Keßler: "Erfolge sind immer wieder zu toppen"

Sie hat schon jetzt alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt, fast alles. Am 28. August wird entschieden, wer Europas Fußballerin des Jahres wird. Auch auf diesen Titel kann Nadine Keßler noch hoffen. Es gibt keinen Zweifel daran: Für die Mittelfeldspielerin des VfL Wolfsburg läuft es derzeit perfekt. Und das soll so weitergehen: Seit einigen Tagen bereitet sich die 26-Jährige mit dem Doublesieger auf die neue Saison vor.

Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Mitarbeiter Sven Winterschladen redet die 29-malige deutsche Nationalspielerin über ihre unstillbare Lust auf Titel. Sie könnte zusammen mit ihren Wolfsburger Kolleginnen zum dritten Mal in Folge die Deutsche Meisterschaft und die Champions League gewinnen. Aber Keßler schaut noch weiter nach vorne: Im kommenden Sommer steht ein weiterer Höhepunkt auf dem Programm - die Weltmeisterschaft in Kanada.

DFB.de: Frau Keßler, Sie sind jetzt seit drei Jahren in Wolfsburg und haben in dieser Zeit fünf wichtige Titel auf Vereinsebene geholt. Hätten Sie mit so einer Entwicklung gerechnet?

Nadine Keßler: Mit fünf Titeln kann man natürlich nicht rechnen bei sechs maximal möglichen. Mit der Entwicklung der Mannschaft und des Vereins habe ich allerdings gerechnet. Als ich vor vier Jahren nach Wolfsburg kam, war schon abzusehen, dass sehr viel in den Frauenfußball investiert wird. Die Qualität der Mannschaft und auch die Strukturen des Vereins bildeten die besten Voraussetzungen. Schon da war mir klar, dass das Team erfolgreich sein wird. Dass es aber solche Ausmaße annimmt, nicht. Aber das freut uns natürlich umso mehr.

DFB.de: Was macht die Mannschaft so stark?

Keßler: Dass wir eine absolute Einheit sind und immer zusammenhalten, egal in welcher Phase wir uns befinden. Wir hatten auch in der erfolgreichen Zeit mit einigen Verletzungen zu kämpfen und Schwierigkeiten. Aber wir haben niemals aufgesteckt, haben einen guten Spirit in der Mannschaft und einen breiten und guten Kader, der die Verletzungen kompensieren kann. Und das ist letztlich, neben der individuellen Klasse, auch das entscheidende Kriterium, um Titel zu gewinnen.

DFB.de: Sind die Titelverteidigungen in Champions League und Meisterschaft noch höher einzustufen als die ersten Erfolge im Jahr zuvor?

Keßler: Ganz klar: ja! Es waren zwar "nur" zwei Titel in diesem Jahr, aber wenn man es vergleicht, war es mit viel mehr Arbeit verbunden. Die Triumphe 2013 inklusive der Europameisterschaft waren mental und körperlich anstrengend. Diese Titel dann zu verteidigen mit einer Mannschaft, die plötzlich jeder kennt, die keiner unterschätzt und auf die sich jeder Gegner taktisch besser einstellt, sind höher anzurechnen. Es war nicht umsonst so, dass es vorher noch keiner deutschen Mannschaft gelungen war, den Titel in der Champions League zu verteidigen. Jetzt haben wir die Möglichkeit, ihn zum dritten Mal in Folge zu holen. Und das hat, glaube ich, überhaupt noch niemand geschafft.

DFB.de: Inzwischen hat die Vorbereitung auf die neue Saison begonnen. Fällt es schwer, sich immer wieder neue Anreize zu setzen?

Keßler: Für mich fällt es überhaupt nicht schwer. Es ist das größte, wenn man erfolgreich ist. Zudem ist jeder Titel anders, weil es schon immer eine andere Ausgangsposition und eine neue Herausforderung ist. Auch dass es von der Motivation her schwieriger ist, würde ich nicht sagen, eher im Gegenteil. Wenn man die Titel gewinnt, will man das immer und immer wieder erleben.

DFB.de: Welche Rolle spielt Trainer Ralf Kellermann? Wie hält er die Spannung hoch?

