Klose: "Sehr speziell, sehr emotional"

Er trifft und trifft und trifft, zuletzt beim 6:2 gegen Österreich zum 62. Mal im 111. Länderspiel. In der Qualifikation für die EM in Polen und der Ukraine ist er mit fünf Toren aus acht Spielen Deutschlands erfolgreichster Torschütze. Auch bei seinem neuen Verein Lazio Rom hat der Stürmer in der Vorbereitung einen hervorragenden Eindruck gemacht. Miroslav Klose ist topfit, die Zeit scheint spurlos an ihm vorbei zu gehen.

Mit 33 Jahren ist der Ex-Münchner der älteste Spieler im Kader für das Länderspiel heute (ab 20.45, live im ZDF) in Danzig gegen EM-Gastgeber Polen. Ein für ihn besonderes Spiel - Klose wurde in Opole in Polen geboren, erst im Alter von acht Jahren kam er nach Deutschland. Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Steffen Lüdeke hat er über sein Geburtsland, seine neue Heimat, das Duell in Danzig und die EURO 2012 geredet.

DFB.de: Herr Klose, mit welchen Gedanken und Erwartungen sind Sie zum Länderspiel nach Polen gereist?

Miroslav Klose: Für mich ist es ein sehr spezielles und sehr emotionales Spiel. Ich bin in Polen geboren, ich beherrsche die deutsche und polnische Sprache, viele Verwandte von mir leben noch dort. Ich spiele ja nicht zum ersten Mal gegen Polen, habe aber noch nie in Polen gespielt. Deshalb freue ich mich sehr auf heute.

DFB.de: Ganz generell - wie groß ist Ihr Bezug zu Polen noch? Wann waren Sie zum letzten Mal dort?

Klose: Schon länger nicht mehr. In den vergangenen fünf Jahren war ich nicht mehr in Polen. Leider.

DFB.de: Woran liegt das?

Klose: Die Zeit ist einfach knapp. Mehr als zweieinhalb oder maximal drei Wochen Urlaub hatte ich lange nicht mehr. Und die wenige Zeit nutze ich meistens, um mit der Familie irgendwo ins Warme, in die Sonne zu fliegen. Da bliebt nicht mehr viel, um noch die Verwandtschaft in Polen zu besuchen. Das ist irgendwie traurig, weil mir die Familie sehr wichtig ist. Deswegen feiern wir oft Feste mit der ganzen Familie, aber diese Feste haben bisher immer bei uns in Deutschland stattgefunden.

DFB.de: Vielleicht finden Sie ja im nächsten Jahr die Zeit, Ihre Verwandten zu besuchen. Bei der EM, Ihrem vielleicht letzten großen Turnier, sind Sie ja über einen längeren Zeitraum in Polen.

Klose: Ja, das könnte passieren. Die EM ist auf jeden Fall mein nächstes Ziel. Darauf arbeite ich hin. Und danach werde ich von Jahr zu Jahr sehen, was passiert und wie weit mich meine Beine tragen. Aktuell bin ich fit, ich fühle mich sehr gut - mal schauen, wie lange das so bleibt und wann der Zahn der Zeit an mir zu nagen beginnt.

DFB.de: Ganz offenkundig sind Sie gut drauf. In Italien haben Sie für Ihren neuen Verein Lazio Rom gleich getroffen. Sie fühlen sich dort augenscheinlich wohl.

Klose: Stimmt. Bei Lazio läuft alles bestens. Ich fühle mich dort sehr wohl, auch wir als Familie sind sehr zufrieden. Die Mannschaft hat mich sehr gut aufgenommen, und natürlich haben meine Tore geholfen, um mich zu intergieren. Es ist also bestens angelaufen, wobei man auch zugeben muss, dass unsere Gegner in der Vorbereitung nicht sonderlich hochkarätig waren. Richtig zählt es ja erst, wenn die Saison auch im Verein beginnt. Ich bin sehr gespannt, wie es sein wird, in der Serie A zu spielen.

DFB.de: Wie sehr unterscheidet sich das Training bei Lazio von dem in Deutschland?

