Kamps und der Elfmeterrekord: "Das Ding ist bei mir eingebrannt"

Uwe Kamps war vor allem für seine schrill bunten Trikots und kecken Frisuren bekannt und dafür, für einen Torwart mit 1,80 Meter ziemlich klein zu sein. 1988 stand er im Tor der Olympiaauswahl, die in Seoul die Bronzemedaille gewann, da wurde er etwas bekannter. Bis zu jenem 7. April 1992 und seiner Glanzleistung im Elfmeterschießen des DFB-Pokalhalbfinales gegen Bayer Leverkusen war das der größte Moment seiner Profilaufbahn, die 1982 begann. Er spielte immer nur für einen Verein: Borussia Mönchengladbach.

Kamps, der ewige Borusse, der seine Karriere 2004 auch in Mönchengladbach mit fast 40 beendete. Und der doch nie weg war, heute ist der 57-Jährige "Head of Goalkeeping", also quasi Abteilungsleiter Torwartausbildung. Dass Marc-André ter Stegen in Barcelona im Tor steht und Mitglied der Nationalmannschaft ist, das ist auch Uwe Kamps' Verdienst. Er selbst war nie A-Nationalspieler, aber er hält einen Rekord, an den er sich auch heute nach genau 30 Jahren im DFB.de-Interview noch gut erinnert.

DFB.de: Sie haben im Pokalhalbfinale gegen Bayer Leverkusen heute genau vor 30 Jahren alle vier Elfmeter gehalten. Was ist davon noch präsent, Herr Kamps?

Uwe Kamps: Ist das schon 30 Jahre her? Der ganze Tag ist haften geblieben, das Glück, vier Elfmeter zu halten, ebenso wie die Szenen danach mit den Zuschauern auf dem Platz und all den Emotionen.

DFB.de: Es stand nach 120 Minuten 2:2, es kam zum Elfmeterschießen. Wie waren Sie darauf vorbereitet? Hatten Sie eine Datenbank?

Kamps: Das hatte man damals nicht. Man hat sich halt die Schützen angeguckt im TV, sich ihre Ecken gemerkt. Aber das ist kein Vergleich zu heute, wo die Torhüter von den Videoanalysten Clips auf ihre Handys bekommen und Statistiken, welcher Spieler wie oft wohin schießt.

DFB.de: Ganz unvorbereitet waren Sie aber nicht auf die Bayer-Schützen, schließlich sah man sie zuvor noch mit Trainer Jürgen Gelsdorf sprechen - und der war davor in Leverkusen gewesen.

Kamps: Er hat mir gesagt, in welche Ecke der Jorginho schießt - und er hatte recht damit.

DFB.de: Wohin schossen die Leverkusener? Kriegen Sie das noch zusammen?

Kamps: Ich hab mir das später ab und zu noch mal angesehen, aber selbst wenn nicht: Das Ding ist bei mir eingebrannt! Also: Jorginho halbhoch nach links von mir aus gesehen, Heiko Herrlich noch etwas höher auch nach links, Ioan Lupescu in die Mitte und Martin Kree, der so einen harten Schuss hatte, schob ihn nach rechts.

DFB.de: Sie waren immer dran! ZDF-Kommentator Günter-Peter Ploog rief schon nach der dritten Parade: "Kamps macht, was er immer macht - er hält!" Es gab einige Keeper, die vier Elfmeter hielten, aber es gab stets mehr Versuche. Nie hielt einer vier von vier, außer Ihnen! Wurden Sie über Nacht zum Elfmetertöter, oder war das Ihre Spezialität?

Kamps: Na ja, man konnte jedenfalls nicht sagen, dass ich keine Elfmeter halten konnte. Es ist ja immer auch etwas Glück dabei. Du bereitest dich auf einen Schützen vor, kennst seine Ecke - und dann nimmt er doch die andere…

DFB.de: In der Bundesliga hielten sie zehn Elfmeter, nur 15 Torhüter noch mehr. Im DFB-Pokalfinale 1992, das Zweitligist Hannover 96 dann trotzdem gewann, hielten sie noch zwei Elfmeter. Welchen Tipp können Sie Torhütern geben, gibt es eine goldene Regel?

