Kastenmeier: "Respekt an erster Stelle"

Rückgrat haben. Respekt zeigen. Stehen bleiben, auch wenn es mal schwerfällt. Fortuna Düsseldorfs Torwart Florian Kastenmeier blieb vergangene Saison nach der Niederlage (6:7 i.E.) im DFB-Pokalviertelfinale beim Regionalligisten 1. FC Saarbrücken auf dem Platz, um seinem Kontrahenten zu gratulieren, die Jury des Fair-Play-Preises verlieh dem 23-Jährigen dafür die Medaille. Deutschlands fairster Profi des Jahres 2020 spricht im DFB.de-Interview über Verantwortung und eine mitternächtliche SMS.

DFB.de: Herr Kastenmeier, Glückwunsch!

Florian Kastenmeier: Dankeschön.

DFB.de: Hatten Sie vorher schon von der Fair-Play-Medaille gehört?

Kastenmeier: Nico Kovac hat die vor zwei oder drei Jahren gewonnen, das habe ich damals mitbekommen.

DFB.de: Wie ist die Mannschaft an dem Tag zum Pokalviertelfinale beim 1. FC Saarbrücken gefahren?

Kastenmeier: Wir haben die Aufgabe schon sehr ernst genommen. Wir wussten genau, was Saarbrücken kann und auch, wie sie gegen uns spielen würden. In den Runden zuvor hatten sie schließlich gegen den 1. FC Köln und zwei Zweitligisten bewiesen, dass sie im Pokal auch gegen höherklassige Gegner bestehen können. Mit den Amateuren des VfB Stuttgart hatte ich schon in Völklingen gespielt. Die Stimmung dort ist immer richtig gut. Und so ein Pokalspiel, ein Viertelfinale, das ist nochmal eine ganz andere Hausnummer. Saarbrücken hat es dann richtig gut gemacht. Unser Ausgleich in der Schlussminute der regulären Spielzeit, die Verlängerung, das Elfmeterschießen - das Spiel wäre auch eines Halbfinals vor 30.000 oder mehr Zuschauern würdig gewesen.

DFB.de: Als Daniel Batz den entscheidenden Strafstoß wegfaustet, sieht man, wie Sie erstmal regungslos mit den Händen auf den Knien nach vorne gebeugt verharren. Als wären Sie festgefroren. War das so ein Moment, wo gar nichts mehr ging?

Kastenmeier: Ehrlich gesagt, weiß ich es gar nicht mehr so genau. Eine große Leere war da in mir. So oft hat man nicht die Chance, in ein Pokalhalbfinale einzuziehen. Ich war nur traurig und enttäuscht. So viel Kampf, inklusive des Elfmeterschießens. Das war ein extrem bitterer Moment.

DFB.de: Und dann machen Sie etwas, was völlig unüblich ist und die Jury sehr beeindruckt hat. Sie blieben auf dem Platz, und warteten ab, um schließlich Daniel Batz zu gratulieren. Wie lange mussten Sie warten?

Kastenmeier: Das weiß ich nicht mehr. Jedenfalls habe ich da nicht lange überlegen müssen. Unter Torhütern ist das eine andere Geschichte. Das hätte jetzt auch ein Achtligist sein können, für mich ist es völlig selbstverständlich, dem erfolgreichen Gegner zu gratulieren. Das gehört für mich einfach dazu, auch aus Respekt und Anstand. Klar war es bitter, ich sah, wie unsere Fans noch auf den Tribünen standen und direkt davor jubelten und feierten die Spieler des 1. FC Saarbrücken. Da hätten wir eigentlich stehen sollen. Aber wie gesagt, für mich gehört das beim Fußball einfach dazu.

DFB.de: Wie hat Daniel Batz reagiert?

Kastenmeier: Ich glaube, in dem Moment hat er es gar nicht so realisiert. Hätte ich vielleicht auch nicht. Wahrscheinlich nach dem 20. Bier hat er mir mitten in der Nacht dann eine SMS geschickt. Es hatte ihn sehr gefreut.

DFB.de: Ihre Kopfballvorlage zum 1:1 war auch großartig. Sie spielen ganz gerne im Feld, oder?

Kastenmeier: Na ja, ich war ja ein paar Jahre Stürmer. Das Tor hat uns noch in die Verlängerung gerettet. Eigentlich wollten wir es gar nicht so weit kommen lassen. Wir Torhüter spielen im Training bei einigen Ballbesitzformen mit, aber beim Acht-gegen-Acht oder Elf-gegen-Elf eher nicht, da bleiben wir im Tor.

