Köpke: "Deutschland bleibt Torwartland"

Seine große Karriere begann Andreas Köpke ohne Torwarttrainer. Ihm hat es nicht viel geschadet. Köpke wurde Weltmeister und Europameister. Er war Deutschlands Fußballer des Jahres, mehrfach Deutschlands Torhüter des Jahres und Welttorhüter. Heute ist der 53-Jährige Bundestorwarttrainer - auch unter ihm hat sich Manuel Neuer zum weltbesten Torhüter entwickelt. Im DFB.de-Interview spricht Andreas Köpke mit Redakteur Steffen Lüdeke über die Entwicklung im Training der Torhüter, über die Bedeutung von Erfahrung und über die größten deutschen Torhüter-Talente.

DFB.de: Herr Köpke, Gianluigi Buffon hat angekündigt, seine Karriere bis 40 fortzusetzen. Trauen Sie dem Italiener zu, noch drei weitere Jahre auf höchstem Niveau zu spielen?

Andreas Köpke: Er kann das. Ich selber habe mit 39 Jahren aufgehört, und vom Körperlichen her hätte ich bestimmt noch zwei, drei Jahre spielen können. Auch Buffon ist dazu in der Lage. Ich habe ihn gestern wieder in der Champions League gesehen - er hat super gehalten. Seine Ankündigung hat mich auch nicht sonderlich überrascht. Es gibt doch nichts Schöneres, als Fußball zu spielen - wenn man es von der Leistung noch schafft. Und momentan ist er dazu absolut in der Lage, er gehört noch immer zu den Besten. Ich glaube nicht, dass sich daran so schnell etwas ändern wird.

DFB.de: Die Erfahrung wächst mit dem Alter, was nimmt ab? Ab wann lassen die Reflexe nach?

Köpke: Ich weiß gar nicht, ob die Reflexe nachlassen. Man muss mit zunehmenden Alter eher anders trainieren, um sein Niveau zu halten. Man muss gezielter trainieren, kürzer, dafür mehr auf Explosivität. Man kann sich nicht erlauben, mal etwas schleifen zu lassen. Generell muss man einfach mehr auf sich und seinen Körper achten. Dann kann man als Torhüter ziemlich lange auf ziemlich hohem Niveau spielen.

DFB.de: Gibt es ein optimales Alter für Torhüter? Früher hat man immer gesagt, dass Torhüter erst jenseits der 30 ihr höchstes Niveau erreichen.

Köpke: Das hat sich alles verschoben, nicht nur bei den Torhütern. Manuel Neuer ist ja das beste Beispiel. Wenn man sieht, wie lange er schon bei der Nationalmannschaft und auf Topniveau spielt, dann ist er ein Beleg dafür, dass Torhüter auch schon sehr früh sehr gut sein können.

DFB.de: Dann ist Erfahrung als Wert gar nicht so wichtig?

Köpke: Doch. Und auch das sieht man an Manuel. Er war früh schon hervorragend, und dennoch ist er mit jedem Jahr noch besser geworden. Sein Spiel ist immer offensiver geworden. Weil er mit der Erfahrung in vielen Dingen eine viel größere Sicherheit bekommen hat. In der Antizipation von Situationen, in der Kalkulierung des Risikos. Je häufiger man solche Situation auf dem Spielfeld erlebt, desto besser kann man sie einschätzen. Das ist nichts, was man erlernen kann, das geht nur durch erleben.

DFB.de: Wir sprechen mit Ihnen im Anschluss an den Elitetorwart-Lehrgang in Bad Gögging. Sie haben für drei Tage mit den größten deutschen Torhütertalenten gearbeitet. Von der U 15 bis zur U 19 waren die besten Nachwuchstorhüter versammelt. Welche Idee steckt hinter diesem Camp?

Köpke: Wir haben aus allen Lehrgängen bis zur U 19 die vier Toptorhüter zusammengezogen. Um mit ihnen zu trainieren, um zu sichten, um zu sehen, wie sich die Jungs entwickelt haben. Es ging auch darum, dass die Torhüter sich untereinander kennenlernen, dass sie sich austauschen. Uns war zudem wichtig, dass sie den Stellenwert, den sie beim DFB haben, spüren und erleben können. Den Rahmen in Bad Gögging haben wir außerdem genutzt, um unser Torwarttrainer-Meeting durchzuführen. Auch unter den Trainern ist der Austausch wichtig. Wir haben uns über die einzelnen Torhüter unterhalten, haben Trainingsformen, Inhalte und Schwerpunkte diskutiert.