Keßler: Er ist natürlich extrem wichtig, aber nicht nur als Trainer, sondern auch als Person. Man merkt ihm in allem an, wie wichtig ihm Fußball ist, welche Anspannung er in sich trägt, aber auch, wie er den Erfolg in der Mannschaft schätzt und uns immer wieder qualitativ voranbringen möchte. Sein Feuer brennt, und das spüren wir täglich. Auch darin, wie er das Konstrukt VfL aufstellt.

DFB.de: Wie sind diese Erfolge überhaupt noch zu toppen?

Keßler: Es hat sich in den vergangenen Jahren herauskristallisiert, dass der VfL gemeinsam mit Frankfurt, Potsdam und München das Maß aller Dinge ist. Das hört sich jetzt vielleicht banal an, aber Erfolge sind immer wieder zu toppen, wie ich finde. Egal ob bei der Titelverteidigung, der Verteidigung der Position in der Mannschaft oder der eigenen spielerischen Entwicklung - es geht immer weiter. Doch auch abseits des Sportlichen wird eine stetige Entwicklung deutlich. Das Interesse wächst, die Zuschauerzahlen steigen an und auch die mediale Aufmerksamkeit wird immer größer.

DFB.de: Mit welchen Zielen gehen Sie in die neue Saison?

Keßler: Ich möchte natürlich da weitermachen, wo wir aufgehört haben, und weitere Schritte mit der Mannschaft vorangehen. Wir wollen als Team wie in den vergangenen Jahren an uns arbeiten und das in Form von Titeln zeigen. Es soll die Marschroute sein, einige Trophäen zu verteidigen. Und wir hoffen natürlich auch auf ein bisschen Losglück und eine gute Form, um auch im DFB-Pokal in diesem Jahr wieder ein Stück weiterzukommen. Man darf nicht unterschätzen, dass mit der Weltmeisterschaft 2015 auch ein wichtiges Turnier ansteht. Das Zusammenspiel zwischen Vereinen und Nationalmannschaft muss gut sein, um die Spielerinnen optimal vorzubereiten und auszulasten.

DFB.de: Wie bewerten Sie die Situation in der Bundesliga?

Keßler: In diesem Jahr rechne ich sehr stark mit dem FC Bayern München. Sie haben eine sehr gute Mannschaft und sich qualitativ auf einigen Positionen verbessert. Natürlich wird auch Frankfurt weiterhin eine große Rolle spielen, Potsdam ebenfalls. Es wird ein Vierkampf werden an der Spitze der Tabelle, aber diesmal wird München noch stärker mitmischen.

DFB.de: In der Nationalmannschaft läuft es ebenfalls perfekt für Sie. Wie bewerten Sie die Auftritte der DFB-Auswahl zuletzt?

Keßler: Wir haben auch in der Nationalmannschaft einen sehr guten Weg eingeschlagen. Dass ich mit meinen Leistungen zum Erfolg des Teams beitragen kann, freut und ehrt mich natürlich sehr. Wir kommen als Mannschaft Schritt für Schritt weiter und sind auf allen Positionen qualitativ sehr gut besetzt. Und das ist sehr wichtig vor einem so großen Turnier wie der Weltmeisterschaft.

DFB.de: Das ist das Stichwort: Was ist in Kanada möglich?

Keßler: Das ist ein Jahr vor dem Turnier schwer zu sagen. Als Europameister zählen wir mit Sicherheit neben Japan, Kanada und den USA zu den Mitfavoriten. Aber ich denke, auch bei der Weltmeisterschaft wird es einige Mannschaften geben, mit denen man jetzt noch nicht rechnet. Außerdem...

DFB.de: Ja?

Keßler: ... wird es eine erhebliche Umstellung werden, vor allem für uns Europäer. Der Zeitunterschied von acht, neun Stunden ist schon etwas anderes. Wir müssen uns erst mal akklimatisieren und an die Gegebenheiten wie den Kunstrasen gewöhnen. Auch körperlich wird es eine erhebliche Anstrengung. Wie die Frauen-Bundesliga enden auch viele andere Ligen zum Beginn der Weltmeisterschaft, da haben es andere Nationen leichter. Die Franzosen, die mit Sicherheit auch Favorit sind, die Amerikaner und die Kanadier haben es von der rein körperlichen Situation vielleicht etwas besser, weil sie noch nicht so viele Spiele in den Knochen haben werden und der nationale Ligabetrieb für das Ereignis extra pausiert. Deshalb glaube ich, dass es vor allem körperlich eine große Herausforderung für uns wird. Dementsprechend müssen wir uns gut vorbereiten.

