Kroos: "Wir sind uns bewusst, welche Qualität wir haben"

Kroos: Es war einfach so, dass mir Fußball immer Spaß gemacht hat. Und wenn man heranwächst, entwickelt man ein Gefühl dafür, ob es für mehr reichen kann. In dem Alter, wo andere sich darüber Gedanken machen müssen, welchen beruflichen Werdegang sie einschlagen wollen, ist mir dies erspart geblieben. Es ist aber nicht so, dass ich Fußballer werden musste. Mich hat ja keiner gezwungen (lacht).

DFB.de: In Ihrer Kindheit hätten Sie auch andere Optionen gehabt. Ihr Vater war Ringer. Dieser Sport war nichts für Sie?

Kroos: Nee, das war für mich nie ein Thema. Ich war auch nie dabei, wenn er einen Ringkampf hatte. Er war zwar sehr erfolgreich damals, aber für mich war das nichts.

DFB.de: Und Badminton? Ihre Mutter hat diesen Sport betrieben.

Kroos: Schon eher. In der ersten Zeit als Fußballer habe ich noch häufig nebenher Badminton gespielt. Mir hat diese Sportart immer riesigen Spaß gemacht, Badminton liegt mir, ich glaube, dass ich in dieser Sportart relativ weit hätte kommen können.

DFB.de: Den größten Ehrgeiz abseits des Fußballs haben Sie heute aber im Tennis. Sie haben zuletzt sogar Trainerstunden genommen.

Kroos: Stimmt. Ich spiele gerne Tennis, verfolge den Sport und seine Stars, schaue mir Spiele im Fernsehen an. Und jetzt habe ich mir ein paar Trainerstunden genommen, weil ich den Ehrgeiz habe, mich im Tennis noch weiter zu verbessern.

DFB.de: Wie gehen die Spiele aus, wenn Toni Kroos gegen Felix Kroos Tennis spielt?



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Toni Kroos ist mit seinen 21 Jahren noch immer sehr jung. Auf dem Platz bewegt er sich hingegen wie ein alter Hase, strahlt Ruhe, Sicherheit und Souveränität aus. Eine seiner Stärken ist die Handlungsschnelligkeit, Kroos erfasst Situation sehr schnell und ist in der Lage, schnell Lösungen zu finden. Mit diesen Fähigkeiten ist er mittlerweile unverzichtbar. Beim FC Bayern – und in der Nationalmannschaft. Vor dem Spiel gegen die Niederlande am Dienstag (20.45 Uhr, live im ZDF) hat er sich im Interview mit DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke über seinen Werdegang unterhalten.

DFB.de: Kiew, 0:2 der Spielstand, 70.000 Fans feuern die Ukraine an. Dennoch hatte man den Eindruck, als wisse die deutsche Mannschaft ganz genau, dass sie das Spiel nicht verlieren würde. Ist das Selbstvertrauen mittlerweile so groß, dass die Mannschaft weiß und dies auch ausstrahlt, dass sie auch in schwierigen Situationen noch einmal zurückkommen wird?

Toni Kroos: Wir sind uns bewusst, welche Qualität wir haben. Die Führung der Ukraine hat außerdem nicht dem Spielverlauf entsprochen. Uns war klar, dass wir die Möglichkeit haben, ins Spiel zurückzukommen. Daran haben wir geglaubt.

DFB.de: Sie haben den Anschlusstreffer erzielt. Haben Sie in dieser Situation einfach draufgehalten oder haben Sie gezielt die linke Ecke anvisiert? Viel Zeit zum Überlegen und viel Platz hatten Sie ja nicht.

Kroos: Der Ball ging schon dahin, wo er hingehen sollte. In diesem Fall ging das gar nicht anders, weil alle anderen Wege aufs Tor versperrt waren. Es musste alles sehr schnell gehen, es war sehr eng, ein weiterer Kontakt wäre nicht möglich gewesen. Ich musste also schießen. Dass ich dann Ball dann so gut treffe, ist dann aber immer auch ein Stück weit Glückssache.

DFB.de: Ein Aspekt der Reise nach Kiew war, die Menschen in der Ukraine und das Finalstadion kennen zu lernen. Wie hat es Ihnen bei einem der beiden EM-Gastgeber gefallen?

