Karim Bellarabi - von Null auf Hundert

Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor.

In der vergangenen Saison spielte Karim Bellarabi noch gegen den SV Drochtersen/Assel, TuS Güldenstern Stade und den BSV Ölper 2000 in der fünftklassigen Oberliga Niedersachsen Ost. Seit einer Woche ist Karim Bellarabi Nationalspieler. „Es ist ganz gut gelaufen“, sagt er, und statt „ganz gut“ könnte er auch Vokabeln wie „unglaublich“, „traumhaft“, „wunderbar“ verwenden, aber dafür ist er nicht der Typ. Doch von Null auf Hundert in ein paar Monaten, das muss man ihm erst mal nachmachen.

Stück für Stück nach oben

Seit zwei Jahren spielt der 20-Jährige bei Eintracht Braunschweig, dem Deutschen Meister von 1967, im ersten Jahr in der U 19, dann in der U 23, jetzt bei den Profis. Immer ist es ein Stück weiter aufwärts gegangen, doch nie so rasch wie diesmal. Als die 3. Liga im Sommer in ihre dritte Saison startet, ist Bellarabi noch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt.

Dreimal hat er zuvor für Eintrachts Profiteam spielen dürfen, mehr nicht. Obendrein hat ihn eine Knöchel-OP im Februar dieses Jahres zurückgeworfen. Aber schon in der Vorbereitung überzeugt der offensive Mittelfeldspieler derart, dass Trainer Torsten Lieberknecht ihn gleich in die erste Elf beruft.

Flanke Bellarabi, Schuss Kruppke, Abstauber Kumbela, Tor

Im ersten Spiel gegen Dynamo Dresden dauert es keine neun Minuten, bis er zeigen kann, was er drauf hat. Seine Maßflanke erreicht Dennis Kruppke, dessen Schuss noch abgewehrt wird, dann nickt Dominick Kumbela ein. Seither hat Bellarabi kein Spiel verpasst, gegen den SV Wehen Wiesbaden erzielt er ein erstes Tor. „Am Anfang war es schon eine Umstellung von der U 23 zu den Profis“, sagt er. „Das Spiel ist schneller, die Zweikämpfe sind härter, jeder Fehler wird sofort bestraft.“ Dass die Eintracht beim Spitzenspiel in Rostock praktisch mit dem Schlusspfiff noch das 1:2 kassiert hat, empfindet er als guten Beleg dafür. „Man muss höllisch aufpassen und immer hochkonzentriert sein.“

Das gelingt ihm offenkundig schon ganz gut. Das Fachmagazin Kicker führt ihn mit einer Durchschnittsnote von 2,95. Als Belohnung gibt es die erstmalige Nominierung für die U 20-Nationalmannschaft für die Spiele gegen die Schweiz und Polen. Sein Vereinstrainer unterbreitet ihm die frohe Kunde, „das zu hören, ist schon etwas Besonderes“. Er sei überhaupt nicht nervös gewesen, als er mit den neuen Kollegen zusammentrifft. Mauel Zeitz (Saarbrücken) und Nils Teixeira (Offenbach) kennt er schon flüchtig aus der 3. Liga. Mit Zeitz teilt er sich ein Zimmer.

"Dann weiß man, dass man sein Land vertritt"

„Das sind alles super Jungs. Die Tage sind unheimlich schnell verstrichen“, sagt er. Beim Spiel in Heidenheim gegen die Schweiz sitzt Bellarabi zunächst draußen und bekommt eine Gänsehaut, als die Nationalhymnen gespielt werden. „Dann weiß man so richtig, dass man dabei ist, dass man sein Land vertritt. Das ist ein sehr schönes Gefühl“, sagt er. Zur zweiten Halbzeit wird er eingewechselt, eine Viertelstunde später erzielt er sein erstes Tor. Auch gegen Polen darf er eine Halbzeit ran. „Auf einer Skala von eins bis zehn“, sagt er, „würde ich mir eine Sieben geben.“

U 20-Trainer Frank Wormuth sagt über den Offensivspieler: „Karim ist ein sehr schneller Spieler, auch mit Ball, sehr gut im Eins-gegen-Eins auf engstem Raum.“ In Sachen Taktik sehe er indes noch Steigerungsmöglichkeiten. Auch Bellarabi selbst sagt, dass er noch Luft nach oben habe. Klubtrainer Torsten Lieberknecht will seinen Schützling nicht zusätzlich unter Druck setzen. "Wir freuen uns für Karim und werden ihm hier in Braunschweig weiterhin die nötige Ruhe und Geduld geben, um sich weiterzuentwickeln", sagt er. "Seine Entwicklung zeigt, dass in der Fußballstadt Braunschweig die Eintracht ein interessanter Verein für junge Spieler ist."