Klose: In Italien geht alles ein wenig relaxter zu. Bei Lazio wird intensiv und individuell trainiert. Es ist aber weniger akribisch, weniger verbissen. Mir kommt das sehr entgegen. Es beweist, dass es auch anders geht, dass Training auch effizient ist, wenn es ein weniger lockerer zugeht.

DFB.de: Das lockerere Training scheint Ihnen auch für die Nationalmannschaft nicht zu schaden. Gegen Österreich haben Sie gleich wieder ein Tor erzielt. Allerdings gab es danach Diskussionen, ob der Treffer nicht eher Mesut Özil gebührt hätte.

Klose: Ich bin mir sicher, dass ich den Ball berührt habe. Sonst hätte ich mich auch nicht sofort zum Jubeln abgedreht. Wer mich kennt, der weiß, dass es nicht meine Art ist, einem Kollegen ein Tor zu klauen. Das habe ich nicht nötig. Zumal es bisher ja eher umgekehrt war: Mir wurde früher immer vorgeworfen, dass ich für einen Stürmer zu wenig egoistisch sei.

DFB.de: Deutschland hat bisher alle acht EM-Qualifikationsspiele gewonnen und damit das Ticket für die Endrunde vorzeitig gelöst. Lautet das Ziel jetzt: zehn Spiele, zehn Siege?

Klose: Absolut. Wir sind natürlich froh, dass die verbleibenden Qualifikationsspiele nun Freundschaftsspielcharakter haben und wir gegen die Türkei und Belgien einiges testen und einige Varianten ausprobieren können. Das heißt aber nicht, dass wir diese Spiele nicht gewinnen wollen. Unser Ziel ist immer der Sieg. Und wenn es am Ende tatsächlich die perfekte Qualifikation sein sollte, dann würden wir uns sehr darüber freuen.

DFB.de: Überall werden derzeit Loblieder auf die Nationalmannschaft gesungen. Gab es in Ihrer DFB-Karriere schon einmal eine Phase, in der die Mannschaft derart positiv beurteilt wurde?

Klose: Ich bin jetzt seit zehn Jahren Nationalspieler, wir haben auch schon früher viele gute Spiele gemacht. Aber wenn man sich die Talente anschaut, die in diesem Team stehen, dann muss ich klar sagen, dass die aktuelle Nationalmannschaft die beste ist, in der ich bisher gespielt habe. Wir wollten nach der Weltmeisterschaft den nächsten Schritt machen, den haben wir gemacht. Aber: Wir sind mit unserem Weg noch lange nicht fertig. Bei jedem einzelnen und auch bei uns als Mannschaft gibt es noch Potenzial für Verbesserungen, unsere Aufgabe in den nächsten Monaten ist es, dieses Potenzial abzurufen.

DFB.de: Inwieweit macht es die kreative, offensive Spielweise der Nationalmannschaft Ihnen als Stürmer einfacher?

Klose: Natürlich profitieren wir Stürmer sehr davon. Wir setzen den Gegner früh unter Druck, kommen dadurch häufig schnell in Ballbesitz und können dann unsere Stärken in der Offensive ausspielen.

DFB.de: In Danzig steht nun ein richtiges Freundschaftsspiel an. Wie schätzen Sie die polnische Nationalmannschaft ein?

Klose: Sehr stark. Die Polen haben zuletzt 1:1 gegen Mexiko gespielt. Sie haben eine gute Mannschaft zusammen, auch wenn nicht jeder ihrer Spieler den ganz großen Namen hat. Selbst ich kenne nicht alle Spieler, weil ich den Fußball in Polen nicht sonderlich intensiv verfolge. Ich schaue mir aber schon die Ergebnisse an, beobachte das Geschehen in der Liga ein wenig. Mein Fokus liegt jedoch auf dem deutschen Fußball.

DFB.de: In den Spielen der Nationalmannschaft kommunizieren Sie mit Lukas Podolski nicht selten auf Polnisch. Auch heute? Oder reden Sie dann deutsch, weil Sie den Gegner mit der polnischen Sprache nicht verwirren können?

Klose: Wir reden ja nicht nur auf dem Platz polnisch, sondern auch außerhalb des Platzes. Wie wir es diesmal machen - mal sehen. Wir werden uns etwas einfallen lassen, vielleicht werden wir aufs Englische wechseln.

