Kapitän Lahm: "Unsere Qualität setzt sich durch"

Am Freitag (ab 19 Uhr, live im ZDF) spielt die deutsche Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation in Astana gegen Kasachstan, vier Tage später folgt in Nürnberg das "Rückspiel" (ab 20.45 Uhr, live in der ARD). Im Vorfeld äußert sich Kapitän Philipp Lahm im DFB.de-Gespräch der Wochemit Redakteur Steffen Lüdeke über seine eigene Situation und die der DFB-Elf.

DFB.de: Herr Lahm, eines Ihrer liebsten Hobbys ist Snooker. Sie haben sogar einen Tisch bei sich zuhause. Was machen Ihre Fertigkeiten mit Queue und Kugel? Kommen Sie nach der Geburt Ihres Sohnes noch häufig an den Snooker-Tisch?

Philipp Lahm: Es ist seltener geworden. Die Familie hält mich auf Trab, und natürlich habe ich auch als Profi viele Termine. Wir spielen zum Glück erfolgreich, deswegen habe ich viele englische Wochen. Das alles führt dazu, dass die Freizeit für einen Familienvater weniger wird. Darunter leidet auch mein Snooker-Spiel.

DFB.de: Was fasziniert Sie so am Snooker?

Lahm: Snooker ist sehr strategisch. Man beschäftigt sich ja nicht nur mit der Kugel, die man lochen will, sondern überlegt schon, wie das Bild danach aussieht. Man muss also vorausschauend spielen. In gewisser Weise ist das Spiel auch brutal. Man muss das Maximum an Perfektion anstreben, weil im Grunde jeder Fehler mit dem Frame-Verlust bestraft wird. Deswegen hat Snooker viel mit Perfektion zu tun. Mich reizt auch die Herausforderung, dass keine Situation der anderen gleicht. Jeder Stoß ist eine neue Herausforderung.

DFB.de: Anders also als beim Fußball…

Lahm: Wieso?

DFB.de: Sie haben gesagt, dass für Sie beim Fußball nicht mehr viel Neues kommen kann. Weil Sie schon so oft als rechter oder linker Verteidiger gespielt haben und Sie deswegen die meisten Situationen kennen würden…



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Am Freitag (ab 19 Uhr, live im ZDF) spielt die deutsche Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation in Astana gegen Kasachstan, vier Tage später folgt in Nürnberg das "Rückspiel" (ab 20.45 Uhr, live in der ARD). Im Vorfeld äußert sich Kapitän Philipp Lahm im DFB.de-Gespräch der Wochemit Redakteur Steffen Lüdeke über seine eigene Situation und die der DFB-Elf.

DFB.de: Herr Lahm, eines Ihrer liebsten Hobbys ist Snooker. Sie haben sogar einen Tisch bei sich zuhause. Was machen Ihre Fertigkeiten mit Queue und Kugel? Kommen Sie nach der Geburt Ihres Sohnes noch häufig an den Snooker-Tisch?

Philipp Lahm: Es ist seltener geworden. Die Familie hält mich auf Trab, und natürlich habe ich auch als Profi viele Termine. Wir spielen zum Glück erfolgreich, deswegen habe ich viele englische Wochen. Das alles führt dazu, dass die Freizeit für einen Familienvater weniger wird. Darunter leidet auch mein Snooker-Spiel.

DFB.de: Was fasziniert Sie so am Snooker?

Lahm: Snooker ist sehr strategisch. Man beschäftigt sich ja nicht nur mit der Kugel, die man lochen will, sondern überlegt schon, wie das Bild danach aussieht. Man muss also vorausschauend spielen. In gewisser Weise ist das Spiel auch brutal. Man muss das Maximum an Perfektion anstreben, weil im Grunde jeder Fehler mit dem Frame-Verlust bestraft wird. Deswegen hat Snooker viel mit Perfektion zu tun. Mich reizt auch die Herausforderung, dass keine Situation der anderen gleicht. Jeder Stoß ist eine neue Herausforderung.

DFB.de: Anders also als beim Fußball…

Lahm: Wieso?

DFB.de: Sie haben gesagt, dass für Sie beim Fußball nicht mehr viel Neues kommen kann. Weil Sie schon so oft als rechter oder linker Verteidiger gespielt haben und Sie deswegen die meisten Situationen kennen würden…

Lahm: Das stimmt. Ich spiele jetzt seit etlichen Jahren entweder auf der Position des linken oder des rechten Außenverteidigers. Ich meine, dass ich diese Position im Griff habe. Dies erlaubt mir, zunehmend Einfluss auf das gesamte Gebilde der Mannschaft zu nehmen.

DFB.de: Wie meinen Sie dies genau?

Lahm: Das entwickelt sich im Laufe der Jahre. Es ist doch klar, dass man zu Beginn der Profikarriere zunächst mehr auf sich schaut und sich fragt: Wie kann ich mich verbessern? An welchen Schwächen muss ich arbeiten? Welche Fehler muss ich abstellen? Mit der Zeit, kommt dann die Erfahrung dazu und der Blick geht dann auch über den eigenen Tellerrand hinaus.