Angefangen als Stürmer

Die Berufung in die U 20-Nationalmannschaft ist der bisherige Höhepunkt der noch jungen Laufbahn des 20-Jährigen. Begonnen hat sie in der G-Jugend des Bremer Stadtteilklubs FC Huchting, wo der kleine Karim noch im Angriff spielt und schon bald von Werder Bremen entdeckt wird. „Eine spannende Zeit war das bei Werder“, sagt er. „Ich bin da im Grunde aufgewachsen, wir haben viele Reisen gemacht, viel gesehen.“ Das Ziel, Profi zu werden, hat er damals schon. Noch immer ist er, wenn Werder spielt, ein ganz normaler Fan. Seine Familie wohnt noch in Bremen, deshalb kommt er auch regelmäßig dorthin.

Sechs Jahre bleibt er in der Jugend des Bundesligisten. 2004 wechselt der inzwischen zum Mittelfeldspieler umgeschulte Bellarabi zum FC Oberneuland. Im gleichen Jahr kommt er an den DFB-Stützpunkt Bremen-Stadt. „Schon damals war Karim ein sehr antrittsschneller, wendiger und kreativer Spieler“, sagt Stützpunktkoordinator Thomas Horsch. Von der U 15 bis U 18 durchläuft Bellarabi alle Auswahlmannschaften des Bremer FV. 2007 gewinnt er mit dem U 18-Team aus der Hansestadt in Barsinghausen die Norddeutsche Meisterschaft.

Gutes Pflaster für junge Spieler

Mit 17 debütiert er für Oberneuland in der Regionalliga, dann kommt das Angebot aus Braunschweig, für die A-Junioren. Und Bellarabi schließt sich der Eintracht an. „Es ist ein besonderer Verein mit viel Tradition. Die Fans lieben ihre Mannschaft“, sagt er. Er wechselt ins Jugendinternat des Klubs, macht seinen Realschulabschluss und wird dann Profi. „Die 3. Liga“, sagt er, „ist für einen jungen Spieler, der regelmäßig spielen und sich weiterentwickeln will, ein gutes Pflaster.“

Und eines, auf dem man wahrgenommen wird. Es ehre ihn, dass sein Name bereits mit Bundesligisten in Verbindung gebracht werde, „aber, ehrlich, ich schaue nur von Tag zu Tag und von Spiel zu Spiel. Alles andere ist für mich derzeit nebensächlich“. Es muss ja nicht immer alles so schnell gehen wie jetzt.

[gt]

[bild1]

Thomas Müller und Holger Badstuber haben es vorgemacht: Die 3. Liga ist ein gutes Sprungbrett für Talente, die sich eines Tages einen Namen machen und anbieten wollen für noch höhere Aufgaben. DFB.de stellt die möglichen Stars von morgen regelmäßig freitags vor.

In der vergangenen Saison spielte Karim Bellarabi noch gegen den SV Drochtersen/Assel, TuS Güldenstern Stade und den BSV Ölper 2000 in der fünftklassigen Oberliga Niedersachsen Ost. Seit einer Woche ist Karim Bellarabi Nationalspieler. „Es ist ganz gut gelaufen“, sagt er, und statt „ganz gut“ könnte er auch Vokabeln wie „unglaublich“, „traumhaft“, „wunderbar“ verwenden, aber dafür ist er nicht der Typ. Doch von Null auf Hundert in ein paar Monaten, das muss man ihm erst mal nachmachen.

Stück für Stück nach oben

Seit zwei Jahren spielt der 20-Jährige bei Eintracht Braunschweig, dem Deutschen Meister von 1967, im ersten Jahr in der U 19, dann in der U 23, jetzt bei den Profis. Immer ist es ein Stück weiter aufwärts gegangen, doch nie so rasch wie diesmal. Als die 3. Liga im Sommer in ihre dritte Saison startet, ist Bellarabi noch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt.

Dreimal hat er zuvor für Eintrachts Profiteam spielen dürfen, mehr nicht. Obendrein hat ihn eine Knöchel-OP im Februar dieses Jahres zurückgeworfen. Aber schon in der Vorbereitung überzeugt der offensive Mittelfeldspieler derart, dass Trainer Torsten Lieberknecht ihn gleich in die erste Elf beruft.

Flanke Bellarabi, Schuss Kruppke, Abstauber Kumbela, Tor

Im ersten Spiel gegen Dynamo Dresden dauert es keine neun Minuten, bis er zeigen kann, was er drauf hat. Seine Maßflanke erreicht Dennis Kruppke, dessen Schuss noch abgewehrt wird, dann nickt Dominick Kumbela ein. Seither hat Bellarabi kein Spiel verpasst, gegen den SV Wehen Wiesbaden erzielt er ein erstes Tor. „Am Anfang war es schon eine Umstellung von der U 23 zu den Profis“, sagt er. „Das Spiel ist schneller, die Zweikämpfe sind härter, jeder Fehler wird sofort bestraft.“ Dass die Eintracht beim Spitzenspiel in Rostock praktisch mit dem Schlusspfiff noch das 1:2 kassiert hat, empfindet er als guten Beleg dafür. „Man muss höllisch aufpassen und immer hochkonzentriert sein.“

