Kroos und Real: Passt's auch gegen Atletico?

Dauerbrenner auf dem Platz

Kroos spielt und spielt und spielt. Ohne Unterbrechung. Ohne Unterlass. Geschont? Wurde er nicht. Winterpause? Hatte er nicht. Im Schnitt steht Kroos in der Primera División für Real 87 Minuten auf dem Feld, im Kader der Madrilenen hat kein anderer Spieler einen höheren Wert. Hinzu kommen die Einsätze in Königspokal und Champions League. Und die für die Mannschaft des Weltmeisters natürlich auch. Macht in Summe: ziemlich viel Fußball. Macht ihn aber nicht: müde. Begründung? "Ich kann das eigentlich gar nicht sagen – weil ich mich absolut fit und frisch fühle", sagt Kroos. Und wie gesagt, auch er ist darüber nicht wenig verblüfft.

Kroos hat einen Erklärungsansatz für dieses Phänomen, der einer ganz eigenen Logik folgt. "Ich spiele Fußball, um viel zu spielen", sagt er. Kroos hat auch diesen Satz vor dem Länderspiel gegen Georgien gesagt. Und das Spiel war eine Demonstration seiner Frische. Ein erstes Zeichen einsetzender Müdigkeit ist schwindende Konzentration, daraus resultiert nicht selten nachlassende Präzision. Seine Werte aus dem Spiel gegen Georgien belegen das Gegenteil. Der 25-Jährige war der Motor im deutschen Spiel. Kroos ist 11,2 Kilometer gelaufen, er hatte 387 Ballberührungen, hat 152 Pässe gespielt. Vor allem war er, was er fast immer ist: eine Präzisionsmaschine. 92,16 Prozent seiner Zuspiele fanden den Weg zum Mitspieler.

Kroos: "2014 immer ein Highlight meiner Karriere"

So ist es fast immer, wenn Toni Kroos für Deutschland spielt. Sein erster Einsatz für das DFB-Team datiert vom 3. März 2010. In München standen sich Deutschland und Argentinien gegenüber, Kroos wurde in der 67. Minute für Thomas Müller eingewechselt. Vor fünf Jahren hat Kroos also seinen ersten Pass für Deutschland gespielt, bis heute sollten 3.544 weitere folgen. Nicht alle kamen an, aber erstaunlich viele. Die Statistik belegt einen stetigen Anstieg seiner Werte.

Kroos wurde immer mehr zum Mittelpunkt des deutschen Spiels, das Jahr 2014 war auch statistisch sein bestes. 1507 Pässe hat er im Jahr des WM-Triumphes gespielt, im Schnitt hatte er pro Paarung 112 Ballkontakte, 90,8 Prozent seiner Pässe kamen an. Die Fans lagen also nicht falsch, als sie Kroos in einer offenen Abstimmung des Fan Club Nationalmannschaft zum Nationalspieler des Jahres wählten. Kroos sagt: "Für mich wird dieses Jahr durch das Double mit dem FC Bayern, den WM-Titel, den Wechsel zu Real Madrid, den europäischen Supercup und den Gewinn der Klub-WM immer ein Highlight in meiner Karriere sein. Die Wahl zum Nationalspieler des Weltmeisterjahres rundet diese tollen Erinnerungen ab."

Die deutsche Nationalmannschaft hat den Titel in Brasilien gewonnen, weil sich alle dem Team untergeordnet haben. Oft wird gesagt, dass die Mannschaft über keine herausragenden Individualisten verfügt. Das stimmt natürlich nicht, und Kroos ist dafür ein gutes Beispiel. Es ist eher so, dass diese Individualisten sich möglicherweise mehr als die anderer Nationen in den Dienst der Mannschaft stellen. So wie Kroos. Er könnte Forderungen stellen, er könnte ein Lautsprecher sein. Macht er nicht, ist er nicht. "Ich kann mit einer Chefrolle wenig anfangen", sagt Kroos. Er fordert sie nicht, er füllt sie aus.



