Jupp Heynckes: "Erfolg und Fairplay hängen eng zusammen"

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Jupp Heynckes kehrt nach München zurück. 104 Tage nach dem Champions-League-Triumph trifft er seine Spieler wieder, die am Freitag (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) im WM-Qualifikationsspiel gegen Österreich antreten. Fünf Bayern stehen noch im deutschen Aufgebot, einer im österreichischen. Dazu Mario Gomez vom AC Florenz.

Heynckes' Stippvisite in die bayerische Landeshauptstadt hat aber noch einen anderen Grund: Der 68-Jährige erhält am Freitag die Fairplay-Medaille 2013 des DFB bei einer Ehrungsveranstaltung, für sein faires und vorbildliches Verhalten, das er während seiner gesamten Karriere als Spieler und Trainer auf und neben dem Platz vorgelebt hat. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Thomas Hackbarth spricht Jupp Heynckes über das wichtige WM-Qualifikationsspiel und Fairplay im harten Fußballgeschäft.

DFB.de: Herr Heynckes, für Österreich spielt am Freitag David Alaba. Was zeichnet ihn aus?

Jupp Heynckes: Kennengelernt habe ich ihn Ende der Saison 2008/2009, damals habe ich kurzfristig die Bayern übernommen, und wir schafften noch die direkte Qualifikation für die Champions League. 17 Jahre ist er damals gerade geworden. Ich habe schnell gesehen, das ist ein junger Spieler, wahnsinnig ehrgeizig, der jedes Training hundertprozentig gegangen ist. Diese Qualität hat er sich bis heute bewahrt. In den folgenden zwei Jahren hat er dann eine ganz tolle Entwicklung genommen. Er ist unheimlich belastbar, hat Intelligenz und Fußballinstinkt, Technik, einen Schuss, er bedenkt alles mit. Er gehört heute zu den besten Außenverteidigern der Welt.

DFB.de: Besteht die Gefahr, dass uns unsere Nachbarn noch mal ärgern?

Heynckes: Nein, das glaube ich nicht, obwohl ich einen guten Draht zu Nationaltrainer Marcel Koller pflege, den ich sehr schätze. Wir werden die Qualifikation souverän durchziehen. Die Österreicher werden auf den zweiten Platz schielen müssen.

DFB.de: Wie sehen Sie die deutsche Mannschaft? Woran muss vor der WM noch gearbeitet werden?

Heynckes: Das weiß der Bundestrainer selbst. Eines aber ist entscheidend: Wir haben ein riesiges Reservoir an absoluten Topspielern. Auf dem ganz hohen Niveau gute Spieler zu haben, darauf kommt es heute an. Und die haben wir. Mit Blick auf die Weltmeisterschaft ist das deutsche Champions-League-Finale von Wembley ein unschätzbarer Vorteil. Unsere Bayern-Nationalspieler gehen durch den Titelgewinn mit einer gewissen Selbstverständlichkeit in die WM. Die deutsche Nationalmannschaft verfügt über ein riesiges Potenzial. Jetzt wird Jogi Löw alles zusammenfügen.

DFB.de: Die Bayern haben 2013 das Triple gewonnen, auch in der Fairplay-Rangliste belegte Ihr Klub den ersten Platz - kein Bayer sah Rot. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach wird Sie in München mit der Fairplay-Medaille auszeichnen. Wie wichtig war Ihnen als Trainer das Fairplay in der Ausbildung Ihrer Mannschaften?

Heynckes: Eins bedingt das andere. Keine Rote Karte, das bedeutet, dass kein Spieler gesperrt war - ein klarer Wettbewerbsvorteil. Ich habe als Trainer immer großen Wert auf Disziplin und Fairplay gelegt. Fairplay gehört genauso zum Fußball wie die 17 Regeln. Es ist wie in einem Symphonieorchester: Die verschiedenen Charaktere einer Mannschaft müssen zusammenpassen. Dafür braucht es ein Gerüst. Dieses Gerüst, das sind Disziplin und Fairplay.

DFB.de: Spieler Ihrer Mannschaft sahen vergangene Saison keine einzige Rote Karte, lediglich eine Gelb-Rote und nur 35 Gelbe Karten. Fünf Bundesligaklubs bekamen 2012/2013 jeweils mehr als 70 Gelbe Karten.

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Heynckes: Das ist kein Zufall. Meine Spieler haben sich auch außerhalb des Platzes diszipliniert verhalten. Es gehört einfach dazu, den Gegner immer zu respektieren. Das haben meine Spieler vorbildlich gemacht. Nicht zuletzt deshalb hatten wir diesen langen Atem. Erfolg und Fairplay hängen eng zusammen. Das hat viel mit dem Innenleben der Mannschaft zu tun. Aber eben auch damit, dass die Verantwortlichen diese Werte vorleben. Als Trainer der Bayern hatte ich die Schlüsselrolle.