DFB.de: Dann sind Sie nur noch nebenbei Außenverteidiger?

Lahm: Nein, natürlich nicht. Ich muss mich auf dem Spielfeld immer noch mit meinem Spiel beschäftigen. Wenn man über Jahre auf der gleichen Position spielt und schon sehr viel erlebt hat, kann man sich mehr um das gesamte Mannschaftsgebilde kümmern.

DFB.de: Bastian Schweinsteiger sagt, dass er eine ähnliche Gesamtverantwortung fühlt. Er ist deswegen nach Spielen teilweise eher psychisch als physisch erschöpft. Erleben Sie dies auch so?

Lahm: Es kommt immer auf das Spiel an. Zum einen natürlich auf die Intensität, man wird ja nicht in jedem Spiel gleichermaßen körperlich gefordert. Für den Kopf gilt dies ähnlich. Natürlich sind die K.o.-Spiele mental anstrengender als etwa "normale" Spiele zu Beginn der Bundesliga-Saison.

DFB.de: Viele Köche verderben den Brei, sagt man. Kann eine Mannschaft zu viele Spieler haben, die sich um das Gesamtgefüge kümmern?

Lahm: In jeder Mannschaft gibt es mehrere Spieler, die nicht nur das eigene Spiel im Blick haben. Es ist gut, wenn diese Verantwortung auf verschiedene Schultern verteilt ist.

DFB.de: Das Jahr 2013 hat für Sie in allen Belangen positiv begonnen, mit den Bayern sowieso, aber auch mit der Nationalmannschaft. Beim Sieg in Frankreich hat insbesondere das gestimmt, worauf Bundestrainer Joachim Löw großen Wert legt: die Balance zwischen Defensive und Offensive. Sehen Sie als nächsten Schritt in der Entwicklung der Nationalmannschaft, diese Balance künftig konstant zu finden?

Lahm: Auf höchstem Niveau geht es genau darum. Wenn man sich die Spiele der Topmannschaften anschaut, sieht man, dass deren Spielweise immer geprägt davon ist, dass diese Balance stimmt. Es ist das Schwierigste im Fußball, offensiv zu agieren und in der Defensive trotzdem gut organisiert und sicher zu stehen. Davon lebt die Offensive ja auch. Defensive Stabilität gibt der Offensive die Sicherheit, die sie für ein kreatives und risikofreudiges Spiel benötigt. Diese Balance muss man sich erarbeiten, das ist sehr schwierig. Zumal für die Nationalmannschaft, die ja im Regelfall nur für ein paar Tage zusammen ist. Eine richtige Chance dazu haben wir in der Nationalmannschaft im Grunde nur in der Vorbereitung vor den großen Turnieren.

DFB.de: Das nächste große Turnier ist die WM 2014. Qualifiziert ist Deutschland noch nicht. Fürchten Sie, dass es im Oktober gegen Schweden zu einem Endspiel um den Gruppensieg kommen könnte?

Lahm: Wir haben es nicht in der Hand, das zu verhindern. Wenn Schweden alle Spiele gewinnt, dann ist die Konstellation eben so. Aber mir wäre vor ihr nicht bange. K.o.-Spiele sind immer interessant, ich sehe sie als Herausforderung. Allerdings müssen wir uns jetzt noch nicht mit dem Spiel gegen Schweden beschäftigen. Wir haben zuvor noch ein paar andere Aufgaben zu bewältigen, wir sollten nicht den zweiten Schritt vor dem ersten setzen. Wir schauen nur auf uns, und wenn wir unsere Leistung bringen, bin ich sicher, dass sich unsere Qualität durchsetzt.

DFB.de: In Europa gibt es keine Mannschaft, gegen die der FC Bayern von zehn Spielen die Mehrzahl verlieren würde. Das sind Ihre Worte. Gilt dies für die Nationalmannschaft in gleicher Weise?

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Lahm: Ja, ähnlich. Das haben die letzten Jahre gezeigt. Wir waren bei den großen Turnieren konstant mindestens im Halbfinale. Die meisten Mannschaften treffen wir auf Augenhöhe - mindestens. Man muss aber immer noch sagen, dass Spanien die vergangenen drei Turniere in Serie gewonnen hat. Aus meiner Sicht hat Spanien im Weltfußball noch immer eine exponierte Stellung. Spanien ist für mich eine Jahrhundertmannschaft. Deswegen ist dieses Team für mich bei einem Turnier auch immer noch der größte Favorit.

DFB.de: Wäre die Chance auf den WM-Titel für Deutschland größer, wenn die WM im Ligaformat ausgespielt würde?

Lahm: Weiß ich nicht, das wird ja auch so schnell nicht passieren. (lacht) Ich finde den bestehenden Modus super, mit Vorrunde und danach den K.-o.-Spielen. Das hat einen ganz speziellen Reiz, für die Fans, aber auch für uns Spieler.