DFB.de: Haben Sie ein Vorbild für Ihr Torwartspiel?

Kastenmeier: Ich gucke mir von jedem etwas ab.

DFB.de: Manuel Neuer verlässt ganz gerne mal das eigene Tor.

Kastenmeier: Klar, Manuel Neuer imponiert mir sehr, aber auch Marc-André ter Stegen ist etwa bei der Torverteidigung überragend. Der DFB ist im Tor gut aufgestellt.

DFB.de: Was bedeutet Ihnen der Gedanke des Fair Play im Fußball?

Kastenmeier: Ich habe das von zuhause so mitbekommen. Mir ist der respektvolle Umgang miteinander sehr wichtig. Diese Wertevermittlung, das muss schon im Elternhaus passieren. Wir Profis müssen das dann auf den Fußball übertragen. Gerade wir in der Bundesliga oder in der 2. Bundesliga müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Die meisten Kinder und Jugendlichen schauen doch die Spiele am Wochenende. Und wenn sie dann das Gegenteil von uns sehen, unfaires, respektloses Verhalten, würden die Kinder doch extrem infrage stellen, was ihnen von den Eltern an Werten vermittelt wird.

DFB.de: Sie wurden beim SSV Jahn Regensburg und später beim FC Augsburg ausgebildet. Wie haben Sie das damals erlebt?

Kastenmeier: Fair Play wurde auch dort immer großgeschrieben. Für mich steht der Respekt an erster Stelle, gegenüber den Mitspielern, wie auch gegenüber den Gegnern. Aus dem Respekt erwächst das Fair Play.

DFB.de: Düsseldorf hat letzte Woche gewonnen, jetzt geht es gegen Nürnberg. Mit welchen Zielen geht die Fortuna in das Auswärtsspiel?

Kastenmeier: Wir wollen an die Leistung gegen Heidenheim anknüpfen, mit viel Leidenschaft, vielen Zweikämpfen, einer guten Laufleistung. Diesen Schwung müssen wir jetzt gegen Nürnberg auf den Platz bringen. In der Länderspielpause müssen wir hart an unseren Schwächen arbeiten.  

DFB.de: Und ihre persönlichen Ziele?

Kastenmeier: Einfach konstant und solide spielen, möglichst oft zu Null.

[th]

Rückgrat haben. Respekt zeigen. Stehen bleiben, auch wenn es mal schwerfällt. Fortuna Düsseldorfs Torwart Florian Kastenmeier blieb vergangene Saison nach der Niederlage (6:7 i.E.) im DFB-Pokalviertelfinale beim Regionalligisten 1. FC Saarbrücken auf dem Platz, um seinem Kontrahenten zu gratulieren, die Jury des Fair-Play-Preises verlieh dem 23-Jährigen dafür die Medaille. Deutschlands fairster Profi des Jahres 2020 spricht im DFB.de-Interview über Verantwortung und eine mitternächtliche SMS.

DFB.de: Herr Kastenmeier, Glückwunsch!

Florian Kastenmeier: Dankeschön.

DFB.de: Hatten Sie vorher schon von der Fair-Play-Medaille gehört?

Kastenmeier: Nico Kovac hat die vor zwei oder drei Jahren gewonnen, das habe ich damals mitbekommen.

DFB.de: Wie ist die Mannschaft an dem Tag zum Pokalviertelfinale beim 1. FC Saarbrücken gefahren?

Kastenmeier: Wir haben die Aufgabe schon sehr ernst genommen. Wir wussten genau, was Saarbrücken kann und auch, wie sie gegen uns spielen würden. In den Runden zuvor hatten sie schließlich gegen den 1. FC Köln und zwei Zweitligisten bewiesen, dass sie im Pokal auch gegen höherklassige Gegner bestehen können. Mit den Amateuren des VfB Stuttgart hatte ich schon in Völklingen gespielt. Die Stimmung dort ist immer richtig gut. Und so ein Pokalspiel, ein Viertelfinale, das ist nochmal eine ganz andere Hausnummer. Saarbrücken hat es dann richtig gut gemacht. Unser Ausgleich in der Schlussminute der regulären Spielzeit, die Verlängerung, das Elfmeterschießen - das Spiel wäre auch eines Halbfinals vor 30.000 oder mehr Zuschauern würdig gewesen.

DFB.de: Als Daniel Batz den entscheidenden Strafstoß wegfaustet, sieht man, wie Sie erstmal regungslos mit den Händen auf den Knien nach vorne gebeugt verharren. Als wären Sie festgefroren. War das so ein Moment, wo gar nichts mehr ging?