Toni Kroos hat die Champions League gewonnen, 2013 war das, mit dem FC Bayern München. Im Jahr darauf hat Real Madrid den Bayern erst den Titel und dann den Taktgeber abgeluchst - nach dem WM-Triumph im Sommer 2014 in Brasilien wechselte der 25 Jahre alte Deutsche nach Madrid. Zu den Königlichen, wohl gemerkt.

Die treffen nun im Viertelfinale der Königsklasse auf den Stadtrivalen Atletico, es ist die Neuauflage des dramatischen Vorjahresendspiels, das Real nach Verlängerung mit 4:1 gewann. Diesmal soll Kroos die Strippen im Mittelfeld ziehen, schon heute (ab 20.45 Uhr, live bei Sky) im Hinspiel. Der Real-Regisseur und deutsche "Nationalspieler des Jahres" im DFB.de-Porträt.

Toni Kroos hat nur wenige Wochen gebraucht, um bei Real Madrid zum Gestalter des königlichen Spiels zu werden. Viel Aufhebens macht der Weltmeister darum nicht. Auch nicht in der Nationalmannschaft. Der 25-Jährige ist ein sachlicher Typ, selbstbewusst, aber ohne Showeffekte. Und derzeit der vielleicht beste Passgeber der Welt - auch wenn er seit mehr als einem Jahr so gut wie keine Pause hatte.

Titelsammler mit dem FC Bayern

Der Psychothriller "Ich. Darf. Nicht. Schlafen", mit Nicole Kidman in der Hauptrolle, war an den Kinokassen ein mäßiger Erfolg. Im Unterhaltungsprogramm auf dem Flug nach Tiflis gehörte der Thriller zum Angebot - und einige Spieler werden im Kopf diesen Gedanken gehabt haben: Ich darf nicht schlafen. Toni Kroos gehörte mit Sicherheit dazu.

Schuld daran war nicht Nicole Kidman, auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass der eine oder andere Spieler den Film gesehen hat. Schuld war Prof. Dr. Tim Meyer. Beim Mittagessen im Frankfurter Teamhotel hatte der Nationalmannschaftsarzt den Spielern diese Maxime mit auf den Weg gegeben - nicht schlafen. Georgien ist der deutschen Zeit um drei Stunden voraus. Um die Umstellung möglichst schnell zu bewältigen, gab Meyer den Spielern als Rat auf die Reise, im Flugzeug möglichst wach zu bleiben. Umso eher wären sie in der Lage, in Tiflis Schlaf zu finden und damit das wirksamste Mittel gegen Müdigkeit zur Anwendung zu bringen.

Einen Tag später hat sich Toni Kroos ein wenig über sich selbst gewundert. Darüber, wie wach er noch immer ist. Ganz normal ist das ja nicht. Normal wäre einsetzende Müdigkeit, irgendwann. Seine Verwunderung bezog sich weniger auf den Kurztrip nach Tiflis, Kroos wunderte sich eher über das große Ganze. So wenig Müdigkeit - nach so vielen Spielen, nach so wenig Pause. Die vergangenen zwölf Monate im Schnelldurchlauf: Deutscher Meister mit dem FC Bayern. DFB-Pokalsieger mit dem FC Bayern. Ab nach Südtirol, WM-Vorbereitung. Ab nach Brasilien, WM. Ab nach Rio, Weltmeister. Zurück nach Deutschland, wenig Urlaub. Ab nach Madrid, ein Königlicher. Ab in die Startelf, unverzichtbar.

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Dauerbrenner auf dem Platz

Kroos spielt und spielt und spielt. Ohne Unterbrechung. Ohne Unterlass. Geschont? Wurde er nicht. Winterpause? Hatte er nicht. Im Schnitt steht Kroos in der Primera División für Real 87 Minuten auf dem Feld, im Kader der Madrilenen hat kein anderer Spieler einen höheren Wert. Hinzu kommen die Einsätze in Königspokal und Champions League. Und die für die Mannschaft des Weltmeisters natürlich auch. Macht in Summe: ziemlich viel Fußball. Macht ihn aber nicht: müde. Begründung? "Ich kann das eigentlich gar nicht sagen – weil ich mich absolut fit und frisch fühle", sagt Kroos. Und wie gesagt, auch er ist darüber nicht wenig verblüfft.

