Lambert: "Schottland hat die stärkste Mannschaft seit Jahren"

Die Schotten sind unter Trainer Steven Clarke in den Kreis der Besten zurückgekehrt - und wollen nun bei der UEFA EURO 2024 in Deutschland auch dank ihres großen Fan-Supports für weitere positive Schlagzeilen sorgen. Warum und vor allem wie das gelingen kann, erklärt der Dortmunder Champions-League-Sieger Paul Lambert vor dem EM-Eröffnungsspiel heute (ab 21 Uhr, live im ZDF und bei MagentaTV) in München zwischen den Gastgebern und Schottland.

Eines steht schon mal fest: Das Auftaktspiel der EM zwischen Deutschland und Schottland wird ein echter Festtag werden. Und das dürfte auch mit der "Tartan Army" zusammenhängen. Unsere Fans freuen sich wahnsinnig auf dieses Turnier und natürlich auch auf die Atmosphäre in Deutschland – sowie das Münchner Bier. In Schottland herrscht eine euphorische Stimmung. Das hängt vor allem damit zusammen, dass sich unsere Nationalmannschaft in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt hat. Wir haben das schon in der Qualifikation unter Beweis gestellt, in der wir uns als Gruppenzweiter hinter Spanien durchgesetzt haben. Der Höhepunkt war der 2:0-Sieg über Spanien im Oktober vor 50.000 Fans im Hampden Park. Da haben wir bewiesen, dass wir auch Favoriten stürzen können.

Beide Tore hat damals Scott McTominay erzielt – womit wir auch bei einem Schlüsselspieler wären. Scott ist ein kompletter Mittelfeldspieler: spielintelligent und zweikampfstark, sowohl defensiv als auch offensiv stark. Er verfügt über Übersicht und hat einen Torriecher. Möglicherweise hängt das damit zusammen, dass er gelernter Stürmer ist. Schon als Fünfjähriger ist er in die Manchester United Academy gekommen und dem Klub immer treu geblieben, auch wenn er zwischenzeitlich mal nicht gespielt hat. Das zahlt sich jetzt aus: McTominay spielt eine richtig starke Saison.

Robertson ist ein echter Führungsspieler

Der zweite Schlüsselspieler ist unser Kapitän Andrew Robertson vom FC Liverpool – ein echter Führungsspieler. Robertson ist mehr als nur ein Linksverteidiger, er schaltet sich häufig in die Angriffe ein, hat sowohl im Klub als auch in der Nationalmannschaft viele Tore vorbereitet. Schottland hat, das lässt sich ohne Übertreibung sagen, die stärkste Mannschaft seit Jahren. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen haben die schottischen Klubs über die vergangenen Jahre ihre Nachwuchsarbeit deutlich verbessert. Zum anderen spielen viele der aktuellen Nationalspieler in der englischen Premier League. Sie sind es gewohnt, auf hohem Niveau zu spielen – das macht ihnen die Umstellung leichter, wenn sie in der Nationalmannschaft auflaufen.

Ein entscheidender Faktor ist aber auch die gute Arbeit, die Trainer Steve Clarke leistet. Er hat einen sehr guten Spirit geschaffen und die Mannschaft auf Anhieb zur EM 2021 geführt – für Schottland war dies die erste EM-Teilnahme seit 1996. Endlich durften wir mal wieder an einem großen Turnier teilnehmen. Das letzte war die WM 1998 gewesen – da habe ich selbst noch gespielt. Mit den Erfolgen kamen auch die Fans zurück. Der Hampden Park ist bei Länderspielen wieder voll. Die Schotten haben wieder Lust auf ihr Team. Das wird auch bei der EM zu spüren sein und die Mannschaft beflügeln.

Linke Schokoladenseite

Schottland ist in vielen Mannschaftsteilen gut besetzt. Unsere Nummer eins ist Angus Gunn von Norwich City. In der Abwehr setzt Clarke meist auf drei Innenverteidiger, wobei Jack Hendry oft die zentrale Rolle einnimmt. Er ist ein typischer schottischer Abwehrspieler: 1,98 Meter groß, sehr kopfballstark. Offen ist, wer rechts von ihm spielt: möglicherweise Ryan Porteous vom FC Watford. Nathan Patterson vom FC Everton spielte zuletzt oft vorgezogen rechts. Links gibt es zwei sehr gute Spieler zur Auswahl: Kieran Tierney, derzeit von Arsenal an Real Sociedad San Sebastián ausgeliehen, und eben Robertson. Meist lässt Clarke Tierney hinten links spielen und zieht Robertson ins Mittelfeld vor. Die linke Seite ist unsere Schokoladenseite – defensiv wie offensiv.

