Kehl: Klopps Chefstratege auf Abschiedstour

Er hat seinen Abschied genommen - als Kapitän von Borussia Dortmund. Er hat seinen Abschied angekündigt - als Profi zum Saisonende. All das scheint Sebastian Kehl zu beflügeln. Vor dem Heimspiel des BVB gegen seinen Ex-Klub SC Freiburg am Samstag (ab 15.30 Uhr, live bei Sky) ist der Ex-Nationalspieler für Trainer Jürgen Klopp unverzichtbarer denn je. DFB.de porträtiert den Routinier.

"Eine Bitte hätte ich: Könnten Sie Sebastian Kehl und die BVB-Granden in den nächsten Interviews fragen, ob für ihn eine Aufgabe beim BVB nach seinem Karriereende in Frage kommt? Er ist ein echter Borusse (wenn auch ein 'Reingeschmeckter'), dazu loyal, intelligent und eloquent. Klopp hat seine Ansprachen als Kapitän öfter stark gelobt. Ist ein (Jugend-)Trainerjob denkbar? Ein Job im Scouting? Oder im Marketing? Es wäre schön, wenn Kehl weiterhin ein Gesicht des Vereins bliebe. Danke im Voraus fürs Fragen."

Die Sätze stammen von einem Internet-User, der sich Respect nennt - und offenkundig solchen hat. Formuliert hat er sie während der Länderspielpause. Ein Beitrag, der tief blicken lässt. Obwohl Sebastian Kehl nicht schrill ist und nicht schillert, wird er verehrt. Das ist bemerkenswert in einem Business, das zunehmend darauf ausgerichtet ist, zu schrillen und zu schillern. Kehl aber ist anders. Der 31-malige Nationalspieler steht für Charakter und Rückgrat, Verbindlichkeit und Verlässlichkeit, für Meinung und Mut - und für unbändigen Willen. Gerade das macht ihn so wertvoll.

Letztes Heimspiel gegen seinen Ex-Verein

Nicht eine seiner vielen Verletzungen hat ihn geprägt, sondern der bei jedem einzelnen Mal steinige Weg zurück. Zurück auf den Rasen, zurück auf die große Bühne, zurück auf das alte, auf sein höchstes Leistungsniveau. Genau dieses Streben hat nie aufgehört, nicht mal nachgelassen. "Natürlich versuche ich, mittlerweile so viel wie möglich zu genießen", sagt der 34 Jahre alte Kehl. "Aber ich habe auch jetzt noch hohe Ansprüche an mich selbst und bin noch wahnsinnig ehrgeizig."

Am Samstag nun gegen den SC Freiburg spielt dieser Sebastian Kehl zum letzten Mal ein Bundesliga-Heimspiel gegen seinen ehemaligen Verein, den es ja entgegen aller verblassenden Erinnerung tatsächlich gibt. Im Januar 2002 ist der junge Kehl vom Breisgau ins Westfälische gewechselt. In Dortmund gibt es also mittlerweile Siebtklässler, die Borussias Nummer fünf nie in einem anderen als dem schwarz-gelben Trikot haben spielen sehen. In dieser Zeit hat er alles erlebt, vieles durchlebt und die Mannschaft immer wieder neu belebt.

"Ich bin froh und dankbar, dass ich eine solche Epoche bei Borussia Dortmund mitgestalten durfte - und dazu gehören auch die Tiefen", sagt er. "Die haben uns zusammengeschweißt. Sie sind auch ein Teil meiner Karriere." Kehl war schon bei der Meisterschaft 2002 dabei, kurz darauf bei der Quasi-Insolvenz 2005 und noch immer beim Aufschwung unter Jürgen Klopp, der in all den Titeln und Finalteilnahmen seit 2011 gipfelt. Er selbst war immer wieder verletzt, ist jedes Mal zurückgekommen.