Seine große Karriere begann Andreas Köpke ohne Torwarttrainer. Ihm hat es nicht viel geschadet. Köpke wurde Weltmeister und Europameister. Er war Deutschlands Fußballer des Jahres, mehrfach Deutschlands Torhüter des Jahres und Welttorhüter. Heute ist der 53-Jährige Bundestorwarttrainer - auch unter ihm hat sich Manuel Neuer zum weltbesten Torhüter entwickelt. Im DFB.de-Interview spricht Andreas Köpke mit Redakteur Steffen Lüdeke über die Entwicklung im Training der Torhüter, über die Bedeutung von Erfahrung und über die größten deutschen Torhüter-Talente.

DFB.de: Herr Köpke, Gianluigi Buffon hat angekündigt, seine Karriere bis 40 fortzusetzen. Trauen Sie dem Italiener zu, noch drei weitere Jahre auf höchstem Niveau zu spielen?

Andreas Köpke: Er kann das. Ich selber habe mit 39 Jahren aufgehört, und vom Körperlichen her hätte ich bestimmt noch zwei, drei Jahre spielen können. Auch Buffon ist dazu in der Lage. Ich habe ihn gestern wieder in der Champions League gesehen - er hat super gehalten. Seine Ankündigung hat mich auch nicht sonderlich überrascht. Es gibt doch nichts Schöneres, als Fußball zu spielen - wenn man es von der Leistung noch schafft. Und momentan ist er dazu absolut in der Lage, er gehört noch immer zu den Besten. Ich glaube nicht, dass sich daran so schnell etwas ändern wird.

DFB.de: Die Erfahrung wächst mit dem Alter, was nimmt ab? Ab wann lassen die Reflexe nach?

Köpke: Ich weiß gar nicht, ob die Reflexe nachlassen. Man muss mit zunehmenden Alter eher anders trainieren, um sein Niveau zu halten. Man muss gezielter trainieren, kürzer, dafür mehr auf Explosivität. Man kann sich nicht erlauben, mal etwas schleifen zu lassen. Generell muss man einfach mehr auf sich und seinen Körper achten. Dann kann man als Torhüter ziemlich lange auf ziemlich hohem Niveau spielen.

DFB.de: Gibt es ein optimales Alter für Torhüter? Früher hat man immer gesagt, dass Torhüter erst jenseits der 30 ihr höchstes Niveau erreichen.

Köpke: Das hat sich alles verschoben, nicht nur bei den Torhütern. Manuel Neuer ist ja das beste Beispiel. Wenn man sieht, wie lange er schon bei der Nationalmannschaft und auf Topniveau spielt, dann ist er ein Beleg dafür, dass Torhüter auch schon sehr früh sehr gut sein können.

DFB.de: Dann ist Erfahrung als Wert gar nicht so wichtig?

Köpke: Doch. Und auch das sieht man an Manuel. Er war früh schon hervorragend, und dennoch ist er mit jedem Jahr noch besser geworden. Sein Spiel ist immer offensiver geworden. Weil er mit der Erfahrung in vielen Dingen eine viel größere Sicherheit bekommen hat. In der Antizipation von Situationen, in der Kalkulierung des Risikos. Je häufiger man solche Situation auf dem Spielfeld erlebt, desto besser kann man sie einschätzen. Das ist nichts, was man erlernen kann, das geht nur durch erleben.

DFB.de: Wir sprechen mit Ihnen im Anschluss an den Elitetorwart-Lehrgang in Bad Gögging. Sie haben für drei Tage mit den größten deutschen Torhütertalenten gearbeitet. Von der U 15 bis zur U 19 waren die besten Nachwuchstorhüter versammelt. Welche Idee steckt hinter diesem Camp?

