Koch: "Es geht um die Glaubwürdigkeit des Sports"

DFB-Vizepräsident Dr. Rainer Koch äußert sich im DFB.de-Interview über den Abschlussbericht "Doping in Deutschland" und Dopingtestungen im deutschen Fußball.

DFB.de: Herr Dr. Koch, am Montagnachmittag wurde der 117-seitige Abschlussbericht der Berliner Humboldt-Universität über "Doping in Deutschland" online veröffentlicht. Haben Sie sich schon einen Überblick verschaffen können?

Dr. Rainer Koch: Nach dem ersten Überblick geht es jetzt vor allem um die detaillierte Analyse und die daraus resultierenden Handlungsempfehlungen. Ich finde es richtig und zielführend, dass der DOSB das Thema mit Hilfe von Professor Udo Steiner umfassend aufarbeitet. Der DFB unterstützt den DOSB aus voller Überzeugung in seinem Anliegen, für Aufklärung und eine größtmögliche Transparenz zu sorgen. Es geht bei diesem Thema um die Glaubwürdigkeit des gesamten Sports.

DFB.de: Es kursieren immer wieder Gerüchte, drei Spieler der deutschen Vizeweltmeister von 1966 seien gedopt gewesen.

Koch: Das Thema ist nicht ganz neu. Bereits im Oktober 2011 erschienen diverse Presseartikel, in denen berichtet wurde, Spieler der Nationalmannschaft seien bei der WM 1966 gedopt gewesen. Diese mediale Berichterstattung bezog sich auf einen Brief von Mihailo Andrejevic, dem damaligen Vorsitzenden der Medizinischen Kommission der FIFA. Andrejevic hatte den Brief damals an den DLF-Präsidenten Max Danz geschickt. Bis zur Veröffentlichung in den Medien war der Brief dem DFB gänzlich unbekannt. Es geht dabei um Ephedringebrauch, also einen Wirkstoff, der das Abschwellen der Nasenschleimhäute bewirkt. Und die FIFA hat 1966 keinen der genannten Spieler wegen Dopings verurteilt oder gesperrt.

DFB.de: Das DFB-Präsidium hat über die Vorgänge ein Gutachten durch Professor Dr. Martin Nolte in Auftrag gegeben. Mit welchem Ziel?

Koch: Das Gutachten sollte sportrechtlich klären, ob deutsche Nationalspieler im Rahmen der WM 1966 gegen die damaligen Anti-Doping-Regeln verstoßen haben. Das Gutachten von Professor Nolte, einem renommierten Juristen der Sporthochschule Köln, sagt eindeutig: Das war nicht der Fall.

DFB.de: Dem DFB wird der Vorwurf gemacht, den Forschern der Humboldt-Universität den Zutritt zu seinem Archiv verwehrt zu haben.



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DFB-Vizepräsident Dr. Rainer Koch äußert sich im DFB.de-Interview über den Abschlussbericht "Doping in Deutschland" und Dopingtestungen im deutschen Fußball.

DFB.de: Herr Dr. Koch, am Montagnachmittag wurde der 117-seitige Abschlussbericht der Berliner Humboldt-Universität über "Doping in Deutschland" online veröffentlicht. Haben Sie sich schon einen Überblick verschaffen können?

Dr. Rainer Koch: Nach dem ersten Überblick geht es jetzt vor allem um die detaillierte Analyse und die daraus resultierenden Handlungsempfehlungen. Ich finde es richtig und zielführend, dass der DOSB das Thema mit Hilfe von Professor Udo Steiner umfassend aufarbeitet. Der DFB unterstützt den DOSB aus voller Überzeugung in seinem Anliegen, für Aufklärung und eine größtmögliche Transparenz zu sorgen. Es geht bei diesem Thema um die Glaubwürdigkeit des gesamten Sports.

DFB.de: Es kursieren immer wieder Gerüchte, drei Spieler der deutschen Vizeweltmeister von 1966 seien gedopt gewesen.

Koch: Das Thema ist nicht ganz neu. Bereits im Oktober 2011 erschienen diverse Presseartikel, in denen berichtet wurde, Spieler der Nationalmannschaft seien bei der WM 1966 gedopt gewesen. Diese mediale Berichterstattung bezog sich auf einen Brief von Mihailo Andrejevic, dem damaligen Vorsitzenden der Medizinischen Kommission der FIFA. Andrejevic hatte den Brief damals an den DLF-Präsidenten Max Danz geschickt. Bis zur Veröffentlichung in den Medien war der Brief dem DFB gänzlich unbekannt. Es geht dabei um Ephedringebrauch, also einen Wirkstoff, der das Abschwellen der Nasenschleimhäute bewirkt. Und die FIFA hat 1966 keinen der genannten Spieler wegen Dopings verurteilt oder gesperrt.