Kroos: Kiew ist eine sehr schöne Stadt. Und auch das Stadion hat mir gefallen, obwohl wir Fußballer es natürlich noch mehr mögen, wenn die Stadien reine Fußballstadien sind. Aber das Stadion ist riesig, man hat gesehen, dass die Fans ihr Team nach vorne puschen können. Mein Eindruck ist, dass Kiew für die EM gerüstet ist.

DFB.de: Und die Mannschaft der Ukraine? Muss man die Ukraine nach dem Spiel am Freitag für die EM auf der Rechnung haben?

Kroos: Wir haben das Spiel ja als Test genutzt und diverse Dinge ausprobiert. Dennoch: die Ukraine hat es gut gemacht, die Kontermöglichkeiten konsequent genutzt. Ein Topfavorit für die EM ist die Ukraine aber bestimmt nicht. Andererseits sollte aber auch niemand den Fehler machen, die Mannschaft zu unterschätzen. Wenn sie gleich zu Beginn des Turniers ihre Erfolgserlebnisse hat, traue ich ihr zu, dass sie von einer Erfolgswelle und der Begeisterung im Land durch das Turnier getragen wird und über sich hinauswächst. Aber von der Qualität her sehe ich sie nicht ganz vorne.

DFB.de: "Toni war wirklich überragend“, hat Joachim Löw nach dem 3:3 in Kiew über Ihre Leistung gesagt. Wie sehr freuen Sie sich über so ein Kompliment?

Kroos: Er hat mir direkt nach dem Spiel gesagt, dass er sehr, sehr zufrieden war. Für mich ist wichtig, dass der Trainer sieht, dass er mir vertrauen kann. Seit einiger Zeit gelingt es mir, dies immer wieder zu bestätigen. Und wenn der Bundestrainer dann zu meiner Leistung solche Worte findet, dann freut mich das natürlich.

DFB.de: Wessen Kritik ist Ihnen sonst noch wichtig?

Kroos: An erster Stelle natürlich die meiner Trainer, also auch die von Jupp Heynckes. Aber auch ansonsten gibt es in meinem Umfeld drei, vier Leute, deren Meinung mir wichtig ist. Sie können mich realistisch einschätzen und sagen mir auch, wenn etwas einmal nicht so gut war.

DFB.de: Wie reagieren Sie, wenn Ihre Meinung zu Ihrer Leistung von der dieser drei, vier Leute abweicht?

Kroos: Ich hinterfrage mich dann mehr. Im Fußball wird es immer unterschiedliche Meinungen geben. Aber ich glaube, dass ich mich selber im Allgemeinen sehr realistisch einschätzen kann.

DFB.de: Vor dem Spiel in Aserbaidschan haben Sie gesagt, dass Sie sich in der Nationalmannschaft noch nicht als Stammspieler bezeichnen würden. Hat sich dies inzwischen geändert?

Kroos: Ich bin auf jedem Fall auf einem sehr guten Weg. Seit der Weltmeisterschaft in Südafrika habe ich fast alle Spiele für die Nationalmannschaft von Beginn an bestritten und einen großen Sprung gemacht. Ganz generell bin ich sehr zufrieden, wie meine Karriere in der Nationalmannschaft nach der WM verlaufen ist. Von den Einsätzen her, von der Leistung her.

DFB.de: Wie definieren Sie Führungsspieler?

Kroos: Für mich definiert sich alles im Fußball über die Leistung. Natürlich gibt es immer ein, zwei Spieler, die auf dem Platz auch verbal die Richtung vorgeben. Aber Führungsspieler wird man nie, wenn man auf dem Platz keine Leistung bringt. Führungsspieler zeichnen sich für mich dadurch aus, dass sie mit ihrem Handeln entscheidend auf das Spiel ihrer Mannschaft einwirken.

DFB.de: Wie viele Führungsspieler hat die deutsche Mannschaft?

Kroos: Wir haben viele junge, aber schon sehr erfahrene Spieler, die bereits eine erstaunliche hohe Anzahl an Länderspielen haben. Das ist aber nur das Eine. Entscheidend ist, dass diese Spieler schon seit Jahren konstant mit ihrer Leistung vorangehen.

DFB.de: Sie spielen seit geraumer Zeit in überragender Form, im Verein und in der Nationalmannschaft. Sie hatten aber auch schon schwierige Zeiten, etwas als Sie in Ihrer ersten Etappe in München nur selten zum Einsatz gekommen sind. Genießen Sie ihre aktuelle Form deswegen umso mehr?