Das Herzstück der Mannschaft ist das Mittelfeld. Ob McTominay, Callum McGregor, Billy Gilmour und Stuart Armstrong – das sind zweikampfstarke und schlaue Spieler, die auf verschiedenen Positionen spielen können. Häufig setzt Clarke auf eine Doppelsechs – bestehend aus entweder Gilmour oder McGregor sowie McTominay, der für den Spielaufbau zuständig ist. John McGinn und Ryan Christie besetzen die offensiven Positionen, sie kommen oft über die Flügel – Christie über rechts, McGinn über links. Letzterer kann unser Unterschiedsspieler werden. Er ist schnell, ballsicher und weiß instinktiv, was er zu tun hat.

Insgesamt ist die Mannschaft sehr homogen, was auch hilft, um einen Schwachpunkt zu kompensieren: Leider fehlt Schottland eine starke Nummer neun auf Topniveau. Es gibt keinen Mittelstürmer von einem Spitzenklub, der 15 bis 20 Tore pro Saison macht. Clarke hat hier drei unterschiedliche Kandidaten zur Auswahl, unter denen er je nach Stärken und Schwächen der gegnerischen Abwehr auswählt: den schnellen Ché Adams, den unermüdlichen arbeitenden Lyndon Dykes und Lawrence Shankland, den seine Schlitzohrigkeit im Strafraum auszeichnet. Trotzdem: Schottland muss für jedes Tor hart arbeiten. Ich denke, dass das Team das Zeug hat, für Überraschungen zu sorgen. Die Jungs wissen, was sie können, haben nichts zu verlieren. Natürlich ist Deutschland der Favorit auf den Gruppensieg – aber ansonsten ist in dieser Gruppe für mich alles möglich.

Die deutsche Bilanz gegen Schottland:

17 Spiele
8 Siege
5 Unentschieden
4 Niederlagen

[om]

Die Schotten sind unter Trainer Steven Clarke in den Kreis der Besten zurückgekehrt - und wollen nun bei der UEFA EURO 2024 in Deutschland auch dank ihres großen Fan-Supports für weitere positive Schlagzeilen sorgen. Warum und vor allem wie das gelingen kann, erklärt der Dortmunder Champions-League-Sieger Paul Lambert vor dem EM-Eröffnungsspiel heute (ab 21 Uhr, live im ZDF und bei MagentaTV) in München zwischen den Gastgebern und Schottland.

Eines steht schon mal fest: Das Auftaktspiel der EM zwischen Deutschland und Schottland wird ein echter Festtag werden. Und das dürfte auch mit der "Tartan Army" zusammenhängen. Unsere Fans freuen sich wahnsinnig auf dieses Turnier und natürlich auch auf die Atmosphäre in Deutschland – sowie das Münchner Bier. In Schottland herrscht eine euphorische Stimmung. Das hängt vor allem damit zusammen, dass sich unsere Nationalmannschaft in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt hat. Wir haben das schon in der Qualifikation unter Beweis gestellt, in der wir uns als Gruppenzweiter hinter Spanien durchgesetzt haben. Der Höhepunkt war der 2:0-Sieg über Spanien im Oktober vor 50.000 Fans im Hampden Park. Da haben wir bewiesen, dass wir auch Favoriten stürzen können.

Beide Tore hat damals Scott McTominay erzielt – womit wir auch bei einem Schlüsselspieler wären. Scott ist ein kompletter Mittelfeldspieler: spielintelligent und zweikampfstark, sowohl defensiv als auch offensiv stark. Er verfügt über Übersicht und hat einen Torriecher. Möglicherweise hängt das damit zusammen, dass er gelernter Stürmer ist. Schon als Fünfjähriger ist er in die Manchester United Academy gekommen und dem Klub immer treu geblieben, auch wenn er zwischenzeitlich mal nicht gespielt hat. Das zahlt sich jetzt aus: McTominay spielt eine richtig starke Saison.