Köpke: Wir haben aus allen Lehrgängen bis zur U 19 die vier Toptorhüter zusammengezogen. Um mit ihnen zu trainieren, um zu sichten, um zu sehen, wie sich die Jungs entwickelt haben. Es ging auch darum, dass die Torhüter sich untereinander kennenlernen, dass sie sich austauschen. Uns war zudem wichtig, dass sie den Stellenwert, den sie beim DFB haben, spüren und erleben können. Den Rahmen in Bad Gögging haben wir außerdem genutzt, um unser Torwarttrainer-Meeting durchzuführen. Auch unter den Trainern ist der Austausch wichtig. Wir haben uns über die einzelnen Torhüter unterhalten, haben Trainingsformen, Inhalte und Schwerpunkte diskutiert.

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DFB.de: Wie statisch ist das Torwarttraining? Wird in so einem Kreis auch über ganz neue Ansätze des Trainings gesprochen?

Köpke: Wir sind sehr flexibel. Und selbstverständlich sind wir offen für Neues. Im Torwarttrainerteam haben wir uns etwa darüber unterhalten, dass wir auch über den Tellerrand hinaus schauen sollten. Wir werden gucken, ob es in anderen Sportarten - Eishockey oder Handball beispielsweise - im Torwarttraining Übungsformen gibt, die auch Fußballtorhüter sinnvoll sein können. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es insbesondere im Bereich der Reaktion und Reflexschulung Dinge gibt, die auch für uns sehr interessant sein können. Auch die Sporthochschule Köln werden wir in diesen Bereich einbeziehen.

DFB.de: Das Team der Torwarttrainer des DFB besteht aus neun Trainern. Wie zufrieden sind Sie mit dieser Zusammensetzung?

Köpke: Wir sind sehr gut aufgestellt. Wir haben Trainer dabei, die in der Bundesliga gespielt und schon als Torwarttrainer gearbeitet haben. Christian Fiedler, Stefan Wessels, Klaus Thomforde. Eigentlich könnte ich alle nennen. In Camp war vor allem zu merken, wie viel Spaß sie bei der Arbeit haben. Innerhalb dieses Teams haben wir großen Zusammenhalt und viele gemeinsame Überzeugungen. Die Trainer verstehen sich fachlich und menschlich sehr gut, der Austausch ist wirklich vorbildlich. Das ist ein wichtiger Punkt, weil die Spieler im Bereich der U-Mannschaften häufig das Team und damit den Trainer wechseln. Wenn Sie zu einer neuen Mannschaft kommen, weiß der Trainer schon, was ihn erwartet. Das ist für den Trainer gut. Und für den Torhüter genauso.

DFB.de: Wie wichtig ist ein guter Torwarttrainer für die Entwicklung eines Torwarttalents?

Köpke: Bei der Begrüßung habe ich dies den Torhütern erzählt: Zu meiner Zeit gab es kein spezielles Training für Torhüter, fast kein Team hatte damals einen eigenen Torwarttrainer, das fing alles erst an. Ich habe dann dennoch meinen Weg gemacht, aber das kann heute nicht mehr der Anspruch sein. Heute haben die Vereine Nachwuchsleistungszentren mit mehreren Torwarttrainern, die die Jungs in ihrer Entwicklung fördern und begleiten und die sich auch als Ansprechpartner für die Torhüter sehen. Da ist alles dabei: Videoanalysen, Leistungsdiagnostik, Ernährungsberatung. All das gab es früher nicht. Ich habe den Jungs verdeutlicht, wie umsorgt sie heute sind, und auch wie dankbar sie dafür sein müssen. Weil es ohne dies heute nicht mehr geht. Dafür ist das Niveau zu ausgeglichen und zu hoch. Wer nicht die optimale Förderung erfährt, hat kaum eine Chance, sein Talent voll zu entwickeln. Und nur dann hat man eine Chance, als Torhüter wirklich Karriere zu machen.

DFB.de: Was macht einen guten Torwarttrainer im Nachwuchs aus, über welche Eigenschaften muss er verfügen?

Köpke: Er muss die Stärken und Schwächen des Torwarts erkennen - vor allem muss er ein Gefühl für die Torhüter entwickeln. Dafür, wie viel sie trainieren können, dafür, wie hoch die Intensität in den jeweiligen Altersgruppen und individuell für den jeweiligen Torwart sein kann. Er muss auf die unterschiedlichen Charaktere seiner Torhüter eingehen können, auch auf die jeweilige Lebenssituation. Die Torhüter, die in Bad Gögging waren, gehen ja alle noch zur Schule und werden auch da voll gefordert. Daraus resultiert ein schwieriger Spagat, den auch die Torwarttrainer im Blick haben müssen. Sie müssen Trainingsformen entwickeln können, die die Schwächen ausmerzen und die Stärken ausbauen, sie müssen gut analysieren und gut kommunizieren können. Die Anforderungen an Torwarttrainer werden immer komplexer, die Guten kommen damit gut zurecht.