Kamps: Die formalen Regeln haben sich ja seit meiner Zeit zum Nachteil verändert, jetzt muss sogar ein Fuß auf der Linie bleiben. Generell gilt aber: die nötige Geduld haben, lange stehen bleiben und den Schützen damit verunsichern.

DFB.de: 1992 klappte das ausgezeichnet. Bei Youtube kann man heute noch den Tumult nachvollziehen, denn es nach der Entscheidung auf dem Bökelberg gab. Da muss man beinahe fragen: Wie haben Sie das überlebt?

Kamps: Ich bin meinem Mitspieler Frank Schulz heute noch dankbar, dass er irgendwann anfing, den Haufen abzutragen, unter dem ich begraben war. Auf mir lagen bestimmt 15 Leute drauf, und mir blieb langsam die Luft weg. Wenn das noch 20 Sekunden länger gedauert hätte, wäre ich wohl ohnmächtig geworden.

DFB.de: Dann kam es zum legendären Interview mit ZDF-Reporter Rolf Töpperwien, der im Gewühl der auf den Platz stürmenden Fans seinen Kameramann verlor und quasi Radio machte.

Kamps: Er hat damals nicht nur seinen Kameramann verloren, sondern auch seine Brieftasche mit viel Geld drin (angeblich 1300 Mark, Anm. d. Red.) - und ich meine Handschuhtasche.

DFB.de: Da wollte wohl einer ein Souvenir haben vom großen Pokalabend?

Kamps: Ja, ein Stück weit auch verständlich. Ich habe sie aber wiederbekommen, nachdem wir im Fohlen-Echo inseriert hatten. Dafür durfte der Überbringer ein paar Handschuhe behalten und bekam noch ein Trikot.

DFB.de: Wie endete der Abend?

Kamps: Wir sind noch in unsere Stammkneipe am Wasserturm, und es gab nicht nur Mineralwasser. Obwohl wir drei Tage später gegen Tabellenführer Frankfurt spielen wussten. Aber damals spielte die Ernährungswissenschaft noch nicht so eine große Rolle, außerdem war der Trainer auch dabei…

DFB.de: Zwei der Leverkusener Fehlschützen spielten später noch bei Borussia. Wurde noch ein bisschen gestänkert oder gefrozzelt?

Kamps: Ioan Lupescu hat geschworen, er hätte nur einen wichtigen Elfmeter im Leben verschossen - gegen mich. Und Heiko Herrlich meinte, dass er dann halt zu uns kommen musste um noch mal einen Pokal zu gewinnen.

DFB.de: So kam es, 1995 schlugen Sie den VfL Wolfsburg mit 3:0. Nach Leverkusen sprachen Sie vom außergewöhnlichsten Spiel Ihrer Karriere. Konnte der Pokalsieg gegen einen Zweitligisten das toppen?

Kamps: Das sind zwei unterschiedliche Sachen. Das Elfmeterschießen war eine rein persönliche Geschichte, der Pokalsieg war mit der Mannschaft. An beides erinnere ich mich immer wieder gern. Am Sonntag erst trafen sich die Pokalsieger von 1995 im Stadion, und wir stellten fest, dass der Titel immer wertvoller wird, denn seit 27 Jahren kam für Borussia keiner mehr hinzu.

DFB.de: Und Ihren Rekord hat immer noch keiner gebrochen. Hat er Sie zum Borussia-Idol gemacht?

Kamps: Das hat die Verbindung zu den Fans gestärkt, klar. Aber auch meine Treue zum Verein spielt eine Rolle. Ich bin ja nie weggegangen und jetzt im 40. Jahr da. Darauf bin ich auch stolz.