Robertson ist ein echter Führungsspieler

Der zweite Schlüsselspieler ist unser Kapitän Andrew Robertson vom FC Liverpool – ein echter Führungsspieler. Robertson ist mehr als nur ein Linksverteidiger, er schaltet sich häufig in die Angriffe ein, hat sowohl im Klub als auch in der Nationalmannschaft viele Tore vorbereitet. Schottland hat, das lässt sich ohne Übertreibung sagen, die stärkste Mannschaft seit Jahren. Die Gründe dafür sind vielfältig. Zum einen haben die schottischen Klubs über die vergangenen Jahre ihre Nachwuchsarbeit deutlich verbessert. Zum anderen spielen viele der aktuellen Nationalspieler in der englischen Premier League. Sie sind es gewohnt, auf hohem Niveau zu spielen – das macht ihnen die Umstellung leichter, wenn sie in der Nationalmannschaft auflaufen.

Ein entscheidender Faktor ist aber auch die gute Arbeit, die Trainer Steve Clarke leistet. Er hat einen sehr guten Spirit geschaffen und die Mannschaft auf Anhieb zur EM 2021 geführt – für Schottland war dies die erste EM-Teilnahme seit 1996. Endlich durften wir mal wieder an einem großen Turnier teilnehmen. Das letzte war die WM 1998 gewesen – da habe ich selbst noch gespielt. Mit den Erfolgen kamen auch die Fans zurück. Der Hampden Park ist bei Länderspielen wieder voll. Die Schotten haben wieder Lust auf ihr Team. Das wird auch bei der EM zu spüren sein und die Mannschaft beflügeln.

Linke Schokoladenseite

Schottland ist in vielen Mannschaftsteilen gut besetzt. Unsere Nummer eins ist Angus Gunn von Norwich City. In der Abwehr setzt Clarke meist auf drei Innenverteidiger, wobei Jack Hendry oft die zentrale Rolle einnimmt. Er ist ein typischer schottischer Abwehrspieler: 1,98 Meter groß, sehr kopfballstark. Offen ist, wer rechts von ihm spielt: möglicherweise Ryan Porteous vom FC Watford. Nathan Patterson vom FC Everton spielte zuletzt oft vorgezogen rechts. Links gibt es zwei sehr gute Spieler zur Auswahl: Kieran Tierney, derzeit von Arsenal an Real Sociedad San Sebastián ausgeliehen, und eben Robertson. Meist lässt Clarke Tierney hinten links spielen und zieht Robertson ins Mittelfeld vor. Die linke Seite ist unsere Schokoladenseite – defensiv wie offensiv.

Das Herzstück der Mannschaft ist das Mittelfeld. Ob McTominay, Callum McGregor, Billy Gilmour und Stuart Armstrong – das sind zweikampfstarke und schlaue Spieler, die auf verschiedenen Positionen spielen können. Häufig setzt Clarke auf eine Doppelsechs – bestehend aus entweder Gilmour oder McGregor sowie McTominay, der für den Spielaufbau zuständig ist. John McGinn und Ryan Christie besetzen die offensiven Positionen, sie kommen oft über die Flügel – Christie über rechts, McGinn über links. Letzterer kann unser Unterschiedsspieler werden. Er ist schnell, ballsicher und weiß instinktiv, was er zu tun hat.

Insgesamt ist die Mannschaft sehr homogen, was auch hilft, um einen Schwachpunkt zu kompensieren: Leider fehlt Schottland eine starke Nummer neun auf Topniveau. Es gibt keinen Mittelstürmer von einem Spitzenklub, der 15 bis 20 Tore pro Saison macht. Clarke hat hier drei unterschiedliche Kandidaten zur Auswahl, unter denen er je nach Stärken und Schwächen der gegnerischen Abwehr auswählt: den schnellen Ché Adams, den unermüdlichen arbeitenden Lyndon Dykes und Lawrence Shankland, den seine Schlitzohrigkeit im Strafraum auszeichnet. Trotzdem: Schottland muss für jedes Tor hart arbeiten. Ich denke, dass das Team das Zeug hat, für Überraschungen zu sorgen. Die Jungs wissen, was sie können, haben nichts zu verlieren. Natürlich ist Deutschland der Favorit auf den Gruppensieg – aber ansonsten ist in dieser Gruppe für mich alles möglich.

Die deutsche Bilanz gegen Schottland:

17 Spiele
8 Siege
5 Unentschieden
4 Niederlagen

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