DFB.de: Auf was achten Sie zuerst, wenn Sie einen Torhüter zum ersten Mal beobachten?

Köpke: Beim Elitecamp war es anders, als wenn ich einen Torhüter im Stadion zum ersten Mal sehe. Bei den Nachwuchstorhütern achte ich auf Dinge, die mir verraten, wie die Torhüter grundsätzlich ausgebildet sind. Da geht es um Fangtechniken, um Stellungsspiel, darum, wie sie zum Ball gehen, wie sie reagieren, wie sie fallen.

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DFB.de: Auf die fußballerischen Fähigkeiten von Torhütern achten Sie erst im zweiten Schritt?

Köpke: Nein, das gehört zu den Grundtechniken der Torhüter dazu. Ich schaue mir genau an, wie sie auch in diesem Bereich ausgebildet sind. Sind sie beidfüßig, wie gut ist ihre Technik, können Sie ein Spiel lesen?

DFB.de: Die Bedeutung der fußballerischen Fähigkeiten von Torhütern wird immer größer. Gibt es dafür spezielle Trainingsformen für Torhüter?

Köpke: Selbstverständlich. Es gibt Passformen und Passübungen speziell für Torhüter. Auch die die Schlagtechniken beim Abschlag sind wichtig und werden eigens geschult. Das betrifft die Frage, wie ich den Ball treffe und welche Flugkurve daraus resultiert. Genauso wichtig ist es aber, die Torhüter hin und wieder ins "normale" Training der Feldspieler zu integrieren. Fußballerische Fähigkeiten sind wichtig, sie helfen der Mannschaft aber nur, wenn der Torhüter in der Lage ist, sie sinnvoll einzusetzen. Der schönste Außenristpass eines Torhüters über 50 Meter ist sinnlos, wenn die Situation auf dem Spielfeld dafür keinen Anlass gibt. Wenn etwa der Adressat vorne alleine steht und von fünf Gegner zugestellt ist.

DFB.de: Torhüter müssen also über Spielverständnis verfügen.

Köpke: Ja. Sie müssen erkennen, wann es sinnvoll ist, das Spiel schnell zu machen. Sie müssen sehen oder vorausahnen, wo auf dem Feld sich Überzahlsituationen ergeben, auch auf welcher Seite der Gegner angreifbarer ist. Das sind alles Dinge, die Torhüter lernen müssen. Auch dabei spielt die Erfahrung eine große Rolle. Umso wichtiger ist es, schon im Jugendbereich diese mitspielende Rolle zu verinnerlichen. Unsere Trainer sollen das fordern. Wichtig ist dann aber auch, dass die Trainer die Fehler verzeihen, die daraus entstehen. Nur dann können sie aus den Fehlern lernen, nur dann sind sie in der Lage, auch beim nächsten Anlass wieder das Risiko zu suchen.

DFB.de: Sie haben zwei, drei Tage lang Deutschlands Toptorhüter-Talente in Augenschein genommen. Die Frage muss kommen: Wie viele neue Neuers haben Sie gesehen?

Köpke: Ich habe keinen einzigen neuen Neuer gesehen. Aber nur, weil wir kein Spiel aufs große Feld gemacht haben und niemand mit seinen Ausflügen als neuer Neuer glänzen konnte. Spaß beiseite: Ich war sehr angetan von dem, was ich gesehen habe. Es war beeindruckend. Die Jungs sind hervorragend ausgebildet, teilweise schon sehr komplett. Mir hat auch gefallen, wie sie auftreten. Sie haben viel Selbstvertrauen, aber auch großen Respekt vor- und füreinander. Es war ein sehr angenehmes Arbeiten mit sehr guten Torhüter. Für die Zukunft müssen wir uns also keine großen Sorgen machen.

DFB.de: Deutschland bleibt Torwartland.

Köpke: Ganz genau.