Kroos hat einen Erklärungsansatz für dieses Phänomen, der einer ganz eigenen Logik folgt. "Ich spiele Fußball, um viel zu spielen", sagt er. Kroos hat auch diesen Satz vor dem Länderspiel gegen Georgien gesagt. Und das Spiel war eine Demonstration seiner Frische. Ein erstes Zeichen einsetzender Müdigkeit ist schwindende Konzentration, daraus resultiert nicht selten nachlassende Präzision. Seine Werte aus dem Spiel gegen Georgien belegen das Gegenteil. Der 25-Jährige war der Motor im deutschen Spiel. Kroos ist 11,2 Kilometer gelaufen, er hatte 387 Ballberührungen, hat 152 Pässe gespielt. Vor allem war er, was er fast immer ist: eine Präzisionsmaschine. 92,16 Prozent seiner Zuspiele fanden den Weg zum Mitspieler.

Kroos: "2014 immer ein Highlight meiner Karriere"

So ist es fast immer, wenn Toni Kroos für Deutschland spielt. Sein erster Einsatz für das DFB-Team datiert vom 3. März 2010. In München standen sich Deutschland und Argentinien gegenüber, Kroos wurde in der 67. Minute für Thomas Müller eingewechselt. Vor fünf Jahren hat Kroos also seinen ersten Pass für Deutschland gespielt, bis heute sollten 3.544 weitere folgen. Nicht alle kamen an, aber erstaunlich viele. Die Statistik belegt einen stetigen Anstieg seiner Werte.

Kroos wurde immer mehr zum Mittelpunkt des deutschen Spiels, das Jahr 2014 war auch statistisch sein bestes. 1507 Pässe hat er im Jahr des WM-Triumphes gespielt, im Schnitt hatte er pro Paarung 112 Ballkontakte, 90,8 Prozent seiner Pässe kamen an. Die Fans lagen also nicht falsch, als sie Kroos in einer offenen Abstimmung des Fan Club Nationalmannschaft zum Nationalspieler des Jahres wählten. Kroos sagt: "Für mich wird dieses Jahr durch das Double mit dem FC Bayern, den WM-Titel, den Wechsel zu Real Madrid, den europäischen Supercup und den Gewinn der Klub-WM immer ein Highlight in meiner Karriere sein. Die Wahl zum Nationalspieler des Weltmeisterjahres rundet diese tollen Erinnerungen ab."

Die deutsche Nationalmannschaft hat den Titel in Brasilien gewonnen, weil sich alle dem Team untergeordnet haben. Oft wird gesagt, dass die Mannschaft über keine herausragenden Individualisten verfügt. Das stimmt natürlich nicht, und Kroos ist dafür ein gutes Beispiel. Es ist eher so, dass diese Individualisten sich möglicherweise mehr als die anderer Nationen in den Dienst der Mannschaft stellen. So wie Kroos. Er könnte Forderungen stellen, er könnte ein Lautsprecher sein. Macht er nicht, ist er nicht. "Ich kann mit einer Chefrolle wenig anfangen", sagt Kroos. Er fordert sie nicht, er füllt sie aus.

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Ancelotti: "Toni spielt schnell und immer den richtigen Pass"

In der Mannschaft des Weltmeisters genauso wie im Spiel der Königlichen. Nach Georgien ging es für ihn zurück nach Spanien. Kroos hat noch viel vor, die spanische Meisterschaft ist möglich, in der Champions League der Traum von der Titelverteidigung existent. Auch wenn die hohe Hürde Atletico im Viertelfinale heute und im Rückspiel am kommenden Dienstag (jeweils ab 20.45 Uhr, live bei Sky) im heimischen Bernabeu erst mal genommen sein will.

