiegsbedrohten West-Regionalligisten SSVg. Velbert zurück. Während der Verein aus dem Bergischen Land bei der Beurlaubung von Leese im April noch auf Schlagdistanz zu den Nichtabstiegsplätzen gelegen und unter seinem Nachfolger Hans-Günter Bruns auch den Klassenverbleib realisiert hatte, bietet der aktuelle Tabellenstand nun alles andere als eine Traumkonstellation für den Buchautor ("Der Traumhüter").

Stolze 13 Punkte Rückstand zum "rettenden Ufer" erinnern Leese, der seine wechselhafte Karriere von der Kreisliga über die englische Premier League zurück in die deutsche Oberliga gemeinsam mit dem Sportjournalisten Ronald Reng in seinem Buch "Der Traumhüter, die unglaubliche Geschichte eines Torwarts" beschrieben hat, nun auch an seine Spielerstation beim FC Barnsley. Der ehemalige Torhüter sicherte dem damaligen englischen Erstliga-Aufsteiger unter anderem einen sensationellen 1:0-Auswärtssieg beim FC Liverpool an der Anfield Road. Nun wartet in Velbert die größte "Herkules-Aufgabe" seiner Trainerkarriere auf den Fußball-Lehrer.

Warum sich eine Vorbereitung auf die Restrunde trotz der äußerst schwierigen Ausgangslage noch lohnt, erklärt Lars Leese im exklusiven DFB.de-Interview mit dem Journalisten Dominik Sander und spricht über die Suche nach "positiv verrückten" Verstärkungen sowie einen möglichen Neuanfang in der Oberliga.

DFB.de: Unmittelbar vor der Winterpause weist die SSVg. Velbert schon 13 Punkte Rückstand zum „rettenden Ufer“ auf. Wie stellen Sie sich die auf die Restrunde vor, Herr Leese?

Lars Leese: Wir werden einen Teufel tun und erst einen Tag vor dem ersten Restrundenspiel am 1. Februar wieder trainieren, sondern bereits ab dem 27. Dezember hart und couragiert arbeiten. Unsere Mannschaft gibt eigentlich viel mehr her als die bisherigen sechs Punkte, benötigt aber erst einmal wieder ein Fundament, an das sie glauben kann. Dass eine große Aufholjagd durchaus möglich ist, hat die U 23 von Fortuna Düsseldorf in der vergangenen Saison gezeigt. Gegenüber einigen unserer Konkurrenten sind wir außerdem noch mit zwei Spielen im Rückstand.

DFB.de: In welchen Bereichen haben Sie während der ersten drei Spiele mit drei Niederlagen nach Ihrer Rückkehr die größten Defizite ausgemacht?

Leese: Es ist nicht so, dass einige Spieler schon einen Rollator benötigen. Doch elf Tore in 17 Spielen, darunter nur ein Treffer durch einen Stürmer, zeigen deutlich, wo der Schuh drückt. Gerade vor dem gegnerischen Tor schieben einige Jungs die Verantwortung ständig weiter und können dem Druck nicht so recht standhalten. In der jetzigen Phase sind selbst einige alte Füchse wie Dimitrios Pappas oder Markus Kaya, die auf dem Platz viel marschieren, nach Niederlagen ein wenig angeknockt.

DFB.de: Kommt die Ansetzung der Nachholpartie beim direkten Abstiegskonkurrenten KFC Uerdingen 05 am Samstag (ab 14 Uhr) dann nicht eher ungelegen?

Leese: Wir hoffen sehr, das die Partie stattfinden kann. So bekommen wir die große Möglichkeit, ein völlig gebrauchtes halbes Jahr zumindest etwas zu relativieren und die Friedhofsstimmung etwas zu verbessern. Auch der KFC Uerdingen reißt aktuell nicht unbedingt Bäume aus. Daher erwarte ich einen offenen Schlagabtausch. Wir müssen dann quasi, kurz bevor der Gong ertönt, aufstehen und den entscheidenden Punkt machen.

DFB.de: Welche konkreten Maßnahmen sind in der Winterpause vorgesehen?

Leese: Der Kader wird von aktuell 26 Spielern auf 20 reduziert. Wir können den Klassenverbleib schließlich nur noch packen, wenn die Mannschaft ein verschworener Haufen wird und kein Spieler schlechte Stimmung macht, wenn er nicht zum Kader gehört. Mit dem eingesparten Geld durch die Verschlankung hoffen wir auch, die Offensive noch einmal aufbessern zu können.

DFB.de: Wie schwierig gestaltet sich bei der Tabellensituation die Suche nach möglichen Verstärkungen?

Leese: Keine Frage: Wir müssen sehr viel Überzeugungsarbeit leisten. Auf gut Deutsch gesagt: Wir benötigen positiv verrückte Spieler, die den Klassenverbleib mit Velbert als eine der größten Herausforderungen ihres Lebens ansehen.