DFB.de: Wie groß war für Sie in der Saison 2012/2013 die Belastung? In den Zeitungen war zu lesen, dass Sie nur noch selten das Vereinsgelände an der Säbener Straße verlassen haben.

Heynckes: Die ganze Strecke fing mit dem verlorenen Champions-League-Finale 2012 in München an. Anschließend haben wir jeden Stein umgedreht. Wir haben versucht, viele Dinge zu optimieren und zu modifizieren. Im Sommer 2012 hatte ich praktisch keinen Urlaub. Und danach begann diese wahnsinnig strapaziöse Saison. Die Spieler haben mir geholfen. Es gab keine Ausraster. Heute ist ein Spieler auch selbst für seine Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich. Das haben sie perfekt gemacht. Jeder hat sich zurückgenommen, wir haben wirklich eine Einheit gebildet. Stressig war es dennoch. Wir hatten praktisch jeden dritten Tag ein Spiel, dazu Gespräche mit der Presse, mit den Verantwortlichen im Verein, mit der ganzen Crew. Gerade beim FC Bayern München liegt die Kunst darin, das Ganze zu moderieren. Ich denke, das ist mir ganz gut gelungen.

DFB.de: Im Januar verpflichteten die Bayern Pep Guardiola als Ihren Nachfolger diesen Sommer. Wie schwer war es, die Ruhe und den Fokus zu bewahren?

Heynckes: Das hat den Druck für mich nicht erhöht. Als Spieler und in meiner zweiten Karriere als Trainer war ich immer sehr ambitioniert und ehrgeizig. Ich habe mir immer selbst den Druck auferlegt. Ich bin bei Borussia Mönchengladbach aufgewachsen. Wir hatten dort die Philosophie, erfolgreich zu sein und attraktiven Fußball zu spielen. Und wir hatten immer das Ziel, Titel zu gewinnen. Große Mannschaften werden an Titeln gemessen. Auch als Spieler war ich psychisch unheimlich stark. Ich hatte nie Probleme mit Druck. Nein, die Verpflichtung von Pep Guardiola hat für mich nichts verändert. Es war eher eine andere Sache.

DFB.de: Nämlich

Heynckes: Ich wusste schon im Januar, dass ich meine Karriere und vor allem mein Engagement beim FC Bayern beenden würde. Unterbewusst wurde ich noch akribischer, habe noch mehr gearbeitet, noch mehr fokussiert. Als das Triple greifbar wurde, hat sich diese Tendenz noch verstärkt. Stressig war's schon. Aber Druck, nein, das habe ich mit den Jahren abgelegt.

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Jupp Heynckes kehrt nach München zurück. 104 Tage nach dem Champions-League-Triumph trifft er seine Spieler wieder, die am Freitag (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) im WM-Qualifikationsspiel gegen Österreich antreten. Fünf Bayern stehen noch im deutschen Aufgebot, einer im österreichischen. Dazu Mario Gomez vom AC Florenz.

Heynckes' Stippvisite in die bayerische Landeshauptstadt hat aber noch einen anderen Grund: Der 68-Jährige erhält am Freitag die Fairplay-Medaille 2013 des DFB bei einer Ehrungsveranstaltung, für sein faires und vorbildliches Verhalten, das er während seiner gesamten Karriere als Spieler und Trainer auf und neben dem Platz vorgelebt hat. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Thomas Hackbarth spricht Jupp Heynckes über das wichtige WM-Qualifikationsspiel und Fairplay im harten Fußballgeschäft.

DFB.de: Herr Heynckes, für Österreich spielt am Freitag David Alaba. Was zeichnet ihn aus?

Jupp Heynckes: Kennengelernt habe ich ihn Ende der Saison 2008/2009, damals habe ich kurzfristig die Bayern übernommen, und wir schafften noch die direkte Qualifikation für die Champions League. 17 Jahre ist er damals gerade geworden. Ich habe schnell gesehen, das ist ein junger Spieler, wahnsinnig ehrgeizig, der jedes Training hundertprozentig gegangen ist. Diese Qualität hat er sich bis heute bewahrt. In den folgenden zwei Jahren hat er dann eine ganz tolle Entwicklung genommen. Er ist unheimlich belastbar, hat Intelligenz und Fußballinstinkt, Technik, einen Schuss, er bedenkt alles mit. Er gehört heute zu den besten Außenverteidigern der Welt.

DFB.de: Besteht die Gefahr, dass uns unsere Nachbarn noch mal ärgern?

Heynckes: Nein, das glaube ich nicht, obwohl ich einen guten Draht zu Nationaltrainer Marcel Koller pflege, den ich sehr schätze. Wir werden die Qualifikation souverän durchziehen. Die Österreicher werden auf den zweiten Platz schielen müssen.

DFB.de: Wie sehen Sie die deutsche Mannschaft? Woran muss vor der WM noch gearbeitet werden?