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Er trifft und trifft und trifft, zuletzt beim 6:2 gegen Österreich zum 62. Mal im 111. Länderspiel. In der Qualifikation für die EM in Polen und der Ukraine ist er mit fünf Toren aus acht Spielen Deutschlands erfolgreichster Torschütze. Auch bei seinem neuen Verein Lazio Rom hat der Stürmer in der Vorbereitung einen hervorragenden Eindruck gemacht. Miroslav Klose ist topfit, die Zeit scheint spurlos an ihm vorbei zu gehen.

Mit 33 Jahren ist der Ex-Münchner der älteste Spieler im Kader für das Länderspiel heute (ab 20.45, live im ZDF) in Danzig gegen EM-Gastgeber Polen. Ein für ihn besonderes Spiel - Klose wurde in Opole in Polen geboren, erst im Alter von acht Jahren kam er nach Deutschland. Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Redakteur Steffen Lüdeke hat er über sein Geburtsland, seine neue Heimat, das Duell in Danzig und die EURO 2012 geredet.

DFB.de: Herr Klose, mit welchen Gedanken und Erwartungen sind Sie zum Länderspiel nach Polen gereist?

Miroslav Klose: Für mich ist es ein sehr spezielles und sehr emotionales Spiel. Ich bin in Polen geboren, ich beherrsche die deutsche und polnische Sprache, viele Verwandte von mir leben noch dort. Ich spiele ja nicht zum ersten Mal gegen Polen, habe aber noch nie in Polen gespielt. Deshalb freue ich mich sehr auf heute.

DFB.de: Ganz generell - wie groß ist Ihr Bezug zu Polen noch? Wann waren Sie zum letzten Mal dort?

Klose: Schon länger nicht mehr. In den vergangenen fünf Jahren war ich nicht mehr in Polen. Leider.

DFB.de: Woran liegt das?

Klose: Die Zeit ist einfach knapp. Mehr als zweieinhalb oder maximal drei Wochen Urlaub hatte ich lange nicht mehr. Und die wenige Zeit nutze ich meistens, um mit der Familie irgendwo ins Warme, in die Sonne zu fliegen. Da bliebt nicht mehr viel, um noch die Verwandtschaft in Polen zu besuchen. Das ist irgendwie traurig, weil mir die Familie sehr wichtig ist. Deswegen feiern wir oft Feste mit der ganzen Familie, aber diese Feste haben bisher immer bei uns in Deutschland stattgefunden.

DFB.de: Vielleicht finden Sie ja im nächsten Jahr die Zeit, Ihre Verwandten zu besuchen. Bei der EM, Ihrem vielleicht letzten großen Turnier, sind Sie ja über einen längeren Zeitraum in Polen.

Klose: Ja, das könnte passieren. Die EM ist auf jeden Fall mein nächstes Ziel. Darauf arbeite ich hin. Und danach werde ich von Jahr zu Jahr sehen, was passiert und wie weit mich meine Beine tragen. Aktuell bin ich fit, ich fühle mich sehr gut - mal schauen, wie lange das so bleibt und wann der Zahn der Zeit an mir zu nagen beginnt.

DFB.de: Ganz offenkundig sind Sie gut drauf. In Italien haben Sie für Ihren neuen Verein Lazio Rom gleich getroffen. Sie fühlen sich dort augenscheinlich wohl.

Klose: Stimmt. Bei Lazio läuft alles bestens. Ich fühle mich dort sehr wohl, auch wir als Familie sind sehr zufrieden. Die Mannschaft hat mich sehr gut aufgenommen, und natürlich haben meine Tore geholfen, um mich zu intergieren. Es ist also bestens angelaufen, wobei man auch zugeben muss, dass unsere Gegner in der Vorbereitung nicht sonderlich hochkarätig waren. Richtig zählt es ja erst, wenn die Saison auch im Verein beginnt. Ich bin sehr gespannt, wie es sein wird, in der Serie A zu spielen.

DFB.de: Wie sehr unterscheidet sich das Training bei Lazio von dem in Deutschland?

