Kroatin Landeka: "Gegner Deutschland motiviert uns besonders"

Iva Landeka ist Kapitänin der Frauen-Nationalmannschaft Kroatiens und mit 51 Länderspielen auch die erfahrenste Spielerin des 53. der FIFA-Weltrangliste, der am Dienstag (ab 18 Uhr, live in der ARD) in der EM-Qualifikation in Osnabrück gegen Deutschland antritt. Die Mittelfeldspielerin, seit vier Jahren beim USV in der Bundesliga unter Vertrag, bastelt derzeit an ihrer Zukunft. Denn ihr Vertrag läuft Ende Juni aus, und es gibt mehrere Interessenten, auch aus dem Ausland. Bisher hat Landeka nicht nur in ihrer Heimat gespielt, sondern auch in Österreich und Polen. Angefangen hat alles auf einem Bolzplatz in Posusje, bevor die Familie aus Bosnien-Herzegowina ins benachbarte Kroatien zog. Im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Rainer Hennies spricht die 26-Jährige über ihren Werdegang und das zweite Aufeinandertreffen mit den DFB-Frauen.

DFB.de: Iva Landeka, Sie stammen aus einer fußballgegeisterten Familie. Ihr Cousin Josip etwa spielt bei der SG Sonnenhof Großaspach.

Iva Landeka: Die Geschwister und Cousins spielen alle Fußball. Mein Vater hat früher auch gekickt. Zu Hause war das nichts Besonderes, schon gar nicht bei uns im Dorf. Da war auch ich als Mädchen nichts Besonderes. Fußball war einfach unser Lebensinhalt. Nach der Schule haben wir alle auf der Straße gekickt, stundenlang. So sah unser Tagesrhythmus aus. Und Fußball ist auch heute noch mein Lebensinhalt, obwohl die allgemeine Meinung in Kroatien vorherrscht, dass sich das bei Mädchen spätestens mit 14, 15 Jahren ganz von alleine wieder legt.

DFB.de: Bei Ihnen war das nicht so. Mit 14 Jahren sind Sie nach Zagreb gegangen, um weiter Fußball zu spielen können.

Landeka: Meine Mutter hatte Sorgen, fand das anfangs gar nicht so gut. Aber sie hat letztlich eingewilligt, weil sie meinen starke Liebe zum Fußball auch gespürt hat. Obwohl Zagreb sieben, acht Stunden entfernt im Norden des Landes liegt und wir ganz aus dem Süden kommen. Für uns alle war das eine große Herausforderung. Mich hat es früh selbständig gemacht und mein Verantwortungsbewusstsein ausgeprägt. Ich habe in Zagreb in einem Internat gewohnt, mein Abitur gemacht und bei ZNK Dinamo Maksimir in einem sehr guten Team gespielt. Endlich mal in einem Frauenteam und nicht als einziges Mädchen unter Jungen.

DFB.de: Von dort ging es weiter nach Österreich, Polen und letztlich Jena.

Landeka: Österreicher haben mich in Zagreb spielen sehen und angesprochen. Ich war natürlich sehr glücklich, denn ich wollte schon immer gerne im Ausland spielen. Zuerst war ich in St. Veit, dann bei FC Kelag Kärnten. 2011 ging es zu Unia Raciborz nach Polen und im Sommer 2012 zum USV Jena.

DFB.de: Es ist sicherlich nicht einfach, immer wieder neu Fuß zu fassen. Wie war das in Deutschland?

Landeka: Der Fußball hier ist viel körperbetonter. Bei uns in Kroatien war weniger Athletik, dafür mehr Technik gefordert. Dementsprechend ging alles vergleichsweise eher etwas easy zu. Die Intensität im Training ist in Deutschland deutlich höher. Alles ist professioneller. Ich habe einige Monate gebraucht, um mich zu adaptieren.

DFB.de: Jenas Vereinstrainer Daniel Kraus lobt Sie als Führungsspielerin mit großem Ehrgeiz und guter Technik. Das sind Tugenden auch des kroatischen Nationalteams, wie das knappe 0:1 im Hinspiel gegen Deutschland nachdrücklich bewiesen hat.

Landeka: Wir wollten lange Zeit ohne Gegentor bleiben und haben deshalb aufopferungsvoll verteidigt. Das ist uns auch gut gelungen. Wir haben taktisch geschickt den Deutschen kaum Räume zugelassen. So gesehen war unser Spiel durchaus erfolgreich. Die Leistungsunterschiede zwischen Deutschland und Kroatien müssen wir akzeptieren und versuchen, das Beste daraus zu machen.

DFB.de: Gilt das auch für das Rückspiel in Osnabrück?