"Ich wollte den Staffelstab weiterreichen"

Und er war sechs Jahre lang - von 2008 bis 2014 - Borussias Kapitän, ehe er im Sommer von diesem Amt zurücktrat. Aus freien Stücken. Weil er es so wollte. Kehls Begründung: "Meine Entscheidung hatte nichts mit sportlichen Dingen zu tun. Ich wollte den Staffelstab weiterreichen. Und ich werde meinem Nachfolger mit Rat und Tat zur Seite stehen, ihn mit meiner Erfahrung unterstützen." Es ist diese Haltung, für die ihm die Menschen derart großen Respekt entgegenbringen.

In einem Trainingslager in Stegersbach wurde Sebastian Kehl einmal gefragt, ob er die Einschätzung seiner Kritiker teile, dass Sven Bender für Gegenwart und Zukunft des BVB stehe und er, Kehl, eher für die Vergangenheit? Vier Jahre ist das nun her. Aktuelle Einsatzzeiten in dieser Bundesligasaison: Bender 26 Minuten, Kehl 180. So kann man sich irren. 255 Bundesligaspiele für Dortmund stehen mittlerweile in der Vita des 34-Jährigen, dazu 20 Tore und 15 Assists.

Und Sebastian Kehl hilft dem BVB noch immer. Auf dem Platz - trotz einer zumindest auf dem Papier beinahe unfassbar großen Konkurrenz auf seiner Position. Trotz Sven Bender, Milos Jojic, Nuri Sahin, Ilkay Gündogan, Oliver Kirch und Matthias Ginter. Und er hilft außerhalb des Platzes. "Ich werde auch in meiner letzten Saison alles geben und nichts wegschenken", sagt Kehl. "Meine Rolle auf und außerhalb des Platzes wird sich nicht ändern." Er ist noch immer ein Anführer - auch ohne die Binde des Spielführers. Sein Wort hat auch so Gewicht.

Der Ruhepol im Dortmunder Spiel

Als mit Shinji Kagawa der verlorene Sohn endlich heimgekehrt war, stellte Sebastian Kehl fest: "Mit seiner Qualität in Eins-gegen-Eins-Situationen, mit dem Rücken zum Gegner, bringt er uns viele neue Perspektiven." Sogleich fügte der 34-Jährige aber auch an: "Wir sollten ihm Zeit geben und nicht schon in der nächsten Woche die Leistungen von ihm erwarten, die er zu seinen Hochzeiten hier erbracht hat."

Zeit, die nun allerdings angesichts der neuerlichen Verletzung von Nationalspieler Marco Reus (Außenbandteilriss im linken Sprunggelenk, Dehnung der Fußwurzelbänder) und all der anderen prominenten Ausfälle der Borussia nicht bleibt. Shinji Kagawa, das hat Trainer Jürgen Klopp am Donnerstag angekündigt, wird schon gegen Freiburg spielen. Die Frage ist nur, ob von Beginn an beziehungsweise wie lange.

Champions League: Auftakt gegen Arsenal

Gerade auf Grund all dieser Variablen dürfte aber sowohl am Samstag als auch nur drei Tage später beim Champions-League-Auftakt daheim gegen den FC Arsenal am Dienstag (ab 20.45 Uhr, live bei Sky) wieder eine Konstante gefragt sein, eine verlässliche Größe, ein ruhender Pol: ein Sebastian Kehl. Der hat seine Bitte übrigens schon am Ende der vergangenen Saison formuliert: "Ich möchte noch gar nicht über das reden, was irgendwann mal kommen wird. Es ist zu früh, Bilanz zu ziehen."

Kurz zuvor hatte Sebastian Kehl seinen Vertrag noch einmal um ein Jahr verlängert - und gleichzeitig mitgeteilt, dass danach dann aber auch Schluss sei. Endgültig. Unverrückbar. Noch so ein Beleg für seine Haltung, für die ihm die Menschen derart großen Respekt entgegenbringen.