Klose: In Italien geht alles ein wenig relaxter zu. Bei Lazio wird intensiv und individuell trainiert. Es ist aber weniger akribisch, weniger verbissen. Mir kommt das sehr entgegen. Es beweist, dass es auch anders geht, dass Training auch effizient ist, wenn es ein weniger lockerer zugeht.

DFB.de: Das lockerere Training scheint Ihnen auch für die Nationalmannschaft nicht zu schaden. Gegen Österreich haben Sie gleich wieder ein Tor erzielt. Allerdings gab es danach Diskussionen, ob der Treffer nicht eher Mesut Özil gebührt hätte.

Klose: Ich bin mir sicher, dass ich den Ball berührt habe. Sonst hätte ich mich auch nicht sofort zum Jubeln abgedreht. Wer mich kennt, der weiß, dass es nicht meine Art ist, einem Kollegen ein Tor zu klauen. Das habe ich nicht nötig. Zumal es bisher ja eher umgekehrt war: Mir wurde früher immer vorgeworfen, dass ich für einen Stürmer zu wenig egoistisch sei.

DFB.de: Deutschland hat bisher alle acht EM-Qualifikationsspiele gewonnen und damit das Ticket für die Endrunde vorzeitig gelöst. Lautet das Ziel jetzt: zehn Spiele, zehn Siege?

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Klose: Absolut. Wir sind natürlich froh, dass die verbleibenden Qualifikationsspiele nun Freundschaftsspielcharakter haben und wir gegen die Türkei und Belgien einiges testen und einige Varianten ausprobieren können. Das heißt aber nicht, dass wir diese Spiele nicht gewinnen wollen. Unser Ziel ist immer der Sieg. Und wenn es am Ende tatsächlich die perfekte Qualifikation sein sollte, dann würden wir uns sehr darüber freuen.

DFB.de: Überall werden derzeit Loblieder auf die Nationalmannschaft gesungen. Gab es in Ihrer DFB-Karriere schon einmal eine Phase, in der die Mannschaft derart positiv beurteilt wurde?

Klose: Ich bin jetzt seit zehn Jahren Nationalspieler, wir haben auch schon früher viele gute Spiele gemacht. Aber wenn man sich die Talente anschaut, die in diesem Team stehen, dann muss ich klar sagen, dass die aktuelle Nationalmannschaft die beste ist, in der ich bisher gespielt habe. Wir wollten nach der Weltmeisterschaft den nächsten Schritt machen, den haben wir gemacht. Aber: Wir sind mit unserem Weg noch lange nicht fertig. Bei jedem einzelnen und auch bei uns als Mannschaft gibt es noch Potenzial für Verbesserungen, unsere Aufgabe in den nächsten Monaten ist es, dieses Potenzial abzurufen.

DFB.de: Inwieweit macht es die kreative, offensive Spielweise der Nationalmannschaft Ihnen als Stürmer einfacher?

Klose: Natürlich profitieren wir Stürmer sehr davon. Wir setzen den Gegner früh unter Druck, kommen dadurch häufig schnell in Ballbesitz und können dann unsere Stärken in der Offensive ausspielen.

DFB.de: In Danzig steht nun ein richtiges Freundschaftsspiel an. Wie schätzen Sie die polnische Nationalmannschaft ein?

Klose: Sehr stark. Die Polen haben zuletzt 1:1 gegen Mexiko gespielt. Sie haben eine gute Mannschaft zusammen, auch wenn nicht jeder ihrer Spieler den ganz großen Namen hat. Selbst ich kenne nicht alle Spieler, weil ich den Fußball in Polen nicht sonderlich intensiv verfolge. Ich schaue mir aber schon die Ergebnisse an, beobachte das Geschehen in der Liga ein wenig. Mein Fokus liegt jedoch auf dem deutschen Fußball.

DFB.de: In den Spielen der Nationalmannschaft kommunizieren Sie mit Lukas Podolski nicht selten auf Polnisch. Auch heute? Oder reden Sie dann deutsch, weil Sie den Gegner mit der polnischen Sprache nicht verwirren können?

Klose: Wir reden ja nicht nur auf dem Platz polnisch, sondern auch außerhalb des Platzes. Wie wir es diesmal machen - mal sehen. Wir werden uns etwas einfallen lassen, vielleicht werden wir aufs Englische wechseln.