DFB.de: Das DFB-Präsidium hat über die Vorgänge ein Gutachten durch Professor Dr. Martin Nolte in Auftrag gegeben. Mit welchem Ziel?

Koch: Das Gutachten sollte sportrechtlich klären, ob deutsche Nationalspieler im Rahmen der WM 1966 gegen die damaligen Anti-Doping-Regeln verstoßen haben. Das Gutachten von Professor Nolte, einem renommierten Juristen der Sporthochschule Köln, sagt eindeutig: Das war nicht der Fall.

DFB.de: Dem DFB wird der Vorwurf gemacht, den Forschern der Humboldt-Universität den Zutritt zu seinem Archiv verwehrt zu haben.

Koch: Das Forscherteam hat uns in der Tat um Einsicht in das Archiv gebeten. Der DFB hat im Juli 2010 und dann erneut im Oktober dafür Grünes Licht gegeben. Das Archiv stand den Forschern offen. Die Behauptung, wir hätten die Anfrage abgelehnt, ist also falsch. Aber natürlich wurde die Öffnung mit geltenden Datenschutzauflagen verknüpft.

DFB.de: Das heißt?

Koch: Auf Gund der Tatsache, dass viele Akten persönlichkeitsbezogene Informationen enthalten, musste aus datenschutzrechtlicher Sicht zwingend eine entsprechende Verschwiegenheit sichergestellt werden. Die Forscher sollten erklären, dass das gesichtete Material nur zu Forschungszwecken verwendet werden darf. Ein Forscher der Uni Münster war damit einverstanden, seine Kollegen aus Berlin nicht.

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DFB.de: Die Eckpunkte des bestehenden Systems der Dopingtestung - wie schauen die aus?

Koch: Insgesamt führen wir im deutschen Fußball pro Saison rund 2200 Testungen pro Jahr durch, also Wettkampf- und Trainingskontrollen addiert. Die rund 1700 Wettkampfkontrollen werden vom DFB seit 1988 selbst organisiert. Das Kontrollsystem wird kontinuierlich fortentwickelt, zuletzt insbesondere auch unter Einbindung von Chaperons in den ersten drei Spielklassen. Als Wettkampfkontrolleure kommen ausschließlich geschulte, approbierte Ärzte zum Einsatz. Die NADA ist in der Planung ihrer Trainingskontrollen völlig uneingeschränkt. Sie ist über die "Where-abouts" der Nationalspieler und Nationalspielerinnen sowie über die nationalen und internationalen Spielansetzungen komplett informiert und kann folglich komplett eigenständig operieren.

DFB.de: Bezahlt der DFB selbst diese Leistung der NADA?

Koch: Genauso ist es. Und ich finde es durchaus angemessen, hier mal festzuhalten, dass der DFB keine öffentlichen Fördergelder in Anspruch nimmt, sondern die von der NADA durchgeführten Trainingskontrollen in voller Höhe bezahlt.

DFB.de: Der DFB führt rund 2200 Testungen durch, die FIFA testet Fußballer weltweit. Wie viele positive Befunde gibt es pro Jahr?

Koch: Das bewegt sich im Promillebereich. Meistens handelt es sich bei positiven Befunden um die Anzeige von Rauschmitteln oder vom Spieler irrtümlich verwendeten Medikamenten. Wir müssen wirklich nichts beschönigen, denn bislang gab es im Fußball nur einige ganz wenige Einzelfälle.

DFB.de: Neu dazu gekommen sind in dieser Saison Bluttests. In welchem Umfang wird künftig auf Blut getestet?

Koch: Neben den 1720 Wettkampfkontrollen bleibt es beim Budget der NADA, mit dem sie bislang 500 Urinproben finanziert hat. Wie künftig der Split zwischen Blut- und Urinproben sein wird, entscheidet wieder komplett die NADA.

DFB.de: Bislang wurde nur Urin getestet - ist dadurch Epo praktisch nicht nachweisbar gewesen?

Koch: Epo ist auch durch Urinproben nachweisbar. Einige neuere Formen von Epo sind aber nur durch Blutproben positiv nachweisbar.