[um]

Uwe Kamps war vor allem für seine schrill bunten Trikots und kecken Frisuren bekannt und dafür, für einen Torwart mit 1,80 Meter ziemlich klein zu sein. 1988 stand er im Tor der Olympiaauswahl, die in Seoul die Bronzemedaille gewann, da wurde er etwas bekannter. Bis zu jenem 7. April 1992 und seiner Glanzleistung im Elfmeterschießen des DFB-Pokalhalbfinales gegen Bayer Leverkusen war das der größte Moment seiner Profilaufbahn, die 1982 begann. Er spielte immer nur für einen Verein: Borussia Mönchengladbach.

Kamps, der ewige Borusse, der seine Karriere 2004 auch in Mönchengladbach mit fast 40 beendete. Und der doch nie weg war, heute ist der 57-Jährige "Head of Goalkeeping", also quasi Abteilungsleiter Torwartausbildung. Dass Marc-André ter Stegen in Barcelona im Tor steht und Mitglied der Nationalmannschaft ist, das ist auch Uwe Kamps' Verdienst. Er selbst war nie A-Nationalspieler, aber er hält einen Rekord, an den er sich auch heute nach genau 30 Jahren im DFB.de-Interview noch gut erinnert.

DFB.de: Sie haben im Pokalhalbfinale gegen Bayer Leverkusen heute genau vor 30 Jahren alle vier Elfmeter gehalten. Was ist davon noch präsent, Herr Kamps?

Uwe Kamps: Ist das schon 30 Jahre her? Der ganze Tag ist haften geblieben, das Glück, vier Elfmeter zu halten, ebenso wie die Szenen danach mit den Zuschauern auf dem Platz und all den Emotionen.

DFB.de: Es stand nach 120 Minuten 2:2, es kam zum Elfmeterschießen. Wie waren Sie darauf vorbereitet? Hatten Sie eine Datenbank?

Kamps: Das hatte man damals nicht. Man hat sich halt die Schützen angeguckt im TV, sich ihre Ecken gemerkt. Aber das ist kein Vergleich zu heute, wo die Torhüter von den Videoanalysten Clips auf ihre Handys bekommen und Statistiken, welcher Spieler wie oft wohin schießt.

DFB.de: Ganz unvorbereitet waren Sie aber nicht auf die Bayer-Schützen, schließlich sah man sie zuvor noch mit Trainer Jürgen Gelsdorf sprechen - und der war davor in Leverkusen gewesen.

Kamps: Er hat mir gesagt, in welche Ecke der Jorginho schießt - und er hatte recht damit.

DFB.de: Wohin schossen die Leverkusener? Kriegen Sie das noch zusammen?

Kamps: Ich hab mir das später ab und zu noch mal angesehen, aber selbst wenn nicht: Das Ding ist bei mir eingebrannt! Also: Jorginho halbhoch nach links von mir aus gesehen, Heiko Herrlich noch etwas höher auch nach links, Ioan Lupescu in die Mitte und Martin Kree, der so einen harten Schuss hatte, schob ihn nach rechts.

DFB.de: Sie waren immer dran! ZDF-Kommentator Günter-Peter Ploog rief schon nach der dritten Parade: "Kamps macht, was er immer macht - er hält!" Es gab einige Keeper, die vier Elfmeter hielten, aber es gab stets mehr Versuche. Nie hielt einer vier von vier, außer Ihnen! Wurden Sie über Nacht zum Elfmetertöter, oder war das Ihre Spezialität?

Kamps: Na ja, man konnte jedenfalls nicht sagen, dass ich keine Elfmeter halten konnte. Es ist ja immer auch etwas Glück dabei. Du bereitest dich auf einen Schützen vor, kennst seine Ecke - und dann nimmt er doch die andere…

DFB.de: In der Bundesliga hielten sie zehn Elfmeter, nur 15 Torhüter noch mehr. Im DFB-Pokalfinale 1992, das Zweitligist Hannover 96 dann trotzdem gewann, hielten sie noch zwei Elfmeter. Welchen Tipp können Sie Torhütern geben, gibt es eine goldene Regel?