Heynckes: Das weiß der Bundestrainer selbst. Eines aber ist entscheidend: Wir haben ein riesiges Reservoir an absoluten Topspielern. Auf dem ganz hohen Niveau gute Spieler zu haben, darauf kommt es heute an. Und die haben wir. Mit Blick auf die Weltmeisterschaft ist das deutsche Champions-League-Finale von Wembley ein unschätzbarer Vorteil. Unsere Bayern-Nationalspieler gehen durch den Titelgewinn mit einer gewissen Selbstverständlichkeit in die WM. Die deutsche Nationalmannschaft verfügt über ein riesiges Potenzial. Jetzt wird Jogi Löw alles zusammenfügen.

DFB.de: Die Bayern haben 2013 das Triple gewonnen, auch in der Fairplay-Rangliste belegte Ihr Klub den ersten Platz - kein Bayer sah Rot. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach wird Sie in München mit der Fairplay-Medaille auszeichnen. Wie wichtig war Ihnen als Trainer das Fairplay in der Ausbildung Ihrer Mannschaften?

Heynckes: Eins bedingt das andere. Keine Rote Karte, das bedeutet, dass kein Spieler gesperrt war - ein klarer Wettbewerbsvorteil. Ich habe als Trainer immer großen Wert auf Disziplin und Fairplay gelegt. Fairplay gehört genauso zum Fußball wie die 17 Regeln. Es ist wie in einem Symphonieorchester: Die verschiedenen Charaktere einer Mannschaft müssen zusammenpassen. Dafür braucht es ein Gerüst. Dieses Gerüst, das sind Disziplin und Fairplay.

DFB.de: Spieler Ihrer Mannschaft sahen vergangene Saison keine einzige Rote Karte, lediglich eine Gelb-Rote und nur 35 Gelbe Karten. Fünf Bundesligaklubs bekamen 2012/2013 jeweils mehr als 70 Gelbe Karten.

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Heynckes: Das ist kein Zufall. Meine Spieler haben sich auch außerhalb des Platzes diszipliniert verhalten. Es gehört einfach dazu, den Gegner immer zu respektieren. Das haben meine Spieler vorbildlich gemacht. Nicht zuletzt deshalb hatten wir diesen langen Atem. Erfolg und Fairplay hängen eng zusammen. Das hat viel mit dem Innenleben der Mannschaft zu tun. Aber eben auch damit, dass die Verantwortlichen diese Werte vorleben. Als Trainer der Bayern hatte ich die Schlüsselrolle.

DFB.de: Wie groß war für Sie in der Saison 2012/2013 die Belastung? In den Zeitungen war zu lesen, dass Sie nur noch selten das Vereinsgelände an der Säbener Straße verlassen haben.

Heynckes: Die ganze Strecke fing mit dem verlorenen Champions-League-Finale 2012 in München an. Anschließend haben wir jeden Stein umgedreht. Wir haben versucht, viele Dinge zu optimieren und zu modifizieren. Im Sommer 2012 hatte ich praktisch keinen Urlaub. Und danach begann diese wahnsinnig strapaziöse Saison. Die Spieler haben mir geholfen. Es gab keine Ausraster. Heute ist ein Spieler auch selbst für seine Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich. Das haben sie perfekt gemacht. Jeder hat sich zurückgenommen, wir haben wirklich eine Einheit gebildet. Stressig war es dennoch. Wir hatten praktisch jeden dritten Tag ein Spiel, dazu Gespräche mit der Presse, mit den Verantwortlichen im Verein, mit der ganzen Crew. Gerade beim FC Bayern München liegt die Kunst darin, das Ganze zu moderieren. Ich denke, das ist mir ganz gut gelungen.

DFB.de: Im Januar verpflichteten die Bayern Pep Guardiola als Ihren Nachfolger diesen Sommer. Wie schwer war es, die Ruhe und den Fokus zu bewahren?

Heynckes: Das hat den Druck für mich nicht erhöht. Als Spieler und in meiner zweiten Karriere als Trainer war ich immer sehr ambitioniert und ehrgeizig. Ich habe mir immer selbst den Druck auferlegt. Ich bin bei Borussia Mönchengladbach aufgewachsen. Wir hatten dort die Philosophie, erfolgreich zu sein und attraktiven Fußball zu spielen. Und wir hatten immer das Ziel, Titel zu gewinnen. Große Mannschaften werden an Titeln gemessen. Auch als Spieler war ich psychisch unheimlich stark. Ich hatte nie Probleme mit Druck. Nein, die Verpflichtung von Pep Guardiola hat für mich nichts verändert. Es war eher eine andere Sache.

DFB.de: Nämlich

Heynckes: Ich wusste schon im Januar, dass ich meine Karriere und vor allem mein Engagement beim FC Bayern beenden würde. Unterbewusst wurde ich noch akribischer, habe noch mehr gearbeitet, noch mehr fokussiert. Als das Triple greifbar wurde, hat sich diese Tendenz noch verstärkt. Stressig war's schon. Aber Druck, nein, das habe ich mit den Jahren abgelegt.