[sw]

Sie hat schon jetzt alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt, fast alles. Am 28. August wird entschieden, wer Europas Fußballerin des Jahres wird. Auch auf diesen Titel kann Nadine Keßler noch hoffen. Es gibt keinen Zweifel daran: Für die Mittelfeldspielerin des VfL Wolfsburg läuft es derzeit perfekt. Und das soll so weitergehen: Seit einigen Tagen bereitet sich die 26-Jährige mit dem Doublesieger auf die neue Saison vor.

Im DFB.de-Gespräch der Woche mit Mitarbeiter Sven Winterschladen redet die 29-malige deutsche Nationalspielerin über ihre unstillbare Lust auf Titel. Sie könnte zusammen mit ihren Wolfsburger Kolleginnen zum dritten Mal in Folge die Deutsche Meisterschaft und die Champions League gewinnen. Aber Keßler schaut noch weiter nach vorne: Im kommenden Sommer steht ein weiterer Höhepunkt auf dem Programm - die Weltmeisterschaft in Kanada.

DFB.de: Frau Keßler, Sie sind jetzt seit drei Jahren in Wolfsburg und haben in dieser Zeit fünf wichtige Titel auf Vereinsebene geholt. Hätten Sie mit so einer Entwicklung gerechnet?

Nadine Keßler: Mit fünf Titeln kann man natürlich nicht rechnen bei sechs maximal möglichen. Mit der Entwicklung der Mannschaft und des Vereins habe ich allerdings gerechnet. Als ich vor vier Jahren nach Wolfsburg kam, war schon abzusehen, dass sehr viel in den Frauenfußball investiert wird. Die Qualität der Mannschaft und auch die Strukturen des Vereins bildeten die besten Voraussetzungen. Schon da war mir klar, dass das Team erfolgreich sein wird. Dass es aber solche Ausmaße annimmt, nicht. Aber das freut uns natürlich umso mehr.

DFB.de: Was macht die Mannschaft so stark?

Keßler: Dass wir eine absolute Einheit sind und immer zusammenhalten, egal in welcher Phase wir uns befinden. Wir hatten auch in der erfolgreichen Zeit mit einigen Verletzungen zu kämpfen und Schwierigkeiten. Aber wir haben niemals aufgesteckt, haben einen guten Spirit in der Mannschaft und einen breiten und guten Kader, der die Verletzungen kompensieren kann. Und das ist letztlich, neben der individuellen Klasse, auch das entscheidende Kriterium, um Titel zu gewinnen.

DFB.de: Sind die Titelverteidigungen in Champions League und Meisterschaft noch höher einzustufen als die ersten Erfolge im Jahr zuvor?

Keßler: Ganz klar: ja! Es waren zwar "nur" zwei Titel in diesem Jahr, aber wenn man es vergleicht, war es mit viel mehr Arbeit verbunden. Die Triumphe 2013 inklusive der Europameisterschaft waren mental und körperlich anstrengend. Diese Titel dann zu verteidigen mit einer Mannschaft, die plötzlich jeder kennt, die keiner unterschätzt und auf die sich jeder Gegner taktisch besser einstellt, sind höher anzurechnen. Es war nicht umsonst so, dass es vorher noch keiner deutschen Mannschaft gelungen war, den Titel in der Champions League zu verteidigen. Jetzt haben wir die Möglichkeit, ihn zum dritten Mal in Folge zu holen. Und das hat, glaube ich, überhaupt noch niemand geschafft.

DFB.de: Inzwischen hat die Vorbereitung auf die neue Saison begonnen. Fällt es schwer, sich immer wieder neue Anreize zu setzen?

Keßler: Für mich fällt es überhaupt nicht schwer. Es ist das größte, wenn man erfolgreich ist. Zudem ist jeder Titel anders, weil es schon immer eine andere Ausgangsposition und eine neue Herausforderung ist. Auch dass es von der Motivation her schwieriger ist, würde ich nicht sagen, eher im Gegenteil. Wenn man die Titel gewinnt, will man das immer und immer wieder erleben.

DFB.de: Welche Rolle spielt Trainer Ralf Kellermann? Wie hält er die Spannung hoch?

