Karl Mai: Der unbekannte Held von Bern

Von allen Helden von Bern trug er den bekanntesten Namen und doch war er der Unbekannteste. Der scheinbare Widerspruch ist schnell geklärt: Karl May kennt jedes Kind, welcher Junge hat nicht unter der Bettdecke den Schatz im Silbersee gesucht und die Schluchten des Balkan durchwandert. Doch der Karl Mai, der heute 85 Jahre alt geworden wäre, hat andere Heldentaten vollbracht und unterscheidet sich von dem großen Schriftsteller nicht nur durch den letzten Buchstaben.

Denn während der May mit Y von Abenteuern erzählte, die er beziehungsweise seine Helden nie Old Shatterhand und Kara Ben-Nemsi nie erlebten, hat er sie sehr wohl erlebt. Der "Charly" stand in der ersten deutschen Weltmeister-Elf, damals in Spiez. Im Rückblick war der Außenläufer ein unauffälliger Weltmeister; er schoss nicht aus dem Hintergrund wie Rahn, zog nicht die Fäden wie Fritz Walter und war auch kein "Fußball-Gott", der wie Toni Turek die schwierigsten Bälle hielt.

"Der Mai ist seiner Zeit um zehn Jahre voraus"

Er war einer der drei defensiven Mittelfeldspieler im WM-System; Heute würde man ihn einen "Sechser" oder "Achter" nennen; Löcher stopfen, Gegner zustellen und eroberte Bälle selbstlos weiterleiten. Seine Oberliga-Bilanz ist die eines Wasserträgers: 249 Spiele, 19 Tore. Und doch schwärmten die Experten. "Der Mai ist seiner Zeit um zehn Jahre voraus. Er ist immer in Bewegung, ahnt den nächsten Spielzug oft instinktiv voraus und außerdem schaltet er blitzschnell auf Angriff um", lobte ihn schon Trainer "Bumbes" Schmidt.

21 Länderspiele hat der Franke, der 16 Jahre für die Spielvereinigung Fürth und zum Karriereende noch drei für die Bayern in der Oberliga kickte, zwischen 1953 und 1959 auf diese Weise angesammelt. "Er hätte leicht auf mehr als 21 Länderspiele kommen können, wenn er zu allem Ja und Amen gesagt hätte", schrieb der Kicker zu seinem 60. Geburtstag. Denn "der Charly, eine ehrliche Haut, sagte stets ungeniert seine Meinung." Oder tanzte aus der Reihe – wie vor einem Spiel gegen Frankreich, als Sepp Herberger zum Abendessen eine Flasche Sprudel bestellte und es ihm alle nachtaten. Nur Mai nicht, der orderte zum Leidwesen der Kollegen ein Bier. Herberger rettete die Situation und fragte in die Runde: "Wer will noch ein Bier?" und fast alle meldeten sie sich.

Mais Glanzstück im Finale gegen Ungarn

So waren sie dank Mai alle zu ihrem Feierabend-Bier gekommen. Mai selbst sprach wie alle Berner Helden gut von Herberger, der ihn zufällig entdeckte – eigentlich interessierte er sich für einen Fürther Mitspieler: "Er war ein großartiger Psychologe, der es mit Genialität verstand, 22 Spieler unter einen Hut zu bringen." Charly Mai war einer der ersten Elf in der Schweiz, wo er fünf der sechs Endrunde-Partien bestritt. Sein Glanzstück glückte ihm im Finale gegen die Ungarn, als er den Torschützenkönig des Turniers, Sandor Kocsis, ausschaltete. Zu dessen elf Treffern war keines mehr dazu gekommen und in der Kabine fragte er Herberger stolz: "Na, hab ich den Kocsis gschnupft?" Was auf Hochdeutsch so viel wie vorgeführt bedeutet.

Die WM brachte Mai 2000 DM Prämie und das Silberne Lorbeerblatt, ausgesorgt hatte der gelernte Konditor wie all die anderen davon nicht. Als 1958 die damals schon zahlungskräftigeren Bayern anfragten, verließ er sein "Kleeblatt" . Es folgten Auslandsstationen in der Schweiz (Young Fellows Zürich) und Österreich (FC Dornbirn), ehe er 1963 die Schuhe an den Nagel hängte.

"Charly-Mai-Sportanlage in seiner Heimatstadt Fürth

Mit seiner Frau widmete er sich nun seinem Schreibwarengeschäft in München, aber ganz ließ ihn der Fußball nicht los. So setzte sich der Weltmeister noch auf die Trainer-Bank bei insgesamt vier bayerischen Amateurklubs. Zurück in seiner Heimatstadt Fürth, arbeitete er zuletzt als Sportlehrer.