DFB.de: Wie viele Punkte müssen im neuen Jahr her, um möglicherweise noch für eine Sensation zu sorgen?

Leese: 30 Punkte plus X sind unser Ziel. Sollten wir von Verletzungen verschont bleiben, halte ich diese Marke auch durchaus für realistisch. In der Restrunde werden die anderen Mannschaften noch mehr Bange haben, gegen uns Punkte liegen zu lassen. Auch das müssen wir für uns nutzen. Wir sind ohnehin dazu verdammt, in jedem Spiel auf Sieg zu spielen. Wenn wir absteigen, möchten wir zumindest am Saisonende noch in den Spiegel schauen können.

DFB.de: Stehen Sie denn auch für einen Neuanfang in der Oberliga Niederrhein zur Verfügung?

Leese: Klar. Mein Vertrag gilt für beide Ligen. Bei den Gesprächen vor meiner Rückkehr waren wir nicht so vermessen, dieses Szenario komplett außer Acht zu lassen. Es gab aber noch keine Details. Am Saisonende muss der Vorstand um Oliver Kuhn entscheiden, in welcher Form es weitergeht. Im Falle des Abstiegs möchten wir in der Oberliga aber eine gute Rolle spielen.

DFB.de: Waren Sie in Ihrer bisherigen Karriere schon einmal in einer vergleichbaren Situation?

Leese: Als Trainer des SV Bergisch Gladbach 09 waren wir mit nur einem Punkt aus den ersten sieben Spielen in die NRW-Liga-Saison 2010/2011 gestartet. Auch damals haben wir die Kuh noch vom Eis bekommen. Während meiner aktiven Karriere als Torhüter kommt der 1:0-Auswärtssieg mit dem englischen Erstliga-Aufsteiger FC Barnsley beim FC Livepool der Situation als krassester Außenseiter am nächsten. Es gibt nie Garantien, aber es lohnt sich, zu kämpfen.

DFB.de: Wie würde der Titel eines neuen Buches von Ihnen lauten, wenn Sie mit Velbert noch den Klassenverbleib schaffen?

Leese: "Der Traumtrainer: Die unglaubliche Aufholjagd zum Klassenverbleib", würde ganz gut passen und hätte ein Happy End.

[mspw]

"Ich war damals mit meiner Aufgabe noch nicht fertig." Mit diesen Worten kehrte Lars Leese (44) vor etwas mehr als einem Monat auf die Trainerbank des stark abstiegsbedrohten West-Regionalligisten SSVg. Velbert zurück. Während der Verein aus dem Bergischen Land bei der Beurlaubung von Leese im April noch auf Schlagdistanz zu den Nichtabstiegsplätzen gelegen und unter seinem Nachfolger Hans-Günter Bruns auch den Klassenverbleib realisiert hatte, bietet der aktuelle Tabellenstand nun alles andere als eine Traumkonstellation für den Buchautor ("Der Traumhüter").

Stolze 13 Punkte Rückstand zum "rettenden Ufer" erinnern Leese, der seine wechselhafte Karriere von der Kreisliga über die englische Premier League zurück in die deutsche Oberliga gemeinsam mit dem Sportjournalisten Ronald Reng in seinem Buch "Der Traumhüter, die unglaubliche Geschichte eines Torwarts" beschrieben hat, nun auch an seine Spielerstation beim FC Barnsley. Der ehemalige Torhüter sicherte dem damaligen englischen Erstliga-Aufsteiger unter anderem einen sensationellen 1:0-Auswärtssieg beim FC Liverpool an der Anfield Road. Nun wartet in Velbert die größte "Herkules-Aufgabe" seiner Trainerkarriere auf den Fußball-Lehrer.

Warum sich eine Vorbereitung auf die Restrunde trotz der äußerst schwierigen Ausgangslage noch lohnt, erklärt Lars Leese im exklusiven DFB.de-Interview mit dem Journalisten Dominik Sander und spricht über die Suche nach "positiv verrückten" Verstärkungen sowie einen möglichen Neuanfang in der Oberliga.

DFB.de: Unmittelbar vor der Winterpause weist die SSVg. Velbert schon 13 Punkte Rückstand zum „rettenden Ufer“ auf. Wie stellen Sie sich die auf die Restrunde vor, Herr Leese?

Lars Leese: Wir werden einen Teufel tun und erst einen Tag vor dem ersten Restrundenspiel am 1. Februar wieder trainieren, sondern bereits ab dem 27. Dezember hart und couragiert arbeiten. Unsere Mannschaft gibt eigentlich viel mehr her als die bisherigen sechs Punkte, benötigt aber erst einmal wieder ein Fundament, an das sie glauben kann. Dass eine große Aufholjagd durchaus möglich ist, hat die U 23 von Fortuna Düsseldorf in der vergangenen Saison gezeigt. Gegenüber einigen unserer Konkurrenten sind wir außerdem noch mit zwei Spielen im Rückstand.