Das gelingt ihm offenkundig schon ganz gut. Das Fachmagazin Kicker führt ihn mit einer Durchschnittsnote von 2,95. Als Belohnung gibt es die erstmalige Nominierung für die U 20-Nationalmannschaft für die Spiele gegen die Schweiz und Polen. Sein Vereinstrainer unterbreitet ihm die frohe Kunde, „das zu hören, ist schon etwas Besonderes“. Er sei überhaupt nicht nervös gewesen, als er mit den neuen Kollegen zusammentrifft. Mauel Zeitz (Saarbrücken) und Nils Teixeira (Offenbach) kennt er schon flüchtig aus der 3. Liga. Mit Zeitz teilt er sich ein Zimmer.

"Dann weiß man, dass man sein Land vertritt"

„Das sind alles super Jungs. Die Tage sind unheimlich schnell verstrichen“, sagt er. Beim Spiel in Heidenheim gegen die Schweiz sitzt Bellarabi zunächst draußen und bekommt eine Gänsehaut, als die Nationalhymnen gespielt werden. „Dann weiß man so richtig, dass man dabei ist, dass man sein Land vertritt. Das ist ein sehr schönes Gefühl“, sagt er. Zur zweiten Halbzeit wird er eingewechselt, eine Viertelstunde später erzielt er sein erstes Tor. Auch gegen Polen darf er eine Halbzeit ran. „Auf einer Skala von eins bis zehn“, sagt er, „würde ich mir eine Sieben geben.“

U 20-Trainer Frank Wormuth sagt über den Offensivspieler: „Karim ist ein sehr schneller Spieler, auch mit Ball, sehr gut im Eins-gegen-Eins auf engstem Raum.“ In Sachen Taktik sehe er indes noch Steigerungsmöglichkeiten. Auch Bellarabi selbst sagt, dass er noch Luft nach oben habe. Klubtrainer Torsten Lieberknecht will seinen Schützling nicht zusätzlich unter Druck setzen. "Wir freuen uns für Karim und werden ihm hier in Braunschweig weiterhin die nötige Ruhe und Geduld geben, um sich weiterzuentwickeln", sagt er. "Seine Entwicklung zeigt, dass in der Fußballstadt Braunschweig die Eintracht ein interessanter Verein für junge Spieler ist."

[bild2]

Angefangen als Stürmer

Die Berufung in die U 20-Nationalmannschaft ist der bisherige Höhepunkt der noch jungen Laufbahn des 20-Jährigen. Begonnen hat sie in der G-Jugend des Bremer Stadtteilklubs FC Huchting, wo der kleine Karim noch im Angriff spielt und schon bald von Werder Bremen entdeckt wird. „Eine spannende Zeit war das bei Werder“, sagt er. „Ich bin da im Grunde aufgewachsen, wir haben viele Reisen gemacht, viel gesehen.“ Das Ziel, Profi zu werden, hat er damals schon. Noch immer ist er, wenn Werder spielt, ein ganz normaler Fan. Seine Familie wohnt noch in Bremen, deshalb kommt er auch regelmäßig dorthin.

Sechs Jahre bleibt er in der Jugend des Bundesligisten. 2004 wechselt der inzwischen zum Mittelfeldspieler umgeschulte Bellarabi zum FC Oberneuland. Im gleichen Jahr kommt er an den DFB-Stützpunkt Bremen-Stadt. „Schon damals war Karim ein sehr antrittsschneller, wendiger und kreativer Spieler“, sagt Stützpunktkoordinator Thomas Horsch. Von der U 15 bis U 18 durchläuft Bellarabi alle Auswahlmannschaften des Bremer FV. 2007 gewinnt er mit dem U 18-Team aus der Hansestadt in Barsinghausen die Norddeutsche Meisterschaft.

Gutes Pflaster für junge Spieler

Mit 17 debütiert er für Oberneuland in der Regionalliga, dann kommt das Angebot aus Braunschweig, für die A-Junioren. Und Bellarabi schließt sich der Eintracht an. „Es ist ein besonderer Verein mit viel Tradition. Die Fans lieben ihre Mannschaft“, sagt er. Er wechselt ins Jugendinternat des Klubs, macht seinen Realschulabschluss und wird dann Profi. „Die 3. Liga“, sagt er, „ist für einen jungen Spieler, der regelmäßig spielen und sich weiterentwickeln will, ein gutes Pflaster.“

Und eines, auf dem man wahrgenommen wird. Es ehre ihn, dass sein Name bereits mit Bundesligisten in Verbindung gebracht werde, „aber, ehrlich, ich schaue nur von Tag zu Tag und von Spiel zu Spiel. Alles andere ist für mich derzeit nebensächlich“. Es muss ja nicht immer alles so schnell gehen wie jetzt.