Kamps: Die formalen Regeln haben sich ja seit meiner Zeit zum Nachteil verändert, jetzt muss sogar ein Fuß auf der Linie bleiben. Generell gilt aber: die nötige Geduld haben, lange stehen bleiben und den Schützen damit verunsichern.

DFB.de: 1992 klappte das ausgezeichnet. Bei Youtube kann man heute noch den Tumult nachvollziehen, denn es nach der Entscheidung auf dem Bökelberg gab. Da muss man beinahe fragen: Wie haben Sie das überlebt?

Kamps: Ich bin meinem Mitspieler Frank Schulz heute noch dankbar, dass er irgendwann anfing, den Haufen abzutragen, unter dem ich begraben war. Auf mir lagen bestimmt 15 Leute drauf, und mir blieb langsam die Luft weg. Wenn das noch 20 Sekunden länger gedauert hätte, wäre ich wohl ohnmächtig geworden.

DFB.de: Dann kam es zum legendären Interview mit ZDF-Reporter Rolf Töpperwien, der im Gewühl der auf den Platz stürmenden Fans seinen Kameramann verlor und quasi Radio machte.

Kamps: Er hat damals nicht nur seinen Kameramann verloren, sondern auch seine Brieftasche mit viel Geld drin (angeblich 1300 Mark, Anm. d. Red.) - und ich meine Handschuhtasche.

DFB.de: Da wollte wohl einer ein Souvenir haben vom großen Pokalabend?

Kamps: Ja, ein Stück weit auch verständlich. Ich habe sie aber wiederbekommen, nachdem wir im Fohlen-Echo inseriert hatten. Dafür durfte der Überbringer ein paar Handschuhe behalten und bekam noch ein Trikot.

DFB.de: Wie endete der Abend?

Kamps: Wir sind noch in unsere Stammkneipe am Wasserturm, und es gab nicht nur Mineralwasser. Obwohl wir drei Tage später gegen Tabellenführer Frankfurt spielen wussten. Aber damals spielte die Ernährungswissenschaft noch nicht so eine große Rolle, außerdem war der Trainer auch dabei…

DFB.de: Zwei der Leverkusener Fehlschützen spielten später noch bei Borussia. Wurde noch ein bisschen gestänkert oder gefrozzelt?

Kamps: Ioan Lupescu hat geschworen, er hätte nur einen wichtigen Elfmeter im Leben verschossen - gegen mich. Und Heiko Herrlich meinte, dass er dann halt zu uns kommen musste um noch mal einen Pokal zu gewinnen.

DFB.de: So kam es, 1995 schlugen Sie den VfL Wolfsburg mit 3:0. Nach Leverkusen sprachen Sie vom außergewöhnlichsten Spiel Ihrer Karriere. Konnte der Pokalsieg gegen einen Zweitligisten das toppen?

Kamps: Das sind zwei unterschiedliche Sachen. Das Elfmeterschießen war eine rein persönliche Geschichte, der Pokalsieg war mit der Mannschaft. An beides erinnere ich mich immer wieder gern. Am Sonntag erst trafen sich die Pokalsieger von 1995 im Stadion, und wir stellten fest, dass der Titel immer wertvoller wird, denn seit 27 Jahren kam für Borussia keiner mehr hinzu.

DFB.de: Und Ihren Rekord hat immer noch keiner gebrochen. Hat er Sie zum Borussia-Idol gemacht?

Kamps: Das hat die Verbindung zu den Fans gestärkt, klar. Aber auch meine Treue zum Verein spielt eine Rolle. Ich bin ja nie weggegangen und jetzt im 40. Jahr da. Darauf bin ich auch stolz.

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