Kroos: Mein Vorteil ist, dass ich beide Seiten kenne. Ich weiß, dass auch schlechte Phasen zum Fußball gehören. In meinem Alter sowieso, aber auch allgemein in den Karrieren von Fußballern. Formschwankungen hat jeder Spieler. Aber keine Frage, im Moment läuft es für mich sehr gut, und das freut mich natürlich.

DFB.de: Auf Ihrer Homepage schreiben Sie in Ihrem Lebenslauf, dass Sie sich gar nicht dagegen wehren konnten, Fußballer zu werden. Wie ist das gemeint?

Kroos: Es war einfach so, dass mir Fußball immer Spaß gemacht hat. Und wenn man heranwächst, entwickelt man ein Gefühl dafür, ob es für mehr reichen kann. In dem Alter, wo andere sich darüber Gedanken machen müssen, welchen beruflichen Werdegang sie einschlagen wollen, ist mir dies erspart geblieben. Es ist aber nicht so, dass ich Fußballer werden musste. Mich hat ja keiner gezwungen (lacht).

DFB.de: In Ihrer Kindheit hätten Sie auch andere Optionen gehabt. Ihr Vater war Ringer. Dieser Sport war nichts für Sie?

Kroos: Nee, das war für mich nie ein Thema. Ich war auch nie dabei, wenn er einen Ringkampf hatte. Er war zwar sehr erfolgreich damals, aber für mich war das nichts.

DFB.de: Und Badminton? Ihre Mutter hat diesen Sport betrieben.

Kroos: Schon eher. In der ersten Zeit als Fußballer habe ich noch häufig nebenher Badminton gespielt. Mir hat diese Sportart immer riesigen Spaß gemacht, Badminton liegt mir, ich glaube, dass ich in dieser Sportart relativ weit hätte kommen können.

DFB.de: Den größten Ehrgeiz abseits des Fußballs haben Sie heute aber im Tennis. Sie haben zuletzt sogar Trainerstunden genommen.

Kroos: Stimmt. Ich spiele gerne Tennis, verfolge den Sport und seine Stars, schaue mir Spiele im Fernsehen an. Und jetzt habe ich mir ein paar Trainerstunden genommen, weil ich den Ehrgeiz habe, mich im Tennis noch weiter zu verbessern.

DFB.de: Wie gehen die Spiele aus, wenn Toni Kroos gegen Felix Kroos Tennis spielt?

Kroos: Bis zu diesem Sommer war es sehr, sehr ausgeglichen. Mal hat er gewonnen, mal ich. Aber ich denke, dass es durch meine Trainerstunden künftig sehr eng für meinen Bruder wird (lacht).

DFB.de: Am Dienstag spielen Sie in Hamburg gegen die Niederlande. Ist dieses Prestigeduell auch für Sie ein Highlight?

Kroos: Für mich ist es weniger ein Prestigeduell als vielmehr ein wichtiger Test gegen die Nummer zwei der Weltrangliste. Das Oranje-Team steht vor uns…

DFB.de: Stehen Sie dort zu recht?

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Kroos: Das werden wir sehen. Die Niederländer haben ähnlich wie wir eine sehr gute WM gespielt, ähnlich wie wir sind sie souverän durch ihre Gruppe in der EM-Qualifikation gegangen. Diese Quervergleiche haben aber immer nur geringen Aussagewert. Im direkten Duell zeigt sich, auf welchem Level die Teams spielen. Und da glaube, dass wir als Mannschaft einen Tick stärker sind.

DFB.de: Auch ohne Bastian Schweinsteiger, Ihren Partner im Mittelfeld. Wie schwer ist es, seinen Ausfall zu kompensieren?

Kroos: Bastian hat in den vergangenen Jahren ja schon ein, zwei Mal verletzungsbedingt gefehlt. Natürlich kann man das für gewisse Spiele immer kompensieren. Aber das geht nur punktuell. Wenn man auf Dauer schaut, dann ist er einfach zu wichtig. Er gibt der Mannschaft viel Stabilität, Bastian 1:1 zu ersetzen - das geht nicht. Aber wir werden uns bemühen, dass sein Fehlen am Dienstag kaum zu merken ist.

DFB.de: Die deutsche Nationalmannschaft hat seit 2004 nie mehr das letzte Spiel eines Jahres gewonnen. Gibt diese negative Serie noch einmal zusätzlich Motivation?

Kroos: Das wusste ich gar nicht. Motivieren muss man uns nicht, aber es ist ein schöner Nebeneffekt, dass mit einem Sieg auch diese Serie reißen würde.