Kastenmeier: Ehrlich gesagt, weiß ich es gar nicht mehr so genau. Eine große Leere war da in mir. So oft hat man nicht die Chance, in ein Pokalhalbfinale einzuziehen. Ich war nur traurig und enttäuscht. So viel Kampf, inklusive des Elfmeterschießens. Das war ein extrem bitterer Moment.

DFB.de: Und dann machen Sie etwas, was völlig unüblich ist und die Jury sehr beeindruckt hat. Sie blieben auf dem Platz, und warteten ab, um schließlich Daniel Batz zu gratulieren. Wie lange mussten Sie warten?

Kastenmeier: Das weiß ich nicht mehr. Jedenfalls habe ich da nicht lange überlegen müssen. Unter Torhütern ist das eine andere Geschichte. Das hätte jetzt auch ein Achtligist sein können, für mich ist es völlig selbstverständlich, dem erfolgreichen Gegner zu gratulieren. Das gehört für mich einfach dazu, auch aus Respekt und Anstand. Klar war es bitter, ich sah, wie unsere Fans noch auf den Tribünen standen und direkt davor jubelten und feierten die Spieler des 1. FC Saarbrücken. Da hätten wir eigentlich stehen sollen. Aber wie gesagt, für mich gehört das beim Fußball einfach dazu.

DFB.de: Wie hat Daniel Batz reagiert?

Kastenmeier: Ich glaube, in dem Moment hat er es gar nicht so realisiert. Hätte ich vielleicht auch nicht. Wahrscheinlich nach dem 20. Bier hat er mir mitten in der Nacht dann eine SMS geschickt. Es hatte ihn sehr gefreut.

DFB.de: Ihre Kopfballvorlage zum 1:1 war auch großartig. Sie spielen ganz gerne im Feld, oder?

Kastenmeier: Na ja, ich war ja ein paar Jahre Stürmer. Das Tor hat uns noch in die Verlängerung gerettet. Eigentlich wollten wir es gar nicht so weit kommen lassen. Wir Torhüter spielen im Training bei einigen Ballbesitzformen mit, aber beim Acht-gegen-Acht oder Elf-gegen-Elf eher nicht, da bleiben wir im Tor.

DFB.de: Haben Sie ein Vorbild für Ihr Torwartspiel?

Kastenmeier: Ich gucke mir von jedem etwas ab.

DFB.de: Manuel Neuer verlässt ganz gerne mal das eigene Tor.

Kastenmeier: Klar, Manuel Neuer imponiert mir sehr, aber auch Marc-André ter Stegen ist etwa bei der Torverteidigung überragend. Der DFB ist im Tor gut aufgestellt.

DFB.de: Was bedeutet Ihnen der Gedanke des Fair Play im Fußball?

Kastenmeier: Ich habe das von zuhause so mitbekommen. Mir ist der respektvolle Umgang miteinander sehr wichtig. Diese Wertevermittlung, das muss schon im Elternhaus passieren. Wir Profis müssen das dann auf den Fußball übertragen. Gerade wir in der Bundesliga oder in der 2. Bundesliga müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Die meisten Kinder und Jugendlichen schauen doch die Spiele am Wochenende. Und wenn sie dann das Gegenteil von uns sehen, unfaires, respektloses Verhalten, würden die Kinder doch extrem infrage stellen, was ihnen von den Eltern an Werten vermittelt wird.

DFB.de: Sie wurden beim SSV Jahn Regensburg und später beim FC Augsburg ausgebildet. Wie haben Sie das damals erlebt?

Kastenmeier: Fair Play wurde auch dort immer großgeschrieben. Für mich steht der Respekt an erster Stelle, gegenüber den Mitspielern, wie auch gegenüber den Gegnern. Aus dem Respekt erwächst das Fair Play.

DFB.de: Düsseldorf hat letzte Woche gewonnen, jetzt geht es gegen Nürnberg. Mit welchen Zielen geht die Fortuna in das Auswärtsspiel?

Kastenmeier: Wir wollen an die Leistung gegen Heidenheim anknüpfen, mit viel Leidenschaft, vielen Zweikämpfen, einer guten Laufleistung. Diesen Schwung müssen wir jetzt gegen Nürnberg auf den Platz bringen. In der Länderspielpause müssen wir hart an unseren Schwächen arbeiten.  

DFB.de: Und ihre persönlichen Ziele?

Kastenmeier: Einfach konstant und solide spielen, möglichst oft zu Null.

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