Im Alter von 62 Jahren musste dem Raucher der rechte Lungenflügel entfernt werden und am 15. März 1993 endete sein Leben. Todesursache Leukämie – Charly Mai wurde nur 64 Jahre. Zu seiner Beerdigung kamen die Helden von Bern noch mal zusammen. Die Stadt Fürth ehrte ihn im Oktober 2004, indem sie die erste Spielstätte der Spielvereinigung in "Charly Mai-Sportanlage" umbenannte. Nur ein Karl May-Museum gibt es nicht, das steht im sächsischen Radebeul…

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Von allen Helden von Bern trug er den bekanntesten Namen und doch war er der Unbekannteste. Der scheinbare Widerspruch ist schnell geklärt: Karl May kennt jedes Kind, welcher Junge hat nicht unter der Bettdecke den Schatz im Silbersee gesucht und die Schluchten des Balkan durchwandert. Doch der Karl Mai, der heute 85 Jahre alt geworden wäre, hat andere Heldentaten vollbracht und unterscheidet sich von dem großen Schriftsteller nicht nur durch den letzten Buchstaben.

Denn während der May mit Y von Abenteuern erzählte, die er beziehungsweise seine Helden nie Old Shatterhand und Kara Ben-Nemsi nie erlebten, hat er sie sehr wohl erlebt. Der "Charly" stand in der ersten deutschen Weltmeister-Elf, damals in Spiez. Im Rückblick war der Außenläufer ein unauffälliger Weltmeister; er schoss nicht aus dem Hintergrund wie Rahn, zog nicht die Fäden wie Fritz Walter und war auch kein "Fußball-Gott", der wie Toni Turek die schwierigsten Bälle hielt.

"Der Mai ist seiner Zeit um zehn Jahre voraus"

Er war einer der drei defensiven Mittelfeldspieler im WM-System; Heute würde man ihn einen "Sechser" oder "Achter" nennen; Löcher stopfen, Gegner zustellen und eroberte Bälle selbstlos weiterleiten. Seine Oberliga-Bilanz ist die eines Wasserträgers: 249 Spiele, 19 Tore. Und doch schwärmten die Experten. "Der Mai ist seiner Zeit um zehn Jahre voraus. Er ist immer in Bewegung, ahnt den nächsten Spielzug oft instinktiv voraus und außerdem schaltet er blitzschnell auf Angriff um", lobte ihn schon Trainer "Bumbes" Schmidt.

21 Länderspiele hat der Franke, der 16 Jahre für die Spielvereinigung Fürth und zum Karriereende noch drei für die Bayern in der Oberliga kickte, zwischen 1953 und 1959 auf diese Weise angesammelt. "Er hätte leicht auf mehr als 21 Länderspiele kommen können, wenn er zu allem Ja und Amen gesagt hätte", schrieb der Kicker zu seinem 60. Geburtstag. Denn "der Charly, eine ehrliche Haut, sagte stets ungeniert seine Meinung." Oder tanzte aus der Reihe – wie vor einem Spiel gegen Frankreich, als Sepp Herberger zum Abendessen eine Flasche Sprudel bestellte und es ihm alle nachtaten. Nur Mai nicht, der orderte zum Leidwesen der Kollegen ein Bier. Herberger rettete die Situation und fragte in die Runde: "Wer will noch ein Bier?" und fast alle meldeten sie sich.

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Mais Glanzstück im Finale gegen Ungarn

So waren sie dank Mai alle zu ihrem Feierabend-Bier gekommen. Mai selbst sprach wie alle Berner Helden gut von Herberger, der ihn zufällig entdeckte – eigentlich interessierte er sich für einen Fürther Mitspieler: "Er war ein großartiger Psychologe, der es mit Genialität verstand, 22 Spieler unter einen Hut zu bringen." Charly Mai war einer der ersten Elf in der Schweiz, wo er fünf der sechs Endrunde-Partien bestritt. Sein Glanzstück glückte ihm im Finale gegen die Ungarn, als er den Torschützenkönig des Turniers, Sandor Kocsis, ausschaltete. Zu dessen elf Treffern war keines mehr dazu gekommen und in der Kabine fragte er Herberger stolz: "Na, hab ich den Kocsis gschnupft?" Was auf Hochdeutsch so viel wie vorgeführt bedeutet.

Die WM brachte Mai 2000 DM Prämie und das Silberne Lorbeerblatt, ausgesorgt hatte der gelernte Konditor wie all die anderen davon nicht. Als 1958 die damals schon zahlungskräftigeren Bayern anfragten, verließ er sein "Kleeblatt" . Es folgten Auslandsstationen in der Schweiz (Young Fellows Zürich) und Österreich (FC Dornbirn), ehe er 1963 die Schuhe an den Nagel hängte.

"Charly-Mai-Sportanlage in seiner Heimatstadt Fürth

Mit seiner Frau widmete er sich nun seinem Schreibwarengeschäft in München, aber ganz ließ ihn der Fußball nicht los. So setzte sich der Weltmeister noch auf die Trainer-Bank bei insgesamt vier bayerischen Amateurklubs. Zurück in seiner Heimatstadt Fürth, arbeitete er zuletzt als Sportlehrer.

Im Alter von 62 Jahren musste dem Raucher der rechte Lungenflügel entfernt werden und am 15. März 1993 endete sein Leben. Todesursache Leukämie – Charly Mai wurde nur 64 Jahre. Zu seiner Beerdigung kamen die Helden von Bern noch mal zusammen. Die Stadt Fürth ehrte ihn im Oktober 2004, indem sie die erste Spielstätte der Spielvereinigung in "Charly Mai-Sportanlage" umbenannte. Nur ein Karl May-Museum gibt es nicht, das steht im sächsischen Radebeul…