In seinem ersten Jahr bei Real Madrid hat Kroos die eigenen Erwartungen erfüllt und die von Verein und Öffentlichkeit übertroffen. Er kam als Weltmeister, er kam als Star, er kam mit großen Lorbeeren. Aber dass er so schnell so sehr zur dominanten Figur des königlichen Spiels werden würde - davon waren nicht alle überzeugt. Heute ist er ohne Zweifel einer der wichtigsten Spieler im Ensemble von Trainer Carlo Ancelotti. "Toni spielt schnell und immer den richtigen Pass, verliert keine Bälle, sondern gewinnt sie", lobt Ancelotti. "Unser Spiel funktioniert zu weiten Teilen durch seine Ideen und Zuspiele."

Bittere Niederlagen gegen Barca und Atletico

Auf Kroos wurden viele Hymnen gesungen. Fans, Medien, Mitspieler, Trainer - alle sind begeistert vom Weltmeister aus Deutschland. Doch auch für Real gab es ein paar Rückschläge, die Niederlage im Clásico in Barcelona, das 0:4 im Stadtduell gegen Atlético, das 3:4 in der Champions League gegen Schalke 04. Die Pleiten wurden nach Spielen wie diesen selten an Kroos festgemacht, mit Lupe findet sich dann aber doch Kritik. Sogar solche, die in ihrer Wortwahl drastisch ist. Marca hat nach dem Spiel gegen Atlético tatsächlich geschrieben: "Er ist nicht schnell genug und hat keine überraschenden Momente."

Es ist nicht so, dass Kroos solche Sätze nicht zur Kenntnis nimmt. Auch die vielen Loblieder, die auf sein Spiel gesungen werden, registriert er. Mehr nicht. Und das ist eine seiner großen Stärken. Kroos ist gelassen. Auf dem Platz sowieso, genauso aber außerhalb. Er sagt: "In Spanien ist das schon extrem. Aber es ist auch immer nur so schlimm, wie man es an sich ranlässt." In seinem Fall: gar nicht. Kroos macht sich nicht abhängig von der Bewertung anderer, nur seine eigene, die seiner Trainer und die seines Umfelds zählen. Sein Selbstbewusstsein ist eine Seite des Schutzmantels, die andere ist, dass Kroos die Bedeutung des Sports richtig einordnet. "Ich bin als Mensch so gestrickt, dass ich weiß, dass es viel wichtigere Sachen auf der Welt gibt als Fußball", sagt er. "Wenn man mal ein Spiel nicht gewinnt, dann ist es so." Selbst der größte seiner vielen Siege ist für ihn nicht mehr als ein großer Sieg - im Sport. "Ich habe mir nie den Druck gemacht, in meiner Karriere Weltmeister zu werden. Ich säße heute mit genauso guter Laune hier, wenn wir nicht Weltmeister geworden wären."

Seine größten Triumphe feiert einer wie Toni Kroos im Privatleben. Fußball ist wichtig, entscheidender ist für ihn die kleine, große Welt der Familie Kroos. Freundin Jessica, Sohn Leon. Die Eltern, sein Bruder. Auch die Hunde. Sein Vater Roland war lange Zeit Trainer und ist heute Jugendkoordinator bei Hansa Rostock, sein Bruder Felix ist Profi bei Werder Bremen. Viel Fußball also in der Familie. Wenn die Brüder Toni und Felix Kroos zusammen sind oder wenn die Junioren mit dem Senioren plaudern, dann spielt der Fußball dennoch kaum eine Rolle. Um was geht es sonst? Wahrscheinlich geht es oft um das, was Kroos noch viel besser beherrscht, als Pässe zu spielen: mit seinem Sohn Leon zu spielen. Die Antwort auf die Frage nach besonderen Fähigkeiten abseits des Fußballs legt diesen Schluss nahe. "Ich glaube, Papa sein kann ich ganz gut", sagt Kroos. Und fügt hinzu: "Das ist auch das Wichtigste."