Landeka: Natürlich werden wir in die Partie gehen mit dem Ziel, erneut das Beste zu geben. Wir werden mit allem Ehrgeiz kämpfen, denn gegen Deutschland zu spielen, gilt für uns alle als ein ganz besonderes Highlight. So ein Gegner motiviert besonders. Das kann ich versprechen. Vielleicht gelingt uns ja auch etwas mehr nach vorne. Man muss es immer wieder versuchen.

DFB.de: Sie sind Kapitänin des Teams und dessen erfahrenste Spielerin.

Landeka: Das stimmt, denn Sandra Zigic, ebenfalls mit über 50 Länderspielen, fehlt nach einem Kreuzbandriss noch. Wir haben insgesamt ein junges Team, das auf die Zukunft gerichtet ist und ein großes Potenzial hat. Ich glaube, wenn das richtig gefördert wird, können wir sehr viel mehr erreichen als bisher. Es gibt bei uns in Kroatien viele technisch sehr begabte Talente.

DFB.de: Was ist Ihrer Meinung nach besonders wichtig für eine positivere Zukunft?

Landeka: Eine größere Akzeptanz in der Gesellschaft, die noch sehr traditionell ist. Kroatien liebt den Fußball, vor allem aber den männlichen Fußball. Frauenfußball hat kaum einen Stellenwert. Das verändert sich erst langsam seit den letzten Jahren. Wenn es mehr Sponsoren gäbe, wäre das sehr hilfreich in der Entwicklung.

DFB.de: Bislang dominiert in der nationalen Frauenliga ein einziges Team, ŽNK Osijek, und das deutlich.

Landeka: Das ist ein Manko und schwächt die Liga aufgrund mangelnder ernsthafter Konkurrenz im Wettbewerb. Aber die Tendenzen gehen dahin, mehr Konkurrenz zu schaffen und auch den Nachwuchs stärker zu fördern und besser auszubilden.

DFB.de: Oft sind kaum mehr als 50 Zuschauer bei Ligaspielen. Ist so etwas nicht frustierend?

Landeka: Leider sind es nicht mehr Fans, aber das ist, glaube ich, gar nicht so wichtig. Denn wir kennen es ja nicht anders. Also kann es auch nicht frustrieren. Nach wie vor sind die Liebe zum Fußball und der Spaß am Spielen das, was uns und damit alle Frauen und Mädchen motiviert. Wir wollen einfach Spaß haben. Deshalb belastet es uns nicht, selbst wenn da nur fünf oder zehn Menschen zuschauen.

[rh]

Iva Landeka ist Kapitänin der Frauen-Nationalmannschaft Kroatiens und mit 51 Länderspielen auch die erfahrenste Spielerin des 53. der FIFA-Weltrangliste, der am Dienstag (ab 18 Uhr, live in der ARD) in der EM-Qualifikation in Osnabrück gegen Deutschland antritt. Die Mittelfeldspielerin, seit vier Jahren beim USV in der Bundesliga unter Vertrag, bastelt derzeit an ihrer Zukunft. Denn ihr Vertrag läuft Ende Juni aus, und es gibt mehrere Interessenten, auch aus dem Ausland. Bisher hat Landeka nicht nur in ihrer Heimat gespielt, sondern auch in Österreich und Polen. Angefangen hat alles auf einem Bolzplatz in Posusje, bevor die Familie aus Bosnien-Herzegowina ins benachbarte Kroatien zog. Im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Rainer Hennies spricht die 26-Jährige über ihren Werdegang und das zweite Aufeinandertreffen mit den DFB-Frauen.

DFB.de: Iva Landeka, Sie stammen aus einer fußballgegeisterten Familie. Ihr Cousin Josip etwa spielt bei der SG Sonnenhof Großaspach.

Iva Landeka: Die Geschwister und Cousins spielen alle Fußball. Mein Vater hat früher auch gekickt. Zu Hause war das nichts Besonderes, schon gar nicht bei uns im Dorf. Da war auch ich als Mädchen nichts Besonderes. Fußball war einfach unser Lebensinhalt. Nach der Schule haben wir alle auf der Straße gekickt, stundenlang. So sah unser Tagesrhythmus aus. Und Fußball ist auch heute noch mein Lebensinhalt, obwohl die allgemeine Meinung in Kroatien vorherrscht, dass sich das bei Mädchen spätestens mit 14, 15 Jahren ganz von alleine wieder legt.

DFB.de: Bei Ihnen war das nicht so. Mit 14 Jahren sind Sie nach Zagreb gegangen, um weiter Fußball zu spielen können.