Keßler: Er ist natürlich extrem wichtig, aber nicht nur als Trainer, sondern auch als Person. Man merkt ihm in allem an, wie wichtig ihm Fußball ist, welche Anspannung er in sich trägt, aber auch, wie er den Erfolg in der Mannschaft schätzt und uns immer wieder qualitativ voranbringen möchte. Sein Feuer brennt, und das spüren wir täglich. Auch darin, wie er das Konstrukt VfL aufstellt.

DFB.de: Wie sind diese Erfolge überhaupt noch zu toppen?

Keßler: Es hat sich in den vergangenen Jahren herauskristallisiert, dass der VfL gemeinsam mit Frankfurt, Potsdam und München das Maß aller Dinge ist. Das hört sich jetzt vielleicht banal an, aber Erfolge sind immer wieder zu toppen, wie ich finde. Egal ob bei der Titelverteidigung, der Verteidigung der Position in der Mannschaft oder der eigenen spielerischen Entwicklung - es geht immer weiter. Doch auch abseits des Sportlichen wird eine stetige Entwicklung deutlich. Das Interesse wächst, die Zuschauerzahlen steigen an und auch die mediale Aufmerksamkeit wird immer größer.

DFB.de: Mit welchen Zielen gehen Sie in die neue Saison?

Keßler: Ich möchte natürlich da weitermachen, wo wir aufgehört haben, und weitere Schritte mit der Mannschaft vorangehen. Wir wollen als Team wie in den vergangenen Jahren an uns arbeiten und das in Form von Titeln zeigen. Es soll die Marschroute sein, einige Trophäen zu verteidigen. Und wir hoffen natürlich auch auf ein bisschen Losglück und eine gute Form, um auch im DFB-Pokal in diesem Jahr wieder ein Stück weiterzukommen. Man darf nicht unterschätzen, dass mit der Weltmeisterschaft 2015 auch ein wichtiges Turnier ansteht. Das Zusammenspiel zwischen Vereinen und Nationalmannschaft muss gut sein, um die Spielerinnen optimal vorzubereiten und auszulasten.

DFB.de: Wie bewerten Sie die Situation in der Bundesliga?

Keßler: In diesem Jahr rechne ich sehr stark mit dem FC Bayern München. Sie haben eine sehr gute Mannschaft und sich qualitativ auf einigen Positionen verbessert. Natürlich wird auch Frankfurt weiterhin eine große Rolle spielen, Potsdam ebenfalls. Es wird ein Vierkampf werden an der Spitze der Tabelle, aber diesmal wird München noch stärker mitmischen.

DFB.de: In der Nationalmannschaft läuft es ebenfalls perfekt für Sie. Wie bewerten Sie die Auftritte der DFB-Auswahl zuletzt?

Keßler: Wir haben auch in der Nationalmannschaft einen sehr guten Weg eingeschlagen. Dass ich mit meinen Leistungen zum Erfolg des Teams beitragen kann, freut und ehrt mich natürlich sehr. Wir kommen als Mannschaft Schritt für Schritt weiter und sind auf allen Positionen qualitativ sehr gut besetzt. Und das ist sehr wichtig vor einem so großen Turnier wie der Weltmeisterschaft.

DFB.de: Das ist das Stichwort: Was ist in Kanada möglich?

Keßler: Das ist ein Jahr vor dem Turnier schwer zu sagen. Als Europameister zählen wir mit Sicherheit neben Japan, Kanada und den USA zu den Mitfavoriten. Aber ich denke, auch bei der Weltmeisterschaft wird es einige Mannschaften geben, mit denen man jetzt noch nicht rechnet. Außerdem...

DFB.de: Ja?

Keßler: ... wird es eine erhebliche Umstellung werden, vor allem für uns Europäer. Der Zeitunterschied von acht, neun Stunden ist schon etwas anderes. Wir müssen uns erst mal akklimatisieren und an die Gegebenheiten wie den Kunstrasen gewöhnen. Auch körperlich wird es eine erhebliche Anstrengung. Wie die Frauen-Bundesliga enden auch viele andere Ligen zum Beginn der Weltmeisterschaft, da haben es andere Nationen leichter. Die Franzosen, die mit Sicherheit auch Favorit sind, die Amerikaner und die Kanadier haben es von der rein körperlichen Situation vielleicht etwas besser, weil sie noch nicht so viele Spiele in den Knochen haben werden und der nationale Ligabetrieb für das Ereignis extra pausiert. Deshalb glaube ich, dass es vor allem körperlich eine große Herausforderung für uns wird. Dementsprechend müssen wir uns gut vorbereiten.