[nh]

Er hat seinen Abschied genommen - als Kapitän von Borussia Dortmund. Er hat seinen Abschied angekündigt - als Profi zum Saisonende. All das scheint Sebastian Kehl zu beflügeln. Vor dem Heimspiel des BVB gegen seinen Ex-Klub SC Freiburg am Samstag (ab 15.30 Uhr, live bei Sky) ist der Ex-Nationalspieler für Trainer Jürgen Klopp unverzichtbarer denn je. DFB.de porträtiert den Routinier.

"Eine Bitte hätte ich: Könnten Sie Sebastian Kehl und die BVB-Granden in den nächsten Interviews fragen, ob für ihn eine Aufgabe beim BVB nach seinem Karriereende in Frage kommt? Er ist ein echter Borusse (wenn auch ein 'Reingeschmeckter'), dazu loyal, intelligent und eloquent. Klopp hat seine Ansprachen als Kapitän öfter stark gelobt. Ist ein (Jugend-)Trainerjob denkbar? Ein Job im Scouting? Oder im Marketing? Es wäre schön, wenn Kehl weiterhin ein Gesicht des Vereins bliebe. Danke im Voraus fürs Fragen."

Die Sätze stammen von einem Internet-User, der sich Respect nennt - und offenkundig solchen hat. Formuliert hat er sie während der Länderspielpause. Ein Beitrag, der tief blicken lässt. Obwohl Sebastian Kehl nicht schrill ist und nicht schillert, wird er verehrt. Das ist bemerkenswert in einem Business, das zunehmend darauf ausgerichtet ist, zu schrillen und zu schillern. Kehl aber ist anders. Der 31-malige Nationalspieler steht für Charakter und Rückgrat, Verbindlichkeit und Verlässlichkeit, für Meinung und Mut - und für unbändigen Willen. Gerade das macht ihn so wertvoll.

Letztes Heimspiel gegen seinen Ex-Verein

Nicht eine seiner vielen Verletzungen hat ihn geprägt, sondern der bei jedem einzelnen Mal steinige Weg zurück. Zurück auf den Rasen, zurück auf die große Bühne, zurück auf das alte, auf sein höchstes Leistungsniveau. Genau dieses Streben hat nie aufgehört, nicht mal nachgelassen. "Natürlich versuche ich, mittlerweile so viel wie möglich zu genießen", sagt der 34 Jahre alte Kehl. "Aber ich habe auch jetzt noch hohe Ansprüche an mich selbst und bin noch wahnsinnig ehrgeizig."

Am Samstag nun gegen den SC Freiburg spielt dieser Sebastian Kehl zum letzten Mal ein Bundesliga-Heimspiel gegen seinen ehemaligen Verein, den es ja entgegen aller verblassenden Erinnerung tatsächlich gibt. Im Januar 2002 ist der junge Kehl vom Breisgau ins Westfälische gewechselt. In Dortmund gibt es also mittlerweile Siebtklässler, die Borussias Nummer fünf nie in einem anderen als dem schwarz-gelben Trikot haben spielen sehen. In dieser Zeit hat er alles erlebt, vieles durchlebt und die Mannschaft immer wieder neu belebt.

"Ich bin froh und dankbar, dass ich eine solche Epoche bei Borussia Dortmund mitgestalten durfte - und dazu gehören auch die Tiefen", sagt er. "Die haben uns zusammengeschweißt. Sie sind auch ein Teil meiner Karriere." Kehl war schon bei der Meisterschaft 2002 dabei, kurz darauf bei der Quasi-Insolvenz 2005 und noch immer beim Aufschwung unter Jürgen Klopp, der in all den Titeln und Finalteilnahmen seit 2011 gipfelt. Er selbst war immer wieder verletzt, ist jedes Mal zurückgekommen.