Landeka: Meine Mutter hatte Sorgen, fand das anfangs gar nicht so gut. Aber sie hat letztlich eingewilligt, weil sie meinen starke Liebe zum Fußball auch gespürt hat. Obwohl Zagreb sieben, acht Stunden entfernt im Norden des Landes liegt und wir ganz aus dem Süden kommen. Für uns alle war das eine große Herausforderung. Mich hat es früh selbständig gemacht und mein Verantwortungsbewusstsein ausgeprägt. Ich habe in Zagreb in einem Internat gewohnt, mein Abitur gemacht und bei ZNK Dinamo Maksimir in einem sehr guten Team gespielt. Endlich mal in einem Frauenteam und nicht als einziges Mädchen unter Jungen.

DFB.de: Von dort ging es weiter nach Österreich, Polen und letztlich Jena.

Landeka: Österreicher haben mich in Zagreb spielen sehen und angesprochen. Ich war natürlich sehr glücklich, denn ich wollte schon immer gerne im Ausland spielen. Zuerst war ich in St. Veit, dann bei FC Kelag Kärnten. 2011 ging es zu Unia Raciborz nach Polen und im Sommer 2012 zum USV Jena.

DFB.de: Es ist sicherlich nicht einfach, immer wieder neu Fuß zu fassen. Wie war das in Deutschland?

Landeka: Der Fußball hier ist viel körperbetonter. Bei uns in Kroatien war weniger Athletik, dafür mehr Technik gefordert. Dementsprechend ging alles vergleichsweise eher etwas easy zu. Die Intensität im Training ist in Deutschland deutlich höher. Alles ist professioneller. Ich habe einige Monate gebraucht, um mich zu adaptieren.

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DFB.de: Jenas Vereinstrainer Daniel Kraus lobt Sie als Führungsspielerin mit großem Ehrgeiz und guter Technik. Das sind Tugenden auch des kroatischen Nationalteams, wie das knappe 0:1 im Hinspiel gegen Deutschland nachdrücklich bewiesen hat.

Landeka: Wir wollten lange Zeit ohne Gegentor bleiben und haben deshalb aufopferungsvoll verteidigt. Das ist uns auch gut gelungen. Wir haben taktisch geschickt den Deutschen kaum Räume zugelassen. So gesehen war unser Spiel durchaus erfolgreich. Die Leistungsunterschiede zwischen Deutschland und Kroatien müssen wir akzeptieren und versuchen, das Beste daraus zu machen.

DFB.de: Gilt das auch für das Rückspiel in Osnabrück?

Landeka: Natürlich werden wir in die Partie gehen mit dem Ziel, erneut das Beste zu geben. Wir werden mit allem Ehrgeiz kämpfen, denn gegen Deutschland zu spielen, gilt für uns alle als ein ganz besonderes Highlight. So ein Gegner motiviert besonders. Das kann ich versprechen. Vielleicht gelingt uns ja auch etwas mehr nach vorne. Man muss es immer wieder versuchen.

DFB.de: Sie sind Kapitänin des Teams und dessen erfahrenste Spielerin.

Landeka: Das stimmt, denn Sandra Zigic, ebenfalls mit über 50 Länderspielen, fehlt nach einem Kreuzbandriss noch. Wir haben insgesamt ein junges Team, das auf die Zukunft gerichtet ist und ein großes Potenzial hat. Ich glaube, wenn das richtig gefördert wird, können wir sehr viel mehr erreichen als bisher. Es gibt bei uns in Kroatien viele technisch sehr begabte Talente.

DFB.de: Was ist Ihrer Meinung nach besonders wichtig für eine positivere Zukunft?

Landeka: Eine größere Akzeptanz in der Gesellschaft, die noch sehr traditionell ist. Kroatien liebt den Fußball, vor allem aber den männlichen Fußball. Frauenfußball hat kaum einen Stellenwert. Das verändert sich erst langsam seit den letzten Jahren. Wenn es mehr Sponsoren gäbe, wäre das sehr hilfreich in der Entwicklung.

DFB.de: Bislang dominiert in der nationalen Frauenliga ein einziges Team, ŽNK Osijek, und das deutlich.

Landeka: Das ist ein Manko und schwächt die Liga aufgrund mangelnder ernsthafter Konkurrenz im Wettbewerb. Aber die Tendenzen gehen dahin, mehr Konkurrenz zu schaffen und auch den Nachwuchs stärker zu fördern und besser auszubilden.

DFB.de: Oft sind kaum mehr als 50 Zuschauer bei Ligaspielen. Ist so etwas nicht frustierend?

Landeka: Leider sind es nicht mehr Fans, aber das ist, glaube ich, gar nicht so wichtig. Denn wir kennen es ja nicht anders. Also kann es auch nicht frustrieren. Nach wie vor sind die Liebe zum Fußball und der Spaß am Spielen das, was uns und damit alle Frauen und Mädchen motiviert. Wir wollen einfach Spaß haben. Deshalb belastet es uns nicht, selbst wenn da nur fünf oder zehn Menschen zuschauen.