DFB.de: In welchen Bereichen haben Sie während der ersten drei Spiele mit drei Niederlagen nach Ihrer Rückkehr die größten Defizite ausgemacht?

Leese: Es ist nicht so, dass einige Spieler schon einen Rollator benötigen. Doch elf Tore in 17 Spielen, darunter nur ein Treffer durch einen Stürmer, zeigen deutlich, wo der Schuh drückt. Gerade vor dem gegnerischen Tor schieben einige Jungs die Verantwortung ständig weiter und können dem Druck nicht so recht standhalten. In der jetzigen Phase sind selbst einige alte Füchse wie Dimitrios Pappas oder Markus Kaya, die auf dem Platz viel marschieren, nach Niederlagen ein wenig angeknockt.

DFB.de: Kommt die Ansetzung der Nachholpartie beim direkten Abstiegskonkurrenten KFC Uerdingen 05 am Samstag (ab 14 Uhr) dann nicht eher ungelegen?

Leese: Wir hoffen sehr, das die Partie stattfinden kann. So bekommen wir die große Möglichkeit, ein völlig gebrauchtes halbes Jahr zumindest etwas zu relativieren und die Friedhofsstimmung etwas zu verbessern. Auch der KFC Uerdingen reißt aktuell nicht unbedingt Bäume aus. Daher erwarte ich einen offenen Schlagabtausch. Wir müssen dann quasi, kurz bevor der Gong ertönt, aufstehen und den entscheidenden Punkt machen.

DFB.de: Welche konkreten Maßnahmen sind in der Winterpause vorgesehen?

Leese: Der Kader wird von aktuell 26 Spielern auf 20 reduziert. Wir können den Klassenverbleib schließlich nur noch packen, wenn die Mannschaft ein verschworener Haufen wird und kein Spieler schlechte Stimmung macht, wenn er nicht zum Kader gehört. Mit dem eingesparten Geld durch die Verschlankung hoffen wir auch, die Offensive noch einmal aufbessern zu können.

DFB.de: Wie schwierig gestaltet sich bei der Tabellensituation die Suche nach möglichen Verstärkungen?

Leese: Keine Frage: Wir müssen sehr viel Überzeugungsarbeit leisten. Auf gut Deutsch gesagt: Wir benötigen positiv verrückte Spieler, die den Klassenverbleib mit Velbert als eine der größten Herausforderungen ihres Lebens ansehen.

DFB.de: Wie viele Punkte müssen im neuen Jahr her, um möglicherweise noch für eine Sensation zu sorgen?

Leese: 30 Punkte plus X sind unser Ziel. Sollten wir von Verletzungen verschont bleiben, halte ich diese Marke auch durchaus für realistisch. In der Restrunde werden die anderen Mannschaften noch mehr Bange haben, gegen uns Punkte liegen zu lassen. Auch das müssen wir für uns nutzen. Wir sind ohnehin dazu verdammt, in jedem Spiel auf Sieg zu spielen. Wenn wir absteigen, möchten wir zumindest am Saisonende noch in den Spiegel schauen können.

DFB.de: Stehen Sie denn auch für einen Neuanfang in der Oberliga Niederrhein zur Verfügung?

Leese: Klar. Mein Vertrag gilt für beide Ligen. Bei den Gesprächen vor meiner Rückkehr waren wir nicht so vermessen, dieses Szenario komplett außer Acht zu lassen. Es gab aber noch keine Details. Am Saisonende muss der Vorstand um Oliver Kuhn entscheiden, in welcher Form es weitergeht. Im Falle des Abstiegs möchten wir in der Oberliga aber eine gute Rolle spielen.

DFB.de: Waren Sie in Ihrer bisherigen Karriere schon einmal in einer vergleichbaren Situation?

Leese: Als Trainer des SV Bergisch Gladbach 09 waren wir mit nur einem Punkt aus den ersten sieben Spielen in die NRW-Liga-Saison 2010/2011 gestartet. Auch damals haben wir die Kuh noch vom Eis bekommen. Während meiner aktiven Karriere als Torhüter kommt der 1:0-Auswärtssieg mit dem englischen Erstliga-Aufsteiger FC Barnsley beim FC Livepool der Situation als krassester Außenseiter am nächsten. Es gibt nie Garantien, aber es lohnt sich, zu kämpfen.

DFB.de: Wie würde der Titel eines neuen Buches von Ihnen lauten, wenn Sie mit Velbert noch den Klassenverbleib schaffen?

Leese: "Der Traumtrainer: Die unglaubliche Aufholjagd zum Klassenverbleib", würde ganz gut passen und hätte ein Happy End.