"Ich wollte den Staffelstab weiterreichen"

Und er war sechs Jahre lang - von 2008 bis 2014 - Borussias Kapitän, ehe er im Sommer von diesem Amt zurücktrat. Aus freien Stücken. Weil er es so wollte. Kehls Begründung: "Meine Entscheidung hatte nichts mit sportlichen Dingen zu tun. Ich wollte den Staffelstab weiterreichen. Und ich werde meinem Nachfolger mit Rat und Tat zur Seite stehen, ihn mit meiner Erfahrung unterstützen." Es ist diese Haltung, für die ihm die Menschen derart großen Respekt entgegenbringen.

In einem Trainingslager in Stegersbach wurde Sebastian Kehl einmal gefragt, ob er die Einschätzung seiner Kritiker teile, dass Sven Bender für Gegenwart und Zukunft des BVB stehe und er, Kehl, eher für die Vergangenheit? Vier Jahre ist das nun her. Aktuelle Einsatzzeiten in dieser Bundesligasaison: Bender 26 Minuten, Kehl 180. So kann man sich irren. 255 Bundesligaspiele für Dortmund stehen mittlerweile in der Vita des 34-Jährigen, dazu 20 Tore und 15 Assists.

Und Sebastian Kehl hilft dem BVB noch immer. Auf dem Platz - trotz einer zumindest auf dem Papier beinahe unfassbar großen Konkurrenz auf seiner Position. Trotz Sven Bender, Milos Jojic, Nuri Sahin, Ilkay Gündogan, Oliver Kirch und Matthias Ginter. Und er hilft außerhalb des Platzes. "Ich werde auch in meiner letzten Saison alles geben und nichts wegschenken", sagt Kehl. "Meine Rolle auf und außerhalb des Platzes wird sich nicht ändern." Er ist noch immer ein Anführer - auch ohne die Binde des Spielführers. Sein Wort hat auch so Gewicht.

Der Ruhepol im Dortmunder Spiel

Als mit Shinji Kagawa der verlorene Sohn endlich heimgekehrt war, stellte Sebastian Kehl fest: "Mit seiner Qualität in Eins-gegen-Eins-Situationen, mit dem Rücken zum Gegner, bringt er uns viele neue Perspektiven." Sogleich fügte der 34-Jährige aber auch an: "Wir sollten ihm Zeit geben und nicht schon in der nächsten Woche die Leistungen von ihm erwarten, die er zu seinen Hochzeiten hier erbracht hat."

Zeit, die nun allerdings angesichts der neuerlichen Verletzung von Nationalspieler Marco Reus (Außenbandteilriss im linken Sprunggelenk, Dehnung der Fußwurzelbänder) und all der anderen prominenten Ausfälle der Borussia nicht bleibt. Shinji Kagawa, das hat Trainer Jürgen Klopp am Donnerstag angekündigt, wird schon gegen Freiburg spielen. Die Frage ist nur, ob von Beginn an beziehungsweise wie lange.

Champions League: Auftakt gegen Arsenal

Gerade auf Grund all dieser Variablen dürfte aber sowohl am Samstag als auch nur drei Tage später beim Champions-League-Auftakt daheim gegen den FC Arsenal am Dienstag (ab 20.45 Uhr, live bei Sky) wieder eine Konstante gefragt sein, eine verlässliche Größe, ein ruhender Pol: ein Sebastian Kehl. Der hat seine Bitte übrigens schon am Ende der vergangenen Saison formuliert: "Ich möchte noch gar nicht über das reden, was irgendwann mal kommen wird. Es ist zu früh, Bilanz zu ziehen."

Kurz zuvor hatte Sebastian Kehl seinen Vertrag noch einmal um ein Jahr verlängert - und gleichzeitig mitgeteilt, dass danach dann aber auch Schluss sei. Endgültig. Unverrückbar. Noch so ein Beleg für seine Haltung, für die ihm die Menschen derart großen Respekt entgegenbringen.