DFB.de: Wenn alles normal läuft, werden Sie in diesem Jahr 100. Aktuell stehen Sie bei 96 Länderspielen. Ihre Karriere im DFB-Team begann vor fast zehn Jahren. Wie gut erinnern Sie sich noch an Ihr erstes Länderspiel?

Lahm: Das vergisst man nicht, das wird immer präsent sein. Die erste Einladung, die ersten Momente beim Team, das erste Spiel – ich weiß dies alles noch wie gestern. Das sind prägende Momente, die bleiben. Ich war damals gerade mal ein halbes Jahr Profi, dann wurde ich zum Länderspiel gegen Kroatien berufen. Für mich ging alles sehr schnell, binnen sechs Monaten wurde ich vom Amateurspieler zum Nationalspieler.

DFB.de: Mittlerweile sind Sie Kapitän und Führungsspieler. Inwieweit hat sich im Laufe der Jahre der Druck verändert, den Sie spüren, wenn Sie zur Nationalmannschaft fahren?

Lahm: Am Druck würde ich das nicht unbedingt festmachen, auch als junger Spieler spürt man Druck. Die Situation von damals lässt sich dennoch nicht mit der heute vergleichen. Schon deswegen nicht, weil sich die Struktur der Nationalmannschaft erheblich gewandelt hat. Ich als Neuling war damals von sehr vielen deutlich älteren Spielern umgeben, die alle so um die 30 Jahre alt waren. Jetzt bin ich fast 30 - und auf einmal bin ich von sehr vielen Spielern umgeben, die sehr viel jünger sind.

DFB.de: Ihr erstes Turnier als Nationalspieler war mäßig erfolgreich. Bei der EM 2004 in Portugal ist die Mannschaft nach der Vorrunde ausgeschieden. Oliver Kahn hat sich danach dennoch lobend über Sie geäußert. Dieses Lob soll Ihnen sehr gut getan haben. Haben Sie sich in dieser Hinsicht etwas von Oliver Kahn abgeschaut? Gehen auch Sie nach Enttäuschungen auf die jungen Spieler zu?

Lahm: Olli hat das nebenbei zu mir gesagt. Ich glaube nicht, dass er sich daran erinnert. Aber für mich als junger Spieler war das etwas Großes. Natürlich habe ich mir damals viele Gedanken über meine Leistung und meinen Anteil am Misserfolg gemacht. Da haben mir diese Worte geholfen - in der Enttäuschung haben mich diese Geste und diese Anerkennung wieder aufgebaut. Und natürlich mache ich das jetzt in ähnlicher Weise... Zum Glück sind wir seit 2004 in keiner Vorrunde mehr ausgeschieden.

DFB.de: Damals hat Ihnen das Lob von Kahn gut getan. Gibt es heute einen Menschen, dessen Lob Ihnen besonders viel bedeutet?

Lahm: Das sind in erster Linie natürlich die Trainer, also Jupp Heynckes und Joachim Löw.. Trainer und Mannschaftskollegen wissen am besten, welche Aufgaben die einzelnen Spieler in dem jeweiligen Spiel hatten.

DFB.de: Vor den Spielen haben Sie oft ein Gespür dafür, wie die Mannschaft drauf ist. Hatten Sie vor dem EM-Halbfinale gegen Italien eine Ahnung von dem, was kommen wird?

Lahm: In den ersten Minuten eines Spieles bekommt man schon ein Gefühl, wie man selbst und auch die Mannschaft drauf ist.. Vor dem Spiel gegen Italien hatte ich ein sehr gutes Gefühl. Weil unsere Mannschaft sehr viel Qualität hat und weil auch die Leistungskurve vor dem Spiel gestimmt hat. Leider kommt es vor, dass einen das Gefühl täuscht. Aber Italien und die EM sind abgehakt, wir haben jetzt 2013 und neue Ziele.

DFB.de: Sie unterscheiden zwischen Träumen und Zielen. Ist der WM-Triumph im kommenden Jahr in Brasilien noch Traum oder schon Ziel?

Lahm: Ich finde es zu früh, jetzt schon darüber zu reden, was im Sommer 2014 kommen könnte. Ich habe mich nach der EM über die WM geäußert, dazu stehe ich auch, weil eine deutsche Nationalmannschaft mit der Historie und der Qualität des aktuellen Kaders nicht ohne die größten Ambitionen zu einem Turnier fahren kann. Als Leistungssportler ist man immer sehr ehrgeizig, man will so viele Titel wie möglich gewinnen. Natürlich habe ich den Traum vom WM-Titel. Aber aktuell müssen wir uns auf unsere Ziele konzentrieren. Für uns gilt es, so schnell wie möglich die Qualifikation zu schaffen. Wenn wir das geschafft haben, muss es unser Ziel sein, eine Top-Vorbereitung auf die WM zu haben. Dann muss es unser Ziel sein, die Gruppenphase zu überstehen. Ein Schritt nach dem nächsten, aus vielen Zielen kann sich ein Traum ergeben. Deswegen ist das Wichtigste immer das nächste Ziel.